Selbst in Auswertung dieses Modellprojektes wäre es nicht übertragbar auf Mecklenburg-Vorpommern und somit kann ich mich nur dem anschließen, was auch schon Frau Tegtmeier zu Ihnen im Ausschuss gesagt hat, dass so ein Antrag nicht unsere Unterstützung finden wird.
Insofern, glaube ich, war es mal wichtig, aus Sicht der CDU-Fraktion hier einige inhaltliche Dinge, aber auch einige politische Dinge zum Ausdruck zu bringen, insbesondere zum Thema „tote Hose“, nämlich „tote Hose“ ist das, was wir in der Regierungskoalition seit neun Jahren machen, auf keinen Fall, sondern wir stehen für wirtschaftlichen Aufschwung und Stabilität am Arbeitsmarkt. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte das Thema wechseln und eine Rede vortragen, die unsere Kollegin Jacqueline Bernhardt gern gehalten hätte. Ich wünsche ihr gute Besserung und hoffe, dass sie morgen wieder unter sein kann.
(Jochen Schulte, SPD: Wir stellen uns jetzt einfach Frau Bernhardt da vor. – Heiterkeit bei Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Sehr geehrte Damen und Herren, für einige besteht der Haushalt lediglich aus trockenen Zahlen, für andere ist er in Zahlen gegossene Politik.
Mein Fraktionsvorsitzender Helmut Holter meinte bereits in der Einbringungsrede zu Beginn der Behandlung des Gesetzentwurfes zum Haushalt 2016/2017, dies sei ein Haushalt der Stagnation. Er hat recht damit.
In einigen Bereichen ist nicht nur Stagnation zu sehen, sondern ein echter Rückschritt. Sie werden – das tun Sie gerade – widersprechen und auf die schönen Zahlen verweisen, das kann Herr Renz immer besonders gut,
unter anderem jetzt bei diesem Thema auf die Zahlen, die in der Kindertagesförderung ausgegeben werden.
Ja, es ist richtig, dass Sie seit Jahren, Herr Liskow, die finanziellen Aufwendungen im Bereich der frühkindlichen Bildung aufstocken. Zum einen relativieren sich die Zahlen jedoch, wenn wir die Bundesmittel, die einfach nur weitergeleitet werden, herausrechnen.
Ich denke da zum Beispiel an das Betreuungsgeld, welches Sie ja jetzt einsetzen, um Kapazitäten zu erhöhen. Ebenfalls vergessen Sie, im gleichen Atemzug mit zu benennen, warum die Landesmittel angestiegen sind, nicht, weil Sie die Qualität so immens verbessert haben, nein, wir haben mehr Kinder in den Kitas. Hatten wir 2004 noch 77.636 Kinder …
Also wir hatten 2004 77.636 Kinder, die die Kindertagesstätten und Kindertagespflegestätten besuchten. So waren es 2013, und das ist das Beachtliche, Herr Liskow, 97.550 Kinder, mithin 19.914 Kinder machten schon einen Unterschied. Mehr Kinder bedeuten automatisch mehr Geld im System, da wir eine platzbezogene Grundförderung laut KiföG Mecklenburg-Vorpom- mern haben. Das allein macht – und das ist eben der Zusammenhang, auf den wir hinauswollten, Frau Bernhardt und ich in diesem Fall – schon einen Mehrbedarf von 25 Millionen Euro aus.
Aber mit diesem Haushalt gehen Sie immer noch nicht an die wichtigen Dinge in der Kindertagesbetreuung. Die Fachkraft-Kind-Relation ist immer noch eine der schlechtesten bundesweit.
(Torsten Renz, CDU: Die haben wir jetzt dreimal abgesenkt, das kannst du jetzt auch ruhig mal sagen.)
Die Beteiligung mit öffentlichen Mitteln, Herr Renz, für die Kindertagesbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern ist im bundesweiten Vergleich eine der geringsten. Und wer muss das Ganze allein zahlen? Die Wohnsitzgemeinden und die Eltern.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch einmal Zahlen anführen, die Sie ganz gern verschweigen. Hatten wir 2010 noch 39,7 Millionen Euro an Elternbeitragsübernahmen, wurden 2014 schon 51,45 Millionen Euro an Elternbeiträgen von den Landkreisen und kreisfreien Städten getragen. Das sind 11,75 Millionen Euro in vier Jahren mehr, die an Elternbeiträgen übernommen wurden. Immer weniger Eltern also können sich daher selbst einen Kitaplatz leisten. Sie sind immer mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen. Das muss uns doch zu denken geben.
Der Landesregierung ist das offenkundig nicht so wichtig. Sie konnten uns auf Nachfrage nicht einmal die Ursachen dafür nennen. So bleibt nur zu vermuten, dass entweder die Kitaplätze an sich teurer geworden sind, sodass immer mehr Eltern diese nicht allein bezahlen können und von den Landkreisen die Unterstützung erhalten beziehungsweise von den kreisfreien Städten, oder die Eltern verdienen immer weniger, sodass sie unter die Grenze fallen und die Elternbeiträge übernommen werden müssen.
Beides ist ein Armutszeugnis für das Kinderland Mecklenburg-Vorpommern. Unsere Kritik und unsere Anträge bleiben daher bestehen.
Erstens. Wir verlangen die Verbesserung der Qualität in den Kitas und sagen Ihnen: Fangen Sie im Hort und in der Krippe an!
Zweitens. Verändern Sie das Finanzierungssystem! Es kann nicht sein, dass Kitaplätze immer mehr zum Luxusgut werden. Bildung hat für alle Kinder von Anfang an kostenfrei zu sein.
Wenn Sie über das Kinderland Mecklenburg-Vorpommern reden, beziehen Sie sich, sehr geehrte Damen und Herren der Koalition, nur auf die Kindertagesbetreuung. Es gibt daneben aber auch noch Kinder und Jugendliche, die keine Kindertagesbetreuung mehr besuchen und älter als sechs Jahre sind. Da sind wir beim wirklichen Rückschritt beim Haushalt in der Kinder- und Jugendarbeit.
Am 7. Oktober 2015 führte der Sozialausschuss im Rahmen der Haushaltsberatungen eine öffentliche Anhörung zur Zukunft der Kinder- und Jugendarbeit durch. Die Expertenmeinungen sind vernichtend. So schrieb der Städte- und Gemeindetag, ich darf zitieren: „Die Landesmittel für die Kinder- und Jugendarbeit sind nicht ausreichend, da die Kommunen immer weniger in der Lage sind, Eigenanteile zu finanzieren; die finanzielle Grundausstattung ist zu gering.“ Zitatende.
Ein anderes Zitat: „In den Jugendämtern gibt es zu wenig Fachpersonal. Hinzu kommt, dass das Land seiner in § 85 Abs. 2 Pkt. 8 SGB VIII nominierten Aufgabe für die Fortbildung von Mitarbeitern in der Jugendhilfe nur unzureichend nachkommt.“ Zitatende.
Der Stadtjugendring Schwerin antwortete auf die Frage, ob die Kinder- und Jugendarbeit bedarfsgerecht finanziert sei mit den Worten: „Ein eindeutiges Nein! Mittel aus dem ESF sind ungeeignet zur Finanzierung von Schul- und Jugendsozialarbeit, weil sie eine einseitige Ausrichtung auf den Arbeitsmarkt haben. Wir brauchen ein klares politisches Bekenntnis, dass Kinder- und Jugendarbeit ein unverzichtbarer Bestandteil der Angebotsstruktur in einem familienfreundlichen und bildungsorientierten Land ist.“
Und wie nehmen Sie die Expertenmeinungen an? Gar nicht! Sie, meine Damen und Herren der Koalitionsfrakti
onen, lehnten und lehnen – und Sie werden es sicherlich auch heute wieder tun – unsere Anträge zur Novellierung des KJFG Mecklenburg-Vorpommern ab. Sie kürzen die Mittel für die öffentlichen Träger der örtlichen Jugendhilfe, so, wie wir es schon bei den Beratungen zum Doppelhaushalt 2013/2014 vermutet hatten. Auch hier setzen unsere Änderungsanträge wieder an.
Sie weigern sich außerdem, das bis 2013 existierende Kinder- und Jugendprogramm wieder einzuführen, und verschließen noch mehr die Augen vor den Problemen der Kinder und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpom- mern. Das alles hat nichts, aber auch gar nichts mit einer Vorstellung vom sogenannten Kinderland MecklenburgVorpommern zu tun. Gerade zur Weihnachtszeit glaubt man ja an Wunder. Vielleicht geschieht hier und heute auch eines und Sie stimmen unseren Änderungsanträgen zur Abwechslung einmal zu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!