Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Es ist ein Erfolg, dass lediglich 23 Krankenkassen von sage und schreibe 395 ihre Beiträge senkten. Natürlich ist es ein Erfolg, dass die Gesundheitskosten gesunken sind. Das wird auch für Mecklenburg-Vorpommern attestiert. Die Frage ist: Stimmt das? Ich sage, das stimmt nicht, denn die Gesundheitskosten sind von der Gemeinschaft auf den Einzelnen lediglich verlagert worden. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben im ersten Halbjahr 15 Millionen Euro mehr für Zuzahlung für Rezepte, 17 Millionen Euro mehr für vormals verschreibungspflichtige und jetzt nicht verschreibungspflichtige Medikamente und 16 Millionen Euro für die bislang nicht gekannte Praxisgebühr ausgeben müssen.

Wissen Sie, woran mich das erinnert, wenn man das dann schönredet? An die Weltfremdheit, um nicht zu sagen, Borniertheit einiger SED-Bonzen in den achtziger Jahren.

(Beifall Regine Lück, PDS)

Den Erfolg des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. – Schönen Dank.

(Beifall Regine Lück, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Um das Wort hat jetzt noch einmal die Sozialministerin des Landes gebeten.

Sehr geehrter Herr Schubert! Das Leben ist sehr differenziert und unsere Gesellschaft ist sehr differenziert. Und wenn wir über die Gesundheitsreform sprechen, so gibt es durchaus diese eine Seite, dass wir sagen, es ist für viele Menschen und viele Bürgerinnen, viele Frauen und Männer in unserem Lande eine finanzielle Belastung mit diesen Zuzahlungen. Sie ist in diesem Punkt sozial unausgewogen. Diesen Standpunkt habe ich stets so vertreten, auch in meiner Rede vor dem Bundesrat.

Heute haben wir hier darüber zu sprechen, dass wir Erleichterungen schaffen für Frauen und Männer, die in stationären Einrichtungen sind und hier Sozialhilfeempfänger sind. Wir haben auch im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz, im Rahmen der Arbeits- und Sozialministerkonferenz diese Themen durchaus erörtert und problematisiert. Ich denke, wenn wir darüber einig sind, dass es gut ist, das Verfahren zu erleichtern, um Kosten zu minimieren, dann ist das heute eine Übereinkunft, die wir hier treffen können. Es ist aber auch nach wie vor über diese Belastungen nachzudenken, die insgesamt 20 Millionen Euro betragen, also 0,014 Prozent des Gesamtbudgets der Krankenkassen. Hierüber werde ich auch in der Zukunft mit meinen Ministerkolleginnen und -kollegen die Debatte führen, weil ich eben erkenne, und mit mir auch der Paritätische Wohlfahrtsverband und andere Vereine und Verbände im Land, dass hier eine Belastung besteht, die durchaus sozial zu hinterfragen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Frau Ministerin, es gibt eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Schubert. (Zu- stimmung)

Herr Abgeordneter, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Frau Ministerin, wenn ich mit einem Gesetz nicht einverstanden bin, habe ich dann nicht die Möglichkeit, dagegenzustimmen oder, um dieses nicht zu gefährden, mit einer Stimmenthaltung meinen Unwillen zum Ausdruck zu bringen?

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat des Öfteren bestimmten Gesetzesvorhaben im Bundesrat aus dem Grund, den Sie nannten, nicht zugestimmt. Unter anderem haben wir auch bei der Gesundheitsreform diese Zustimmung nicht erteilen können, weil es hier innerhalb der Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen gibt.

Gestatten Sie eine zweite Frage?

Frau Ministerin, möchten Sie eine zweite Frage beantworten?

Ja.

Haben Sie dem Gesetz zugestimmt oder nicht zugestimmt?

Das ist eine ganz andere Frage, Herr Schubert. Das hat jetzt nichts mit meinem Verhalten zu tun. Ich habe Ihnen gesagt, es ist sehr wohl richtig, wenn wir ein Gesetz betrachten, dass man diesem Gesetz durchaus in dieser Form, wenn es um Zuzahlungserleichterungen, um bestimmte Dinge geht, zustimmen kann, und trotzdem kann man weiter gehende Vorstellungen politischer Art haben. So sind wir auch an die Gesundheitsreform herangegangen. Wir haben immer gesagt, sie bringt sehr viele Impulse für die Entwicklung des Gesundheitswesens in unserem Land, aber sie bleibt bezüglich der Zuzahlungen sozial unausgewogen.

Danke schön.

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Sozialausschuss, die Unterrichtung durch die Landesregierung für erledigt zu erklären. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses auf Drucksache 4/1455 einstimmig angenommen.

In Ziffer 2 der Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1455 empfiehlt der Sozialausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer der Ziffer 2 der Beschlussempfehlung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1455 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Fortschreiben des Landesseniorenprogramms, Drucksache 4/1446.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Fortschreiben des Landesseniorenprogramms – Drucksache 4/1446 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern war zum Zeitpunkt der Wende das jüngste in Gesamtdeutschland. Zurzeit bewegen wir uns auf Platz acht. Wir sind im Mittelfeld angekommen und die Zeit ist absehbar, dass Mecklenburg-Vorpommern das älteste Bundesland in der ganzen Bundesrepublik sein wird. Das heißt, wir werden uns darauf einstellen müssen, dass wir es in unserem Land mit immer mehr alten Menschen zu tun haben werden. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille ist, dass auch immer mehr junge Menschen unser Land Mecklenburg-Vorpommern verlassen. Das heißt, wir haben auf der einen Seite immer mehr ältere und wir haben auf der anderen Seite immer weniger junge Menschen. Auch das ist ein Fakt.

Und deswegen sind wir als SPD-Fraktion der Meinung, dass das Landesseniorenprogramm, was von Anfang 2002 datiert, einer Fortschreibung bedarf. Wenn man sich das inhaltlich ansieht, dann gibt es eine Reihe von Dingen, wo man mal kritisch hingucken und sich die Fragen stellen muss: Ist es denn damals so richtig gemacht worden? Gibt es neue Tendenzen? Gibt es neue gesetzliche Entwicklungen? Gibt es andere Dinge, an die man das Landesseniorenprogramm anpassen muss? Und deswegen bitten wir Sie heute, unserem Antrag zu dem Thema zuzustimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Heike Polzin, SPD, und Torsten Koplin, PDS)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Renz von der CDU-Fraktion.

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte für die CDU-Fraktion eine Stellungnahme zu diesem Antrag abgeben. Herr Heydorn hat sich als SPD-Mitglied schon in die Reihen der CDU gesetzt,

(Torsten Koplin, PDS: Was?!)

wahrscheinlich in der Annahme, dass wir für diesen Antrag sprechen werden.

(Heiterkeit bei Bernd Schubert, CDU, und Torsten Koplin, PDS)

Und es ist auch tatsächlich so, Herr Heydorn, wir werden dann im Anschluss an diese Diskussion Ihrem Antrag zustimmen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Torsten Koplin, PDS: Oh! Kommen Sie doch mal zu uns in die Reihen, Herr Renz! – Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD)

Es ist natürlich bezeichnend, dass nur die PDS diese Tatsache beklatscht, aber das wundert mich nun auch wieder nicht.

(Peter Ritter, PDS: Das verstehe ich jetzt auch nicht.)

Aus meiner Sicht sollten aber hier noch einige kritische Worte angemerkt werden, und zwar möchte ich einfach so beginnen, dass ich den Bericht zum Landesseniorenprogramm an der letzten Stelle noch einmal herausziehe und vorlese, was hier steht: „Die Landesregierung wird im Jahr 2005 einen Bericht zur Umsetzung des Landesseniorenprogramms ,Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern‘ vorlegen.“ Und von der Warte aus – bei der Emsigkeit dieser Landesregierung – stellt sich natürlich doch schon mal die Frage: Warum müssen wir dann hier im Dezember, also kurz vor Toresschluss, kurz vor Ende 2004 so einen Antrag beschließen, wenn wir davon ausgehen, dass die Landesregierung dieses sowieso erfüllen wird? Da das Altenparlament in 2005 im Mai tagt, können Sie mit großer Sicherheit davon ausgehen, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung dieses sowieso spätestens zum April 2005 getan hätte.

(Torsten Koplin, PDS: Wir haben ihn auch gestellt.)

Von der Warte aus ist es doch etwas verwunderlich, dass man hier dann von Seiten der SPD-Fraktion diesen Antrag noch stellt und durch das Einfügen vielleicht eines Halbsatzes versucht, indem man sagt, es soll nicht nur ein Bericht sein, sondern eine Fortschreibung, zu suggerieren, wie emsig man doch tätig ist. Und die Frage stellt sich dann für uns tatsächlich, ob wir solche Beschlüsse extra hier im Parlament fassen sollten. Ich sage Ihnen an dieser Stelle deutlich, wenn ich jetzt für die CDU-Fraktion Einbringer wäre, dann hätten Sie hier garantiert gesagt: Die Landesregierung arbeitet schon emsig an dem Thema

(Ministerin Sigrid Keler: Ihr Pech!)

und das ist schon alles erledigt. Was sollen solche zusätzlichen überflüssigen Anträge?

(Torsten Koplin, PDS: Sie denken immer schlecht von uns.)

Und Sie hätten garantiert diesen Antrag für erledigt erklärt, wenn er von Seiten der CDU-Fraktion gekommen wäre, meine Damen und Herren. Wir werden das, wie gesagt, nicht tun und später dann auch diesem Antrag zustimmen.

Wenn es jetzt aber noch mal um die neue Qualität geht, die Sie hier hineinpacken, Herr Heydorn, dann muss ich doch an dieser Stelle sagen, es ist schon etwas dürftig. Es steht also außer Frage, dass wir über die Notwendigkeit hier sprechen. Aber wenn Sie dann ganz einfach hier im Begründungstext die drei Punkte aufzählen, die drei Beschlüsse des Altenparlaments aus dem Jahre 2003 und damit die neue Qualität begründen, dann ist das, wie gesagt, aus unserer Sicht einfach zu wenig.

Sie blenden auch die acht Beschlüsse des Altenparlaments aus dem Jahre 2001 aus. Dort sind wesentliche Punkte wie zum Beispiel Bildung, Kultur und Sport für Senioren, Ehrenamt in der Pflege, Verkehr und Mobilität, Stellung und Aufgaben der Senioren in der Gesellschaft, zu denen das Altenparlament im Jahre 2001 Beschlüsse gefasst hat. Diese blenden Sie ja auch aus. Das ist für uns an dieser Stelle unverständlich.