Protokoll der Sitzung vom 12.02.2020

Werte Kolleginnen und Kollegen, von den Vertretern der Volksinitiative wurde der Vorwurf des Kaputtsparens der Verwaltung vorgebracht. Man kann dem rot-grünen Senat vieles vorwerfen, aber zu viel zu sparen gehört nun wirklich mitnichten dazu,

(Beifall bei der FDP)

schon gar nicht beim Personal, denn das Gegenteil ist der Fall. Der Personalbestand ist in dieser Wahlperiode deutlich angestiegen, allein in der Kernverwaltung um 5 000 budgetrelevante Vollkräfte.

Der rot-grüne Senat verfährt hierbei nach wie vor nach dem Prinzip "Viel hilft viel". Eine grundsätzliche Aufgabenkritik, die Analyse und Optimierung von Arbeitsprozessen haben wir unter Rot-Grün vermisst. Und so kann eine nachhaltige Personalstruktur und -strategie nicht funktionieren.

Zuletzt noch ein paar Hinweise auf die beispiellos gute Einnahmenentwicklung in den vergangenen Jahren. In Hamburg hatten wir im abgelaufenen Jahr 16,2 Milliarden Euro bereinigte Einnahmen zu verzeichnen, darunter 13 Milliarden Euro aus Steuern – ein erneuter Rekordwert, für den wir uns vor allem bei den fleißigen Steuerzahlern in dieser Stadt bedanken müssen. Damit hatte Rot-Grün zuletzt fast 4 Milliarden Euro und damit gut ein Drittel Einnahmen mehr zur Verfügung als noch zum Anfang der Wahlperiode. Und auch die Ausgaben sind im selben Zeitraum um knapp ein Drittel gestiegen, die Einwohnerzahl hingegen nur um knapp 5 Prozent.

Wir Liberale halten diese Volksinitiative deshalb aus haushaltspolitischen Gründen für aus der Realität gefallen und für völlig unnötig.

(Beifall bei der FDP)

Es wäre – und das sage ich deutlich – ein Vergehen an der Zukunft künftiger Generationen, diesem Anliegen der Volksinitiative zu folgen.

(Beifall bei der FDP)

Aber zum Schluss möchte auch ich noch ein paar persönliche Worte an den Kollegen Quast richten, denn ich habe Sie als einen streitbaren Kollegen, als einen unheimlich klugen Kopf kennen- und schätzen gelernt, ich habe unheimlich gern mit Ihnen zusammengearbeitet und denke, dass in Ihrer Fraktion ein großes Loch entstehen wird da, wo Sie gehen werden, und dass wir Sie hier auch im Parlament als wirklich ausschließlich guten Fach

politiker verlieren werden und vermissen werden. Und deshalb auch noch einmal im Namen meiner ganzen Fraktion vielen, vielen Dank für Ihr Engagement hier, für eine solide Haushaltspolitik, für vernünftige Finanzen und ein sehr herzliches Dankeschön für die Zusammenarbeit.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU, den GRÜNEN und der AfD)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Frau Oelschläger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In unserer Anhörung der Volksinitiative hätten wir den Eindruck bekommen können, sämtliche Probleme der Welt hängen mit der hamburgischen Schuldenbremse zusammen. Tatsächlich hat die Initiative auch viele Missstände angesprochen, so den Betreuungsschlüssel für Kitas, fehlende Pfleger in Krankenhäusern, Personalmangel in Bezirksämtern und Gerichten oder unzureichende Kontrollen staatlicher Vorschriften, die durchaus bedauerlich sind und auch abgestellt werden müssen, denn es kann nicht angehen, dass Gerichtsverhandlungen Jahrzehnte brauchen oder Baugenehmigungen ein ganzes Jahr.

Es kann auch nicht sein, dass die Bürgersteige Hamburgs marode sind und Investitionen in die Infrastruktur nicht angegangen werden. Die Schuldenbremse ist allerdings nicht an diesen Entwicklungen schuld. Und die Schuldenbremse steht der Abschaffung dieser Entwicklung auch nicht entgegen. Im Gegenteil, ihr Zweck ist es, dass sich auch nachfolgende Generationen ein gesundes Gemeinwesen leisten können. Das Ziel der Initiative, eine bedarfsgerechte öffentliche Finanzierung von Bildungs-, Kultur-, Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, kann nicht nur für unsere Generation gelten, sondern muss auch künftig noch gewährleistet sein. Investitionen vorzunehmen und damit Werte für die Freie und Hansestadt zu schaffen, ist ohnehin nicht von der Schuldenbremse gedeckelt, denn Investitionen sichern den Wohlstand für die Zukunft und sind deshalb generationengerecht und notwendig. Sinken jedoch die verfügbaren Einnahmen des Staates wegen hoher Schuldentilgung oder höherer Zinsen, ist die Möglichkeit für eine angemessene Sozialpolitik oder gute Bildungspolitik in der Zukunft beschnitten.

Die Schuldenbremse unterstützt eine langfristig verlässliche Politik, weil schuldenfinanzierte, kurzfristige Ausgabensteigerungen unterbunden werden. Verlässliche Politik ist eine Voraussetzung für private Investitionen und unternehmerisches Engagement. Und die Schuldenbremse lässt eine Regierung auch zweimal überlegen, ob fragwürdige Entscheidungen – ich erinnere einmal an die HSH Nordbank – nicht besser unterbleiben. Die Abwä

(Jennyfer Dutschke)

gung, ob das Geld des Steuerzahlers gut angelegt ist, wird jeder der Schuldenbremse unterliegende Senat noch intensiver treffen als bisher. Haushalte werden in guten Jahren ruiniert, eine altbekannte Weisheit. Trotz Schuldenbremse in der Hamburgischen Landesverfassung, einer guten Haushaltsordnung und einem Rechnungshof, der immer wieder zu Recht auf die Haushaltsdisziplin hinweist, ist der Schuldenstand Hamburgs weiter gestiegen. Das hat mit Sondereffekten der HSH Nordbank zu tun, aber auch mit der wachsenden Stadt.

Hamburg hätte sehr viel mehr tun können für die Schuldentilgung, hat aber andererseits auch durchaus gute Projekte angestoßen, zum Beispiel im Bildungsbereich. Eine Exzellenzuniversität ist nicht zum Nulltarif zu haben. Der Schulneubau kostet Geld, die Sportstadien werden nicht umsonst sein, und trotzdem sind das sinnvolle Zukunftsprojekte.

Ob eine verstärkte Straßenreinigung Sinn macht, wo doch fast immer geparkte Autos im Weg sind, werden Sie in der nächsten Legislaturperiode klären. Ob gefährliche Fahrradstreifen gute Ausgaben waren, bezweifle ich schon heute. Und die Busbeschleunigung, die jetzt nur noch Buskomfortspur ist, weil sie nichts beschleunigt, war, wie befürchtet, rausgeschmissenes Geld.

Hamburg ist nach Bremen das Bundesland mit der höchsten Verschuldung pro Kopf. Wer, wenn nicht Hamburg, braucht eine Schuldenbremse in der Landesverfassung?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch ich werde nicht wieder für die Bürgerschaft kandidieren. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bedanken für die Zusammenarbeit, möchte auch Herrn Quast noch einmal danken für den entsprechenden Haushaltsausschuss und für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss. Und ich wünsche Ihnen viel Erfolg für die Zukunft. – Danke.

(Beifall bei der AfD)

Für den Senat bekommt nun Herr Senator Dr. Dressel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat haben wir uns im Haushaltsausschuss intensiv untereinander und auch mit der Volksinitiative beraten, und ich glaube, es war doch eine sehr breite Mehrheit der Auffassung, dass man sich dieser Volksinitiative nicht anschließen sollte. Ich finde auch, dass die sich an einigen Stellen ein Stück weit selbst schachmatt gesetzt haben. Also eine Änderung vorzuschlagen, die dazu führt, dass in der Hamburger Verfassung die Schuldenbremse dann strenger gilt als ohne den Vorschlag, da, finde ich, sollte man doch noch einmal ein bisschen in sich gehen und überlegen, ob der Vorschlag

wirklich so durchdacht ist. Da, glaube ich, wäre eine Nacharbeit angemessen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

In der Sache ist, glaube ich, schon vieles gesagt worden, dass wir in Hamburg eigentlich gezeigt haben durch die Schuldenbremse, wie wir sie anwenden, nämlich logischerweise mit dem Grundgesetz sehr strikt im Kernhaushalt, aber mit einer vernünftigen, sachgerechten, auch ein Stück weit offensiveren Betrachtung in der Konzernbetrachtung mit unseren öffentlichen Unternehmen, dass wir damit auch erreicht haben, dass wir diesen Gleichklang von Investieren und Konsolidieren hinbekommen, dass wir die notwendigen Investitionen über unsere öffentlichen Unternehmen abbilden können, die Wirtschaften, die Wirtschaftsunternehmen. Die schaffen Werte, die dürfen auch Kredite aufnehmen, dadurch kann vieles in dieser Stadt hergestellt werden. Und dass wir im Kernhaushalt – und es sind 23 Milliarden Euro Altschulden, die wir da mit uns herumtragen – auch dafür sorgen, dass es da nicht mehr werden darf und dass es weiterhin eine Verantwortung ist, die wir auch gegenüber den nächsten Generationen haben. Das, glaube ich, ist allemal richtig, und deshalb steht dieser Senat weiter dafür, dass wir die Schuldenbremse in der Hamburger Ausprägung noch weiter einhalten und hochhalten.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb kann man auch manches, was aktuell auf der Bundesebene diskutiert wird – auch in unserer eigenen Partei –, nicht 1:1 auf Hamburg übertragen. Ich bin nun in vielen Diskussionen bundesweit und auch in Hamburg unterwegs, und der Professor Hickel aus Bremen, den, glaube ich, hier der eine oder andere kennt – ich gucke jetzt einmal gerade in die Richtung, ja –, kam dann zu mir in die Finanzbehörde zu einer Diskussion mit der Friedrich-Ebert-Stiftung. Und er sagte, oh, also, was ihr denn hier macht. Dann haben wir ihm einmal aufgezeigt, was eigentlich durch die Hamburger Regelung alles möglich ist, und dann war nachher seine Meinung, also, wie ihr das hier in Hamburg macht, ist das auch in Ordnung, ihr könnt trotzdem investieren, ihr könnt konsolidieren, so kann das funktionieren. Und da sagen wir, richtig so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden jetzt sehen, was diese Volksinitiative macht. Sie hat bis Ende März 2020 die Gelegenheit zu überlegen, ob sie ein Volksbegehren beantragt. Da muss sie auch, glaube ich, noch einmal ein bisschen schauen, was sie da selbst vorgeschlagen hat. Der Senat wird prüfen. Da hat er dann bis Ende April 2020 die Gelegenheit, ob er das Verfassungsgericht anruft. Die haben uns gemeinsam einmal eine Regelung dazu gegeben, dass, wenn Zweifel bestehen, das Verfassungsge

(Andrea Oelschläger)

richt angerufen werden muss, weil es auch richtig ist, dass nur verfassungsgemäße Initiativen dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden können. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung für solche Instrumente. Und ich habe durchblicken lassen, dass wir da schon Zweifel haben. Aber jetzt ist erst einmal die Volksinitiative am Zug, für sich zu überlegen, ob sie diesen Weg gehen will, und dann werden wir das gemeinsam betrachten. Ich glaube, damit haben wir einen vernünftigen Weg eingeschlagen.

Ich möchte am Schluss auch noch durchaus persönlich eine Anmerkung machen, weil in der Tat das hier heute voraussichtlich die letzte Rede unseres haushaltspolitischen Sprechers der SPDFraktion gewesen ist. Ich möchte auch für den Senat insgesamt unseren herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit noch einmal aussprechen. Lieber Jan, du hast dich um die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Stadt sehr verdient gemacht. Dass wir die Schuldenbremse in einem sehr breiten Konsens in die Hamburger Verfassung schreiben konnten, das haben wir auch dir mit zu verdanken. Dass wir das neue Haushaltswesen ebenfalls parlamentsfreundlich, wie du es genannt hast, in die entsprechenden Regelwerke eingefügt haben, dazu hast du viel Nachhilfe geleistet, dass wir alle auf diesem Weg des neuen Haushaltswesens mitgenommen werden konnten. Insofern einen sehr, sehr herzlichen Dank dafür. Und das mit dem "Auf Wiedersehen", das klappt bestimmt in diesem Sinne. Vielen Dank und alles Gute.

(Beifall bei der SPD und bei Ewald Aukes FDP)

Für die GRÜNE Fraktion bekommt nun Herr Müller das Wort.

Frau Präsidentin! Weil es nicht so ganz am Ende meiner Rede passte, wollte ich gern auch noch den Dank meiner Fraktion und von mir persönlich meinem Kollegen Jan Quast ausdrücken wollen. Wir haben gut zusammengearbeitet die letzten Jahre in der Koalition, aber auch zusammen mit den anderen Fraktionen im Haushaltsausschuss. Dafür gebührt ihm unser Dank, mein Dank, und das Wiedersehenwort nehmen wir dann einmal ernst.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der CDU)

Nun erhält Herr Kleibauer für die CDU-Fraktion noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ja, ich finde, man kann nach einer Rede des Finanzsenators doch auf ein oder zwei inhaltliche Punkte noch eingehen. In dem

Dank an den Kollegen Quast sind wir uns parteiübergreifend einig.

Und zwar möchte ich einen Punkt ansprechen, den Sie, Herr Dressel, angesprochen haben, das ist das Thema Verschuldung öffentlicher Unternehmen. Darüber sind Sie so schlank hinweggegangen und haben gesagt, ja, da haben wir genug Spielräume, dort zu investieren, und dort werden auch Werte geschaffen. Und wenn man sich die Zahlen der letzten Jahre anguckt, dann muss man schon feststellen, dass im Bereich der öffentlichen Unternehmen und insgesamt im Bereich außerhalb des Kernhaushalts die Verschuldung deutlich angestiegen ist. Das sind nicht alles Unternehmen und Einrichtungen, die wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen, die wirtschaftlich leistungskräftig sind, sondern das sind in vielen Fällen auch Unternehmen, die mehr oder weniger schnell auf den Haushalt zurückfallen.

Zum Beispiel das Thema Hochbahn. Die haben Sie runtergefahren auf eine Eigenkapitalquote von 10 Prozent, seit 2014 sind die Schulden der Hochbahn von unter 400 Millionen auf fast 1 Milliarde Euro gestiegen. Das muss dann so ein Unternehmen auch verkraften. Es gibt andere Fälle, f & w fördern und wohnen et cetera, die mehr oder weniger direkt aus dem Haushalt finanziert werden und wo man nicht einfach sagen kann, prima, da nehmen wir dort Schulden auf.

Es gibt ein Beispiel, und das fand ich sehr interessant – die damalige Wissenschaftssenatorin sitzt auch noch auf der Senatsbank –, das ist das Thema UKE. Auch dort haben Sie in den letzten Jahren den Kurs gefahren, mehr Investitionen durch das UKE selbst zu finanzieren. Wir haben das hier, Frau Stapelfeldt, Sie werden sich erinnern bei dem Thema Neubau der Kinderklinik, auch sehr intensiv diskutiert, ob dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des UKE geschwächt wird. Und nun war Herr Schreiber Anfang des Jahres, das UKE, bei uns im Ausschuss Öffentliche Unternehmen. Und die haben genau dies bestätigt und gesagt, ja, das war nicht gut, wir können diese hohen Abschreibungen, die da auf uns zugekommen sind, gar nicht mehr finanzieren, und deshalb ist es inzwischen auch rückgängig gemacht worden.

Es lässt sich nicht beliebig steigern, dass wir öffentlichen Unternehmen hier Kredit aufbürden. Auch in Zeiten von Niedrigzinsen führt dies zu vielen Problemen. Das ist kein Allzweckmittel, meine Damen und Herren, lieber Herr Dressel.

(Beifall bei der CDU, der AfD und bei Jenny- fer Dutschke FDP)

Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht, und damit sind wir in dieser Debatte zu Ende gekommen.

(Senator Dr. Andreas Dressel)

Ich stelle fest, dass wir die vom Haushaltsausschuss empfohlene Kenntnisnahme durchgeführt haben.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 67, Bericht des Sportausschusses: Studie zur Analyse der ökonomischen Wirkung des Sports auf Hamburg.