Protokoll der Sitzung vom 11.05.2016

Machen Sie sich darüber keine Sorgen.

Ich glaube schon, dass wir seit einem Jahr Erfahrungen haben, um konkrete Vorschläge zu machen, und hätte mir gewünscht, dass wir heute gemeinsam zu einem Ergebnis kommen und den Antrag nicht an den Ausschuss überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Timmermann von der SPD-Fraktion bekommt nun das Wort.

Herr Yildiz, es mag für Sie neu sein – das war jetzt etwas bösartig –, aber wir beschließen nur das Petitum. Im Petitum steht, die Gültigkeit solle nicht auf die Sommerferien beschränkt sein. Es ist eindeutig, dass es nicht nur um die Sommerferien geht, auch wenn dieser Ferienpass sich auf die Ferien bezieht. Diesbezüglich bin ich ganz bei Herrn Oetzel, der völlig richtig

gesagt hat, eine Fünf-Euro-Jahreskarte einmal so eben auszugeben sei mit seiner Fraktion nicht zu machen. Ich bin ganz bei Ihnen, auch wenn ich es sehr wertschätze, dass möglichst alle Kinder möglichst früh Schwimmen lernen, gerade in einer Stadt, in der Wasser eine große Bedeutung hat. Noch einmal: Ihr Petitum sagt eindeutig, die Gültigkeit solle sich nicht auf die Sommerferien beschränken. Dieses ist in der Art und Weise mit uns nicht zu machen. Es wird eine Lösung geben, wir werden mit Ihnen gern diskutieren, aber es ist nicht nur Ihr Weg der richtige, sondern es gibt daneben auch noch viele andere. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Jetzt liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor, und wir kommen zur Abstimmung.

Wer möchte einer Überweisung der Drucksachen 21/4253 und 21/4392 an den Ausschuss für Umwelt und Energie zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind beide Drucksachen an den Ausschuss überwiesen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 30, Drucksache 21/3896, Antrag der FDP-Fraktion: Integration ernst nehmen – Schulpflicht durchsetzen, und Drucksache 21/4204, Antrag der CDU-Fraktion: "Generation Allah" entgegenwirken – Integration von Anfang an.

[Antrag der FDP-Fraktion: Integration ernst nehmen – Schulpflicht durchsetzen – Drs 21/3896 –]

[Antrag der CDU-Fraktion: "Generation Allah" entgegenwirken – Integration von Anfang an – Drs 21/4204 –]

Auf Wunsch der Fraktionen der CDU, FDP und AfD sollen beide Drucksachen an den Schulausschuss überwiesen werden. Wer wünscht dazu das Wort? – Frau von Treuenfels-Frowein von der FDP-Fraktion, Sie bekommen es.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann auch eine unemotionale, sachliche Rede halten. Integration – das muss man, glaube ich, wirklich sachlich besprechen, das haben wir schon anders erlebt – wird immer von gutem Willen getragen, gleichwohl ist sie längst nicht überall gut gemacht. Wir finden, der einzig richtige Weg ist der, offenkundige Probleme anzusprechen, sie erst einmal zu erkennen und sie vor allen

(Mehmet Yildiz)

Dingen dann auch zu lösen. Unser vorliegender Antrag soll dazu ein Beitrag für diese Stadt sein.

(Glocke)

(unterbrechend) : Frau Abgeordnete, einen Moment. Nicht nur der sachliche Ton, sondern auch die ruhige Atmosphäre tragen zu einer guten Debatte bei. Ich bitte doch um mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin.

Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP (fortfahrend) :* Vielen Dank. Vielleicht sollte ich wieder losheizen, dann hört mir jeder zu. Ich will es aber weiterhin sachlich versuchen.

Wir haben gehört, dass viele Mädchen muslimischer Herkunft vermehrt nicht am Schwimmunterricht oder an Klassenfahrten teilnehmen, weil sie oder vielleicht ihre Eltern meinen, das würde ihre religiösen Regeln außer Kraft setzen. Aus dem Grundgesetz folgt die Religionsfreiheit, aber ebenso auch der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag. Wir sollten nicht zulassen, dass sich genau diese beiden Grundrechte gegeneinander ausspielen. Es wäre von uns eine falsch verstandene Toleranz, wenn unsere offene Gesellschaft die Befreiung vom Schulunterricht aus religiösen Gründen hinnehmen würde. In den Schulen werden auch unsere staatlichen Grundwerte vermittelt. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder auch der Umgang mit Andersdenkenden gehören elementar dazu. Die Schule hat eine besonders wichtige Integrationsfunktion. Dort werden alle Schüler mit der in der Gesellschaft vorhandenen Vielfalt an Verhaltensgewohnheiten konfrontiert. Dazu gehören auch der gemeinsame Unterricht und das Schulschwimmen. Ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, sind gemeinsame Klassenfahrten. Denn hier erfahren die Kinder und Jugendlichen die soziale Realität. Hier lernen sie unter Anleitung der Lehrerinnen und Lehrer mit Verhaltensweisen, Meinungen und Auffassungen anderer umzugehen. Integration ist auch Interaktion von beiden Seiten. Ich finde, sie ist nicht nur eine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld.

Im Übrigen hat vor drei Jahren auch das Bundesverwaltungsgericht ähnlich geurteilt und gesagt, das Tragen eines Burkinis sei diesen Mädchen im Wege der Verhältnismäßigkeit deutlich zumutbar. Rot-Grün lässt die Schulen aber mit diesem Problem allein. Auf unsere Anfragen hin teilt der Senat mit, man wisse nicht, wie oft Schülerinnen und Schüler aus religiösen Gründen der Schulpflicht nicht nachkämen. Die Unterrichtsbefreiung liege im Übrigen in der Verantwortung der Schulen. Ich finde, so kann Integration nicht gelingen.

Herr Rabe, Sie sagen uns dazu, es sei zu viel Verwaltungsaufwand für die Schulen, solche Fälle zu erfassen, und deswegen könne man ihnen das nicht zumuten. Wenn das der wirkliche Grund ist,

dann möchte ich Ihnen noch einmal einen Antrag aus unserer letzten Legislaturperiode – den kann ich wieder neu stellen – ins Gedächtnis rufen: Verwaltungspersonal an den Schulen könnte dieses Problem sehr schnell lösen.

Hinzu kommt, dass man in dieser Beziehung in Schleswig-Holstein schon etwas weiter ist. Das von Ihrer Genossin Ernst geführte Schulministerium hat vor wenigen Wochen allen Schulen Handlungsleitlinien zum Thema Islam, Islamismus und Salafismus in Schulen gegeben. Dieser Katalog ist weitaus strikter und weitreichender als das, was Sie fordern. Aber der Komplex Teilnahme am Schulunterricht und auch am Schwimmunterricht ist genauso geregelt, wie wir es wollen. Herr Rabe lässt verlauten – ich zitiere –,

"[…] dass Kinder aller Religionen und Kulturen in Hamburg gern zur Schule gehen und es in Bezug auf die Schulpflichtverletzung keine auffälligen Unterschiede zwischen den Glaubensrichtungen gibt."

Zitatende – aus der "Häschenschule".

Das ist wieder typisch, Herr Rabe. Ihr Motto, Sie wüssten nichts, und was Sie nicht wissen, könne nicht sein, und deswegen gebe es übrigens keinen Handlungsbedarf. Wir argumentieren im eigenen System. Das haben Sie wieder gut hingekriegt. Ich hoffe, wir wecken Sie wieder einmal ein bisschen auf.

(Zuruf von Kazim Abaci SPD)

Aber wieso sollten denn Probleme in Flensburg größer sein als bei uns in Hamburg? Selbst wenn es bislang wirklich noch nicht passiert wäre, dass muslimische Mädchen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, wäre es doch geradezu sinnvoll, den Lehrerinnen und Lehrern präventiv ein Regelwerk an die Hand zu geben, um mit solchen Situationen umgehen zu können. Ein Blick auf die Zahl der Flüchtlingskinder gibt uns allen zu erkennen, dass Herausforderungen auf diesem Gebiet ernst zu nehmen sind. Ich finde, wir haben in unserem Land lange für gelebte Toleranz, für Umgang mit Andersdenkenden und auch für Gleichberechtigung gekämpft. Diese Werte sind nicht selbstverständlich. Wir müssen weiterhin auf deren Durchsetzung achten, anstatt die Augen davor zu verschließen und zu sagen, man habe ein nettes Multi-Kulti und jeder könne tun, wie er es will. Nein, gerade diese Kinder sollen nicht ausgegrenzt, sondern integriert werden.

Das ist ein wenig der Unterschied, auch wenn ich Ihren Antrag annehme, weil ich Ihren Zusatzantrag, Frau Prien, nicht schlecht finde. Aber Integration von islamgläubigen Kindern, Salafismus und Islamisten gehört nicht in einen Topf. Das muss man sehr genau trennen.

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein)

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Denn dann suggeriert es etwas, das wir nicht so sehen dürfen. Wir wollen Kinder integrieren, wir wollen, dass sie bei uns aufwachsen. Ich glaube, wir alle wollen, dass sie unsere Grundwerte, die wir leben, auch leben können. Dazu muss man sie in gewisser Weise verpflichten und sagen, Freunde, am besten ohne Burka und am besten auch einmal in den Schwimmunterricht, ihr könnt einen Burkini tragen. Aber wir dürfen nicht sagen, im Grunde genommen lauere das Problem Salafismus schon um die Ecke, und weit davon seien sie nicht entfernt. Das ist ein völlig anderes Problem. Man darf das nicht vermischen, und deswegen haben wir zwei getrennte Anträge gestellt. Wir sind guter Hoffnung, dass die SPD sich vielleicht irgendwann einmal umstimmen lässt und es an den Schulausschuss überweist, sonst können wir das Ganze auch noch einmal beantragen.

Zum Schluss wollte ich Ihnen sagen, Herr Senator Rabe – in der Schule wären Sie bestimmt toll gewesen –, dass der Bürgermeister am letzten Wochenende gesagt hat, er wolle kein wohliges Bild einer Multikulti-Idylle zeichnen. Da hat der Mann einmal recht gehabt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Ich weise noch einmal darauf hin, dass ruhiges Zuhören der Debatte immer förderlicher ist als viele kleine Gesprächsrunden. – Das Wort bekommt nun Frau Duden von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass Parlamentarier es auch ertragen müssen, dass es im Parlament nicht ganz so ruhig ist. Vielleicht liegt das an der Qualität der Darbietung, vielleicht aber auch daran, dass alle immer sagen, Schuldebatten seien so langweilig, weil man sie ständig führe. Also von daher habe ich dafür volles Verständnis.

(Zuruf von Anna-Elisabeth von Treuenfels- Frowein FDP)

Der Schulausschuss hat sich in seinen vergangenen Sitzungen häufig mit dieser Problematik beschäftigt, die Frau von Treuenfels heute dargelegt hat, und wird das sicher auch in Zukunft tun. Deshalb lehnen wir heute beide Anträge ab.

Ich möchte zunächst ein paar Bemerkungen zum Antrag der CDU machen, der für uns der Antrag ist, der in dieser Diskussion eine große Rolle spielen wird. Frau Prien sagt, die Hamburger Schulen müssten lernen, mit religiösem Fanatismus umzugehen, deshalb bräuchten wir eine Datensammlung. Das Institut für Lehrerfortbildung hat Handreichungen veröffentlicht, die ganz sicher hilfreicher sind, um Integration in Schulen voranzubringen,

als es jede statistische Auswertung jemals könnte. Das ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Punkt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der Antrag der CDU ist überschrieben mit der Überschrift "Generation Allah". Was ist das, außer, dass es eine griffige populistische Überschrift eines Buchs von Ahmad Mansour ist? Eine eigene Definition hat die CDU dazu nicht.

Frau von Treuenfels, ich glaube, den Senator hätten Sie jetzt schon mehrfach getadelt, wenn er sich während Ihrer Rede so verhalten hätte,

(Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein FDP: Hat er! Hat er!)

wie Sie das jetzt tun.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Aber das fällt auf Sie zurück, nicht auf mich. Eine eigene Definition für diese Generation Allah hat die CDU dazu nicht. Wenn sie es hätte, bin ich natürlich auf die Ausführungen von Frau Prien sehr gespannt. Es ist gefährlich oder zumindest fahrlässig, mit solchen geliehenen Überschriften Politik zu machen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Denn es stellt sich doch die Frage, ob Muslime, Islamisten, Salafisten gleich sind. Da teile ich ausdrücklich die Einlassung, die Frau von Treuenfels in ihrer Rede hierzu gemacht hat. Da sind wir alle auf die Erklärungen, die Frau Prien im Namen der CDU gleich in ihrer Rede machen wird, sehr gespannt.

Es bleibt aber ein Nachgeschmack, den ich vor diesem jetzt nicht so gut besetzten Haus noch einmal deutlich machen möchte. Dieser Nachgeschmack besteht in der Frage, ob man denn nicht die Finger von der Religion lassen solle, um Integration leben zu können. Das ist eine Schlussfolgerung, die zumindest wir als SPD-Fraktion so nicht zulassen.