Protokoll der Sitzung vom 10.09.2003

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

etwa wenn sich zukünftig die jeweiligen Fachminister der Ostseeanliegerstaaten vor Sitzungen der jeweiligen EU-Gremien miteinander abstimmen. Darum ist es unsere Aufgabe, in der nahen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit tätig zu werden. Es ist umso wichtiger, dass wir im südlichen Ostseeraum ein Netz von Partnerschaften bekommen, das insgesamt eine multinationale, grenzüberschreitende und regionale Zusammenarbeit begründet. Dies ist umso entscheidender, da die Regionen an der Ostsee eine Reihe gemeinsamer Interessen haben, die es gilt, gemeinsam zu vertreten.

Wir fangen dabei nicht bei null an. Auch darauf haben meine Vorredner hingewiesen. Mit der Danziger Region arbeitet das Land bereits seit Mitte der 90er Jahre zusammen. Seit Anfang 2001 ist das Land Mecklenburg-Vorpommern mit der polnischen Woiwodschaft Pommern partnerschaftlich verbunden. Im Mittelpunkt der Kooperation steht eine Vielzahl von Bereichen, angefangen von der Wirtschaft, Verkehr, über Raumordnung und Landesplanung bis hin zu Land- und Ernährungswirtschaft sowie Umwelt-, Naturschutz und Tourismus.

Auch der Landtag hat in den letzten Jahren mit viel Engagement die Ostseekooperation begleitet. Ein wichtiger Aspekt dieser Kooperation ist in diesem Zusammenhang die Verwaltungsreform, die 1999 in Polen durchgeführt wurde. Infolgedessen sind größere Verwaltungseinheiten entstanden und die Rolle der regionalen Verwaltung ist durch mehr Selbständigkeit gestärkt worden. Dadurch wurde eine Angleichung der Verwaltungsstrukturen zwischen Polen und Deutschland in Bezug auf ihre Kompetenzen und im Rahmen des territorialen Bereichs ermöglicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen am Anfang einer neuen Stufe der Kooperation unserer beiden Parlamente. Ziel der Partnerschaft ist es, einen regelmäßigen politischen Meinungs- und Erfahrungsaustausch in den Bereichen, die von den Kompetenzen des Landes und der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Pommern umfasst werden, einzubeziehen. Dabei sollten gemeinsame Aufgaben auf parlamentarische Ebene gehoben und die Aktivitäten der Landesregierung konstruktiv begleitet werden.

Wichtig ist, dass es uns gelingt, dass wir in diesem Zusammenhang viele Menschen mitnehmen. In den letzten Jahren sind viele Kontakte entstanden zwischen Menschen, Einrichtungen und Unternehmen, aber wir können mit dem Erreichten noch lange nicht zufrieden sein. Hier gibt es sicherlich noch eine ganze Menge mehr zu tun. Auch darum ist eine Kooperation zwischen unseren beiden Parlamenten wünschenswert, damit der kontinuierliche Prozess der Annäherung unterstützt wird und ein Beitrag zur Festigung der freundschaftlichen Beziehungen geleistet werden kann. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Müller.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/734. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein H a n dzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und PDS auf Drucksache 4/734 bei einer Stimmenthaltung angenommen worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Anerkennung niedrigschwelliger Angebote, auf Drucksache 4/735.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Anerkennung niedrigschwelliger Angebote – Drucksache 4/735 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Heydorn von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Pflegeleistungsergänzungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber zum 01.01.2002 die Paragraphen 45 a fortfolgende ins Pflegeversicherungsgesetz eingeführt. Worum geht es dabei? Es geht dabei um die Etablierung von Versorgungsangeboten, von niedrigschwelligen Versorgungsangeboten in erster Linie für an Demenz erkrankte Menschen. Und jetzt stellt man sich natürlich die Frage: Was sind niedrigschwellige Versorgungsangebote für Demenzkranke? Und da hat der Bund die Regelung des Paragraphen 45 b getroffen und gesagt, was niedrigschwellige Beratungsangebote für den Personenkreis der an Demenz Erkrankten sind, das können die Länder per Rechtsverordnung selbst bestimmen und für ihr Land selber regeln. Wie gesagt, die gesetzliche Regelung ist seit dem 01.01.2002 in Kraft. Eine entsprechende Rechtsverordnung gibt es hierzu nicht. Der Antrag zielt darauf ab, dass eine solche Rechtsverordnung für unser Land erarbeitet wird, und ich möchte an dieser Stelle um Zustimmung dafür bitten. – Danke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von fünf Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Sozialministerin Frau Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Heydorn hat es gesagt, mit Datum vom 01.01.2002 ist das Pflegeleistungsergänzungsgesetz in Kraft getreten. Das Gesetz wurde entwickelt, um Pflegebedürftigen, die einen besonders hohen Bedarf an allgemeiner Betreuung und Beaufsichtigung haben, mehr Unterstützung zu ermöglichen, wie eben zum Beispiel Demenzerkrankte, aber auch wie Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Die Leistungen der Pflegeversicherung werden durch diese Normen ergänzt. Pflegebedürftige erhalten maximal 460 Euro im Jahr zu ihren bisherigen Leistungen aus der Pflegeversicherung hinzu, wenn sie denn dieses Gesetz in Anspruch nehmen.

Anspruchsberechtigt sind pflegebedürftige demenzkranke Menschen, die bereits Leistungen einer Pflegestufe 1 bis 3 erhalten, die nicht dauerhaft in einer stationären

Pflegeeinrichtung leben und bei denen eine so genannte Einschränkung der Alltagskompetenz auf Dauer gegeben ist. Der Betrag von 460 Euro kann für ungedeckte Kosten bei Nutzung von Tagespflege, Nacht- oder Kurzzeitpflege angeboten werden. Es gibt aber auch Angebote für die allgemeine Betreuung und Anleitung durch Pflegedienste sowie durch sonstige regionale Betreuungs- und Entlastungsangebote, die nach Landesrecht anerkannt sind. Um diese so genannten niedrigschwelligen Angebote geht es nun in der Antragsstellung der Koalitionsparteien.

In Betracht kommen dabei Betreuungsgruppen für Demenzkranke, HelferInnenkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in kleinen Gruppen oder die Einzelbetreuung durch anerkannte Helfer. Es ist auch möglich, dass Agenturen zur Vermittlung von Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige sowie für Familien entlastende Dienste nach diesem Gesetz anerkennungsfähig sind. Im Kern geht es also darum, Betreuungsangebote zu fördern, die durch das bürgerschaftliche Engagement getragen werden. Das wird schon dadurch deutlich, dass für diese Leistungen ein Betrag von 460 Euro pro Kalenderjahr zur Verfügung steht. Das entspricht ja umgerechnet einem Tagesbetrag von 1,26 Euro. Eine wirklich nachhaltige Entlastung ist damit kaum zu erzielen.

Eine Hürde bei der Umsetzung dieses Gesetzes ist zudem darin zu sehen, dass der Gesetzgeber das Kostenerstattungsverfahren gewählt hat. Das heißt, die Auszahlung von 460 Euro erfolgt erst nach Vorlage von entsprechenden Belegen und das ist in einigen Fällen durchaus hinderlich. In Gesprächen mit einer Reihe von Trägern ist uns jedoch mehrfach signalisiert worden, vor Ort Initiativen für niedrigschwellige Angebote auf den Weg zu bringen. Und diese Bereitschaft, dieses Engagement soll gefördert werden. Um langwierige Verhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden zu Fragen der Konnexität zu vermeiden, habe ich mich deshalb dazu entschieden, die Anerkennung dieser Angebote auf der Ebene des Landes und nicht, wie ursprünglich geplant, auf der kommunalen Ebene anzusiedeln. Ich denke, das wird der Beschleunigung des Verfahrens dienen. Insofern arbeitet das Sozialministerium gegenwärtig, wie von den Fraktionen der SPD und PDS gefordert, an einer landesrechtlichen Regelung, um niedrigschwellige Angebote dann auch entsprechend anzuerkennen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der CDU-Fraktion Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich kann es hier ganz kurz machen. Es ist schon hochinteressant, dass die Koalitionäre die Regierung zur Arbeit tragen müssen, und da es wieder mal eines Landesgesetzes bedarf, um vernünftige Regelungen auf den Weg zu bringen, sage ich mal, hätten Sie das schon längst tun können, Frau Ministerin. Sie sind über ein Jahr im Amt und es ist schon interessant, dass jetzt sozusagen Sie durch Ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen der Regierungskoalition zum Arbeiten getragen werden müssen,

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

und deswegen können Sie unsere Unterstützung zu diesem Thema nicht erwarten. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Das war überhaupt keine richtige Debatte.)

Vielen Dank, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben ja das Thema Versorgung von Demenzerkrankten schon bei der letzten Landtagssitzung gehabt und gemeinsam festgestellt,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

dass es eine Bandbreite von Erkrankten in einer Größeno r dnung von 10.000 bis 20.000 Personen für das Land Mecklenburg-Vorpommern gibt. Die Zahlen können nicht näher bestimmt werden, weil eine entsprechende Dokumentation nicht erfolgt. Das war übrigens Bestandteil des letzten Antrages, den wir dazu gestellt haben.

Ich will noch mal auf zwei wesentliche Elemente eingehen, die letztendlich für die Regierung, für die Bundesregierung handlungsleitend waren, dieses Gesetz zu verabschieden. Wir haben auf der einen Seite also das Thema, dass Demenzerkrankungen stark zunehmen – immer mehr Hochbetagte, die gerade davon betroffen werden –, und dass wir auf der anderen Seite im System der Pflegeversicherung mit Sicherheit nicht einen Aufwuchs, einen Geldaufwuchs in entsprechender Höhe zu erwarten haben werden. Das heißt, man hat immer insoweit versucht, beiden Dingen in einer Form Rechnung zu tragen, indem man auf der einen Seite sieht, dass Demenzerkrankungen zunehmen, die Behandlungsfälle steigen werden, und man auf der anderen Seite Instrumentarien erarbeitet, was dem Rechnung trägt. Und da ist man auf diese Möglichkeit der niedrigschwelligen Betreuungsangebote gekommen.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Auch heute ist es schon so, dass 80 Prozent der Erkrankten von ihren Angehörigen versorgt werden. Das ist eine sehr schwierige Arbeit. Jeder, der das mal selbst gesehen beziehungsweise durchgeführt hat, weiß, wie belastend es ist. Es geht bei diesem Gesetzesansatz darum, über das bürgerschaftliche Engagement Ehrenamtliche zu finden, die unter Anleitung von Fachkräften letztendlich erlernen, wie man hier im Sinne für die Erkrankten etwas leisten kann. Das halte ich für eine gute Geschichte und ich bin der Meinung, wir sollten hier gemeinsam dem Antrag zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der PDS-Fraktion Herr Koplin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die demokratischen Sozialisten in diesem Haus gibt es drei Gründe, warum wir Koautor dieses Antrages geworden sind:

Erstens aus fachlichen Gründen. Eine landesrechtliche Regelung hilft die Arbeit an und mit den Pflegebedürftigen

zu stärken. Der Grundpflegebedarf von demenzkranken, schwerstbehinderten Menschen und psychisch Kranken erhält durch niedrigschwellige Angebote Ergänzungen. Dies kann geschehen in Betreuungsgruppen für Menschen mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, dies kann geschehen in der Tagesbetreuung in Kleingruppen oder in Einzelbetreuung. Es kann geschehen durch familienentlastende Dienste.

Ein zweiter Grund, den ich ansprechen möchte, sind familienpolitische Aspekte. Expertinnen und Experten gehen davon aus, in unserem Land gibt es 16.000 Familien, in denen an Demenz Erkrankte betreut und gepflegt werden. Das ist immerhin im häuslichen Umfeld nahezu jede zweite Person, der Demenz attestiert wurde. Niedrigschwellige Angebote unterstützen insbesondere die stark beanspruchten pflegenden Angehörigen durch Beratungsstellen, in denen sie Antworten auf ihre Fragen bekommen, durch ganz praktische Entlastung, durch ambulante Pflegedienste. Niedrigschwellige Angebote entsprechen der Philosophie, Pflegebedürftige möglichst lange im gewohnten häuslichen Umfeld zu betreuen.

Ein dritter Grund, den ich ansprechen möchte, berührt gesellschaftspolitische Aspekte. Landesrechtliche Regelungen sind wie alle Gesetze, Erlasse und Verordnungen Ausdruck von gesellschaftlichen Werten. Die Diskussionen dieses Sommers über die Zukunft sozialer Beziehungen belegen, dass sich die Frage zuspitzt: Wo leben wir? Dort, wo einer des anderen Last trägt, oder dort, wo sich jeder selbst der Nächste ist?

Ich möchte Bezug nehmen auf den katholischen Sozialethiker, der über 75-Jährige aus der Solidargemeinschaft ausgestoßen sehen wollte im Juni diesen Jahres. Sie können sich sicherlich an die Debatte erinnern. Oder ich erinnere an einen aufstrebenden konservativen Jungpolitiker, der diesen Gedanken präzisierte und wollte, dass er auf 85-Jährige und über 85-Jährige mit Hüftgelenken angewandt wird. Was steht hinter solchen Gedanken? Darauf möchte ich hier schon etwas sagen. Aus Sicht der PDS steht dahinter die Erbarmungslosigkeit, jeden Wert systematisch auf seinen Geldwert zu reduzieren. Derartige inhumane Vorstellungen verdienen unser aller entschiedene Ablehnung und Ächtung. Position der PDS ist es, dass jeder unabhängig von Alter und Beruf zu jeder Zeit ausreichenden, am jeweiligen Bedarf orientierten solidarischen Schutz durch die Gesellschaft erhalten soll.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, sind wir Koautor dieses Antrages und ich bitte ebenfalls um Zustimmung für diesen Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Koplin.