Das Wort zur Einbringung hat nun der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte, das zu entschuldigen, aber ich hatte hier im Hintergrund ein nicht ganz unwesentliches Gespräch.
Ich darf Ihnen heute ein Gesetz einbringen, das für mich und für das Land, glaube ich, von ziemlicher Bedeutung ist. Im Übrigen gibt es ganze zwei Bundesländer in Deutschland, die zurzeit daran arbeiten, ein Grünlandumbruchverbotsgesetz oder auf der anderen Seite auch ein Grünlanderhaltungsgesetz auf den Weg zu bringen. Und ich glaube schon, wenn man sich mit dem Thema „Natur und Umweltschutz“ ein bisschen näher auseinandergesetzt und gerade die letzten Wochen genutzt hat, sich über die Landwirtschaft auf der MeLa zu informieren – außerdem, glaube ich, war das eine hochgradig anerkannte Veranstaltung, über 74.000 Menschen sind dort gewesen, wir haben am letzten Wochenende über 5.000 Menschen auf den Biohöfen in MecklenburgVorpommern begrüßen dürfen, auf den Landeswildtagen sind über 12.000 Gäste am Sonnabend und Sonntag in Ludwigslust gewesen –, dann wird deutlich, dass das Pfund, was das Land Mecklenburg-Vorpommern neben seinen tollen Menschen hat, vor allen Dingen die Natur- und die Umweltausstattung ist.
Nun, jawohl, Frau Schwesig hat es mir ja vorgemacht, ich soll die Gesetzeseinbringung kurz machen. Aber ich will Ihnen ein paar Zahlen mit an die Hand geben, weil ich das schon für bedeutsam halte.
In der Vergangenheit – im Übrigen seit den 70er-Jahren, falls da von der linken Seite noch was kommen sollte, seit den 70er-Jahren, also in der ehemaligen DDR – sind
(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir hätten uns höchstens im FDJ-Lager treffen können, wir zwei. Wir sind gleicher Jahrgang.)
Zumindest bin ich nicht Offizier der NVA gewesen. Aber Spaß beiseite, für mich ist das Thema viel zu ernst, um sich darüber lustig zu machen.
Auf jeden Fall ist es so, dass es tatsächlich aus meiner Sicht zwingend geboten ist, gerade vor dem Hintergrund der besonderen Bedeutung des Grünlandes und vor allen Dingen des Niedermoorgrünlandes in Mecklenburg-Vor- pommern alles daranzusetzen, dass es keine weiteren Umbrüche von Grünland gibt.
Jawohl, wenn man sich die Zahl anschaut: In den 70erJahren hatten wir tatsächlich 411.000 Hektar Grünland in Mecklenburg-Vorpommern, die sind dann bis 1989 auf 344.000 verringert worden, also umgebrochen worden. Das bedeutet für Klimaschutz, Artenschutz, aber auch für die Immissionen von klimaschädlichen Äquivalenten im CO2-Bereich, dass das Niedermoor und das Grünland, das umgebrochen worden ist, der größte Umweltfrevel ist, den wir in Mecklenburg-Vorpommern haben, nämlich exakt 6,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, die hier durch den Kohlenstoffabbau stattfinden. Und deswegen, glaube ich, ist es richtig und notwendig, dass wir uns diesem Thema zuwenden.
Und es ist auch kein Geheimnis, dass es dringend notwendig ist, dass die Landwirte wissen, woran sie sind. Allein aufgrund der Tatsache, dass wir darauf hingewiesen haben – und der Bauernverband ist ja jetzt auch da –, dass es ein Grünlandumbruchver- botsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern geben wird, hat es bei uns in Mecklenburg-Vorpommern wiederum Anträge gegeben, fast tausend Hektar Grünland um- zubrechen. Und ich sage ganz bewusst, das Umbrechen von Grünland ist mit Einbringung des Gesetzes verboten worden, und zwar im Kabinett. Wer sich daran nicht hält, der wird auch tatsächlich das zu spüren be
Deswegen will ich hier auch noch mal unterstreichen: Wenn wir in Mecklenburg-Vorpommern auf den Standorten des Grünlandes um die 25.000 Arten der niederen und höheren Pflanzen- und Tierwelt kartiert haben, dann wird deutlich, welche Bedeutung tatsächlich das Grünland für Mecklenburg-Vorpommern hat – und das ist ja nicht nur für die Tier- und Pflanzenwelt von höchster Bedeutung, das wird immer als völlig selbstverständlich hingenommen –, und welche Rolle das Grünland bei der Aufnahme von Nährstoffen spielt oder eben für die Speicherung von Kohlenstoff oder letzten Endes auch bei der Immission, ob es Wind, Wasser oder auch Partikeln entgegenwirkt. Das heißt, das Grünland ist für mich ein Multitalent, was es wirklich zu erhalten gilt und, wenn es irgend geht, sogar wieder auszubauen.
Und deswegen ist es so, dass die bisherige Landesverordnung in diesem Lande grundsätzlich eine ganz gute Leistung erbracht hat, aber – die Fachleute unter uns wissen es – wenn das Verhältnis Ackerland-Grünland die Schwelle von fünf Prozent unterschreitet, dann könnten die Landwirte nach den europäischen Grundlagen wieder Grünland umbrechen, weil das Ackerland-GrünlandVerhältnis damit erhalten bleibt.
Wir wollen einen anderen Weg gehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass mit der EU-Agrarreform, für die ich in diesem Teil stehe, auch Europa sagt, wir müssen dringend alles daransetzen, dass das Grünland in Europa erhalten bleibt, auch aufgrund der verschiedenartigsten Hinweise auf die Biodiversität, den Klimaschutz und die Fragen, die ich hier angesprochen habe. Da gilt es aus meiner Sicht, eine Vorreiterrolle einzugehen und damit letzten Endes eine gesetzliche Regelung in Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen.
Insofern bitte ich Sie sehr herzlich darum, mit dafür einzustehen, dass es in Mecklenburg-Vorpommern dieses Grünlanderhaltungsgesetz oder, wenn man es so will, auch das Umbruchverbotsgesetz gibt, welches dann auch so schnell wie möglich in diesem Hohen Hause verabschiedet wird. – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Grünland ist mit etwa 265.000 Hektar in unserem Land ein wichtiges Element der landwirtschaftlichen Flächennutzung. Wenn wir jetzt die Rede von Minister Backhaus mit dieser Zahl vergleichen, ist also eine Reduzierung nach 1990 auch in einem bedeutenden Umfang leider noch geschehen.
Das Grünland prägt unsere Kulturlandschaft und ist der Lebensraum für zahlreiche Zier- und Pflanzenarten in
Deutschland. Es kommen auf dem Grünland in seinen hier schon genannten Formen Nieder- und Hochmoor und Mineralbodengrünland beispielsweise mehr als 2.000 höhere Pflanzenarten vor. Das sind 52 Prozent des Artenbestandes überhaupt. Darüber hinaus dient sein Erhalt – des Grünlands nämlich – dem Bodenschutz und der Bodenfruchtbarkeit, dem Trinkwasser- und Klimaschutz und bestimmt auch den Erholungswert unseres Landes mit. Hier haben wir die Verbindung zu wichtigen Bereichen der Tourismus- und Gesundheitswirtschaft. Zu Recht stehen also der Erhalt von Wiesen und Weiden, die im Wesentlichen das Dauergrünland ausmachen, im Blickpunkt der Agrar- und Umweltpolitik. Dazu soll es nun erstmals ein Gesetz zum Erhalt des Dauergrünlandes im Lande geben.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, mit der dritten europäischen Agrarreform, die ab 2003 zur Wirkung kam, wurde im Rahmen der Cross Compliance auch der Erhalt des Dauergrünlandes geregelt. Jedes Land hat dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil des Dauergrünlandes auf seinem Gebiet, bezogen auf die gesamte landwirtschaftliche Fläche, nicht erheblich abnimmt. Das Referenzjahr dafür ist das Jahr 2003.
In einer Kleinen Anfrage habe ich bereits im Jahre 2010 das Problem des Grünlandumbruchs im Lande thematisiert. Zu diesem Zeitpunkt war der Referenzwert von fünf Prozent Dauergrünlandumbruch überschritten und die Landesregierung musste aufgrund der EU-Regelungen mit einer Verordnung gegen Umbruch reagieren. Nun wurde diese Verordnung außer Kraft gesetzt, weil die Überschreitung des Referenzwertes rückläufig ist. Eine Wiedereinsetzung der Verordnung ist dann zulässig, wenn sich der Wert wieder erhöht. Dieses wird aber erst im Mai 2013 durch die aktuelle Statistik bekannt sein. Für diese Zeit soll dieses Gesetz gegen Dauergrünlandumbrüche rückwirkend, der Minister hat es eben gesagt, mit dem Kabinettsbeschluss wirken. Danach sollen Regelungen der neuen gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014 in Kraft treten, die den Erhalt der Direktzahlungen mit dem Greeningpaket unmittelbar an den Erhalt des Dauergrünlandes knüpfen. Im Agrar- und Umweltausschuss werden wir uns dazu in einer Anhörung mit Fachleuten mit dem Für und Wider dieses Gesetzentwurfes auseinanderzusetzen haben.
Wo liegen eigentlich die Gefahren für das Dauergrünland, meine sehr verehrten Damen und Herren? Dauergrünland leidet seit Jahrhunderten unter Schwund, wenn ich das mal so salopp sagen darf. In vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten gab es Verluste durch Umwandlung in Ackerflächen – das war bereits gesagt worden –, durch umfangreiche Trockenlegungen, durch Meliorationsmaßnahmen, aber auch durch den Torfabbau. Aber auch durch Nichtnutzung ist Grünland dauerhaft verlorengegangen, verbuscht oder verwaldet. Nicht nur die Umwandlung in Acker oder die Nichtnutzung haben zu Verlusten geführt, auch der Bau auf der „grünen Wiese“ hat uns Grünland gekostet.
Der Bauernverband des Landes kritisiert in seiner Stellungnahme zur Verbandsanhörung das Fehlen entsprechender Regelungen gegen Landfraß durch solche Überbauungen im Gesetzentwurf. Dieses Thema sollten wir uns im Ausschuss deswegen auch ganz genau ansehen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, in der Tat gilt es, alle gesellschaftlichen Ursachen für die laten
te Gefährdung des Dauergrünlandes zu betrachten. Eine Gefahr ist ökonomisch begründet. Es sind die geringen Erträge, die ein Landwirt von Grünland erwirtschaften kann. Diese spiegeln sich zum Beispiel in den Pachtpreisen für den landwirtschaftlich genutzten Boden wider. So entwickelten sich die mittleren Pachtpreise für das Ackerland von 127 Euro pro Hektar im Jahre 2003 auf 168 Euro pro Hektar im Jahre 2009. Dauergrünland dagegen ist „nur“ 67 Euro pro Hektar im Jahre 2003 und 83 Euro pro Hektar im Jahre 2009 wert. Diese Zahlen entstammen dem Agrarbericht des Jahres 2011.
Zu erkennen ist auch, dass der Preis für Ackerland stärker steigt. Ein erheblicher Teil des Grünlandumbruches findet zugunsten von Mais statt.
Die massive Förderung der Erzeugung erneuerbarer Energien und die hohe Energieausbeute, die bei der Verwendung von Mais als Substrat bei Biogasanlagen erzielt werden kann, macht diese Entwicklung erklärbar. Die Anreize, auf einer Grünlandfläche beispielsweise Mais anzubauen, sind also objektiv vorhanden und heute viel größer als in der eben genannten Beispielrechnung.
Wir werden uns im Agrarausschuss auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob dieses kurzlebige Gesetz überhaupt sinnvoll und notwendig ist. Von Kritikern werden die vorhandenen Regelungen des landwirtschaftlichen Fachrechts oder der Cross Compliance zum Umgang mit Dauergrünland als bereits ausreichend angeführt. Die Bewertung der Argumente will ich hier nicht vornehmen. Ich sehe aber auch das Problem von Grünland, das beispielsweise im fünften Jahr besteht und dann damit automatisch zu Dauergrünland würde, wenn es nicht vorher umgebrochen wird. Auch das haben wir zu beachten. Bislang war diese Form nämlich zulässig und eine betriebliche Entscheidung, Grünland oder Nutzung der Agrarumweltmaßnahmen auf langfristig wechselnden Standorten vorzuhalten. Dieser Gesetzentwurf mit der rückwirkenden Inkraftsetzung soll das aber verhindern. Wir werden also eine sehr lebendige Diskussion im Agrarausschuss haben. Davon gehe ich aus.
Ich will aber abschließend auf ein weiteres Problem aufmerksam machen. „Jedes Gesetz ist nur so gut wie sein Vollzug“, so lautet ein Grundsatz der parlamentarischen Praxis. Oder anders gesagt: Was nützen ein gutes Gesetz und eine gute Absicht, wenn die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften nicht gewährleistet werden kann? Auch diese Fragen werden in der Ausschussberatung sicher eine große Rolle spielen.
Dem Abschluss meiner Ausführungen können Sie also entnehmen, dass DIE LINKE den Erhalt von Dauergrünland in unserem Lande für ein wichtiges umwelt- und agrarpolitisches Thema hält. Über den geeigneten Weg dahin werden wir uns im Ausschuss mit den Fachleuten eine endgültige Meinung bilden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die vorliegende Drucksache 6/1120 beinhaltet einen Gesetzentwurf zur Erhaltung von Dauergrünland im Land Mecklenburg-Vorpommern. Doch worin begründet sich die Nachhaltigkeit einer solchen Gesetzesentschließung? Die Landesregierung sieht in dem dauerhaften Erhalt des Grünlands einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und einen wichtigen Beitrag für die nachhaltige Entwicklung und kommt damit dem in Ziffer 148 im Koalitionsvertrag festgelegten Ziel nach.
Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Vermeidung des zu erwartenden stetigen Wechsels zwischen dem generellen Umwandlungsverbot und einer allgemeinen Zulässigkeit von Dauergrünumwandlungen. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist das Gebot der Grünlanderhaltung eine positive Maßnahme im Bereich der nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft. Darüber hinaus dient das Grünland der Erzeugung von hochwertigem Futter für landwirtschaftliche Nutztiere. Das Grünland erfüllt eine Vielzahl an Funktionen. Zum einen leben auf Dauergrünlandflächen eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten und sind somit ein wichtiger Lebensraum innerhalb der Agrarlandschaft. Des Weiteren …