Protokoll der Sitzung vom 16.03.2012

Auch die – das muss das Bauamt erkennen – sind Binnenfischer und müssen die Möglichkeit erhalten, in ihren alten angestammten Fischerhäusern, die zum Teil im Außenbereich liegen, diese Gelegenheit zu nutzen, daraus einen Ferienhof zu machen. Alles andere haben der Minister und mein Kollege Herr Saemann gesagt.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Werden Sie doch endlich mal konkret!)

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Den Änderungsantrag der LINKEN lehnen wir ab. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der CDU und SPD zur Beratung an den Agrarausschuss zu überweisen. Kann ich davon ausgehen, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/454 ebenfalls an diesen Ausschuss überweisen?

(Dr. Fritz Tack, DIE LINKE: Ja.)

Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, NPD und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD und CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/454 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/454 bei Zustimmung der Fraktion DIE

LINKE und der NPD sowie Gegenstimmen der Fraktion der SPD und der CDU und Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, über die Ziffern 1 bis 3 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD einzeln abzustimmen.

Wer der Ziffer 1 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 bei Zustimmung der Fraktion der CDU, der SPD, einigen Stimmen der Fraktion der NPD, Gegenstimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Enthaltung der Fraktion DIE LINKE, einer Enthaltung aus der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie einer Enthaltung aus der Fraktion der NPD, wenn ich das richtig gesehen habe, abgelehnt, nein angenommen. So, das war jetzt ziemlich durcheinander.

Wer der Ziffer 2 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 2 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU und der Fraktion der NPD und Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN angenommen.

Wer der Ziffer 3 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 einschließlich der mündlich vorgetragenen Korrektur zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 3 des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 6/393 einschließlich der mündlich vorgetragenen Korrektur bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, der NPD und Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 36: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Strukturen der Amtsgerichte erhalten, auf Drucksache 6/381.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Strukturen der Amtsgerichte erhalten – Drucksache 6/381 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer sich intensiv mit der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU beschäftigt hat, kann unter Punkt 374 lesen, ich zitiere: „Im Hinblick auf die demografische Entwicklung stehen langfristig tragfähige Strukturen bei den Gerichtsbarkeiten und Staatsanwälten im Vordergrund. Im Rahmen der Gerichtsstrukturreform ist die Zahl der Gerichtsstandorte der Struktur der Kreisgebietsreform anzupassen.“ Zitatende.

Bereits nach der Veröffentlichung der Koalitionsvereinbarung haben die Interessenverbände, aber auch meine Fraktion öffentlich auf die Konsequenzen der bevorstehenden Reform aufmerksam gemacht. Das Ergebnis dieser Reform würde kurz gesagt bedeuten, dass es

zukünftig nur noch acht Amtsgerichte in MecklenburgVorpommern geben würde.

Nun, auch das will ich vorwegnehmen, hat die Justizministerin im Europa- und Rechtsausschuss eingeräumt, dass im Ergebnis der Reform auch mehr als acht Standorte festgelegt werden könnten, da bereits heute zu erkennen ist, dass im Kreis Mecklenburgische Seenplatte ein Amtsgericht nicht ausreichen würde. Am 29.02.2012 hat nun die Ministerin ihre ersten Eckpunkte auf die Amtsgerichtsstruktur in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und das Leitbild „Das Amtsgericht 2025“ der Öffentlichkeit präsentiert.

Nun höre ich Sie schon sagen: Na ja, es ist doch alles in Ordnung, Ihren Antrag brauchen wir nicht, deshalb werden wir ihn ablehnen. Für uns – und nicht nur für uns – ist aber bei Weitem nicht alles in Ordnung. Das will ich auch gern begründen: Egal, wie Sie die geplante Reform nennen, im Ergebnis soll eine Amtsgerichtsreduzierung stehen, die aus unserer Sicht verfassungswidrig ist, weil sie in keiner Weise dem Rechtsgewährungsleistungsanspruch gegenüber den Einwohnerinnen und Einwohnern in unserem Land gerecht werden wird. Oder anders gesagt, die Aufgaben, die der Staat den Bürgern aufgrund des Rechtsstaatsprinzips schuldet, können bei einer derartigen Reduzierung nicht mehr erfüllt werden. Das wichtige Kriterium der Bürgernähe wäre null und nichtig.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Die Amtsgerichte erfüllen neben der eigentlichen Führung von zivilen und Strafgerichtsprozessen eine Reihe anderer wichtiger Funktionen. So sind die Amtsgerichte Registergerichte, sie sind also für Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-, Vereins- und Güterrechtsregister zuständig. Sie sind Nachlassgerichte, wo man beispielsweise Erbscheine beantragen oder Erbschaften ausschlagen kann. Sie sind für die Betreuungs- und Vollstreckungssachen zuständig. Sie entscheiden über das Ausstellen eines Beratungsscheines, mit dem den Einwohnerinnen und Einwohnern die Möglichkeit eröffnet wird, kostenlos einen Rechtsanwalt in Anspruch nehmen zu können. Für alle diesbezüglichen Angelegenheiten ist der Bürger verpflichtet oder gehalten, Amtsgerichte aufzusuchen.

Meine Damen und Herren, zunächst stellt sich überhaupt die Frage nach dem Warum dieser Reform. Man könnte ja an eine Verschlankung, also Kostenersparnis, denken. Sie haben aber selbst mitgeteilt, dass es hierum nicht geht. Ich denke auch, es ist Ihnen von Anbeginn bewusst, dass Sie mit dieser Reform keine Kosten sparen werden, im Gegenteil. Dabei braucht man nur an die bereitzustellenden Gebäude zu denken. An die Ausfälle in Millionenhöhe für die teilweise kostenaufwendig sanierten jetzigen Gerichtsgebäude, deren weiterer Werdegang nun in den Sternen steht, will ich gar nicht denken. Erheblich mehr Kosten würden auch für die zu fahrenden Wegstrecken auf alle Beteiligten zukommen. Bei der von Ihnen geplanten Reduzierung hätten Beteiligte teilweise Anfahrtswege von mehr als 100 Kilometern – Anfahrtswege für Zeugen, Prozesskostenhilfe beziehende Beteiligte und Anwälte sowie Richter in Betreuungssachen oder der Aufwand für die Polizei, wenn Beklagte in Strafverfahren zugeführt werden müssen, und, und, und.

Unter dem Strich reden wir hier also nicht über Ersparnis, sondern über erhebliche Zusatzkosten. Worum geht es

also dann? Als Grundlage aller Ihrer Argumentationen scheint ja der demografische Wandel zu stehen. Wie Sie aber darauf kommen, dass aufgrund des demografischen Wandels wir weniger Amtsgerichte benötigen, haben Sie bisher nicht darstellen können.

(Jochen Schulte, SPD: Das ist doch logisch, die Richter werden doch immer älter.)

Weder liegen hier Zahlen vor, wie sich – ich erinnere Sie daran –, wie sich die Verfahrenszahlen in den nächsten Jahren entwickeln werden und ob diese überhaupt in einem Zusammenhang mit dem demografischen Wandel stehen. Von einer Bevölkerungsverringerung und einem steigenden Altersdurchschnitt auf weniger Gerichtsverfahren zu schließen, ist sicher etwas weit hergeholt. Tatsächlich dürfte die Anzahl der Erbschaftsangelegenheiten wohl deutlich steigen, genauso wie die Betreuungssachen. Und dass gerade für ältere Menschen die unmittelbare Nähe des Wohnortes zu Gerichten wichtig ist, ist auch klar.

Nun könnte man ja denken, dass Ihre Leitgedanken Licht ins Dunkel bringen könnten. Da steht zunächst der Leitgedanke 1, eine effiziente Größe der Amtsgerichte. Wann aber gilt die Größe eines Amtsgerichtes als effizient? Sie werfen hier die Zahl 10 für Richterplanstellen in den Raum,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

eine Zahl, für die es keine sachliche Grundlage gibt. Auch Amtsgerichte mit nur 4 Richterplanstellen arbeiten effizient und erfüllen ihre Aufgabe. Das beweisen die kleinen Amtsgerichte in unserem Land anhand der Bearbeitung ihrer Eingänge hervorragend. Wenn man bedenkt, dass in Mecklenburg-Vorpommern nur die Amtsgerichte Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Stralsund und Güstrow – also ganze 5 Amtsgerichte – über mehr als 10 Richterplanstellen verfügen, stellen Sie hiermit in den Raum, dass derzeit ganze 16 Amtsgerichte, also etwa drei Viertel aller Amtsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern ineffizient arbeiten. Und da auch der größte Teil der Amtsgerichte im ganzen Bundesgebiet über weniger als 10 Richterplanstellen verfügt und somit ineffizient arbeitet, würde das nach Ihrer Auffassung bedeuten, dass der Rechtsstaat in Deutschland tatsächlich nicht mehr existent ist. Eigentlich, und das will ich hier ganz deutlich sagen, geht es im Wesentlichen um die weitere Umsetzung des Personalkonzeptes. Von 10 auf 4 Richterplanstellen lässt sich nach der Reform prima reduzieren – von 4 auf 4 gibt es keinen Reduzierungsspielraum.

Kommen wir zum zweiten Ihrer Leitgedanken, der Orientierung an den neuen Kreisstrukturen. Wie kommen Sie auf die Idee, man könnte Kreisstrukturen auf Gerichtsstrukturen übertragen? Beides steht in keinem Zusammenhang. Amtsgerichte sind Amtsgerichte und keine Kreisgerichte. Sie sollen eben nicht an Kreise gekoppelt sein. Eine Anpassung an die Kreisstrukturen ist nichts anderes als Strukturabbau in den Mittelzentren und ländlichen Gegenden. Mit den Amtsgerichten werden die Gerichtsstandorte auch eine Reihe von Rechtsanwaltskanzleien, Notariaten und auch Unternehmen der freien Wirtschaft verlassen. Sieht man also das Problem des demografischen Wandels, die Abwanderung der Jugend, dann passen Sie sich mit Ihrer Reform nicht dem demografischen Wandel an, Sie treiben Ihn vielmehr voran.

Aus ähnlichen Gesichtspunkten war man sich aufgrund der Empfehlung der Enquetekommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ im Rahmen der Kreisgebietsreform einig, Mittelzentren, die infolge der Umsetzung des Kreisstrukturgesetzes Mecklenburg-Vorpommern ihren Kreissitz verlieren, über Kompensationsmaßnahmen zu stärken. Diese Städte sollten zukünftig, was Strukturen angeht, vorrangig berücksichtigt werden. Es stellt sich die Frage, was mit diesem Versprechen ist, wenn man mit den vormaligen Kreisstädten nun auch noch die Amtsgerichte nimmt.

Kommen wir zum Punkt 3 Ihrer Leitgedanken, Justizaufgaben bürgerfreundlich erfüllen. Für die Linksfraktion hätte dieser Punkt an Platz 1 stehen müssen. Dass er bei Ihnen hinter der Anpassung an die Kreisstrukturen steht, sagt einiges aus. Der Grund ist doch wohl der, dass die Justiz bereits jetzt ausgesprochen bürgerfreundlich agiert und aus diesem Gesichtspunkt gar keine Reform nötig ist. Sie übersehen hier anscheinend auch, dass die Bürgernähe der Justiz als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips ein Recht mit Verfassungsrang ist. Bei einer Reduzierung der Amtsgerichte entsprechend den Landkreisen stehen möglicherweise Fahrstrecken von mehr als 100 Kilometern an. Im ganzen Bundesgebiet sind bisher 50 Kilometer das Maximum, und selbst da wurden schon Bedenken hinsichtlich einer Verfassungsmäßigkeit ausgesprochen.

Im Grunde ist das, was Sie vorhaben, genau das Gegenteil von Bürgernähe. Ich weiß nicht, in welchem Land Sie leben. Tatsache ist, dass derartige Entfernungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr in MecklenburgVorpommern vielerorts nicht mehr terminlich zu überbrücken sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Hier werden der Rechtsdurchsetzung der Menschen faktisch erhebliche Barrieren in den Weg gestellt. Und dass viele Bürgerinnen und Bürger hier von vornherein abgeschreckt werden, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen, ist doch nur verständlich. Das können Sie doch nun wirklich nicht wollen. Auch Ihr im Rechtsausschuss vorgetragenes Argument, dass die Menschen ja nur selten mit Gerichten zu tun haben – ich komme zum Schluss –, ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Ich hoffe, dass wir hier im Parlament eine vernünftige Debatte führen und Sie entsprechend unserem Antrag dann auch zustimmen. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Justizministerin Frau Kuder.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Borchardt! Ich bewundere Sie immer, wie Sie schon über eine Struktur reden können, die Sie noch gar nicht kennen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Jaja.)

Also wirklich, herzlichen Glückwunsch, das ist immer wieder spannend zu erleben.

(Udo Pastörs, NPD: Hellseherin. – Helmut Holter, DIE LINKE: Wehret den Anfängen!)

So viel Aufmerksamkeit wie in den letzten Wochen hat die Justiz unseres Landes schon lange nicht mehr auf sich gezogen. Und ich finde, das ist auch gut so, wenn landauf, landab quer durch alle Schichten über die Zukunft unserer Amtsgerichte diskutiert wird,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

denn es ist wichtig, dass allen auch mal wieder ins Gedächtnis gerufen wird, dass eine funktionierende Justiz ein wesentlicher Grundpfeiler unserer Demokratie ist.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Das gerät bei all den anderen wichtigen Themen oft in Vergessenheit, weil die Gerichte in der Regel zwar effizient, aber auch geräuschlos funktionieren.