Protokoll der Sitzung vom 27.02.2019

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Mehr Ver- kehr auf die Schiene!)

Wenn ihr den 30- oder 60-Minuten-Zeitrahmen nicht einhalten könnt, wird es eventuell keine Finanzierung geben können. Und deswegen sagen wir, dass wir uns diese Probleme angucken müssen.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

(unterbrechend) : Frau Sudmann, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Sehr gern.

Vielen Dank. Weil das immer so als Argument vorgetragen wird: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass auch die Alternativstrecke durch ein großes FFH-Gebiet geht, nämlich das Travetal, und dass sich auch dort im Zusammenhang mit Naturschutz sehr, sehr viele ähnliche Fragen stellen wie bei der jetzt verfolgten Trasse?

Nicht nur das ist mir bekannt, Herr Buschhüter, mir ist auch bekannt,

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Es schert Sie nicht!)

dass es im Planfeststellungsverfahren die Prüfung einer eingleisigen Güterstrecke auf der A 1 gab. Hier wird aber eine zweigleisige Strecke gefordert und zweitens wird gesagt, es müssten sich beide

FFH-Gebiete angeschaut werden, wie die Auswirkungen seien. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht Ihre Gegenwehr, als DIE LINKE gestern im Verkehrsausschuss beantragt hat: Lasst uns eine Selbstbefassung machen, lasst uns zusammen mit dem Verfasser der Argumentationsschrift der Bürgerinitiative schauen, was mögliche Gefährdungen für das Planfeststellungsverfahren sind, was Sie doch gerade mit Händen und Füßen verteidigen. Ich verstehe nicht, dass Sie nicht sagen: Wir sind uns so sicher, es kann uns gar nicht berühren, wenn jetzt ein Fachmensch dazukommt. Aber Sie haben doch die Debatte mit dem Fachmenschen verweigert und das, finde ich, ist echt ein Armutszeugnis.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und der AfD)

Was ich aber nicht will, ist, was die AfD macht. Die AfD ist jetzt einfach blind aufgesprungen, versucht sich bei der Bürger-Ini lieb Kind zu machen, indem sie sagt: Wir wollen jetzt sofort eine Machbarkeitsstudie. Da bin ich bei Ihnen und sage nein, ich will keine neue Machbarkeitsstudie, ich will erst einmal die Argumente austauschen. Und natürlich muss die Deutsche Bahn da Rede und Antwort stehen, aber es wäre eben sehr schön und – wie soll ich das sagen? – großherzig, souverän vielleicht gewesen, wenn die SPD gesagt hätte, sie habe gar kein Problem, wenn auch Herr Vieregg mit dazukommt. Diese Chance haben Sie gestern leider vergeben. Das finde ich schade, aber es ist trotzdem kein Grund, dem AfD-Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion bekommt nun Herr Aukes das Wort.

Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Die FDP steht weiterhin zur geplanten Trassenführung, so, wie sie vorgesehen ist. Wir wollen – das haben wir gestern, wie Herr Buschhüter schon ordnungsgemäß ausgeführt hat, im Verkehrsausschuss geklärt –, dass wir die Einwendungen, die vonseiten der Anwohner beziehungsweise der dort anwesenden Fachleute gemacht worden sind, im Rahmen einer Sitzung des Verkehrsausschusses noch einmal erwägen. Es ist aber auch nicht unser Interesse, dass wir diesen ganzen Prozess stoppen und neu anfangen. Wir wissen, wie problematisch es ist, heutzutage überhaupt Planungen durchzusetzen.

Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass seit der Bundestagsperiode 2009/2013 der sogenannte Schienenlärmbonus weggefallen ist, das heißt, auch jetzt ist es so, dass die Bundesbahn oder die sie tragenden Organisationen, die diese Strecke befahren, die Lärmschutzrichtlinien und die niedrigeren Grenzwerte einhalten müssen. Das ist sicher ein sehr großer Vorteil.

(Martin Bill)

Ich denke, mit dem Verfahren, das wir gestern gewählt haben, können wir auch den berechtigten Anliegen der Bevölkerung nachkommen. Aber es wäre, glaube ich, Sand-in-die-Augen-Streuen, wenn wir jetzt sagen, wir rollen das alles wieder auf und fangen von vorn an. Das ist nicht im Sinne der Sache, die S4, die wichtig ist, muss schnell und zügig auf die Schiene gesetzt werden. Und daran wollen wir von der FDP gern mitarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Ole Thorben Buschhüter und Ekkehard Wysocki, beide SPD)

Für die AfD-Fraktion bekommt nun Herr Ehlebracht erneut das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nehmen Sie es doch einfach einmal so, wie es ist. Klar, dieser Antrag wäre günstiger gewesen, wenn er ein halbes, ein Dreivierteljahr früher gekommen wäre.

(Ole Thorben Buschhüter SPD: Zehn Jahre!)

Es geht hier um die Sache, es geht um eine Sachentscheidung. Wir müssen doch versuchen, die bestmögliche Entscheidung in der Qualität zu treffen, denn diese Festlegung, die wir hier treffen, legt den Verkehrsweg und die Verkehrlichkeit in diesem Bereich für Generationen fest. Wir müssen doch die bestmögliche Entscheidung treffen. Dafür der Antrag. Darin steht nicht, dass man das, was jetzt läuft, stoppen solle. Anfangs hatte ich gesagt, es gehe nicht darum, die S4 zu verlegen, die solle so, wie sie jetzt geplant wird – nur nicht in dieser Ausführung; das muss man im Vergleich zur Alternativstrecke noch ein bisschen relativieren –, kommen. Aber man muss doch Argumenten, sachlichen, fachlichen Argumenten gegenüber offenbleiben. Und da stimme ich Ihnen nicht zu, Herr Aukes. Der Weg, den wir gestern im Verkehrsausschuss festgelegt haben mit der Anhörung der jetzt Beauftragten, ist insofern schon im Ansatz falsch, weil man Gegenargumente von Fachleuten nicht zulassen will, weil man die nicht einladen will. Und das ist nach meinem Verständnis, wie man solche Dinge zu behandeln hat, nämlich ergebnisoffen, einfach verkehrt. – Danke.

(Beifall bei der AfD und bei Dr. Jörn Kruse fraktionslos)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer also möchte nun die Drucksache 21/16204 an den Verkehrsausschuss überweisen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung abgelehnt und wir kommen zur Abstimmung in der Sache.

Wer sich dem AfD-Antrag aus Drucksache 21/16204 anschließen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 40, ebenfalls ein Antrag der AfD-Fraktion: Wiedereinführung der 50-Prozent-Grenze für die Bewertung "ausreichend" bei Lernerfolgskontrollen und Abschaffung der "Drittel-Klausel" zur Nichtwertung/Wiederholung von Klassenarbeiten.

[Antrag der AfD-Fraktion: Wiedereinführung der 50-Prozent-Grenze für die Bewertung "ausreichend" (Note 4) bei Lernerfolgskontrollen und Abschaffung der "DrittelKlausel" zur Nichtwertung/Wiederholung von Klassenarbeiten – Drs 21/16205 –]

Vonseiten der antragstellenden Fraktion liegt hierzu ein Antrag auf Überweisung an den Schulausschuss vor. Es handelt sich auch hier um eine von der AfD-Fraktion angemeldete Kurzdebatte mit zwei Minuten Redezeit pro Debattenbeitrag.

Ich will dann gern noch einmal ergänzen: Wenn Sie, nachdem ich die Glocke betätigt habe, das Signal geben, dass Sie zum Schluss, zum letzten Satz kommen, dann können Sie selbstverständlich ausreden. Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Wolf, Sie bekommen es für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg hat bundesweit die höchste Abiturientenquote. Derzeit verlassen rund 52 Prozent eines Jahrgangs die Hamburger Schulen mit dem Abitur. Vor zehn Jahren waren es noch 20 Prozent weniger. Im Jahr 2007 betrug die Quote 36 Prozent. Der rasante Anstieg setzt übrigens exakt mit dem Regierungseintritt der GRÜNEN ein im Senat von Beust III. Innerhalb eines Jahres stieg die Quote damals um 10 Prozent.

Ist es eine Erfolgsmeldung, wenn inzwischen mehr als die Hälfte der Hamburger Schüler mit dem Abitur abschließt? Jedenfalls dann nicht, wenn die durchschnittlichen Lernleistungen nicht im gleichen Umfang gestiegen sind und die Studierfähigkeit gegeben ist. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die stark gestiegenen Abiturientenquoten politisch gewollt und nur durch die Absenkung diverser Leistungsstandards erreicht wurden. Hierzu zählt der Wegfall der 50-Prozent-Grenze für das Erreichen der Note Vier in Leistungskontrollen und Klassenarbeiten. Die Note Vier ist die vielleicht wichtigste Note im Schulsystem, denn sie entscheidet über Bestehen oder Nicht-Bestehen von Prüfungen und ist versetzungsrelevant. Mussten

(Ewald Aukes)

die Schüler bis zum Jahr 2013 noch mindestens 50 Prozent der vorgegebenen Gesamtpunktzahl erreicht haben, um bestanden zu haben, reicht heute das Erreichen sogenannter Mindestanforderungen. Und diese sind flexibel, sie werden vom Fachlehrer für jede Arbeit in Eigenverantwortung definiert, sodass mitunter auch bei nur 40 oder 30 Prozent der erreichten Zielsetzung dennoch eine Vier gegeben wird. Hinzu kommt: Schafft mehr als ein Drittel der Schüler kein "Ausreichend", so kann die Schulleitung eine Klassenarbeit für ungültig erklären und neu ansetzen, mit dem entsprechenden internen Druck auch auf die Lehrer es dazu nicht kommen zu lassen und dann lieber gleich so zu korrigieren, dass man dazu nicht kommt.

Was Hamburg dringender – ich komme zum Schluss – als steigende Abiturientenquoten braucht,

(Glocke)

sind ein anspruchsvollerer Unterricht und studierfähige Absolventen. Deswegen: Folgen Sie unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion bekommt nun Herr Abaci das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Hamburg machen viele junge Menschen das Abitur. Das ist eine sehr gute Entwicklung und zeichnet auch die hamburgische Bildungslandschaft aus.

(Beifall bei Matthias Czech SPD)

Neben den Gymnasien leisten die Stadtteilschulen einen wichtigen Beitrag. An den Anmeldezahlen lässt sich auch ablesen, dass die gute Arbeit der Stadtteilschulen von den Eltern honoriert wird, und das freut uns sehr.

(Beifall bei der SPD)

Nun zum vorliegenden Antrag der AfD. Die von der AfD kritisierte Regelung wurde in der Kultusministerkonferenz von allen 16 Bundesländern nach intensiven fachlichen Diskussionen verabschiedet. Hamburg setzt hier lediglich eine Vorgabe der KMK um, die genauso in Bremen, Bayern und Sachsen gilt. Eine Abweichung Hamburgs wäre ein Rückfall in eine Bildungsungleichheit und Bildungsungerechtigkeit, die nicht zu vertreten ist.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Die Argumentation des Antrags ist widersprüchlich. Einerseits soll ein weiterer Leistungsabfall verhindert werden, andererseits würde der Antrag die Überprüfung schlechter Leistungsergebnisse durch die Schulleitung massiv einschränken. Dabei wird den Lehrkräften unterstellt, dass sie bei der bestehenden Drittel-Klausel die

Leistungsanforderungen bei der Konzeption der Klassenarbeiten oder ihrer Bewertungen ohnehin absenken würden, um diese Überprüfung zu umgehen. Für diese genannte Unterstellung gibt es keine belastbaren Belege. Eine pädagogisch reflektierte und verantwortete Leistungsbewertung ist Sache der Lehrerinnen und Lehrer, sie lässt sich nicht in starren Prozessvorgaben regeln. Die Anhebung der Drittel-Klausel auf 50 Prozent wäre Unsinn. Der Antrag ist abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Für die CDU-Fraktion bekommt nun Frau Stöver das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kollegen von der AfD, mit der Ansicht, an der Abiturqualität müsse gearbeitet werden, sind Sie nicht allein, das teilen wir mit Ihnen, aber auch die gymnasialen Schulleiter, in deren Positionspapier es heißt, die Abiturreglungen tolerierten zu viele schwache Leistungen, unterlaufen so den Anspruch an allgemeine Bildung. Doch, liebe Kollegen, dieses mit der prozentualen Bewertung von Klassenarbeiten über die Jahre hin zu verknüpfen, ist schon arg schräg und, ehrlich gesagt, der falsche Ansatz.