Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Recht haben sie. Werden Gebäude nicht laufend modernisiert und saniert, wird irgendwann eine teure Investition nötig. Wird dann immer noch nichts unternommen, dann droht der Abriss. Dieses Verfahren hat in Hamburg offenkundig Methode. Deshalb ist jetzt plötzlich alles marode. Mit der Gründung eines Landesbetriebes Schulbauten und der Einrichtung eines Sondervermögens wurde dieses jahrzehntelange Versäumnis offen eingestanden. Die Behörde hat diese Form gewählt, weil diese Methode, wie sie sagt, die flexibelste sei, um schnell die maroden Schulbauten zu sanieren. Was flexibel geregelt werden soll, liegt aber auf der Hand. Um die Mär von einem Haushalt ohne Neuverschuldung aufrecht zu erhalten, nimmt nicht die Behörde, auch nicht der Senat, sondern der Landesbetrieb die Kredite auf. Damit wird der Schattenhaushalt weiter aufgebläht und die demokratische Kontrolle weiter abgebaut. Mit dem Begriff "flexibel" assoziiert man eigentlich auch Schnelligkeit. Gerade jetzt möglichst schnell in Schulbau zu investieren, ergibt doppelt Sinn. Laut der Senatsdrucksache soll die Kreditermächtigung für das Sondervermögen gerade die Anfangsphase von 2009 erreichen. Das Problem ist jedoch, dass im Zuge dieser Reform der Schulbauverwaltung Baumaßnahmen, die bereits beschlossen wurden, zumindest zurückgestellt worden sind. Investitionen für allgemeinbildende Schulen von fast 21 Millionen Euro wurden auf Eis gelegt. Nachlesen können Sie das in der Stellungnahme des Schulausschusses an den Haushaltsausschuss vom 25. November 2008. Fünf Baumaßnahmen haben folgenden Vermerk bekommen:

"in Klärung wegen RSK und Neuorganisation Schulbau"

Das heißt, damit ist noch nicht einmal geklärt, ob diese Umund Ergänzungsbauten überhaupt

durchgeführt wurden. Der Behörde zufolge sollen die ersten Investitionen des neuen Landesbetriebes den Berufsschulen zugute kommen – ich zitiere –,

"weil hier der Bedarf am größten ist."

Dort liegen aus unserer Sicht mehrere Fallstricke. Erstens saniert man die Berufsschulen zeitlich vorrangig, weil die Umsetzung des Zwei-Säulen-Modells – das heißt ja RSK – mit den umstrittenen Primarschulen noch strittig ist und sich wohl auch verschieben wird. Zweitens sollen 14 Berufsschulen im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft mit einem privaten Hochbauunternehmen kooperieren und drittens wird es Zeitverzug geben, weil der Landesbetrieb erst ins Laufen kommen muss. Im Klartext heißt das, dass der Senat zumindest für einige Monate Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe aussetzt.

Bei der Reform der Schulbauverwaltung wird nicht nur ein Landesbetrieb gegründet. Das GWG-Projekt im Hamburger Süden soll ausgebaut werden. Seit 2007 läuft dort ein Versuch, bei dem die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG 32 Schulen übernahm und diese verwaltet und saniert. Die Hansestadt muss für die Rückmietung der Gebäude über ein Vierteljahrhundert Jahr für Jahr 30 Millionen Euro Miete zahlen. Bevor ein Versuch ausgebaut wird, müsste doch erst einmal geschaut werden, ob er überhaupt funktioniert. Im Schulausschuss haben die Behördenvertreter dieses mit der Aussage bejaht, kein Hausmeister habe bisher von der Option Gebrauch gemacht, in den Dienst der Hansestadt zurückzukehren. Wir sind der Auffassung, dass diese Form des Schulbaus nicht funktioniert, da sie erstens teurer wird, weil zweitens

(Glocke)

die demokratische Kontrolle nicht stattfindet und weil wir drittens Maßnahmen verschieben, die dringend nötig sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Bevor ich dem Abgeordneten Frankenberg das Wort gebe, zunächst noch einmal in Kurzform dem Abgeordneten Dr. Dressel und seiner Gattin herzlichen Glückwunsch zu Justus Alexander.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Nun bitte der Abgeordnete Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein wenig ärgert es mich schon, dass ich mir von einer Vertreterin der SED-Nachfolgeorganisation etwas über marode Schulen anhören muss. Das passt nun überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU – Norbert Hackbusch DIE LINKE: Was soll denn so was? – Ge- genruf von Wolfgang Beuß CDU: Stimmt doch!)

Darüber, wie die Schulen dort aussahen, wo Ihre Genossinnen und Genossen regiert haben, brauche ich keine Worte zu verlieren. Wir werden das Thema nachher noch einmal auf der Tagesordnung haben. Was Sie hier vorgetragen haben, ist jedoch kaum glaubwürdig.

Drei Milliarden Euro Sanierungsstau sind für Sie bestimmt nur Kleckerkram. Das könnten Sie noch viel besser, wenn Sie die Verantwortung tragen würden.

Es ist interessant: Eine Senatsdrucksache ist in Arbeit und in der behördeninternen Abstimmung. Es gibt auch Medienberichte. Aber aus der Opposition ertönt schon von vorn herein reflexartig Nein. Da hat man nicht das Gefühl, dass dort besonders fundiert nachgedacht wurde, wie wir den Sanierungsstau beseitigen können. Bei der SPD kommt vielleicht ein "Na ja, man könnte ja einmal, grundsätzlich sind wir ja für etwas Neues, aber wir wissen nicht so recht, wohin die Reise gehen soll, und am besten" – so wie Sie es früher gemacht haben – "gründen wir erst einmal einen Arbeitskreis, der sich damit auseinandersetzt dann anfängt zu streiten, und am Ende kommt doch nichts raus." Das ist bedauerlich, aber so ist es bei Ihnen offenbar.

(Arno Münster SPD: Das Niveau sinkt er- heblich!)

Die Lage ist von einem Sanierungsstau gekennzeichnet, der über einen langen Zeitraum angewachsen ist.

(Michael Neumann SPD: Sieben Jahre von Beust!)

Von bis zu drei Milliarden Euro ist die Rede. Das haben wir aus Ihren SPD-Zeiten geerbt, um das gleich klarzustellen, damit hier kein falscher Zungenschlag herrscht. Wir bemühen uns nämlich, kontinuierlich in unsere Stadt zu investieren. Weiterhin sind in den nächsten Jahren auch erhebliche weitere bauliche Maßnahmen erforderlich. Man muss eines berücksichtigen: Nicht beseitigte Schäden erzeugen schlimmere Schäden. Die Schäden werden also immer größer und erzeugen immer höhere Kosten. Man kann davon ausgehen, dass dadurch pro Jahr die Kosten um sechs Prozent steigen. Das heißt, allein das Nicht-Beseitigen von Schäden kostet uns schätzungsweise 180 Millionen Euro.

Unübersichtlich ist die Lage auch, was die Zuständigkeit angeht. Wir haben die Schulbehörde, wir haben die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt mit dabei, die Schulleitungen, es gibt bestimmte Schultypen, die bestimmte Maßnahmen durchführen dürfen oder nicht, die Hausmeister ha

(Dora Heyenn)

ben ein Wörtchen mitzureden. Wir haben viel Doppelarbeit, sehr effizient ist das ganze Verfahren gegenwärtig nicht. Was wir brauchen, ist ein Befreiungsschlag, dass wir Kompetenzen bündeln und effizienter sanieren und bauen. Unser Ziel sind schöne Schulen, in denen das Lernen Freude macht. Wichtig ist uns bei der Umstrukturierung, dass die Rechte der Hausmeister gewahrt bleiben. Das möchte ich ausdrücklich betonen. Wir wünschen uns auch, dass in Zukunft der Mittelstand bei den Sanierungsmaßnahmen stärker bedacht wird.

(Beifall bei der CDU)

Ansonsten darf ich darauf hinweisen, dass Klärung auch deshalb Sinn ergibt, weil wir, wenn wir die Schulstruktur verändern wollen, nicht heute investieren wollen, wo wir es morgen nicht mehr brauchen. Ihre Debattenanmeldung als solche hat einen falschen Zungenschlag: Der Vorwurf des Schattenhaushaltes ist völliger Unfug. Das trifft nur noch auf kamerale Buchführung zu. Wir führen in Hamburg aber mittlerweile als erstes Bundesland eine Konzernbilanz. In dieser werden Verbindlichkeiten und Werte gegenübergestellt. Ein Sanierungshaushalt wirft einen negativen Schatten auf die Werte. Ich wiederhole: Nicht beseitigte Schäden erzeugen Kostensteigerungen, die weit über den Kosten für Kredite oder Kapitalmarktkosten liegen. Ihre Argumentation ist deshalb nicht stichhaltig. Darüber hinaus ist der Vorwurf der mangelnden Transparenz falsch, da die Bürgerschaft weiterhin informiert werden würde.

Ansonsten will ich mir einen Hinweis erlauben: Entweder Sondervermögen oder Landesbetrieb – Sie haben dies eben begrifflich durcheinandergeworfen. Das muss in Ihren Reihen wohl noch geklärt werden.

Der nächste Redner wird vermutlich von der SPD kommen. Bevor Sie herumnörgeln, erklären Sie uns bitte, wie es dazu kommen konnte, dass wir in Hamburg über einen Sanierungsstau an unseren Schulen in Höhe von drei Milliarden Euro reden müssen. Wie konnte das passieren? Erklären Sie das. Dies würde uns sehr interessieren.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Wir haben natürlich in den letzten Jahren mehr investiert. Aber so kommen wir mit dem, was Sie uns hinterlassen haben, nicht weiter.

Schöne Schulen sind auch eine Form der Wertschätzung den Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern und den Eltern gegenüber. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Rabe.

Man fragt sich in der Tat, wer die letzten Jahre regiert hat. Es scheint die SPD gewesen zu sein, Herr von Frankenberg, und deshalb sind die Schulen wohl so verfallen. Als Vertreter einer Partei, die Sie gerade bezichtigt haben, zu viele Arbeitskreise zu gründen, kann ich Ihnen nur sagen, dass ein Arbeitskreis mehr in Sachen Elbphilharmonie vielleicht nicht schlecht gewesen wäre.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Aber kommen wir zu den Schulen. Drei Milliarden Euro Sanierungsbedarf, 1,2 Milliarden Euro Kosten für die Umbauten – deshalb plant die Schulbehörde, die Schulen in ein Sondervermögen auszugliedern. Dort sollen sie mit Krediten zügig saniert werden. So steht es in vielen Papieren zum Thema Sondervermögen, die wir alle offiziell gar nicht kennen dürfen, sondern nur das "Hamburger Abendblatt", weil sie dann besser zu vermarkten sind. Es wundert mich gar nicht, dass es so läuft, denn so vermeidet man kritische Fragen. Eine ganz einfache ist zum Beispiel: Was kostet das? Uns fällt auf, dass es gar keine richtigen Zahlen gibt. Sie reden von drei Milliarden Euro Sanierungsbedarf. Wir haben eine Kleine Anfrage gestellt, in der wir gefragt haben, wie sich dieser errechne. Wir hatten befürchtet, dass Sie uns mit 100 Seiten zu Wasserhähnen und Reckstangen zuschmeißen. Die Antwort waren drei Zeilen. Sie lauteten ungefähr "wir haben das einmal so geschätzt, aber ganz genau wissen wir es auch nicht." Die Bürgerschaft hat in einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen den Senat aufgefordert, verschiedene Kostenmodelle zu berechnen. Soll die Stadt es allein machen? Soll es ausgegliedert werden? Soll es mit einem öffentlichen oder einem privaten Unternehmen gemacht werden? Diese Berechnung haben Sie bis heute nicht vorgelegt. Das ist unseriös. Man kann Entscheidungen nur treffen, wenn es auch ordentliche und belastbare Zahlen gibt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Die Antwort könnte Ihnen ganz leicht fallen. 32 Schulen sind bereits ausgegliedert. Sie werden von der GWG-SAGA betreut. Um welchen Preis? Für 30,3 Millionen Euro für 32 Schulen, das heißt Pi mal Daumen für jede Schule 900 000 Euro. Rechnen wir das auf die über 400 Hamburger Schulen hoch, heißt das, 400 Millionen Euro, wenn nach diesem Modell – wie auch immer die Rechtskonstruktion lautet – Hamburgs Schulen zügig saniert werden sollen. Schauen wir in den Haushalt und suchen wir die 400 Millionen Euro. Wir finden im Jahr 2009 108 Millionen Euro, im Jahr 2010 112 Millionen Euro. Nicht nur das, sondern in den weiteren Drucksachen steht auch noch, dass von diesen viel zu geringen Beträgen noch 40 Millionen globale Minderausgaben heruntergerechnet würden. Es bleiben 68 Millionen Euro übrig. Man braucht wirklich keinen Taschenrechner, um zu sehen, dass das schlicht nicht funktioniert.

(Egbert von Frankenberg)

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Was stimmt nicht daran? Drei Dinge stören uns. Erstens: Wenn die Schulen über Kredite saniert werden sollen – wir finden das im Prinzip nicht verkehrt –, dann entstehen Kosten, die viel höher sind als die mickrigen Ansätze im Haushalt und erst recht höher als die auch noch gekürzten Ansätze.

Nehmen Sie zweitens Abschied von Ihren Privatisierungsideen und tun Sie nicht immer so, als hätten Sie diese Ideen nicht. In den Entwürfen der Drucksache – zumindest der letzten, die ich mir noch ansehen durfte – steht wortwörtlich:

"Es ist der Prüfung des Sondervermögens vorbehalten, ob es die Sanierung und Bewirtschaftung der Schulen nach und nach in öffentlich-private Partnerschaften überführt."

Das steht da so drin. Vor einer Woche hatte ich meine Befürchtung geäußert. Frau Goetsch sagte, das sei alles Quatsch. Dieser Entwurf beweist das Gegenteil und legt den Verdacht nahe, dass man es hier mit der Wahrheit nicht genau nimmt. Wir finden dies nicht richtig.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Drittens und letztens: Es fehlt jeder Beweis, dass ein fremdes Unternehmen, auch ein privates, preiswerter arbeiten würde. Sie haben schon bei diesen 32 ausgelagerten Schulen Berechnungen angestellt. Man durfte dort einmal in die Akten sehen. Nach unserem Eindruck sind die Berechnungen hochgradig unseriös und einzig und allein darauf ausgelegt, diese Auslagerung irgendwie krampfhaft zu begründen. Wie soll es gehen, dass private Unternehmen dort besser sind? Sie haben höhere Kreditkosten zu tragen. Das Ganze lebt von den Krediten. Hier sind die entscheidenden Kosten zu suchen. Und zur angeblichen Professionalität des neuen Unternehmens: Die ganzen bisherigen Mitarbeiter werden mitgenommen. Das sind dieselben, die dort weitermachen. Sollen die jetzt alle eine Erleuchtung bekommen haben? Das ist aus unserer Sicht nicht seriös. Am Anfang gehören belastbare Zahlen auf den Tisch. Deshalb unsere Forderung zum Schluss: ja zur Schulsanierung, möglicherweise auch über ein Sondervermögen, solange die Stadt die Verantwortung und die Entscheidungshoheit behält. Ja unter Umständen auch zu Krediten. Es könnte ein schönes Konjunkturprogramm werden, aber solange Sie mit den Primarschulen herumbasteln, können wir keine Schule anfassen. Dann kommt ein Konjunkturprogramm drei Jahre nach der Konjunkturkrise. Das nützt vermutlich wenig. Ja auch zu einer seriösen Planung,

(Glocke)

aber nein – ich komme zum Schluss – zu vagen Schätzungen und Vermutungen und nein zu diesen Privatisierungsideen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Ich gebe das Wort dem Abgeordneten Gwosdz.