Und wenn Sie jetzt meinen – und das ist für mich der Kernpunkt –, die ganzen Probleme, die es an den Universitäten und Fachhochschulen gibt, mit diesem Gesetz beheben zu wollen, zum Beispiel „Schaffung einer Verordnungsermächtigung, die der Landesregierung die Aufhebung und Einrichtung von Studiengängen sowie die Schaffung gemeinsamer Fachbereiche ermöglicht“, und so weiter und so fort, da muss ich uns hier im Landtag ganz einfach fragen: Meinen wir eigentlich wirklich, dass Ministerialbürokratie, Kultusministerium, Finanzministerium besser wissen, wo Potenziale in Universitäten und Fachhochschulen liegen als diese selber? Ist der bessere, der andere Weg nicht günstiger, um diese Potenziale auszureizen, dass man einen Rahmen setzt, einen finanziellen Rahmen, einen Personalrahmen, einen Sachkostenrahmen, Budgetierung, Autonomie und den Universitäten und Fachhochschulen sagt, in diesem Rahmen bewegt euch, in diesem Rahmen gestaltet eure Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland und in Europa?
Das, was Sie hier machen, ich habe mir an einen Paragraphen geschrieben, und zwar an den Paragraphen 114 Absatz 2, den Sie neu einfügen wollen: „Bis zum erstmaligen Beschluss der Landesregierung über die Eckwerte der Hochschulentwicklung nach § 15 Abs. 2 kann die Landesregierung zur Sicherstellung eines landesweit abgestimmten und bedarfsgerechten Lehr- und Forschungsangebots durch Rechtsverordnung Studiengänge aufheben und einrichten sowie gemeinsame Fachbereiche nach § 92a bilden.“ – wir haben heute Morgen debattiert in der Aktuellen Stunde über den Transformationsprozess 1989/90 –, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mir daneben geschrieben, zentralistische Planung, Planwirtschaft lässt grüßen. Sie bauen mit dieser Politik des Knüppel-ausdem-Sack, denn etwas anderes ist das nicht, ein Drohpotenzial gegenüber den Universitäten und Fachhochschulen auf, ähnlich, muss ich sagen, wie weit vor der Zeit von Alexander von Humboldt, wo Sie meinen, alles besser zu wissen, alles besser zu können als die Universitäten und Fachhochschulen selber. Den Weg, den Sie hier einschlagen, Herr Minister Metelmann, dass Sie meinen, Sie in Person, Ihr Haus, das Finanzministerium auf diese Art und Weise können, und darum geht es doch ganz einfach, denn das schreiben Sie auch: „Letztendlich steht das Land auch vor der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung.“ Ja, natürlich steht das Land davor, den Haushalt konsolidieren zu müssen. Doch wir müssen uns fragen: Sparen wir uns bei den Potenzialen kaputt oder gibt es andere Sparpotentiale, um die Potenziale wachsen zu lassen, insbesondere an den Universitäten und Fachhochschulen?
Dieses Gesetz hat nur einen Grund, nämlich sich die Universitäten und Fachhochschulen gefügig zu machen, um die Stellenkürzungen durchzudrücken, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Minister Metelmann, wir werden, glaube ich, in den nächsten Jahren viel Bewegung haben im Bereich der Hochschulen, in den Strukturen und in der Art und Weise, wie sich Universitäten und Hochschulen in Deutschland aufstellen. Die Studiengebühren wird niemand verhindern können, die werden kommen.
Und wer da meint, in ein Land ohne Studiengebühren Studierende aus anderen Ländern zu holen, dem sage ich voraus, dies wird nicht gutgehen. Gucken Sie nach Australien, gucken Sie nach Österreich, gucken Sie in viele andere Länder! Da müssen Voraussetzungen vorhanden sein. Ich sage Ihnen eins voraus: Sie meinen, bestimmen zu können, wo Entwicklungsprofile von Universitäten, Fachhochschulen sind, und das aus dem Ministerium heraus den Universitäten und Fachhochschulen vorschreiben zu müssen, aber diese Universitäten, Herr Minister, unterliegen dem Wettbewerb, in Deutschland und in Europa. Und wissen Sie, was mich hier am meisten schockiert? Das ist ganz einfach, und zwar wie wenig Zutrauen Sie in Freiheit, in Verantwortung haben und davor, dieses an Rektoren, an Kanzler, an Dekane, an Gremien, Universitäten und Fachhochschulen zu übertragen. Ich sage für mich ganz persönlich: So, wie ich keinem Unternehmen hineinreden will in seine Unternehmenspolitik, so möchte ich keiner Universität und keiner Fachhochschule hineinreden, wie sie sich im Wettbewerb aufstellt. Was ich wohl möchte, weil hier Steuermittel eine Rolle spielen, ist, dass ich einen Rahmen setzen möchte. Aber in diesem Rahmen möchte ich den Universitäten und Fachhochschulen die entsprechenden Freiheiten geben.
Meine Erfahrung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist einfach folgende: Wer Menschen etwas zutraut, wer Menschen in die Pflicht nimmt, der erreicht viel mehr Ergebnisse, als wenn er Menschen, Hochschulen, Fachhochschulen oder Universitäten gängelt. Gängelung, Planung, das war im Mittelalter Mode. Das sollte im 21. Jahrhundert keine Mode sein und schon gar nicht Ziel und Ansatz von Politik! – Herzlichen Dank.
(Heike Polzin, SPD: Gestrichen auch noch?! – Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Nein, ich komme doch sicherlich danach dran.)
Ich bitte um Entschuldigung. Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Herr Schlotmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Debatte von heute Morgen scheint zumindest beim Kollegen Rehberg null Wirkung hinterlassen zu haben. Sie gebärden sich hier als Moralapostel, als Biedermann und letztendlich treten Sie in der Öffentlichkeit, hier im Landtag und anderswo auf in einer Form und Art und Weise, die unsäglich ist, meine Damen und Herren.
(Wolfgang Riemann, CDU: Setzen Sie sich doch mit dem Thema auseinander, anstatt hier rumzuschreien!)
Der Fraktionsvorsitzende Rehberg bezeichnet das, was wir heute in einem demokratischen Prozess in Erster Lesung in diesem Parlament zur Beratung vorliegen haben – ich zitiere aus dem „Nordkurier“ und er hat es vorhin in seiner Rede wieder verwendet –, dieses Landeshochschulgesetz als „,Ermächtigungsgesetz‘“, meine Damen und Herren.
Dazu möchte ich Ihnen Folgendes sagen, lieber Kollege: Das Ermächtigungsgesetz stammt aus dem Jahre 1933. Dieses Ermächtigungsgesetz hat die Nazis mit Adolf Hitler an der Spitze überhaupt erst in die Lage versetzt, alle Gesetze außer Kraft zu setzen und das zu tun, was sie alleine wollten.
Sie haben hier vor Monaten einen Zirkus veranstaltet aufgrund einer Äußerung in ähnlichem Zusammenhang, die nicht böse gemeint war, so habe ich es jedenfalls aufgefasst. Bei Ihnen setze ich voraus, Sie wissen ganz genau, was Sie sagen. Und wenn Sie sich in den Medien und hier hinstellen und uns vorwerfen, wir würden ein Ermächtigungsgesetz erlassen wollen, dann ist das entschieden zurückzuweisen. Ich sage Ihnen, wir sind nicht so wie die CDU, dass wir Auszeiten, Ältestenratssitzungen und Ähnliches veranstalten. Aber das, was Sie hier sagen, was Sie hier öffentlich von sich geben mit „Ermächtigungsgesetz“, das werfe ich Ihnen massiv vor. Es tut mir Leid, dass Sie sich so weit gehen lassen, solche Begriffe in der Öffentlichkeit, in der politischen Auseinandersetzung zwischen Demokraten zu verwenden.
Leider haben Sie noch weiter draufgelegt, Zitat: „,Das‘“, was hier gemacht wird, „,ist Mittelalter, wenn Ministerialbeamte in großherzöglicher Manier bestimmen, was die Hochschulen zu tun und zu lassen haben.‘“
Erstens wissen Sie, dass das so nicht vorgesehen ist. Zweitens sage ich Ihnen, ist das billigste Polemik gegen einen gesamten Berufsstand hier im Lande, der auch zu Ihnen eine gewisse Neigung hat. Ich weiß nicht, was diese Leute jetzt noch davon halten, wenn man ihnen vorwirft, hier etwas zu tun, was außerhalb von Gesetz und Ordnung ist.
Und wenn wir schon dabei sind: Auch die Akademiker in diesem Lande haben eine gewisse Verpflichtung in dieser Gesellschaft. Und wenn sich dann die Vorsitzende des Akademischen Senats der Uni Rostock dazu versteigt, ebenfalls den Begriff „Ermächtigungsgesetz“ zu benutzen, ist das zu verurteilen, und zwar in entschiedener Weise. Wenn sie aber, und das bei ihrer Sozialisation, äußert, das jetzt geplante Gesetz erinnert sehr an DDRZeiten, muss ich sagen, meine Damen und Herren, entweder verfügt die Dame über ein sehr kurzes Gedächtnis oder sie hat eine gewisse Amnesie.
(Wolfgang Riemann, CDU: Herr Schlotmann benutzt die gewöhnliche Dreckschleuder. – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)
„Wer schreit, hat Unrecht.“, kennen Sie das alte Sprichwort? Sie haben dauernd Unrecht, Herr Riemann.
Dieser Staat ermöglicht Lehre und Forschung in diesem Land. Dieser Staat stellt Steuermittel zur Verfügung und dann kommt ein solcher Vergleich von den Betroffenen, meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit einem demokratischen Prozess, den wir hier gerade versuchen, auf den Weg zu bringen. Ich sage Ihnen, mein Glaube an die innere Modernisierungsfähigkeit der Hochschulen hat in den letzten anderthalb Jahren massiv gelitten. Ich war einer derjenigen, der in der letzten Legislatur mit dafür gekämpft hat, dass Autonomie so weit wie irgend möglich umgesetzt wird,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Fragen Sie mal Herrn Dr. Bartels!)
Und heute sind diejenigen, mit denen ich damals Gespräche geführt habe, nicht in der Lage, diesem Anspruch von Autonomie – nämlich auch Verantwortung zu übernehmen für Strukturen, auch wenn sie wehtun –, dieser Verantwortung gerecht zu werden, meine Damen und Herren, und das tut mir wirklich Leid. Wir werden zu diesem Gesetz stehen. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser heutige Gesetzentwurf ist Bestandteil der Debatte um die Notwendigkeit der inhaltlichen und auch strukturellen Umgestaltung der Hochschullandschaft in MecklenburgVorpommern, die seit Monaten kontrovers geführt wird. Es ist ohne Zweifel ein komplizierter und auch schmerzlicher Prozess und ich betone für alle Beteiligten: Das wird wohl auch so bleiben, weil hier Veränderungen zu bewir
ken sind, die Einschnitte, die eine Abkehr von Gewohntem oder auch Liebgewordenem darstellen und die an so mancher Stelle nicht zu vermeiden sein werden.
Für meine Fraktion sind die wesentlichen Ziele der Hochschulentwicklung, die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, die die Hochschulen des Landes in die Lage versetzen, im nationalen und internationalen Wettbewerb zu bestehen, ihren spezifischen Beitrag zur weiteren Entwicklung des Landes zu leisten, den demografischen Entwicklungen zu entsprechen und die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen effektiv einzusetzen, ein gebührenfreies Studium weiterhin zu ermöglichen und nicht zuletzt das Bekenntnis zum Erhalt der vorhandenen Hochschulstandorte im Land.
Ähnliche Debatten haben sich auch in anderen Bundesländern vollzogen und haben zu Umstrukturierungen, zu gesetzlichen Veränderungen, zu dem Charakter von einzelnen Hochschulen geführt. Und andere Länder sind wie wir jetzt auch mittendrin in diesem Prozess. Das heißt, dieses gilt ohne Frage völlig unabhängig von einer Regierungskonstellation in einem Land. Für uns heißt das, Mecklenburg-Vorpommern kann sich nicht aus diesem Prozess ausschließen, will es nicht den bisher erreichten Stand aufs Spiel setzen und ins Hintertreffen geraten.