Protokoll der Sitzung vom 23.09.2015

haben – mit der gesetzlichen Regelung beispielsweise aus Schleswig-Holstein vergleicht.

Schauen wir uns dabei einfach mal nur die Regelung des Paragrafen 5 an. Unter dem Titel „Maßnahmen erzieherischer Gestaltung“ – darauf ist die Ministerin eingegangen – heißt es im Entwurf der Landesregierung: „Orientiert an einem geregelten und strukturierenden Tagesablauf“, erster Punkt, „sollen den Arrestierten sozial angemessene Verhaltensweisen unter der Achtung der Rechte Dritter vermittelt werden.“

In der Parallelvorschrift heißt es unter dem Titel „Grund- sätze der Förderung“: „Die Selbstachtung der Jugendlichen, ihr Verantwortungsgefühl und ihr Einfühlungsvermögen in das Erleben Anderer sowie Einstellung und Kompetenzen, die vor erneuter Straffälligkeit schützen, sind zu fördern.“

Das eine ist ein Kompetenzansatz, der auf die Situation des Jugendlichen eingeht, der andere orientiert sich eher auf ein Regelwerk. Ich glaube, es ist eine Auseinandersetzung wert, wie die geeignete Herangehensweise sein muss.

Sehr geehrte Damen und Herren – und das meine ich jetzt nicht mit langem Bart, Frau Drese, und nicht süffisant, sondern sehr, sehr ernst –,

(Stefanie Drese, SPD: Ich habe das auch ernst gemeint, Herr Suhr.)

ich glaube, es lohnt sich, an dieser Stelle tatsächlich zu streiten im Ausschuss. Wir nehmen dieses Angebot der intensiven Auseinandersetzung an. Ich glaube, wir sollten auch das Mittel der Anhörung nutzen, um uns genau mit dieser Frage intensiv zu beschäftigen,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Aber das ist selbstverständlich.)

weil ich glaube, die jungen Menschen, die dann in Neustrelitz ihren Jugendarrest verbringen sollen, haben es verdient, dass wir das Bestmögliche tun.

Lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen, ich will das hier nicht überhöht tun: Die Frage der Kritik an dem Standort Neustrelitz hat natürlich einen sachinhaltlichen Zusammenhang. Dieser sachinhaltliche Zusammenhang hat damit zu tun, dass auch im Jugendarrest, das können Sie im Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2006 nachlesen, die Frage der familiären Anbindung während der Arrestzeit durchaus eine zentrale Rolle spielt und dass der Jugendarrest auch so gestaltet werden kann, dass möglichst die familiäre Bindung erhalten bleibt. Wenn man sich das mit einem dezentralen Standort, der in Neustrelitz liegt, für mögliche Arrestierte vorstellt, die aus dem Norden des Landes kommen, also von weiter her, dann ist schon die Frage, wie man logistisch gewährleistet, dass das möglich ist. Insofern, finde ich, muss man auch das kritisch hinterfragen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Andrejewski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist ein wenig überambitioniert. Ein Eckpunkt in der Begründung lautet: „Der Vollzug des Jugendarrestes“ soll die „Bereitschaft (fördern), gesellschaftliche Regeln zu verinnerlichen und zu befolgen.“ Was soll denn das für nebulöses Zeug sein, gesellschaftliche Regeln? Hier kann es nur um Gesetze gehen, um sonst gar nichts. Gesellschaftliche Regeln sind: „Aus Liebe zum Euro“, „Multikulti“, „Stramm gegen rechts“, „Gender-Mainstreaming“ oder sonstiger Schwachsinn.

Wenn Sie die armen Jugendlichen einer Buntlichtbestrahlung und politischer Gehirnwäsche aussetzen wollen, dann geht das jedenfalls nicht mit uns.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Niemand ist verpflichtet, irgendwelche gesellschaftlichen Regeln zu verinnerlichen. Das Innere ist immer noch Privatsache. Gedanken sind frei. Das Einzige, was man von arrestierten Jugendlichen mit Recht erwarten darf, ist, dass sie sich an Strafgesetze halten, ansonsten geht es den Staat nichts an, was sie denken oder fühlen.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Der Jugendarrest hat kein FDJ-Camp zu sein oder dessen BRD-Entsprechung. Dafür ist er auch zu kurz.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Davon steht bei Frau Kuder auch nichts.)

Im Übrigen bin ich erstaunt, dass es den Jugendarrest überhaupt noch gibt. Der ist nämlich eine nationalsozialistische Erfindung. 1940 wurde er durch die Verordnung zur Ergänzung des Jugendstrafrechts eingeführt und 1943 in das Reichsjugendgerichtsgesetz eingebracht. Daher muss Ihrer Betroffenheit zur Entnazifizierungsabteilung wohl etwas entgangen sein.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Ihr Bundesjustizminister Maas von der SPD, der sich gerade als Möchtegern-Facebook-Zuchtmeister und InternetDiktator der Lächerlichkeit preisgibt,

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

will ja sogar die Mord-Merkmale abschaffen, weil die im Dritten Reich entwickelt wurden. Ich würde auch gleich noch dazu aufrufen, die Straßenverkehrsordnung abzuschaffen, die ist auch 1934 im Dritten Reich in Kraft gesetzt worden.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ungeachtet der Herkunft halten wir den Jugendarrest für eine gute Idee, aber nicht als Mittel der Indoktrination für Ihre komische BRD-Ideologie.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Texter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Also, Frau Borchardt, im Prinzip war es ja klar, die Grundeinstellung zum Jugendarrest ist bekannt, dass Sie das heute hier noch mal deutlich machen. Dass wir uns im Wesentlichen auch im Fortgang der Debatte damit auseinanderzusetzen haben, das ist klar und das ist auch nichts Neues.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Jetzt gehts um den Vollzug.)

Die Ministerin hat in ihrer Einbringung und in der Vorstellung des Gesetzentwurfes bereits die wesentlichen Punkte ausgeführt. Wir können in der Gesetzesbegründung auch sehr, sehr ausführlich nachlesen, warum und wieso wir uns mit dem Gesetzentwurf zum Jugendarrest beziehungsweise Jugendarrestvollzugsgesetz hier zu beschäftigen haben.

Ich will das nicht noch mal wiederholen, aber auch für den Jugendarrestvollzug gilt die Regel: Wenn man Eingriffe in Grundrechte vollziehen will, bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Ich denke, allein das ist Grund genug, diesen Gesetzentwurf hier vorzulegen. Er rundet, wie auch schon gesagt, die Reihe der Vollzugsgesetze, die wir während dieser Legislatur bereits verabschiedet haben, im Grunde ab.

Der Ursprung ist die Föderalismusreform, wo die Gesetzgebungskompetenz für alle Normen, die den Vollzug freiheitsentziehender strafrechtlicher Sanktionen betreffen, auf die Länder übergegangen ist. Somit fallen auch die Regelungen zum Vollzug des Jugendarrestes in die Kompetenz des Landes. Mit den Regelungen soll die Eigenheit des Jugendarrests verdeutlicht werden und auch die klare Abgrenzung zum Jugendstrafvollzug erfolgen, denn bislang waren in Mecklenburg-Vorpommern die Regelungen zum Jugendarrest Bestandteil des Jugendstrafrechts und des Strafvollzugsgesetzes.

Der Jugendarrest soll die Jugendlichen warnen. Er soll den jungen Menschen eindringlich bewusst machen, dass sie für ihr Unrecht einzustehen haben. Mit einem strukturierten Tagesablauf und speziellen pädagogischen Konzepten sollen die jungen Menschen im Jugendarrest positiv beeinflusst werden. Dies soll im Übrigen auch, und das finde ich, ist ebenfalls anzumerken, für den Kurzarrest dienen, denn selbst wenn eine Arreststrafe nur zwei Tage oder ein Wochenende andauern soll, gelten diese Grundsätze. Das begrüßen wir ausdrücklich. Die Auseinandersetzung mit begangenen Straftaten und mit deren Folgen ist ein Schwerpunkt des Jugendarrestes. Ergänzt wird dies durch Beratungsangebote, Unterstützungsangebote, Freizeit-

und Sportangebote. Die Ministerin hat darauf hingewiesen.

Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle noch ansprechen – das ist auch noch nicht im Gesetzentwurf, aber in der Begründung und den Lösungen angesprochen worden –, dass es hierzu auch Investitionsbedarf gibt. Der betrifft allerdings nicht den jetzt zu behandelnden Doppelhaushalt 2016/2017, aber es ist schon klar dargestellt worden, dass dazu Investitionen in den Folgejahren angemeldet werden müssen.

Der vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich an einem Mustergesetz, das ist hier bereits ausführlich ausgeführt worden, wobei eine Arbeitsgruppe länderübergreifend gearbeitet hat.

Wir haben auch die Opposition gehört. Frau Borchardt, Herr Suhr, Sie haben ausführlichen Redebedarf signali

siert. Frau Borchardt ist ja gleich mal das ganze Gesetz in allen Paragrafen durchgegangen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Ja, das gehört sich auch so.)

Für die Erste Lesung finde ich das bemerkenswert und relativ unnötig. Aber gut, wir werden uns mit den einzelnen Paragrafen im Gesetz auseinandersetzen, wir werden uns rege an der Diskussion im Ausschuss beteiligen und wir werden selbstverständlich der Überweisung in den Europa- und Rechtsausschuss zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 6/4215 zur federführenden Beratung an den Europa- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Gegenstimmen der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, Drucksache 6/4430.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 6/4430 –

Das Wort zur Einbringung hat der Minister für Inneres und Sport Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Verfassungsschutz in Deutschland, auch in Mecklenburg-Vorpommern ist insgesamt unverzichtbar

(Stefan Köster, NPD: Die Frage ist nur, wofür unverzichtbar.)

und bildet einen Bestandteil der Sicherheitsarchitektur unserer Republik. Er nimmt Verfassungsfeinde, Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und damit die Feinde unserer Zivilgesellschaft ins Visier.