Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Sehr geehrter Abgeordneter Borchert, ich möchte Sie bitten, während der Debatte hier keine Audienz beim Minister zu nehmen. Grundsätzlich hat sich das Präsidium darauf verständigt, solche Möglichkeiten nicht wahrzunehmen. Und ich möchte Sie jetzt auch noch mal offiziell bitten, dass alle Abgeordneten sich daran halten. Wenn Sie mit den Mi

nistern Gespräche führen wollen, tun Sie das bitte draußen, nicht im Plenarsaal. So ist die Verständigung im Rahmen des Präsidiums.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/5082. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Zugestimmt hat die Fraktion der NPD, dagegen gestimmt haben die Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/5082 abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Landespolizei jetzt verlässlich stärken, Drucksache 6/5074.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Landespolizei jetzt verlässlich stärken – Drucksache 6/5074 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

(Stefan Köster, NPD: Herr Ritter als Wohltäter der Landespolizei, das ist ein Widerspruch in sich.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag meiner Fraktion „Landespolizei jetzt verlässlich stärken“ erhebt ausdrücklich nicht den Anspruch, gegenwärtig besonders originell zu sein. Er könnte im Grunde von allen demokratischen Fraktionen gestellt worden sein, verfolgt man die Verlautbarungen der letzten Tage. Die Problematik Polizeipersonalstärke ist gegenwärtig in aller Munde. Der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei geht mit der Kampagne „Wir brauchen Verstärkung“ öffentlich in die Offensive.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die Gewerkschaft der Polizei appelliert damit an die Regierungen in Bund und Ländern für eine sofortige Abkehr von der jahrelangen, auch von meiner Fraktion zu verantwortenden Sparpolitik bei der Polizei.

(Stefan Köster, NPD: Ist das mit Ihren Antifa-Gruppen abgesprochen?)

Für die Bundespolizei sind gerade 3.000 neue Stellen für Polizeivollzugskräfte in den nächsten Jahren bewilligt worden.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Die SPD-Bundestagsfraktion fasste am 8. Januar dieses Jahres einen bemerkenswerten Beschluss zur öffentlichen Sicherheit. Dort heißt es unter anderem, ich zitiere: „Um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, ist es notwendig, bis 2019 insgesamt 12.000 neue Stellen bei der Polizei in Bund und Ländern zu schaffen. Das heißt, dass im Bund zusätzlich zu den bereits beschlossenen 3.000 Stellen weitere 3.000 Stellen für die Bundespolizei und beim Bundeskriminalamt sowie in den Ländern 6.000 neue Stellen geschaffen werden sollen.“ Zitatende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 6.000 neue Stellen in den Bundesländern, wenn es nach den Vorstellungen der SPD-Bundestagsfraktion geht! Die aktuellen Debatten auf Bundes- und Landesebene zur Personalstärke der Polizei sind stark beeinflusst von den gegenwärtigen politischen Herausforderungen bei der Meisterung der Flüchtlingsproblematik. Das ist nachvollziehbar, würde aber in Mecklenburg-Vorpommern letztlich zu kurz greifen. Wir müssen schnellstens die Diskussion aufgreifen, die 2010 im Zuge der Polizeistrukturreform begonnen, aber dann nicht zu Ende geführt wurde. Dabei geht es mir nicht um eine erneute nachträgliche Bewertung dieser Reform. Unstrittig dürfte hingegen sein, dass die Polizei mit dieser Reform nicht eine einzige Ressource hinzubekommen hat. Es galt vielmehr, die Strukturen dem vorhandenen Personal anzupassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Innenminister, Sie mögen recht haben, dass wir alle über Jahrzehnte – und ich darf ergänzen, eben auch über Parteigrenzen hinweg – im Bereich der Polizei eine Personalpolitik für Gutwetterperioden betrieben haben. Hier sind Kritik und Selbstkritik gleichermaßen gefragt. Dann aber geht es um notwendige Entscheidungen, die jetzt, hier und heute getroffen werden müssen, da sich die Wetterlage geändert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Prozesse und Ergebnisse der Landespolitik in Bezug auf unser Polizeipersonal in den vergangenen Wochen Revue passieren lässt, dann gewinnt man den Eindruck, dass wir aber leider weiterhin in einem Schönwettermodus fahren. Der Landesregierung und der Koalition ist die äußerst kritische Situation der Landespolizei bekannt, denn der Koalitionsausschuss einigte sich im März vergangenen Jahres, das Personalkonzept 2010 für den Bereich der Polizei auszusetzen und den künftigen beziehungsweise tatsächlichen Polizeibedarf bis zur Zeit nach den kommenden Landtagswahlen gutachterlich prüfen zu lassen. An der Prüfung ist nichts auszusetzen, aber am Zeitpunkt. Die Koalition hat damit zwar ein strittiges Thema zunächst abgeräumt, aber es bleibt ungeklärt. Es wurde einfach verschoben und die Situation bei der Landespolizei ändert sich nicht.

Einem offenen Brief der Gewerkschaft der Polizei an den Ministerpräsidenten folgte am 5. November letzten Jahres ein Gespräch in der Staatskanzlei. Polizistinnen und Polizisten sollen nun von Verwaltungstätigkeit entlastet und für den Vollzugsdienst gewonnen werden. Ältere Beamte sollen über das Pensionierungsalter hinaus wirken. Dafür wurden 47 Extrastellen befristet bewilligt. Darüber hinaus gebe es Überlegungen, die Ausbildungszeit für Polizeianwärter zu verkürzen und so weiter und so fort. Zur Ausbildungssituation in der Landespolizei lasen wir erst gestern in der Landespresse einen interessanten Bericht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gewerkschaft der Polizei sagt zu diesem Spitzentreffen, ich zitiere: „Außer Spesen nicht viel gewesen – Klare deutliche Worte des Ministerpräsidenten: Fehlanzeige“, Zitatende. Der Ministerpräsident habe wieder auf die Zeit nach der Landtagswahl verwiesen. Und wie der Teufel es will, kommt dann die „Rheinische Post“ am 16. Januar zu dem Ergebnis, dass Mecklenburg-Vorpommern die höchste Polizeidichte der Flächenländer habe. Da habe ich mich in der Tat an die Timm’sche Polizeireform erinnert, die wir mitgetragen haben und mittragen mussten.

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD: Mittragen mussten?! Wer hat Sie denn gezwungen? Sie sind ein freier Mann.)

Sie haben keine Ahnung, Herr Pastörs, das ist das Problem, und das unterscheidet uns beide.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Was daraufhin folgte, ist das normale politische Spielchen. Das Finanzministerium begründet mit der Anzahl der Polizisten je 100.000 Einwohner, dass es enorme weitere Einsparpotenziale bei unserer Landespolizei gebe. Das Innenministerium zieht die Fläche heran und kommt zu dem Ergebnis, eine eher dünn aufgestellte Polizei in Mecklenburg-Vorpommern zu haben. Und für die GdP sind derartige Berechnungen Taschenspielertricks. Laut Landesregierung aber sollen notwendige Entscheidungen weiterhin erst nach dem Herbst getroffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in normalen Zeiten würde man dies ein politisches Patt nennen und einfach die anstehenden Wahlen abwarten. Heute findet im Bundeskanzleramt ein weiteres Bund-Länder-Treffen statt. Es geht um den Integrationsplan und zusätzliche 5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau, für weitere Lehrerstellen und – man höre und staune! – für zusätzliches Personal bei der Polizei.

Was sagt denn Mecklenburg-Vorpommern an dieser Stelle? Sagt Mecklenburg-Vorpommern an dieser Stelle, wir warten mal die Zeit bis nach dem Herbst ab, das ist alles ganz nett, aber bitte erst die Entscheidungen im Herbst nach den Landtagswahlen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Landtag sollte unserer Landespolizei deutlich politisch signalisieren, wir handeln jetzt, weil der Bedarf jetzt besteht und nicht erst im Herbst nach den Landtagswahlen. Wir ringen im Interesse unserer Beamtinnen und Beamten jetzt um einen umfassenden konzeptionellen Ansatz. Wir sind bereit für einen fraktions-, koalitions- und legislaturübergreifenden Dialog im Interesse der nachhaltigen Stärkung der persönlichen und öffentlichen Sicherheit in unserem Land.

Der vorliegende Antrag orientiert sich bewusst am allseits gelobten Verfahren der Novellierung des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern und – und das ist das Wichtige – er greift auch ganz bewusst den Arbeitsgruppenvorschlag der Gewerkschaft der Polizei unseres Landes auf.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können heute problemlos mit Koalitionsmehrheit auch diesen Oppositionsantrag ablehnen. Nur sollten wir dann nicht morgen die Personalsituation unserer Landespolizei beklagen und in Sonntagsreden Besserung geloben oder auf die Zeit nach den Landtagswahlen vertrösten. Und wir sollten dann ab heute nicht länger eine angespannte Sicherheitslage konstatieren, mögliche und notwendige Lösungen aber gleichzeitig in den Spätherbst verschieben. Das ist keine Problemlösung! Wir müssen handeln, und zwar sofort. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Inneres und Sport Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte den Antrag der Fraktion DIE LINKE gern zunächst zum Anlass nehmen, um die gute Arbeit der Landespolizei insbesondere in den letzten Monaten hier ausdrücklich zu würdigen. Die Flüchtlingskrise hat nicht nur den Verwaltungsbeamten, den Hilfsorganisationen, den freiwilligen Helfern und den Bundeswehrangehörigen alles abverlangt – Kollege Ritter ging ja schon kurz darauf ein –, die Flüchtlingskrise war auch eine große Belastungsprobe und das ist sie immer noch für die Landespolizei. Ob bei den zahlreichen Einsätzen in und um die Flüchtlingsunterkünfte, bei der Bekleidung der Ankömmlinge oder bei der Unterstützung der Verwaltungsbehörde – überall waren die Beamten gefordert. Sie waren auch eine wichtige Hilfe.

Außerdem wurde die gesamte Flüchtlingsthematik in den vergangenen Monaten von einer besonderen Aufbauorganisation hier im Land gemanagt, die vom Inspekteur der Landespolizei geleitet wurde und umfangreich auf die Ressourcen der Landespolizei zurückgreifen konnte, was uns in der Bewältigung der Gesamtaufgabe auch unglaublich geholfen hat.

Darüber hinaus, auch das gehört zur Tatsache, auch das wurde explizit angesprochen, kommen dazu natürlich die Zahl der Einsätze der Landespolizei, die einen Bezug zur Flüchtlings- und Asylpolitik aufweisen. In den letzten vier Monaten des Jahres 2014 gab es ganze elf solcher Versammlungen. Im gleichen Zeitraum ein Jahr später, also in den vier letzten Monaten des Jahres 2015, gab es unglaubliche 168 Einsätze. Das sind im Schnitt zehn pro Woche. Hinzu kommen die sonst vielfältigen Versammlungen in fast exakt gleicher Dimension.

All diese Veranstaltungen mussten gesichert werden, nicht selten mit einem stattlichen Polizeiaufgebot. Das bindet viel Personal und natürlich auch Material. Daneben gehen die übrigen Aufgaben der Polizei in der öffentlichen Wahrnehmung fast schon unter: Verhindern von Terroranschlägen, Einsätze bei Fußballspielen und internationalen Konferenzen, Bekämpfung von Einbruchserien, Verkehrssicherung, Präsenz zeigen auf der Straße und, und, und.

All diese Aufgaben haben unsere Polizistinnen und Polizisten des Landes bisher erfolgreich bewältigt. Sie haben dabei nicht nur viel Herzblut für ihren Beruf an den Tag gelegt, sondern sie haben auch Umsicht und Entschlossenheit bei der Lösung der Aufgaben demonstriert. Für die Arbeit und den unverzichtbaren Beitrag für die innere Sicherheit in unserem Land danke ich daher an der Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landespolizei ausdrücklich von ganzem Herzen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU und Heinz Müller, SPD)

Ja, meine Damen und Herren, bei den Dankesworten möchte ich es doch nicht belassen, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart oder in der Zukunft. Für die verantwortungsvollen Aufgaben hat die Landespolizei in der Tat jede Unterstützung verdient. Und ob man diese Unterstützung immer nur auf rein mathematische Berechnungen zurückführen kann oder auch fachlich-inhaltliche Gründe, darüber lässt sich trefflich streiten. Zum Schluss ist jede Entscheidung der Landesbehörden, ob ministerielle, polizeiliche Entscheidung, wie stark die Personalstärke ist in den Bundesministerien, in den Landesministerien, in den Fachebenen der Polizeien, zum Schluss ist es auch immer eine politische Entscheidung. Und das muss dann in Gänze getragen werden, wie viel ist mir auch die jeweilige Entscheidung im jeweiligen Fall wert.

Neben einer guten Ausrüstung, einer hervorragenden Ausbildung und dem notwendigen politischen Rückhalt gehört dazu eben natürlich auch die angemessene Personalausstattung. Kein Computer, kein noch so raffiniertes ausgeklügeltes Überwachungssystem kann die Wirkung ersetzen, die letztendlich, und das erleben wir ja derzeit in den täglichen Gesprächen immer wieder, eine Polizeistreife auf der Straße, mit der der Bürger ins Gespräch kommen kann oder wo er auch Hinweise geben kann, hat. Polizei bedeutet eben trotz aller notwendigen technischen Erneuerungen in erster Linie noch immer Männer- oder Frauenpower, wie auch immer, wir haben ja Polizistinnen und Polizisten. Ja, das ist im Flächenland genauso wie in einem Land mit vielen Einwohnern auf der Fläche. Wir haben nun mal die geringste oder fast geringste Einwohnerzahl in Deutschland bezogen auf die Fläche. Und die 28 Bürger auf einem Quadratkilometer haben eben auch den Anspruch auf Sicherheit. Dem müssen wir zum Schluss als Politik in Gänze Rechnung tragen.

Wie Sie wissen, habe ich in den letzten Jahren immer wieder betont, dass ich in den Zeiten, die ich in den letzten Wochen und Monaten immer als „Schönwetterzeiten“ bezeichnet habe, mindestens 5.800 Polizisten als notwendig erachte, damit diese ihre Aufgaben in vertretbarer Weise wahrnehmen können. Leider war diese Annahme und Aussage durch die doch sehr intensive Notwendigkeit des Einsatzes von Personen und Technik relativ schnell durch die Flüchtlingskrise überholt.

Umso mehr freue ich mich – und das, lieber Kollege Ritter, ist ja auch schon ein Stück Antwort –, dass die tragenden Fraktionen Handlungsstärke bewiesen haben und der Landespolizei eben nicht nur die Möglichkeit der Verlängerung von 47 Kolleginnen und Kollegen durch kw-Stellen eingeräumt haben, sondern dass sie auch kurzfristig – nicht erst im Herbst, sondern jetzt – bereit sind, die Landespolizei um 100 Stellen zu vergrößern.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Am Parlament vorbei am Koalitionstisch entschieden.)

Neben der Erhöhung der Auszubildendenzahlen für den Polizeivollzugsdienst konnten daher bereits in diesem Jahr verstärkt Spezialisten eingestellt werden. Dadurch können Beamte des Polizeivollzugsdienstes von ihren Aufgaben in Spezialbereichen freigesetzt und kurzfristig für den operativen Dienst in der Fläche gewonnen werden. Damit sorgen wir ansatzweise schnell für die dringend benötigte Entlastung. Das ist nicht zuletzt auch ein Signal an die Kolleginnen und Kollegen der Polizei im Land. Wir stehen an ihrer Seite, wir unterstützen sie, sie können sich auf die Politik in diesem Land verlassen.

Von dieser kurzfristigen Maßnahme unberührt bleibt na- türlich – und auch das haben Sie angesprochen – die vereinbarte Überprüfung des Stellenbedarfs.

Eine Beratungsfirma, die vor Kurzem den Zuschlag erhalten hat,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Vor Kurzem erst?)

wird zusammen...

Ausschreibungen muss ich leider auch in dem Fall entsprechend der Gesetzlichkeit