Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

Und siebtens muss die Frage erlaubt sein,

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

und siebtens muss die Frage erlaubt sein: Was wird aus der Finanzierung der Pflegestützpunkte, die eine freiwillige kommunale Aufgabe sind, nach 2013, wenn die Fi

nanzen, die jetzt bereitgestellt werden, nicht mehr fließen?

Und, Frau Schwesig, das kann ich Ihnen abschließend nicht ersparen: Ja, wir garantieren den Bestandsschutz beim Pflegewohngeld. Aber was ist denn mit den Neufällen? Und Sie wissen doch, dass jetzt Generationen ins Rentenalter eintreten und damit auch in die Pflegebedürftigkeit, die das aus privater Tasche nicht zahlen können. Deswegen, letzter Satz, meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, wir wollen, dass das Thema Pflege aus der Nische herauskommt und tatsächlich zu einem gesellschaftspolitischen Thema wird, und das hat die Aktuelle Stunde zumindest gebracht. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Um das Wort hat nun noch mal gebeten der Abgeordnete Herr Heydorn.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich meine, ich bin jetzt nicht Ministerin Schwesig,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nee? Das ist aber interessant.)

aber ich kann versuchen, die eine oder andere Antwort zu geben.

Fangen wir mal an beim Thema Pflegestützpunkt. Herr Holter, ich kann Ihnen das klar sagen: Wenn es nach der Koalition geht, werden die Pflegestützpunkte fortgeführt, weil die Pflegestützpunkte unseres Erachtens ein wichtiges Instrument sind, um das Thema Beratung, Information, Case- und Caremanagement vor Ort bei den Leuten zu gewährleisten und eine adäquate, wohnortnahe Versorgung im Sinne der Bevölkerung sicherzustellen. Ich habe Ihr Papier gelesen. In Ihrem Papier, also Ihrem pflegepolitischen Papier, da steht ja drin, dass Sie das ähnlich vorhaben. Dann können wir ja an der Stelle gemeinsam an einem Strang ziehen. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt, das Thema Pflegewohngeld. Vielleicht so: Staatliche Leistungen können ja zwei Dinge zum Ziel haben. Sie können auf der einen Seite das Thema Entlastung beinhalten – also ich zahle etwas, um jemanden zu entlasten – und sie können auf der anderen Seite eine steuernde Wirkung haben. Beim Pflegewohngeld sieht es bei uns in Mecklenburg-Vorpommern so aus, dass dies keine steuernde Wirkung gehabt hat. Das heißt also, das Pflegewohngeld hat nicht dazu geführt, dass wir einen Ausbau der Aktivitäten gehabt haben im ambulanten und im teilstationären Bereich, sondern wir haben im stationären Bereich Leistungen zur Verfügung gestellt, die bestimmte Bewohner mit geringem Einkommen ein Stück weit entlastet haben.

Im stationären Bereich haben wir kein Problem, da gibt es ein ausreichendes Angebot. Wo wir unseres Erachtens ein Angebotsdefizit, zumindest teilweise, haben, ist im ambulanten und im teilstationären Bereich. So, und jetzt muss man wissen, wir haben ungefähr 5.500 Bezieher von Pflegewohngeld. Davon erhalten 3.000 keine Sozialhilfe. Das heißt, über 2.000 Bezieher von Pflegewohngeld kriegen nebenher schon Sozialhilfe, weil sie in einer Einrichtung sind. Und jetzt war für uns die Entscheidung zu treffen: Was ist zu tun? Was machen wir, um auf der einen Seite strukturpolitisch bestimmte Ent

wicklungen anzuschieben, das heißt Verbesserungen des Leistungsangebotes im ambulanten und im teilstationären Sektor, und auf der anderen Seite die Leute, die diese Leistung Pflegewohngeld in den Einrichtungen schon beziehen, quasi nicht hinten runterfallen zu lassen?

Und der Kompromiss, den wir jetzt geschlossen haben, sieht folgendermaßen aus: Der sieht so aus, dass wir sagen, wir zahlen Bestandsfälle weiter, Pflegewohngeld in stationären Einrichtungen, und das frei werdende Geld kommt nicht etwa dem Landeshaushalt zugute, sondern dieses frei werdende Geld wird eins zu eins eingesetzt für das Thema Strukturpolitik, das heißt also Verbesserung des Ausbaus von ambulanten und teilstationären Strukturen im Land Mecklenburg-Vorpommern. Das halten wir für eine sehr vernünftige Sache. Also kein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, sondern Umschichtung dieser Gelder in Bereiche hinein, wo wir strukturpolitisch unseres Erachtens besser werden müssen. Und deswegen wird das von meiner Fraktion auch so vertreten. Das wird so vertreten.

Und vielleicht noch drei Sätze zum Thema Pflegeberufe. In Mecklenburg-Vorpommern ist jede Pflegefachkraft, die in der Nähe der Grenze zu Niedersachsen oder Schleswig-Holstein wohnt, eigentlich schlechter dran, wenn sie hier arbeitet. Wenn sie nach Niedersachsen gehen würde oder nach Schleswig-Holstein, würde sie mehr Geld verdienen. Das kann doch nicht sein! Unsere Aufgabe muss es doch sein, wenn wir heute schon zur Kenntnis nehmen müssen, dass Pflegekräfte in MecklenburgVorpommern nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, Maßnahmen zu ergreifen, dass wir hier aufschließen. Das heißt, dass in möglichst kurzer Zeit die Pflegefachkräfte in Mecklenburg-Vorpommern genau das Gleiche verdienen wie die in Niedersachsen oder in Schleswig-Holstein, weil wir ansonsten das Thema Abwanderung nicht in den Griff kriegen werden.

Ich weiß, dass aus unseren Altenpflegeschulen nach wie vor qualifizierte Pflegekräfte den Weg aus MecklenburgVorpommern finden, weil sie sagen, woanders kriege ich 1.000 Euro oder 1.500 Euro brutto mehr. Aber das hat doch nur damit zu tun, dass pflegerische Leistungen in anderen Bundesländern besser bezahlt werden, und da muss man doch dann ansetzen. Und deswegen muss es von unserer Seite aus ein klares Bekenntnis geben, wenn es darum geht, diese Dinge weiterzuentwickeln und das Thema, auch Leistungsvergütung von Pflege, dabei im Auge zu haben und zu sagen, es kann nicht sein, dass bestimmte pflegerische oder krankenpflegerische Leistungen in anderen Bundesländern deutlich besser bezahlt werden, als das hier bei uns in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist. Das ist genau unsere Richtung und an der werden wir konsequent weiterarbeiten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 3: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 6/947.

Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes über die Rechts- verhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Ministerinnen und Minister des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesministergesetz – LMinG) (Erste Lesung) – Drucksache 6/947 –

Das Wort zur Einbringung hat die Finanzministerin Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach zwei emotionalen Tagesordnungspunkten vielleicht ein Punkt, der etwas weniger aufgeregt diskutiert werden könnte,

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Schauen wir mal! Schauen wir mal! – Marc Reinhardt, CDU: Warten wir mal ab!)

aber man wird es sehen, in welcher Weise das so passiert. Zumindest hat im Vorfeld das mediale öffentliche Interesse schon den Sachverhalt abgefeiert. Es gab ja auch eine Pressekonferenz im Vorfeld, um die Inhalte darzustellen. Insofern muss ich gar nicht allzu ausführlich werden. Ich glaube, das ist auch mal ein seltener Punkt in der heutigen Debatte. Ich meine, dass der Grund für das öffentliche Interesse natürlich darin liegt, dass in dieser Gesetzesnovelle die Bedingungen für Ministerinnen und Minister, insbesondere die Ruhegehälter, und eben also die Minister selbst auch betroffen sind.

Sie als Abgeordnete wissen sehr gut, dass das keine einfache Geschichte ist in der Öffentlichkeit, und insofern gehe ich mal davon aus, dass Sie auch sehr gut nachvollziehen können, dass es uns unheimlich wichtig war hierbei, ein Höchstmaß an Objektivität bei der Erarbeitung der Gesetzesnovelle zu gewährleisten. Darum hat auch der Ministerpräsident eine unabhängige Expertenkommission einberufen, die Vorschläge zur Überarbeitung des Ministergesetzes machen sollte.

Mit dem Präsidenten des Landesrechnungshofes, Herrn Dr. Schweisfurth, hat der oberste Rechnungsprüfer unseres Landes den Vorsitz übernommen und gemeinsam mit den Mitgliedern Claudia Alder, der Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern, Ursula Aussprung, der Präsidentin des Verwaltungsgerichtes Greifswald, und schließlich dem Staatssekretär des Finanzministeriums, Dr. Jost Mediger, Empfehlungen erarbeitet, die sie dem Kabinett vorstellen. Ohne auch nur ein einziges Komma zu ändern, hat das Kabinett die Änderungsvorschläge der Expertenkommission angenommen und im Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen.

Im Kern ging es darum, die Veränderungen, die in den letzten Jahren bei der Versorgung der Beamten vollzogen wurden, auch auf die Mitglieder der Regierung zu übertragen. Dabei hatte die Kommission bei ihren Empfehlungen allerdings auch die besondere Rechtsstellung der Regierungsmitglieder zu beachten, die kaum mit dem in der Regel lebenslangen Dienstverhältnis der Beamten verglichen werden kann. So werden Ministerinnen und Minister vom Ministerpräsidenten ernannt und auch entlassen. Diese Entlassung ist jederzeit möglich und bedarf keiner Begründung. Ein Ministeramt bildet einen nur

vorübergehenden Abschnitt im Berufsleben, ganz anders als bei Beamten. Daher ist eine besondere wirtschaftliche Absicherung auch sachlich gerechtfertigt.

Dies erkannte auch das Bundesverfassungsgericht und sprach in diesem Zusammenhang von einer Altersversorgung eigener Art. Das gilt übrigens, soweit ich das noch in Erinnerung habe, auch für Abgeordnete.

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

Wie diese Altersversorgung eigener Art auszusehen habe, ist im Ministergesetz von 1991 geregelt, das seither zahlreiche Veränderungen erfahren hat. Einige grundlegende Veränderungen, die es im Bereich der Beamtenversorgung in den letzten Jahren gegeben hat, waren bislang allerdings noch nicht berücksichtigt. Mit dem Gesetzentwurf soll sich dies ändern.

Die wichtigsten Neuerungen möchte ich Ihnen kurz vorstellen: So ist vorgesehen, den Höchstversorgungssatz der Beamten von 71,75 Prozent auf die Regierungsmitglieder zu übertragen. Wie Sie wissen, lag die alte Regelung noch bei 75 Prozent. Hier erfolgte also auf die erreichbare Höchstversorgung bezogen eine Absenkung um 3,25 Prozentpunkte. Zudem soll die Mindestzeit, die Ministerinnen und Minister im Amt sein müssen, um Anspruch auf Ruhegehalt zu erwerben, um ein Jahr auf jetzt fünf Jahre, zieht natürlich parallel zur Erhöhung unserer Legislatur, erhöht werden. Damit gehört Mecklenburg-Vorpommern zu einer Gruppe von sechs Bundesländern mit der längsten Wartezeit.

Eine weitere Änderung, so sieht es der Entwurf vor, wird es beim Zeitpunkt geben, ab dem das Ruhegehalt bezogen werden kann. Dieser Zeitpunkt soll künftig einheitlich die Vollendung des 60. Lebensjahres sein. Bisher war dies nach entsprechender Amtszeit schon deutlich früher möglich. Bislang erhöhte sich die Mindestversorgung von 30 Prozent mit jedem weiteren Amtsjahr um 2,5 Prozent. Der Gesetzesentwurf sieht künftig nur eine Steigerung von 2,39167 Prozent vor, natürlich angerechnet auf die Höchstversorgung ergibt sich dieser Prozentsatz.

Anders als in einigen anderen Bundesländern, die ihr Ministergesetz geändert haben, ist allerdings vorgesehen – und ich sage das dick unterstrichen –, dass alle Neuregelungen grundsätzlich auch schon für die gegenwärtigen Mitglieder des Kabinetts gelten werden. Ich weiß aus einigen Bundesländern, die haben ganz mutig zur Sache gesprochen, aber dann auch entschieden, das gilt erst für unsere Nachfolger. Wir haben also diese Regelung auch auf uns selbst bezogen.

(Udo Pastörs, NPD: Vielen Dank.)

Auch da bin ich schon gespannt, was im Abgeordnetengesetz passieren wird. Aus Gründen des Vertrauensschutzes, das werden Sie sicherlich verstehen, können diese Änderungen allerdings nicht auf die ehemaligen Mitglieder des Kabinetts angewendet werden.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Das, meine ich, wäre auch ein bisschen sehr unfair.

Als Finanzministerin begrüße ich natürlich, dass es durch die Neufassung des Landesministergesetzes zu Einsparungen im Landeshaushalt kommen wird. Im Gegensatz

zu meinem Vorredner halte ich das auch immer für ein gutes Zeichen, wenn irgendwas dem Landeshaushalt zugutekommt, und insofern entschuldige ich mich dafür nicht. Ich bitte Sie, die Novelle in die Ausschüsse, also Rechts- und Europaausschuss und Finanzausschuss, zu überweisen, und die werden dann schon weise Debatten führen und Beschlüsse finden. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute nun endlich legt die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Ministergesetzes auf den Tisch, einen Gesetzentwurf, der so oder ähnlich schon lange hätte verabschiedet sein können.

Wir erinnern uns: Ende letzten Jahres beschloss der Landtag unter anderem die letzte Stufe der Absenkung des Versorgungsniveaus der Beamtinnen und Beamten. Für meine Fraktion war naheliegend, dass sich die Kabinettsmitglieder bei dieser Entwicklung nicht ausklinken dürfen, denn wenn die Beamtinnen und Beamten wie die Rentnerinnen und Rentner weitere Kürzungen hinnehmen müssen, dann doch auch die Mitglieder der Landesregierung.

DIE LINKE hatte daher beantragt, die Regierungsmitglieder genauso zu behandeln wie die Landesbeamten. Das heißt, runter mit dem Versorgungsmindestsatz, der jährlichen Steigerungsrate und dem Versorgungshöchstsatz. Genauer gesagt forderten wir 4,33 Prozent weniger. Von diesem Prozentsatz waren auch die Beamtinnen und Beamten betroffen. Dass die Kürzungen auch für die Ministerinnen und Minister gelten müssen, lag also nahe. Schließlich orientieren sich deren Amts- und Versorgungsbezüge an Bestimmungen für Beamte. Und das ist grundsätzlich in Ordnung. Wir haben auch darauf hingewiesen, dass die Regelung für das Entstehen des Ruhegehaltes an die Dauer der Wahlperiode anzupassen ist.

Meine Damen und Herren, ich meine, wir haben keine fürchterlich komplizierten Dinge vorgeschlagen, die noch dreimal geprüft und gewendet werden müssten. Es reichen Grundkenntnisse in der Mathematik und zur Sicherheit ein vergleichender Blick auf die Regelungen in den anderen Bundesländern, die fast alle schon weiter waren als Mecklenburg-Vorpommern.

Was aber machten SPD und CDU? Anstatt unseren Vorschlägen zuzustimmen oder sie wenigstens weitgehend zu übernehmen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: So weit kommt das noch, dass die Vorschläge von dir übernehmen.)

übten sich die Koalitionäre im Tiefschlaf und taten nichts. Sie behaupteten gar, die Regierung arbeite schon längst