Protokoll der Sitzung vom 14.06.2007

Ganz offensichtlich ist, dass die Umsetzung uns im gleichen Maße berühren wird wie der Erlass der Richtlinie selbst. Da hat es schon mal eine kräftige Diskussion gegeben. Denn jetzt ist es der einheitliche Ansprechpartner für die Leistungserbringer und für die Nutzer, der einzurichten ist. Ein Normenscreening ist durchzuführen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Ich will Ihnen das gleich erklären, Herr Pastörs, da brauchen Sie nicht zu lachen.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Also das heißt, es ist zu prüfen, inwieweit die geltenden Bestimmungen mit europäischem Recht übereinstimmen im jeweiligen Mitgliedsland.

Bevor ich allerdings hierauf später im Einzelnen eingehen werde, möchte ich einen Blick in die Vergangenheit werfen und Sie an den durchaus beschwerlichen Weg erinnern, den die EU-Dienstleistungsrichtlinie bisher schon genommen hat. Es war ja damals, ungefähr vor einem Jahr, heftig zu Diskussionen vor allen Dingen über die Frage des Herkunftslandprinzips gekommen. Die Vorstellung, dass in einem Mitgliedsstaat – das wäre der verrückteste Fall – am Ende 27 unterschiedliche Rechtssysteme gelten würden und damit eine Rechtsverwirrung ohnegleichen einträte, sowohl für Dienstleister als auch für Verbraucherinnen und Verbraucher, war natürlich für die meisten geradezu absurd. Es ist ja auch inzwischen erkannt worden, dass das nicht vermittelbar ist.

Jetzt ist der Stand so, dass das Prinzip der Freiheit der Dienstleistungen gilt. Nunmehr tragen die Mitgliedsstaaten Sorge dafür, dass die Dienstleistungstätigkeiten frei aufgenommen und ausgeübt werden können. Auch im Hinblick auf den Bereich der Dienstleistungen im sogenannten allgemeinen Interesse erfolgte hier eine Klarstellung. Es wurde im Richtlinientext diesbezüglich der Begriff der Nichtwirtschaftlichkeit aufgenommen. Das bedeutet also, dass vom Anwendungsbereich der Richtlinie diejenigen Dienste der Daseinsvorsorge ausgenommen sind, für die kein Entgelt geleistet wird. Also nehmen wir als Beispiel die Bibliothek, sie ist eine solche Dienstleistung, wenn sie denn vorhanden ist. Das ist für mich ein klares Abgrenzungskriterium, welches im Übrigen Artikel 50 des EG-Vertrages entspricht und die Forderung, die die PDS im Antrag stellt, nach einer Defi nition eigentlich beantwortet.

Die immer wiederkehrende Forderung, die Auswirkungen der Richtlinie auf die Beschäftigten in einzelnen Dienstleistungsbereichen zu beleuchten, ist natürlich für mich durchaus nachvollziehbar. Meine Damen und Herren, genau aus diesem Grund konzentriert sich der BundLänder-Arbeitskreis zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie beim Bundeswirtschaftsministerium auf die wesentlichen Aufgaben, die mit der Umsetzung verbunden sind, wie eben zum Beispiel schon das von mir erwähnte Normenscreening. Das ist auch begrüßens wert, denn es dient dem Abbau von bürokratischen Hindernissen. Der Weg zu diesem Ziel soll über die Entwicklung eines einheitlichen Prüfrasters auf allen Ebenen gestaltet werden.

Auch zu dem Thema „einheitliche Ansprechpartner“ kann man bereits jetzt einige Aussagen machen. Dem will ich aber voranstellen, wir haben in der zurückliegenden Wirtschaftsministerkonferenz übereinstimmend beschlossen, dass hier eine weitgehend einheitliche Umsetzungslösung in Deutschland anzustreben ist. Das umfasst sowohl den Aufgabenbereich als auch das zukünftige Erscheinungsbild des einheitlichen Ansprechpartners. Gründe hierfür sind Gesichtspunkte der Effi zienz und das Erreichen einer für die Dienstleister nachvollziehbaren Systematik. Es wird bundesweit die Errichtung eines kohärenten Netzes von einheitlichen Ansprechpartnern angestrebt. Bei diesem Aufgabenbereich gibt es zunächst allerdings auch nur erste Schritte. Es liegt der Entwurf eines Arbeitspa

piers zu den Mindestforderungen an den einheitlichen Ansprechpartner vor. Eine Abstimmung zu diesem endgültigen Papier soll auf der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz erfolgen. Auf dieser Basis könnten dann weitere Schritte veranlasst werden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es wird Ihnen deutlich, wir befi nden uns hier mittendrin im Prozess der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Dabei – das will ich klar und deutlich sagen – sind wir vor Fragen und Aufgaben gestellt, die uns in erheblichem Maße beanspruchen werden. Wir haben hier ein sehr schwieriges Terrain für uns, auf dem wir noch einiges miteinander besprechen werden müssen. Insofern sehe ich der Diskussion mit entsprechendem Interesse entgegen. – Vielen Dank.

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich kurzfassen. Wir haben lange über die EU-Dienstleistungsrichtlinie gesprochen. Das alles, was dazu gesagt worden ist, muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden, auch die Bedenken, die von vielen innerhalb dieses Parlaments im Zusammenhang damit geäußert worden sind.

Die Fraktion der SPD kann das Anliegen dieses Antrages ohne Weiteres nachvollziehen. Wir halten es für erforderlich, dass entsprechend unterrichtet wird. Welche Maßnahmen sich dann tatsächlich daraus entwickeln, ist eine andere Frage, aber das sieht man halt erst in dem entsprechenden Prozess. Wie schwierig das ist, hat ja Herr Minister Seidel eben schon dargelegt, weil es nicht nur das Problem innerhalb unseres Landes ist. Da gibt es die Probleme der Abstimmung mit den anderen Bundesländern, mit dem Bund. Und ob die EU vielleicht in 10 oder 20 Jahren in der Lage ist, eine einheitliche Auslegung ihrer Richtlinie zu bewerkstelligen, das ist wieder eine ganze andere Frage. Das haben wir in der Vergangenheit bei anderen Verordnungen oder Richtlinien der Europäischen Union immer wieder kennengelernt.

Lange Rede, kurzer Sinn: Um das ganz deutlich zu machen, die SPD-Fraktion begrüßt die Intention dieses Antrages. Wir sind dafür, dass dieser Antrag tatsächlich in den von Frau Kollegin Borchardt angesprochenen Ausschüssen behandelt wird. Ich habe nur eine kleine Bitte, einen kleinen Hinweis. Es soll bitte keiner glauben, wenn es tatsächlich im Oktober dort besprochen beziehungsweise unterrichtet wird, dass das das Ende der Fahnenstange wird. Es wird sicherlich dazu führen, dass in diesen Ausschüssen oder auch in anderen Ausschüssen sich in der Zukunft damit beschäftigt werden muss. – In diesem Zusammenhang herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden uns den entsprechenden Überweisungsanträgen anschließen. Danke schön.

(Beifall Detlef Müller, SPD, und Jörg Vierkant, CDU)

Danke schön, Herr Schulte.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der FDP, der Abgeordnete Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei mir wird es womöglich noch kürzer. Das, was Herr Schulte eben gesagt, ja, wir wollen womöglich alle nach Hause, auch dem können wir uns nur anschließen. Das ist ein sinnvolles Anliegen, dass die Dienstleistungsrichtlinie unter die Lupe genommen wird. Ich denke, so, wie es der Änderungsantrag suggeriert, und so, wie wir es eben gehört haben, dass es im Wirtschaftsausschuss und im Finanzausschuss zu diskutieren ist, ist es ein vernünftiger Weg. Wir werden uns einem Überweisungsantrag anschließen. – Danke schön.

(Beifall Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Roolf.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei mir wird es nicht ganz so kurz.

Rund eineinhalb Jahre ist es nun her, dass sich dieses Hohe Haus – ich war selbst nicht da, aber ich habe mir das berichten lassen – mit dieser Dienstleistungsrichtlinie auseinandergesetzt hat. Nun, im Jahr 2007, sind wir ein ganzes Stück weiter und der vorliegende Berichtsantrag der Linkspartei.PDS fordert, den aktuellen Stand sowie die Auswirkungen entsprechend den Richtlinien für Mecklenburg-Vorpommern darzustellen.

Das Prinzip, dass Dienstleistungen innerhalb der Europäischen Union über nationale Grenzen hinweg erbracht werden können, gehört zu den tragenden Säulen des europäischen Binnenmarktes. Das war auch schon vor 18 Monaten so. Damals ging es im Kern der Diskussion um die Aufgabe, eine vernünftige Balance zwischen der Erleichterung des Dienstleistungsverkehrs und der Schutzinteressen der Mitgliedsstaaten herzustellen. Ich denke, mit dem damals erzielten Kompromiss ist es gelungen, eine ökonomisch wie sozial ausgewogene Lösung zu fi nden. Wichtig ist immer wieder zu betonen, dass Deutschland als Dienstleistungsland rund 70 Prozent – Frau Borchardt hat das schon gesagt – seiner Wertschöpfung und Beschäftigung aus dem Sektor bezieht und es gerade deutsche Unternehmen sind, die bislang durch zu starre internationale Regelungen behindert werden. Das bedeutet auch, dass Wachstums- und Beschäftigungschancen ohne diese Richtlinie nebst entsprechender Umsetzung in nationales Recht leichtfertig vergeben werden.

Dadurch, dass die Ursprungsrichtlinie, vorhandenes Herkunftsprinzip, nicht mehr Bestandteil der Richtlinie ist, werden auch die bestehenden Sorgen sehr ernst genommen. Durch Anwendung des sogenannten Bestimmungslandprinzips wird verhindert, dass bei Ausführung der Dienstleistungen im Ausland die jeweils rechtlichen und sozialen Standards des Landes gelten, aus dem das Unternehmen stammt. Dies wäre im Fall der Beibehaltung des Herkunftslandprinzips nämlich geschehen. Der Binnenausschuss des EU-Parlaments hat eindeutig beschlossen, dass weder die Richtlinie noch das Herkunftslandprinzip auf Arbeitsbeziehungen angewendet werden. Im Klartext bedeutet das, dass sich für Löhne, Arbeitsschutz und Tarifrecht rein gar nichts ändert und somit die gestreute Verunsicherung nicht gegeben ist. Deutschland kann auch die Einhaltung von Mindestlöhnen weiterhin verlangen. Dieser genannten Kompromisslinie haben sowohl das Europäische Parlament als

auch die Kommission und der Rat der Europäischen Union Ende des Jahres 2006 zugestimmt. Jetzt bleibt, es ist gesagt worden, bis 2009 die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Auch wir haben nichts gegen den Antrag der Linkspartei.PDS, sind grundsätzlich damit einverstanden, und zwar mit den beantragten Änderungen und dem Verweis in die entsprechenden Ausschüsse, die Frau Borchardt erwähnt hatte. – Vielen Dank.

(Beifall Matthias Lietz, CDU, und Beate Schlupp, CDU)

Danke schön, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der NPD, der Abgeordnete Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon lustig, wie auf der einen Seite die PDS als Befürworter der Europäischen Union agiert, aber auf der anderen Seite lamentieren Sie über die Folgen der Brüsseler Bürokratie und über die schmerzhaften Richtlinien, welche uns nach und nach mit aller Härte treffen.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Das unterscheidet Internationalisten von Nationalisten.)

Die Auswirkungen und Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in nationales, das heißt deutsches Recht stellt in der Tat ein großes Problem dar. Lohndrückerei und Sozialdumping führen zu katastrophalen Folgen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern. Es ist geradezu absurd, mit welcher Arroganz die EU-Bürokratie dafür sorgt, dass die Beschäftigten in kompletten Branchen ihre Arbeit und somit ihr Brot verlieren. Eine Politik, wonach jeder Fliesenleger aus Polen in unserem Land als Dienstleister und somit als Unternehmer auftreten kann, ist einfach nicht zu akzeptieren.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das sehen wir aber ein bisschen anders.)

Das Gleiche gilt für den Bereich der Fleischer. An vielen Schlachthöfen arbeiten nur noch sogenannte ausländische, hauptsächlich polnische Dienstleister.

Diese Entwicklung ist auch mit dem schönen Antrag der Linken an die Landesregierung, wie er auf der Drucksache 5/600 zum Ausdruck kommt, nicht zu stoppen. Das Monstrum EU muss generell auf den Prüfstand. Die nationalen deutschen Interessen werden nicht nur bei der Dienstleistungsrichtlinie ausgehöhlt, sondern durch einen ganzen Strauß von volksfeindlichen Richtlinien und Direktiven, meine Damen und Herren, wobei klar sein muss, dass die Brüsseler Bürokratie längst aus dem Ruder gelaufen ist. Es gibt keinen wirksamen demokratisch legitimierten Aufbau dieser EU und die von Ihnen allen so viel gelobte EU-Verfassung bleibt nichts anderes als Makulatur. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, ob Ihnen das passt oder nicht, dass das französische und das niederländische Volk den Verfassungsentwurf in Volksabstimmungen in den Papierkorb gewählt haben. In Frankreich wird Demokratie tatsächlich, man höre und staune, immer noch als Volksherrschaft verstanden und nicht wie bei uns als Parteienherrschaft.

Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie wird unweigerlich zu weiterer Lohndrückerei führen. Dem kann

wirksam nur begegnet werden durch Festschreibung eines nationalen Mindestlohns von mindestens 8,80 Euro die Stunde. Den Unsinn, Arbeitnehmer als Unternehmer zu defi nieren, muss entschieden im Interesse der deutschen Arbeiterschaft entgegengewirkt werden.

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Dass Sie von der SPD längst keine Arbeiterpartei mehr sind, wissen Sie selbst zur Genüge. Trotzdem möchte ich Ihnen heute einmal ein Zitat Ihres ersten Parteivorsitzenden August Bebel ins Gedächtnis rufen. Er sagte am 24. April 1869 im noch Deutschen Reichstag: „Ich bin, meine Herren, das wissen Sie Alle, ein entschiedener Gegner dieses Systems, ich bekämpfe es mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln, und kann nicht anders ein Heil für das Volk selbst erblicken, als bis dieses System in Grund und Boden zerschlagen und zertrümmert ist.“

Wissen Sie, wenn Leute wie Herr Schlotmann und Genossen mit einer solchen Einstellung, wie Sie sie gerade von Bebel zur Kenntnis gebracht bekamen, mit solch einer Einstellung treten wir von der NPD diesem EU-Monster nicht entgegen. Aber wir wollen alles dafür tun, dass die demokratischen Grundrechte in unserem Land nicht auf dem Altar des faktisch herrschenden liberal-kapitalistischen Systems geopfert werden. Die deutsche Arbeiterschaft braucht heute mehr denn je eine politische Kraft, die für ihre Interessen wirklich eintritt. Man kann nicht der EU huldigen und die bitteren und knallharten Auswirkungen der Eurokratie beweinen.

Ich komme zum Schluss: Da wir in Ihrem Antrag immerhin erkennen können, dass Sie langsam begriffen haben, was die Auswirkungen dieser Richtlinie anrichten, werden wir der Überweisung Ihres Antrages zustimmen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Danke, Herr Pastörs.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Pastörs, auf Ihre Zustimmung können wir gerne verzichten,

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

und zwar aus einem einfachen Grund: Ja, wir stehen zur Europäischen Union, ja, wir stehen dazu, dass wir ein friedliches gemeinsamen Leben hier führen. Und aus meiner Sicht können natürlich polnische Arbeitnehmer hier in Deutschland arbeiten,