Protokoll der Sitzung vom 28.03.2012

(Dirk Kienscherf SPD: Das ist eine Frage der Perspektive!)

Trotzdem kommen Sie zu dem Ergebnis zuzustimmen.

Sie haben die Frage nach den Arbeitsplätzen stark hervorgehoben. Erstens gibt es seit Jahren keinen Käufer, zweitens haben alle unabhängigen Experten die Frage der Bedeutung von Hapag-Lloyd für den Hamburger Hafen sehr deutlich negiert, und drittens muss man sich die Frage stellen, ob ein Unternehmen 50 Prozent an Hapag-Lloyd kaufen wird, wenn die Beteiligung deutlich weniger wert sein wird, weil sich die Stadt massiv gegen diesen Kauf wehren wird. Das wird nicht der Fall sein, es gibt kein Unternehmen, das Hapag-Lloyd kaufen

will. Vor diesem Hintergrund lehnen wir das Geschäft ab. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL, vereinzelt bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Vielen Dank, Herr Tjarks. – Das Wort hat Herr Dr. Kluth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Hackbusch, die Linken Seit' an Seit' mit dem Industrieverband,

(Jan Quast SPD: Neidisch!)

das möchte ich Ihnen nicht vorhalten, das kann passieren, das kenne ich.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Aber ich möchte Ihnen etwas anderes vorhalten – das bin ich eigentlich von Ihnen, Herr Hackbusch, nicht gewohnt –, nämlich einen unsorgfältigen Umgang mit Fakten, Informationen und Zitaten. Sie haben das Positionspapier des Steuerzahlerbundes vom vergangenen Montag als Argument für einen Erwerb in Anspruch genommen mit der Begründung, dort würde stehen, dass ohne den Erwerb ein Rückgang des Containerumschlags von 25 Prozent drohe. Herr Hackbusch, da ist Ihnen wohl ein "Guttenberg" unterlaufen, Sie haben wohl falsch oder zumindest unsorgfältig zitiert. Das Einzige, was ich dort finde und was an Ihrem Zitat richtig ist, ist die Zahl 25; weiterlesen schützt vor falschen Urteilen. Auf Seite 8 des Positionspapiers steht gleich unter der Zahl 25:

"Diese Abwanderung wird allerdings auch dann eintreten, wenn sich die Stadt noch stärker an Hapag-Lloyd beteiligt".

Das bedeutet doch im Umkehrschluss nichts anderes als ein Plädoyer, sich nicht zu beteiligen. Das entspricht dann auch Ziffer 7 der Empfehlung des Positionspapiers des Steuerzahlerbundes – ich darf das zitieren –:

"Wir empfehlen den Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft, dem Petitum des Senats für Kapitalmaßnahmen bei der Hapag-Lloyd Hoding AG im Interesse der Steuerzahler nicht zuzustimmen."

Herr Kollege Hackbusch, wenn Sie sich schon auf das Positionspapier des Steuerzahlerbundes beziehen, dann folgen Sie bitte auch der sich daraus ergebenden Empfehlung.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl CDU – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, Herr Kollege Stemmann, Sie können sich im Anschluss an die Debatte gerne melden.

Herr Senator Tschentscher, Sie hatten die Risiken dargestellt, die aus Ihrer Sicht drohen, wenn nach dem 30. September die Mehrheit unter Anwendung der Klausel an einen Dritten veräußert wird, und dargelegt, dass ein Beschäftigungsrückgang drohe. Die Sachverständigen haben das nicht bestätigt. Aber selbst, wenn ich mir diese Argumentation, Herr Tschentscher, zu eigen mache, dann haben Sie zumindest die Frage offengelassen, warum diese Besorgnisse für den Fall einer Veräußerung nach dem 30. September gelten, aber nicht gelten sollen, wenn wenige Jahre später – 2014, 2015, 2016 – der Börsengang stattfindet und eine Mehrheit an einen Investor veräußert wird.

Eine letzte Bemerkung zu Herrn Dressel. Herr Dressel, Sie haben bezüglich der Höhe des Kaufpreises dargestellt, dass 80 Prozent des Verkaufspreises ein großer Verhandlungserfolg sei.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, das ist auch so!)

Sie bejahen das auch noch einmal.

Das impliziert zunächst die Folgerung, dass 100 Prozent 2008 kein guter Kaufpreis war.

(Zurufe von der SPD – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie bitte. Meine Damen und Herren! Es redet nur Herr Dr. Kluth und sonst niemand. Fahren Sie bitte fort.

Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP (fortfahrend) : – Vielen Dank, Herr Präsident.

Dann stellt sich natürlich die Frage, warum die SPD-Mehrheitsfraktion damals der Senatsdrucksache und dem Vorhaben ausdrücklich zugestimmt hat, für 100 Prozent des Buchwertes zu erwerben, und es stellt sich die zweite Frage, wie Sie eigentlich festgestellt haben, dass 80 Prozent ein guter Kaufpreis ist. Warum 80 Prozent und nicht 75, 70 oder 60? Wie ist das plausibilisiert worden, gibt es ein Gutachten?

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist relativ zum schwarz-grünen Erfolg ein noch größe- rer Erfolg!)

Nein, Fehlanzeige. Es ist ein gegriffener, ein nicht nachvollziehbar gemachter und nicht plausibilisierter Wert. Insofern verbietet sich jede Beurteilung, ob es ein gutes oder schlechtes Verkaufs- und Verhandlungsergebnis ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

(Dr. Anjes Tjarks)

Vielen Dank, Herr Dr. Kluth. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Hackbusch, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Glaubwürdigkeit ist angezweifelt worden, darum muss ich natürlich noch etwas sagen. Zunächst zur Glaubwürdigkeit in dem Zusammenhang, wie wir als Linke jetzt mit der Regierungspartei zusammen so abstimmen können.

(Robert Heinemann CDU: Joachim Bischoff hätte das nicht gemacht, Herr Hackbusch!)

Ich sehe das als Kontinuität zu unserem Abstimmungsverhalten 2008. Damals haben sich alle Parteien in diesem Parlament gemeinsam für die Sache entschieden. Dementsprechend befinde ich mich weniger in einem Glaubwürdigkeitsproblem als Sie, Herr Tjarks, oder Sie, Herr Kerstan.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bläsing?

Vielen Dank, Herr Kollege Hackbusch.

Wir verbringen viele Stunden gemeinsam im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss Elbphilharmonie, der jedem einzelnen Cent nachspürt, der zu den Millionen-Kostensteigerungen geführt hat. Und Sie kritisieren zusammen mit mir zu Recht, dass die Stadt mittlerweile Hotelbesitzer geworden ist. Wo sehen Sie den Unterschied, wenn die Stadt jetzt noch verstärkt Reedereibesitzer werden will?

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Sehr gut, das Herz für die Hotels!)

Diese Analyse will ich in der kurzen Zeit gar nicht versuchen hinzubekommen. Aber eines, das mir wichtig ist: Die Entscheidung im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie zeigt deutlich, dass auch einstimmige Beschlüsse innerhalb der Bürgerschaft nicht unbedingt richtig sind.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist wohl so!)

Die Art und Weise, wie wir das entscheiden, ist pragmatisch-kluge linke Politik,

(Beifall bei der LINKEN)

und um nichts anderes geht es dabei. Ich befinde mich dabei mehr in Kontinuität zu 2008 als viele andere.

Herr Kluth, kurz zum Bund der Steuerzahler. Auch wenn ich einzelne Zitate und Analysen dieses Bundes richtig finde, muss ich nicht das Gesamte unterstützen; das kann man schon unterscheiden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich will Ihnen noch einmal genau sagen, was dieser Satz beinhaltet:

"Bei detaillierter Betrachtung reduziert sich das vom Senat aufgezeigte Risiko einer Verlagerung (60%) [der Hafenaktivität insgesamt], sofern es sich im Zuge des Andienungsrechts um den Einstieg eines Investors handelt, der wirtschaftlichen Zwecken folgt, auf langfristig rund 25%."