Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

sondern selbst Klarheit schaffen durch verbindliche Regelung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Celik. – Gibt es vielleicht noch weitere Wortmeldungen? Die sehe ich nicht.

Dann stimmen wir nun, wenn wir ein bisschen zur Ruhe gekommen sind, in der Sache ab und beginnen mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE aus Drucksache 21/11071.

Wer möchte diesem seine Zustimmung geben? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen dann zum gemeinsamen Antrag von SPD, CDU und GRÜNEN aus Drucksache 21/11228.

Wer diesem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist dieser Antrag angenommen.

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, TOP 32, Drucksache 21/10912, Antrag der FDPFraktion: Fachkräftemängel bekämpfen – Potenziale nutzen.

[Antrag der FDP-Fraktion: Fachkräftemangel bekämpfen – Potenziale nutzen – Drs 21/10912 –]

Die FDP-Fraktion möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Dazu wünscht das Wort Frau Nicolaysen von der FDP-Fraktion. Wer wünscht des Weiteren das Wort?

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Freie Demokraten haben schon oft darauf aufmerksam gemacht, dass der Fachkräftemangel eine ernsthafte Bedrohung für die deutsche Wirtschaft darstellt, und das gilt auch hier in Hamburg. Laut einer Umfrage der Handelskammer findet jedes zweite Unternehmen in Hamburg längerfristig keine geeigneten Bewerber für die offenen Stellen. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, dass wir eine große Zahl junger Menschen in das deutsche Bildungssystem und den deutschen Arbeitsmarkt integrieren müssen.

(Farid Müller GRÜNE: Und wollen!)

Warum machen wir aus zwei großen Herausforderungen nicht eine umso größere Chance? Wenn wir anerkannte Flüchtlinge auch als Fachkräfte von morgen erkennen und gezielt für die duale Berufsbildung in Mangelberufen anwerben, dann leisten wir nicht nur einen starken Beitrag zur Integration, sondern auch einen starken Beitrag für die Hamburger Wirtschaft.

(Beifall bei der FDP)

Doch wir müssen auch ehrlich sein. Die bisherigen Bemühungen waren nicht erfolgreich. Das Projekt Work and Integration for Refugees konnte in der letzten Stichprobe gerade einmal 20, also wirklich nur 20 von über 1 000 Betreuten, in ein Ausbildungsverhältnis vermitteln. Hinzu kommt, dass wir ein riesiges Transparenzproblem haben. Bis heute können wir nicht sagen, welche Maßnahmen funktionieren und welche nicht. Wenn wir die vorhandenen Potenziale nutzen wollen, dann brauchen wir eine an der beruflichen Praxis ausgerichtete transparente Förderung.

Doch nicht nur im Bereich Wirksamkeit müssen wir klarer werden. Das deutsche System der dualen Berufsausbildung genießt international einen guten Ruf und wir können stolz darauf sein. Doch das beste System kann seine Wirkung nicht entfalten, wenn die Menschen es nicht kennen. Daher fordern wir eine umfassende Anwerbestrategie, in deren Rahmen auch mit einer Kampagne über die Chancen und Möglichkeiten einer beruflichen Qualifizierung informiert wird. Denn wer gut informiert ist und sich daraufhin für einen Mangelberuf qualifiziert, der hat beste Chancen für die Zukunft.

Uns ist natürlich auch klar, dass ein anerkannter Flüchtling sich in der Ausbildung besonderen Herausforderungen gegenübersieht. Auch wenn der Sprachkurs auf dem Niveau B2 bestanden wurde, gibt es noch weiteren Qualifizierungsbedarf, für den entsprechende Programme entworfen werden müssen.

Ich glaube, dass es vor allem selbstbestimmte Individuen sind, die eine Gesellschaft stark machen. Ermöglichen wir den Menschen, die sich eine Zukunft aufbauen wollen, ihren Platz in Wirtschaft und Gesellschaft zu finden.

(Beifall bei der FDP)

Dann werden wir sehen, dass dies gut für Hamburg und gut für uns alle ist. Ich hoffe, dieses Haus unterstützt unseren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Nicolaysen. – Es hatte sich zu Wort gemeldet Herr Schwieger von der SPD-Fraktion. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Hamburger Senat hat bereits seit 2013 mit der Vorlage einer Fachkräftestrategie auf den drohenden Fachkräftemangel reagiert. Da waren Sie, Frau Nicolaysen, zugegebenermaßen noch nicht dabei, aber auch die gesamte FDP nicht; das können Sie natürlich nicht wissen. Vor diesem Hintergrund wurde ein breites Netzwerk gegründet, bestehend aus den Fachbehörden, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter, den Kammern, dem Unterneh

mensverband Nord und natürlich dem DGB. Dieses Netzwerk beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie Geflüchtete qualifiziert in den Hamburger Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integriert werden können. Der Senat, Agentur für Arbeit und Jobcenter team.arbeit.hamburg verfolgen dabei gemeinsam mit weiteren Akteuren den Ansatz der systematischen Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Alle Akteure, insbesondere die Jugendberufsagentur und auch W.I.R, sind dabei angehalten, individuell die Vorteile einer Berufsausbildung aufzuzeigen.

Um es noch einmal deutlich zu sagen: Wir setzen auf eine qualifizierende und daher längerfristige und nachhaltige Integrationsperspektive.

(Beifall bei der SPD)

Das schaffen wir zum Beispiel dadurch, dass wir den Geflüchteten ohne Berufskompetenzen die Möglichkeit geben, einen Berufsabschluss zu erwerben. Aber offensichtlich hat das alles die antragstellende Fraktion trotz ausführlicher und auch häufiger Berichterstattung des Senats im Sozialausschuss nicht wahrgenommen. Daher werde ich die Strukturentscheidungen und Maßnahmen des Fachkräftenetzwerks noch einmal kurz darstellen.

Die Jugendberufsagentur ist die Regeladresse für alle Geflüchteten unter 25 Jahren. Für die berufliche Integration dieser nicht mehr schulpflichtigen Geflüchteten hat sich das Netzwerk auf folgendes Vorgehen verständigt: Für die berufliche Orientierung und Qualifizierung werden die Regelmaßnahmen der Sozialgesetzbücher SGB II und III genutzt. Die assistierte Ausbildung, das heißt, eine betriebliche Ausbildung mit Begleitung durch einen Träger, steht für junge Geflüchtete offen. Damit dieser längerfristige Integrationsprozess auch wirklich greift, erhalten die jungen Geflüchteten eine individuelle Begleitung durch das Projekt Chancengenerator.

Wie steht es um die Geflüchteten, die über 25 Jahre alt sind? Das ist die Zielgruppe für W.I.R, und dieses Projekt beinhaltet zusätzliche Arbeitsmarktkompetenzen. Dieses Angebot umfasst Lebenslagenberatung, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, die Beratung über die Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, Kompetenzfeststellungsberatung, die Vermittlung in geförderte Sprachkurse,

(Jennyfer Dutschke FDP: Wir wissen, was Sie machen! Nennen Sie doch einmal Zah- len und Erfolge!)

und die Unternehmensservices vermitteln in Praktika, Ausbildung und Beschäftigung.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch die anderen Akteure des Fachkräftenetzwerks bieten für diese Zielgruppe der Geflüchteten weitergehende Maßnahmen an, wie zum Bei

spiel die Handelskammer Hamburg im Bereich des Kompetenzfeststellungsverfahrens. Die Handwerkskammer Hamburg bietet im Rahmen von Aktionswochen praktische Übungen an. Daher kommt für diese Zielgruppe neben der Aufnahme einer Berufsausbildung auch eine direkte Vermittlung in qualifizierte Beschäftigung infrage.

Hamburg ist organisatorisch für die Integration von Geflüchteten in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sehr gut aufgestellt, Geflüchtete sind fest in die Fachkräftestrategie des Senats und des Netzwerks integriert.

(Jennyfer Dutschke FDP: In der Fachkräfte- strategie wird das Wort "Flüchtlinge" nicht erwähnt!)

Unserer Auffassung nach verfolgt der Senat die Ziele des vorliegenden Antrags schon längst und hat diese bereits mit konkreten Maßnahmen untermauert. Zudem hat der Senat die Hamburgische Bürgerschaft stets ausführlich im Ausschuss und mit Drucksachen über die durchgeführten und geplanten Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten informiert. Auch wurden die dafür erforderlichen finanziellen Mittel um Mehrbedarf im Haushaltsausschuss stets dargestellt. Die SPDFraktion sieht daher für den vorliegenden Antrag keine Grundlage und wird diesen ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Stefanie von Berg und Farid Müller, beide GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Schwieger. – Es erhält das Wort Frau Grunwaldt von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Schwieger, das war ein sehr schöner, wenn auch nicht besonders leidenschaftlicher Fachvortrag, aber leider sind Sie auf das eigentliche Problem, nämlich dass die Arbeitsintegration nicht so erfolgt, wie sie erfolgen sollte bei dem Fachkräftemangel, den wir haben, überhaupt nicht eingegangen. Das finde ich wirklich etwas bedauerlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Ihre Analyse ist goldrichtig, aber meines Erachtens ziehen Sie aus dieser Analyse leider nicht die richtigen Konsequenzen. Denn nein, wir brauchen kein neues Konzept, das wieder ewig dauert und dem unzählige runde Tische vorgeschaltet sind. Was wir wirklich bräuchten, wäre eine Art Taskforce, in der sich Fachleute ideologiefrei zusammensetzen und sich überlegen, wie man die vielen Menschen kurzfristig in Ausbildung und Arbeit vermitteln kann und auch in Helfertätigkeiten. Die werden nämlich auch gebraucht, nicht nur Fachkräfte.

(Jens-Peter Schwieger)

Es ist bereits so, dass es zahlreiche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Flüchtlinge gibt, um sie für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Das Problem ist nur – das sind ja Plätze, die werden vom Land und vom Bund finanziert –, dass diese nicht besetzt werden, und so kann natürlich auch keine erfolgreiche Vermittlung in den Arbeitsmarkt erfolgen. Ich denke auch, dass wir, was die Ziffer 2 Ihres Antrags anbelangt, schon genau wissen, an welcher Stelle es bei der Unterstützung der Flüchtlinge hakt, wenn es um eine Ausbildung geht. Die brauchen nämlich nicht nur Deutschunterricht – das wäre ja schön, wenn es so wäre –, sondern die brauchen eine allumfassende engmaschige Betreuung in allen Lebenslagen, und die muss auch in erster Linie der Ausbildungsbetrieb leisten, und auch der braucht maximale Unterstützung, die leider oft vergessen wird. Die Förderprogramme sind an und für sich da. Das Problem ist meines Erachtens, dass die bürokratischen Hürden, um dahin zu gelangen, ins Unermessliche gehen.

Aber doch noch ein Wort zur SPD. Ich kann es mir leider nicht verkneifen, aber dass Sie uns wirklich immer noch W.I.R als Erfolgsschlager verkaufen wollen, ist echt ein absoluter Hammer.

(Beifall bei der CDU, der FDP und bei Dr. Ludwig Flocken fraktionslos)

Von den 5 000 Flüchtlingen, die seit Herbst 2015 bei W.I.R registriert worden sind, ist eine Auswertung von nicht einmal 1 000 Flüchtlingen bekannt. Meine Kollegin erwähnte es ja schon, dass von denen nur 2 Prozent überhaupt ein Ausbildungsverhältnis begonnen haben. Aber was mich persönlich besonders schockiert, ist, dass uns tatsächlich 167 Vermittlungen in Praktika als Vermittlungen in Beschäftigungsverhältnisse im Sinne einer Arbeitsmarktintegration vorgegaukelt werden. Das ist es definitiv nicht. Erfolge sehen anders aus.

Wir werden uns bei dem Antrag enthalten. Selbstverständlich stimmen wir einer Überweisung an den Ausschuss zu, und ich finde es sehr traurig, dass die Regierungsfraktionen dort nicht einmal ernsthaft mit uns über dieses Thema diskutieren möchten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Grunwaldt. – Als Nächstes erhält das Wort Frau Möller von der GRÜNEN Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Grunwaldt, das war jetzt vielleicht leidenschaftlich, aber …