Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir greifen mit unserem Antrag zur Standort- und Investorenwerbung in Mecklenburg-Vorpommern das Anliegen der VUV auf. Dieses Anliegen deckt sich aber im Übrigen auch mit allen anderen Wirtschaftsinstitutionen des Landes. Ich denke, unser Antrag hat nichts damit zu tun, wie Herr Ministerpräsident dies regelmäßig der CDU vorwirft, mal wieder das Land schlechtzureden, sondern mit einer notwendigen Bestandsaufnahme nach zwölf Jahren Wirtschaftspolitik für Mecklenburg-Vorpommern.

Zur Bestandsaufnahme gehört nach unserer Auffassung, dass sich die Landesregierung zunächst erst einmal selbst darüber im Klaren wird, wo sie bei diesem Thema steht. Und da ich weiß, Herr Wirtschaftsminister, wie leistungsfähig die Angestellten und Beamten Ihres Hauses sind, werden Sie uns schnell einen Bericht zur Situation der Standort- und Investorenwerbung des Landes vorlegen können. Wir möchten Sie bitten, die politische Bearbeitung des Berichts im Wirtschaftsministerium, eventuell auch im Landeskabinett, so schnell wie möglich vorzunehmen.

Zu Ziffer 2 unseres Antrages, der sich mit dem Leitbild befasst, möchte ich jetzt kommen. Wir bitten die Landesregierung, ein Leitbild für die Außendarstellung des Landes zu entwickeln, damit zukünftig alle Stellen des öffentlichen Dienstes in eine gemeinsame Richtung marschieren können. Wie wir bei den Beratungen zum Nachtragshaushalt positiv feststellen konnten, haben Sie, Herr Wirtschaftsminister, unter anderem für die Entwicklung eines Leitbildes Mittel eingestellt. Das begrüßen wir ausdrücklich. Wie Sie zu diesen zusätzlichen Mitteln gekommen sind, können wir natürlich nicht gutheißen. Dies ist aber ein anderes Thema. Sie werden also ein Leitbild entwickeln und wir werden, wenn dieser Antrag in die Ausschüsse überwiesen werden sollte, die Kompetenz der Parlamentarier bei diesem Thema einbringen. Dass die Einbindung des Parlaments notwendig ist, sollte allen einsichtig sein, denn auch wir hier im Hohen Hause können mithelfen, dass ein Leitbild für eine Standort- und Investorenwerbung in die Region getragen werden kann.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Ziffer 3 unseres Antrages betrifft die Überprüfung der wichtigsten Bereiche einer zukünftig unter diesem Leitbild praktizierten Standort- und Investorenwerbung. Ziel dieser Maßnahme ist es, eine effizienzsteigernde Bündelung der Ressourcen zu erreichen. Wichtig sind uns dabei folgende Bereiche: Standort- und Tourismusmarketing, Wirtschaftsförderung, Außenwirtschaft – auch Export genannt –, Messen und Absatzförderung, Promotion und Merchandising, Dreh- und Filmstandort MecklenburgVorpommern, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und die Bündelung der Internetaktivitäten zur offensiven Vermarktung einer Landesdomain. Lassen Sie mich kurz diese Bereiche erläutern:

Standortmarketing kann vom Tourismusmarketing nach unserer Auffassung nicht getrennt werden. Der Tourismus bedeutet für unser Land eine der tragenden Säulen der Wirtschaft und das ist auch gut so. Es darf aber kein Tabuthema sein, die derzeitige Organisation und die personelle Ausstattung in den Marketingorganisationen im Tourismus kritisch zu hinterfragen. Das Geld für das Marketing in diesem und in den nächsten Jahren fehlt, das

haben wir im Tourismusausschuss gehört. Wenn wir in diesem Bereich nicht Prioritäten setzen, werden wir zukünftig nicht mehr Zuwächse feiern können. Hier geht es um eine Deckungslücke, wie ich heute Morgen schon gesagt habe, von 1,25 Millionen Euro. Die CDU-Fraktion diskutiert gerade Vorschläge, wie wir hier helfen können. Ich würde mich freuen, wenn sich die Regierungsfraktionen ebenfalls mit diesem Thema befassen würden.

Aber zurück zur Organisation und Personalsituation im Tourismusmarketing. Die Landesregierung muss nach meiner Auffassung sich dazu verständigen, wie der Tourismus hier besser werden kann. Nach zwölf Jahren sollte darüber nachgedacht werden, ob die institutionelle Förderung des Tourismusverbandes nicht weiter verbessert werden kann. Wir werden unsere Vorschläge dazu in den Ausschüssen vorstellen. Nach dem Motto „Stärken stärken – Schwächen schwächen“ müssen wir hier vorgehen.

Zum Bereich Wirtschaftsförderung. Herr Ministerpräsident, Sie haben auf dem 10. Unternehmertag letzte Woche in Rostock die Branchen bekannt gegeben, auf die sich die Landesregierung bei der Förderung konzentriert. Vom Grundsatz begrüßen wir das. Sollten wir aber jetzt nicht überprüfen, ob diese Bereiche wirklich förderfähig sind? Nehmen wir den Bereich Medizintechnologie. Dort hat sich schon viel getan nach meiner Auffassung, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich sind wir jetzt stark. Unabhängige Kritiker behaupten aber, dass in den landwirtschaftlichen Bereichen in der Medizintechnik mittel- und langfristig nur wenig Geld zu verdienen ist und somit nur wenige Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die Zukunft in der Medizintechnologie liege in der Entwicklung von Therapeutika. Hier gäbe es Wachstum. Die Frage ist: Ist das richtig? Also muss man auch diese Punkte hinterfragen.

Grundsatz in der Wirtschaftsförderung sollte sein, mit Steuergeldern sollte nur das angeschoben werden, was in das Konzept der Regierung passt, klar, beschäftigungsintensiv ist und ohne staatliche Förderung nicht umgesetzt werden kann.

(Angelika Gramkow, PDS: Also keine Rationalisierungsmaßnahme, ja?)

In diesem Zusammenhang muss auch über die Struktur und Ausrichtung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern gesprochen werden.

Der Bereich Außenwirtschaft – auch Export genannt –, der ist in Mecklenburg-Vorpommern leider nur ein kleiner Bereich, weil auch ein sehr schwieriger für ein neues Bundesland, muss unter dem Motto gesehen werden: „Schwächen schwächen“. Hier muss unseren Unternehmern Mut gemacht werden, trotzdem dieses sehr, sehr schwierige Feld zu beackern. Seitdem die Absatzförderungsgesellschaft des Landes von der Bildfläche verschwunden ist, denke ich, hat die Landesregierung dieses Thema ein wenig aus den Augen verloren. Zumindest als fleißiger Leser von Pressemitteilungen der Landesregierung stehen Themen der Absatzförderhilfen zurzeit nicht im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik des Landes, obwohl in allen Wirtschaftsblättern immer wieder zu lesen ist, die Exportschwäche Deutschlands, besonders der neuen Länder, müsste abgebaut werden.

Dass die Messeauftritte auf nationalem und internationalem Parkett, meine Damen und Herren, noch besser werden müssen, steht außer Frage. Von meiner Kritik

nehme ich ausdrücklich Herrn Minister Backhaus für die Grüne Woche, der leider jetzt nicht da ist, und Herrn Minister Ebnet für die ITB aus. Das waren ganz hervorragende Auftritte.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Ich konnte mich da auch persönlich mit den Kollegen hier aus dem Hause davon überzeugen.

Aber, Herr Minister Ebnet, warum läuft es bei den übrigen Messen nicht so gut? Ich denke an die CeBIT und sonstige Auftritte. Warum, Herr Minister, fordern Sie die Unternehmen in einer Pressemitteilung auf, aktiv an Messen teilzunehmen? Ist der Unternehmer dort schuld, zu träge etwa?

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Ich meine Nein. Doch die Rahmenbedingungen in unserem Land, da meine ich auch die Bürokratie, haben daran einen großen Anteil. Ein Unternehmer aus meinem Landkreis wollte gerne auf einer Messe in Russland teilnehmen. Er wollte einen Messestand vom Land fördern lassen. Er hat dies nicht getan, weil er mit erheblichen Kosten in Vorleistung gehen musste, mehrfach Zeichnungen und Kalkulationen vorlegen musste und so den Spaß an der ganzen Geschichte verloren hat. Und, meine Damen und Herren, auch Spaß gehört dazu, wenn man Unternehmer sein will, und der wird eben durch die Bürokratie den Unternehmern hier wirklich genommen. Es ist nicht umsonst in einer Broschüre der Deutschen Ausgleichsbank mal gesagt worden, die wichtigste Investitionsbremse in Deutschland ist die Investitionsbremse Bürokratie.

Ich komme zum Punkt 3e) unseres Antrages: Promotion und Merchandising. Aus unserer Sicht gehört auch zur Standortwerbung die Endkundenbetreuung, das heißt, wir müssen dort, wo unsere Kunden sind, uns auch zeigen, da sein und unsere Standortvorteile dort präsentieren. Der Tourismus ist dabei eine sehr gute Brücke, auch für die übrige Wirtschaft. Das bedeutet, dass wir mit unseren tollen Landschaften die Kunden anlocken und dann auf ein Mehr hinweisen müssen, dass wir auch leistungsfähige Universitäten und leistungsfähige Unternehmen haben. Dazu gehören natürlich auch die kulturellen Reize unseres Landes. Denn wir haben immer noch ein Imageproblem aus meiner Sicht und das dürfen wir nicht außer Acht lassen. Wir sind in Deutschland noch viel zu unbekannt!

Beim Merchandising haben wir auch eine Menge nachzuholen. Denken Sie nur mal darüber nach, unser wunderschöner Parlamentssitz – das Schweriner Schloss kann kein Mensch, der davon begeistert ist, kein Urlauber mit nach Hause nehmen und sich vielleicht, wenn er das dann auf den Fernseher stellt, darauf freuen, wann kann ich endlich wieder in Schwerin und in Mecklenburg-Vorpommern sein.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Lassen Sie sich die Idee doch patentieren!)

Außerdem würde das auch noch etwas bringen für die Einnahmen, meine Damen und Herren. Auch Merchandising kostet viel Geld am Anfang, kann aber auch zu Einnahmen führen. Ich frage Sie, Herr Ministerpräsident: Wie können wir mehr tun, um unser schönes Land noch bekannter zu machen?

Zum Schluss komme ich zur Situation des Dreh- und Filmstandortes Mecklenburg-Vorpommern. Auch diesen Bereich müssen wir im Zusammenhang mit der Standortund Investorenwerbung sehen. Wolfgang Clement, der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, hat das Thema Medien schnell zur Vision gemacht. Er hat diese Vision umgesetzt. NRW ist als Medienstandort in Deutschland positiv. Wenn ich mir überlege, die meisten Fernsehserien, die die Länder, wo sie produziert worden sind, auch überregional bekannt machen, schieben sich nun Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen zu. Wo ist denn da unsere Vision, Herr Ministerpräsident?

Wir können noch in vielen anderen Bereichen besser sein als jetzt. Das haben Sie selbst in den letzten Veranstaltungen immer wieder unterschrieben. Ich denke einfach, unser Antrag soll ein Beitrag dazu sein, dass wir im Bereich der Investorensuche und des Standortmarketings noch besser werden. Ich bitte Sie, diesen Antrag der CDU-Fraktion zu unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Petters.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne damit die Aussprache.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Schildt für die Fraktion der SPD. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Petters, Sie haben es ja selbst ausgeführt, Sie haben sehr lange darüber beraten, sehr lange nachgedacht und etwas zu Papier gebracht. Vielleicht haben Sie etwas zu lange gebraucht, denn wir haben ja schon im Januar unseren Antrag „,MV tut gut‘ – Imagewerbung für das Land umfassend fortsetzen“ auf der Tagesordnung gehabt,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

sehr positiv und konstruktiv diskutiert und mit Zustimmung der Koalitionsfraktionen auf den Weg gebracht. Leider waren Sie da noch nicht so weit, Sie mussten sich enthalten, weil sicherlich dieser Antrag gerade vorbereitet wurde. Wären Sie ein bisschen weiter gewesen, dann hätten Sie das zu diesem Zeitpunkt mit ein paar Kniffen einarbeiten können, vielleicht mit einem Änderungsantrag. Das hätte uns allen zusammen gut getan, denn ich denke, eine gemeinsame Imagewerbung für unser Land, eine Standortoffensive, eine Kampagne nach einem klaren Konzept tut uns allen gut. Und wenn wir da Konsens haben, sind wir die Letzten, die nicht dazu bereit sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Zu dem besagten Antrag aber, den wir im Januar diskutiert haben, Herr Petters, war Ihre Rede noch sehr zweifelhaft, noch ein bisschen unausgewogen. Außer dass Sie gesagt haben, unser Imagekonzept in der Fraktion liegt vor, sind Sie ein bisschen was schuldig geblieben.

Der Minister Ebnet hat zu dem Zeitpunkt klar gesagt, was wir darunter verstehen, wie er diesen Auftrag des Parlaments annimmt, dass eine Arbeitsgruppe gebildet

wird mit Sachverständigen, mit Vereinen, mit Verbänden, mit Unternehmen, um dieses Konzept mit Leben zu erfüllen. Und da kommen alle diese Punkte, die Sie aufgelistet haben in dem Antrag, sicherlich zur Sprache. Wir als Parlamentarier, sehr geehrter Herr Petters, gerade im Wirtschaftsausschuss, haben die Chance, uns darüber informieren zu lassen, was der Arbeitsstand in der Gruppe ist, wie es aussehen kann und wie wir es beeinflussen können. Lassen Sie die Arbeitsgruppe arbeiten! Lassen Sie uns uns einbringen an der richtigen Stelle! Aber lassen Sie uns nicht Arbeit doppelt machen und nicht zwei Monate verspätet mit einem ähnlich gelagerten Antrag kommen! Wir sind schon ein ganzes Ende weiter auf diesem Weg.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und wenn Sie meinen, offenbar verfolgen Sie ja eine ähnliche Zielstellung, dann lassen Sie uns das konstruktiv im Ausschuss einbringen und dann können wir weiterberaten. In diesem Sinne muss ich Ihnen sagen, dass wir diesen Antrag zum heutigen Zeitpunkt ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Renate Holznagel, CDU: Wir sind es gewöhnt.)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Als Nächste hat das Wort für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Frau Dr. Bunge. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Werbung für Mecklenburg-Vorpommern als Industriestandort und Tourismusparadies muss für uns höchste Priorität haben, ja. Aber was der Antrag der CDU soll, bleibt mir selbst bei Ihren Worten hier, Herr Petters, ein Rätsel.

(Zuruf von Andreas Petters, CDU)

Sie fordern heute einen Bericht zur Situation, ein Leitbild für die Außendarstellung, eine Evaluierung und das Konzept bis zum 30.06. – heute haben wir den 13.03.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Ist das zu schnell?! Ist das zu schnell?!)

Vor sechs Wochen hat sich der Landtag mehrheitlich zur Imagekampagne „MV tut gut“ bekannt und damit der Landesregierung den Rücken gestärkt. Zur Umsetzung von „MV tut gut“ als Dachmarke sollen alle Verbände und alle Ressorts der Landesregierung gewonnen und andere Marken eingeordnet werden. Dazu gehört für mich die Standortoffensive. Diese Einordnung formt ein Leitbild im demokratischen Prozess aus. Ich bin schon sehr verwundert, unter einer Dachmarke kann man etwas ordnen, aber unter ein Leitbild alles ordnen zu wollen – ich meine, hier braucht es eines doch sehr tiefgründigen Prozesses. Bis Ende 2003, so ist es verabredet, wird die Landesregierung uns hierzu einen Bericht vorlegen. Im Haushalt sind die Mittel für die Außendarstellung gebündelt, für die Standortoffensive gesteigert, also es ist alles auf den Weg gebracht. Koalition und Opposition kommen mir bei dieser Sache ein wenig vor wie Hase und Igel, getreu dem Motto: „Ich bin all wedder da.“

Aber eines noch: Sicher braucht Werbung einen Gegenstand, ein Konzept und Geld, aber es braucht vor allen Dingen auch agierende Personen. Wir können sicher dankbar sein, dass sich so viele engagierte Menschen tagtäglich für unser Land, für die Werbung, für Tourismus

und Investoren einsetzen. Dazu gehören aber auch die Politikerinnen und Politiker bei sich jeder bietenden Gelegenheit und sicher haben wir hier auch Reserven. Aber dazu gehört keinesfalls, was wir heute Morgen im Parlament zum Thema EU-Strukturfonds abgeliefert haben, und vor allen Dingen Sie, meine Herren und Damen von der CDU. Solche Chaosdebatten sind eine schlechte Werbung vor allen Dingen gegenüber den Investoren.

(Beifall Beate Mahr, SPD, und Ute Schildt, SPD)