Viele aus der Ecke der LINKEN teilen in den sozialen Medien gern Aktionen und Statements des Ministerpräsidenten Justin Trudeau. Zu Recht, denn er ist alles andere als die böse Fratze des Kapitalismus, sondern ein Staatsmann mit klarer Haltung. Viele Befürchtungen und Kritiken an CETA beruhen auf alten Vorlagen. Ich habe eben aus den aktuellen zitiert. Der ursprünglich unter der schwarz-gelben Regie verhandelte CETA-Vertrag hat sich in den letzten Monaten sehr stark verändert, und es waren maßgeblich Sozialdemokraten, die dafür gesorgt haben. Zu einem Zeitpunkt, als maßgeblich schon alle Messen gesungen waren, brachte Sigmar Gabriel die sozialdemokratischen Handelsminister Europas zusammen und sorgte in Verhandlungen mit den Kanadiern dafür, dass die meisten der europäischen Kritikpunkte noch berücksichtigt wurden.
Unter der Führung des SPD-Europaabgeordneten Bernd Lange und gemeinsam mit der anderen großen Fraktion im Europaparlament, mit den Konservativen, ist es gelungen, die umstrittenen privaten Schiedsgerichte in Richtung eines Investitionsgerichtshofs zu entwickeln. Insgesamt ist es bei CETA gelungen, in vielen Bereichen fortschrittlichere Regeln und Standards zu vereinbaren, als dies im bisherigen europäischen und nationalen Handelsabkommen der Fall war.
Ein Punkt noch zu TTIP: Bezüglich TTIP hat Sigmar Gabriel kürzlich das ausgesprochen, was ohnehin alle wissen, nämlich dass die Verhandlungen feststecken. Vor der US-Wahl wird ohnehin nichts mehr passieren. Das ist wie mit des Kaisers neuen Kleidern; alle finden sie toll, bis der Erste bemerkt, dass der Kaiser nackt ist. Dafür wird Sigmar Gabriel nun von den Unionsleuten gescholten, das werden wir sicherlich hier heute auch noch hören, obwohl sie insgeheim wissen, dass er Recht hat. Das ist unehrlich.
(Beifall bei der SPD – Michael Kruse FDP: Nun warten Sie doch erst einmal ab, bis die geredet haben!)
Sehr geehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Kollegen Schmidt richtig verstanden habe, gehe ich davon aus, dass die SPD im Bundesrat wohl für CETA stimmen wird. Der Erste Bürgermeister hat im Juli 2014 gemeinsam mit einer Reihe anderer Bundesländer einen Entschluss in den Bundesrat eingereicht, dass sie bei allen gemischten Abkommen nach Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz – das sind nämlich CETA und TTIP – mit abstimmen wollen. Daher gehe ich davon aus, dass das Votum dem heutigen Beifall entsprechend dort für Hamburg so abgegeben wird. Sollte Herr Kerstan, der jetzt nicht hier ist, möglicherweise an der Beschlussfassung nicht teilnehmen, ist das, glaube ich, kein Problem. Dann hat der Bürgermeister von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und den Willen der SPD-Fraktion dort in einen Beschluss gefasst.
Lieber Herr Dolzer, ich habe gemerkt, dass Sie in Ihrem Redebeitrag das allererste Mal versucht haben, sich dem Thema zu nähern.
Weil Sie allerdings so wenig Zeit dafür aufgewandt haben, sich mit den Inhalten zu beschäftigen, war Ihre Rede nicht nur inhaltlich sehr schwach, sondern auch politisch etwas diffus. Sie wollten ein bisschen angreifen, aber so richtig haben Sie es nicht geschafft. Jetzt setze ich einmal zum Angriff an, lieber Herr Dolzer. Die Welt, die Sie sich vorstellen, ist eine Welt ohne Regelungen. Sie wollen kein Handelsabkommen mit einer Welt, die durch die Globalisierung immer mehr zusammenrückt. Sie überlassen dann nämlich den Konzernen die Möglichkeiten, über welche Wege auch immer sich Recht zu verschaffen, und der Mittelstand bleibt auf der Strecke.
Glauben Sie allen Ernstes, mit den Argumenten, die sich im Übrigen auch die AfD zunutze macht, gegen die Globalisierung und gegen ein auch von Parlamenten getragenes Freihandelsabkommen zu agieren, in dem dann eben nicht Arbeitnehmerrechte gesichert werden, in dem auch keine Verbraucherschutzrechte gesichert werden,
helfen Sie Ihren Wählern oder auch der deutschen Bevölkerung in irgendeiner Art und Weise? Das glaube ich nicht. Wir haben die Möglichkeit, mit ei
ner Regelung zwischen diesen großen Märkten USA, Kanada und Europa europäische Werte, die wir seit über 100 Jahren auch in unseren Sozialgesetzbüchern leben, dort hineinzutragen, oder aber wir schauen zu, wie der west- und ostpazifische Raum demnächst Handelsabkommen ohne uns trifft. Dann gucken wir in die Röhre und können später mit den USA und Kanada nachverhandeln, was diese mit den asiatischen Staaten beschlossen haben. Das ist, glaube ich, auch nicht im Interesse Ihrer Wähler, und das ist auch nicht im Interesse derer, deren Interessen wir hier vertreten.
Wir alle haben derzeit die Aufgabe, und das ist nicht einfach. Wir haben eine Bevölkerung, die derzeit in einer Globalisierung steckt, von der nicht viele wissen, wohin die Reise geht. Auch die Situation, die wir hier täglich im Parlament erleben, wäre in den Siebziger- und Achtzigerjahren für unsere Vorgängerinnen und Vorgänger nicht ausmalbar gewesen. Aber es ist nicht Ihre Aufgabe, permanent Ängste zu schüren oder Unwahrheiten aneinanderzureihen, wie Sie es vorhin schon wieder getan haben, sondern es ist die Aufgabe, bei einer sachlichen Debatte mitzumachen. Herr Schmidt hat die Argumente, die Sie überall nachlesen können, dargelegt. Warum machen Sie nicht einfach mit und versuchen, ein bestmögliches Handelsabkommen abzuschließen, statt die Diskussion auf die Straße zu tragen und die wesentlichen Ziele des Handelsabkommens, die auch von Gewerkschaften, von Verbraucherschutzorganisationen und von Parlamenten vertreten werden, dort zum Inhalt zu machen?
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Westenberger, denken Sie, dass wir ebenso wie die Gewerkschaften, viele Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertreter, viele NGOs und die Umweltschutzorganisationen einfach nur unnötig Ängste schüren, oder glauben Sie, dass auch wir die Verträge sehr genau gelesen haben, die, anders als Herr Schmidt es postuliert hat, zum Teil gegen unsere demokratischen Standards, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerstandards und weitere Standards verstoßen? Meinen Sie das oder meinen Sie das nicht? Glauben Sie, die Kirchen würden einfach unnötig Angst schüren?
Die einzelne Motivationslage derer, die auf die Straße gehen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich weiß
aber, dass Sie seit einem Jahr innerhalb dieses Hauses Unwahrheiten aneinanderreihen. Sie sagen, die Daseinsvorsorge werde privatisiert – sie ist in der Präambel zu CETA und auch zu TTIP ausgeschlossen.
Sie sagen, dass die Bildung und die Kultur privatisiert würden – das ist in der Präambel zu CETA und TTIP ausgeschlossen. Sie sagen, dass die Arbeitnehmerrechte komplett aufgegeben und jeweils Spielball der Hausverträge werden, die Unternehmen untereinander schließen – das ist in der Präambel zu CETA und TTIP und durch das Demokratieprinzip ausgeschlossen. Sie können all das nachlesen. CETA steht komplett im Internet, Sie können es sich herunterladen, die Datei hat 5,3 Megabyte. Wenn Sie sich dies einmal angucken, wissen Sie, dass die Rechte der Arbeitnehmerschaft dort gewahrt werden.
Ich wünsche mir und ich fordere den Senat dazu auf, im Bundesrat für den Abschluss von CETA zu stimmen. Ich würde mir auch wünschen, dass sich der Wirtschaftssenator, vielleicht spricht er heute noch dazu, die Handelskammer, die Wirtschaftsbehörde und der Senat offensiv in die Debatte einschalten und auch für die Interessen der Freien und Hansestadt Hamburg werben, um ein sehr gutes Handelsabkommen zum Wohle der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer Bevölkerung zum Abschluss zu bringen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die EU-Kommission hat den Text des CETA-Abkommens endgültig als ein gemischtes Abkommen vorgelegt. Das war richtig und wichtig, denn CETA ist ein Abkommen, das weit in die Belange der Mitgliedsstaaten eingreift. Die EU plante, das kanadische Handelsabkommen CETA auf die Schnelle durchzuwinken. Das aber wäre ein Regelbruch gewesen und hätte Kritikern der EU direkt in die Hände gespielt.
Wir GRÜNEN bewerten CETA in vielen Punkten sehr kritisch, weil hauptsächlich große Konzerne von diesem Abkommen profitieren und elementare Bestandteile unserer Bemühungen – Fair Trade steht hierbei weit oben auf der Liste – ad absurdum geführt werden.
Der nächste Schritt wird sein, dass das Abkommen im Europäischen Rat beurteilt wird. Die formale Annahme von CETA im Rat für Auswärtige Angelegenheiten ist für den 18. Oktober vorgesehen. Im Anschluss an die Entscheidung im Rat gibt dieser das CETA-Abkommen zur Abstimmung an das Europäische Parlament, das vermutlich Anfang respektive im Frühjahr 2017 entscheiden wird. Am 17. September wird es eine europaweite Großdemo gegen CETA geben, an der wir GRÜNEN teilnehmen werden. Auch hieran ist erkennbar, dass wir nicht nur reden, sondern auch handeln.
CETA ist nicht, wie viele meinen, durchgehend das gute Abkommen, denn es etabliert Klageprivilegien für Unternehmen, schränkt Möglichkeiten der öffentlichen Daseinsvorsorge ein und schwächt das Vorsorgeprinzip. Dies beinhaltet leider, dass bestehende und künftige Regeln zum Schutz von Menschen und Umwelt infrage gestellt werden. Dadurch wird dieser Schutz immer weiter erschwert werden. Alles Gründe, die nicht einfach vom Tisch gewischt werden können. Doch ein kritisches Hinterfragen und Bewerten von harten Fakten ist eine Sache, sich von Angst und Vorurteilen leiten zu lassen, eine andere.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Gözay, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kruse von der FDP?
Lassen Sie uns also rational bleiben. CETA ist nicht alles, das ist bekannt, aber es ist auch nicht alles schlecht, was CETA betrifft. CETA, TTIP und Co. können grundsätzliche oder sinnvolle Instrumente für effektive und effiziente Märkte sein. Sie müssen nur sinnvoll ausgehandelt werden und dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht benachteiligen sowie Arbeitsplätze nicht gefährden.
Wenn also im Bundestag alle Themen diesbezüglich ausdiskutiert sind und CETA in den Bundesrat eingebracht wird – der Termin steht noch nicht fest –, wird der Hamburger Senat unter Würdigung der Auswirkungen des Abkommens auf alle gesellschaftlichen Bereiche rechtzeitig sein Abstimmungsverhalten festlegen und nicht vorher. Wie Sie jetzt vernommen haben, liebe Kollegen von den LINKEN, sind wir in der Sache nicht weit auseinander.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Darf der Kollege Deniz Celik eine Frage stellen?