Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

(Heiterkeit bei der SPD – Wolfgang Rose SPD: Jetzt wird es skurril! – Dr. Andreas Dressel SPD: Mach dich doch nicht lächer- lich!)

Die Partei, die die Bundesrepublik in fünf von sieben Jahrzehnten als Primärpartei gestaltet hat, hat das gezeigt.

Wenn wir bei Geschenken sind, Herr Dressel: Ich wollte heute eigentlich dem Bürgermeister ein Geschenk übergeben an seinem Geburtstag. Nun haben Sie mir schon eines gegeben. Vielleicht kön

nen Sie das für den Bürgermeister entgegennehmen, eine wunderschöne Angela-Merkel-Zitronenpresse. Die wollte ich ihm gern überreichen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe dazu eine SPD-Zitrone, da lässt sich noch ein wenig Saft rausquetschen. Das können Sie ja dann machen. Ich übergebe sie Ihnen und Sie können sie an Herrn Scholz weiterleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wenn es keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Thema gibt, haben wir den Bundestagswahlkampf mehr oder weniger angemessen eingeläutet und können zum zweiten Thema kommen, angemeldet von der GRÜNEN Fraktion

Vier mal 500 zusätzliche Fachkräfte für Hamburgs Kitas ab 2018: Wir investieren in die Zukunft unserer Kinder

Frau Gallina von der GRÜNEN Fraktion, Sie haben das Wort, nun wieder für fünf Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Das Ziel, Hamburgs Kinder zu stärken, ist eines der zentralen Ziele dieser Koalition, und ich sage Ihnen auch: Es ist sicherlich eines der komplexeren Ziele. 83 000 Kinder gehen in Hamburg in die Kita. Damit sind wir Spitzenreiter bei der Inanspruchnahme. Doch bei dem wichtigen bildungs- und auch sozialpolitischen Ziel, möglichst viele Kinder an frühkindlicher Bildung und Betreuung teilhaben zu lassen, dürfen wir natürlich die qualitative Entwicklung nicht aus dem Blick verlieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dazu gehört unter anderem – und das ist das, worüber wir heute reden –, für unsere Kleinsten mehr Erzieherinnen und Erzieher einzustellen. Wir hatten uns im Koalitionsvertrag, basierend auf der Eckpunktevereinbarung, vorgenommen, den Betreuungsschlüssel schon bis 2019 auf 1:4 zu verbessern. Nun ist es das Wesen von Politik, dass sie sich mit sich verändernden Bedingungen und Voraussetzungen auseinandersetzen muss, und es ist das Wesen von guter Politik, darauf zu reagieren. Genau das tut Rot-Grün an diesem Punkt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die ursprüngliche Umsetzung würde bedeuten, zum Stichtag 1. August 2019 2 000 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher auf einen Schlag einzustellen. Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege ist deshalb an die BASFI herangetreten und hat darum gebeten, diese Qualitätsverbes

serung schrittweise umsetzen zu können. Gemeinsam haben sich Behörden und Kita-Verbände darauf verständigt, dass bereits zum 1. Januar 2018 500 neue Erzieherinnen und Erzieher eingestellt werden können und dann in den darauffolgenden drei Jahren jeweils weitere 500. Von dieser Entzerrung profitieren vor allem Kinder und Erzieherinnen und Erzieher, weil es einfach deutlich schneller geht. Dieser Schritt entlastet natürlich vor allem die Menschen, die sich tagtäglich um unsere Kleinsten kümmern, und außerdem wird er wahrscheinlich auch dazu führen, dass sich Einstellungs- und Einarbeitungsprozesse deutlich ruhiger gestalten. Aber vor allem ist dieser Schritt eine große Investition in die Zukunft unserer Kinder, die am meisten davon profitieren, wenn sich Erzieherinnen und Erzieher noch individueller um sie kümmern können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Beruf der Erzieherin und des Erziehers ist zurzeit gefragt, weltweit. Das hängt mit verschiedenen Entwicklungen zusammen und einige davon betreffen natürlich auch Hamburg. Es sind sehr positive Gründe, die man nennen kann: Wir sind spitze beim Ausbau, wir sind spitze bei der Auslastung und wir wollen spitze bei der Qualität werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deshalb ist es gut und richtig, dass gleich mit einem ganzen Maßnahmenpaket von BASFI und BSB auf den wachsenden Fachkräftebedarf reagiert wird. Und für alle, die es dank der Weisheit ihrer Glaskugel natürlich schon vor Jahren besser wussten, will ich noch einmal den Hinweis geben, dass bereits 2011 die Aus- und Weiterbildungskapazitäten für die sozialpädagogischen Assistentinnen und Assistenten und die Erzieherinnen und Erzieher auf 1 500 hochgefahren wurde, und jetzt wird eben noch einmal nachgelegt.

Was mich besonders freut, ist, dass wir die Zugänge zu diesem Beruf auf verschiedene Art öffnen und an die jeweiligen Voraussetzungen derer, die sich für dieses Feld interessieren, anpassen: für Abiturientinnen und Abiturienten, für Realschülerinnen und Realschüler. Für letztere wird es die Möglichkeit geben, währen der Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin beziehungsweise zum sozialpädagogischen Assistenten die Fachhochschulreife zu erwerben. Damit investieren wir gut in die Zukunft dieser jungen Menschen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Aber auch diejenigen, die mit einem erweiterten ersten Schulabschluss gern in diesem Bereich tätig werden wollen, bekommen jetzt ein spezielles Angebot.

Im Ergebnis heißt das für mich: Wir haben die Zukunft der Kinder und ihrer Erzieherinnen und Erzieher nicht nur fest im Blick, wir packen sie an. Wir investieren in diese Zukunft. Das ist gut für Eltern,

(André Trepoll)

das ist gut für Familien und Angestellte, das ist gut für unsere Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Schmitt von der SPD-Fraktion bekommt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausbau der frühkindlichen Bildung und Betreuung in Hamburg geht weiter, sowohl was die Zahlen der betreuten Kinder anbelangt als auch in puncto Qualität.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Dieser Ausbau hat sich seit 2011 aufgrund erweiterter Rechtsansprüche und weitgehender Beitragsfreiheit erheblich beschleunigt. Sozial schwächere Stadtteile haben bei den Betreuungsquoten aufgeholt, und Sprachförderbedarfe bei den Einschulungen sind zurückgegangen. Bei den Betreuungsquoten und insbesondere beim Krippenausbau nimmt Hamburg eine Spitzenposition ein. Noch nie haben so viele Kinder so lange von frühkindlicher Bildung und Betreuung profitiert, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das ist erfreulich und ein Gewinn für unsere Stadt. Aber wir wollen mehr. Wir sind auch bei der Betreuungsqualität und bei den Betreuungsschlüsseln längst auf dem Weg, haben bereits Verbesserungen umgesetzt und werden diesen Weg weitergehen. Als ersten Schritt, für den Krippenbereich, haben wir ab 1. April 2015 für die Kinder bis einschließlich 24 Monaten den Personalschlüssel um 10 Prozent erhöht. Der nächste Schritt kam zum Beginn des Kita-Jahres 2016/2017, da wurden die Wochenstunden für das Erziehungspersonal für die Kinder von 25 bis 36 Monaten um 10 Prozent erhöht. Da in dieser Altersgruppe die Besuchsquote um einiges höher ist, hat diese Verbesserung eine deutlich größere Zahl an Kindern erreicht. Auch die zum Jahresbeginn 2016 vollzogene Ausweitung des "Kita-Plus"-Programms in Krippen verbessert die Personalstärke und die Qualität. In der Laufzeit 2016 bis 2019 werden erstmals Krippenkinder im Programm "Kita-Plus" berücksichtigt. Rund 300 Kitas erhalten eine um 12 Prozent erhöhte Personalausstattung. Von diesen Verbesserungen profitiert bereits jetzt eine gewachsene und stets weiter wachsende Zahl von Kindern dieser Stadt – gut so.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die Haushaltsmittel für die weiteren Verbesserungen auf dem Weg zum 1:4-Betreuungsschlüssel in der Krippe sind bereits beschlossen. Die Rekordsumme von 800 Millionen Euro für die frühe Bildung und Betreuung in Krippe und Kita wird Ham

burg 2018 aufwenden. Auf Wunsch der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, AGFW, wird der Fahrplan in vier mal 500 Schritten erfolgen. Schon Anfang 2018 geht es los mit jährlich gut 500 neuen Fachkräften, dann auch zum Jahresbeginn 2019, 2020 und 2021. Kinder, Eltern und Beschäftigte erfahren also schon zum kommenden Jahresbeginn eine spürbare Verbesserung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Die in den vergangenen Jahren bereits deutlich gestiegene Absolventenzahl in den Erziehungsberufen werden wir mit einem Maßnahmenbündel nochmals erhöhen, um die weiter wachsende Nachfrage nach diesen Qualifikationen befriedigen zu können. Das auf Wunsch der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege nun schrittweise Vorgehen ist realistisch angesichts sowohl der weiter gestiegenen Kinderzahlen in Betreuung als auch des sehr hohen Bedarfs an Erzieherinnen und Erziehern in anderen Tätigkeitsfeldern und im Hamburger Umland. Diese Entzerrung schafft verlässliche Umsetzungsschritte auf dem Weg zu 1:4. Bereits 2018 werden wir hierfür zusätzlich 20 Millionen Euro aufwenden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Das Ziel ist klar: noch bessere Betreuungsqualität und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der frühkindlichen Bildung und Betreuung, für bessere Startchancen, starke Integrationspolitik und gerechtere Teilhabe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Heißner von der CDU-Fraktion bekommt das Wort.

Erst einmal darf ich der Sozialsenatorin die herzlichen Glückwünsche der CDU-Fraktion überbringen, dass auch sie inzwischen zu der Realisierung gekommen ist, dass es nicht so einfach ist, über 2 000 Erzieher auf einen Schlag im August 2019 einzustellen, sondern dass man dies vielleicht schrittweise machen muss. Wenn das die entscheidende Qualifikation war, hätte man vielleicht auch eines der 25 000 Krippenkinder in Hamburg fragen können, denn so weltbewegend ist diese Erkenntnis wirklich nicht, sondern sie ist lange überfällig.

(Beifall bei der CDU)

Aber das ändert nichts daran, dass sie im Grundsatz natürlich richtig ist. Insofern ist es auch richtig, dass sich der Senat jetzt endlich darüber Gedanken macht, welche Mittel man anwenden kann, wie man die Ausbildungskapazitäten für die Erzieherinnen und die Erzieher verbessern kann. Da sind einige interessante Vorschläge dabei gewesen. Ich glaube, dass es nicht falsch ist, darüber nachzu

(Anna Gallina)

denken, wie man die Ausbildung auch für die Abiturienten attraktiver machen kann. Zudem ist es eine schöne Sache, dass der Bund das MeisterBAföG erhöht hat – das ist wieder etwas, was die Bundesregierung geleistet hat – und auch, dass man anderweitig überlegt, wie man es finanziell attraktiver machen kann. Nicht so einfach ist es möglicherweise bei der Frage, wie man dies mit dem allgemeinen Schulabschluss machen kann. Das wäre ein Punkt, über dem man, glaube ich, noch einmal diskutieren müsste und das ist ein Problem. Denn alles, was wir bisher haben, sind wieder nur leere Ankündigungen von Ihnen. Wir haben noch keine einzige rechtsgültige Änderung, zum Beispiel ist die Ausbildungs- und Prüfungsordnung, die man dafür einmal anpacken müsste, noch genauso wie sie immer war. Wir haben keine Ausschussberatungen angesetzt,

(Farid Müller GRÜNE: Kommt noch alles!)

und kein Mensch hat bisher einmal aufgezeigt, woher das Geld für all das kommen soll. Das ist bisher reine PR von Ihnen, und das sind wir ein Stück weit leider auch schon gewohnt von Ihnen.

Was wir allerdings nicht gewohnt sind – und das ist wirklich bemerkenswert –, ist, dass Sie den Bruch Ihrer eigenen Wahlversprechen zur Aktuellen Stunde anmelden. Und nichts anderes ist das, was wir hier erleben. Nachdem wir 2014, nach vier Jahren Olaf Scholz, in den Hamburger Krippen nach wie vor den schlechtesten Betreuungsschlüssel von allen westdeutschen Bundesländern hatten, haben Sie das Wahlversprechen verkündet – auch um das Thema aus dem Wahlkampf ein Stück weit herauszuhalten –, haben es sogar schriftlich zugesagt, dass Sie bis Ende 2019 den Betreuungsschlüssel auf 1:4 verbessern wollen. Dieses Versprechen haben Sie mehrfach wiederholt, und jetzt müssen wir erleben, dass Sie es hinausschieben. Sie machen es nicht mehr 2019, sondern es soll erst 2021 kommen. Als Rechtfertigung für diesen Versprechensbruch, und nichts anderes ist es, dient nur die wirklich banale Erkenntnis, dass man in Hamburg nicht so einfach 2 000 Erzieher auf einmal einstellen könnte. Das könnte man wirklich früher wissen. Und ich sage Ihnen noch etwas Besseres, man könnte es nicht nur früher wissen, Sie wussten es auch früher.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)