Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Das Wort hat der Minister für Inneres und Sport Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Wenn Sie, Frau Rösler, durch meinen Zwischenruf von der Ministerbank, der nicht zulässig ist, sich persönlich angesprochen gefühlt haben, der in der Sache war, nicht personifiziert, dann nehme ich den mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bedauern sieht anders aus.)

So viel zum Thema „Diskussion über die aktuelle Situation“.

Es wird Sie natürlich nicht überraschen, dass ich dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nichts abgewinnen kann und dass ich über einzelne Äußerungen schon sehr erstaunt gewesen bin, denn bis gestern Abend hat der Städte- und Gemeindetag, der Landkreistag, deren Geschäftsführer, andere Ausführungen gemacht zum Thema Diskussion, Gespräch mit der Landesregierung, Bearbeitung von Sachthemen. Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, versuchen hier, zwei Themen zu vermischen und daraus politisches Kapital zu schlagen. Das ist zwar für eine Oppositionspartei nicht überraschend und auch zulässig, macht aber die Sache keinesfalls besser.

Zum ersten Punkt möchte ich deutlich sagen, dass es für einen Minister auch möglich sein muss, Missstände zu benennen. Das mit der Pauschalkritik gleichzusetzen, ist ein politisches Manöver, welches unlauter ist. Natürlich weiß ich, dass die Mitarbeiter in den Kreisen und Kommunen als Dienstleister für den Bürger grundsätzlich gute Arbeit leisten. Dieses Lob habe ich auch häufig genug ausgesprochen.

(Vizepräsidentin Silke Gajek übernimmt den Vorsitz.)

Aber ich stehe weiterhin zu meiner Aussage, dass es sich im Konkreten auf vorliegende Haushalte der Kreise bezieht. In diesen werden beispielsweise zum Teil zusätzliche Personalstellen gefordert. Zur Begründung wurde mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Überführung des Personals in die neuen notwendigen Strukturen aufgrund der Umsetzung der Kreisgebietsreform teils auf großen Widerstand stößt. So wollen beispielsweise einige Mitarbeiter aus dem Altkreis Demmin nicht den Wechsel von der mecklenburgischen Seenplatte nach Vorpommern-Greifswald vollziehen. Es wird nach wie vor an Lösungen für diesen Übergang gearbeitet. Wenn diese Bemühungen aber über Gebühr erschwert werden, muss das auch benannt werden können.

Ähnliche Probleme gibt es auch in einigen Fällen bei Personalvertretungsfragen, den Einsatzorten und Aufgabenzuweisungen. Insbesondere ist es auch nicht hilfreich, wenn Landkreise bei Personalfragen selbst mit schlechtem Beispiel vorangehen. Nicht nachvollziehbar ist in dem Zusammenhang, dass der Landkreis Vorpommern-Greifswald bisher weder einen Haushalt noch ein rechtmäßiges Haushaltssicherungskonzept verabschiedet hat. Trotzdem wird in dieser völlig ungeklärten Situation beabsichtigt, zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, ohne dass ein entsprechender Stellenplan vorliegt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Verwaltung des Landkreises Vorpommern-Greifswald offensichtlich nicht in der Lage, die notwendigen Sanierungskonzepte aufzustellen. Deshalb ist es auch beabsichtigt, dem Landkreis durch mein Haus einen beratenden Beauftragten zur Seite zu stellen, der die Haushaltskonsolidierung konsequent begleitet und auch abrechenbare Ergebnisse erzielt.

An dieser Stelle sei noch einmal deutlich auf die Notwendigkeit der durch das Parlament beschlossenen Kreisgebietsreform hingewiesen. Die Demografie – das haben wir heute sehr oft schon gehört –, zurückgehende Einnahmen und Zuwendungen in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Wille, die Standards in den Aufgabenwahrnehmungen im Öffentlichen Dienst nicht zu senken, erzwingen eine Anpassung der Verwaltungsstrukturen.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Verantwortlichen, aber auch alle Beteiligten zusammenarbeiten. Nicht immer ist dies leicht und birgt auch sicher viel Konfliktpotenzial. Aber wenn in diesem Umstellungsprozess deutlich wird, dass die Zusammenarbeit nicht ausreichend ist, wird es notwendig, auf diesen Missstand hinzuweisen. Das habe ich getan und dazu stehe ich auch.

Dies wird nun von der Linksfraktion zum Anlass genommen zu versuchen, die auch mit Schwierigkeiten verbundene Situation noch zu verschärfen und daraus politisches Kapital zu schlagen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Hatten wir schon.)

Das ist auch für eine Oppositionspartei nicht akzeptabel.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Fraktion!)

Hier wird deutlich, dass es Ihnen nicht um die Sache geht, sondern nur um die eigene Position.

Unverständlich für mich ist auch, wie Sie dieses Problem mit völlig überzogener Kritik an den laufenden Bemühungen für einen Zukunftsvertrag verbinden. Das, meine Damen und Herren, hört sich mehr nach dem erfolglosen Versuch einer Generalabrechnung an als nach sachlicher Auseinandersetzung mit der Landesregierung in Gänze.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Das ist schon lange überfällig.)

Die von Ihnen hier formulierte Kritik ist jedenfalls nicht richtig.

Zur Erinnerung, im Koalitionsvertrag ist unter Ziffer 326 festgelegt worden: „Die Koalitionspartner werden einen ,Zukunftsvertrag‘ mit den Kommunen vereinbaren, in dem wesentliche Fragen im Verhältnis zwischen dem Land und seinen Kommunen geregelt werden. Dazu gehört die weitere Ausgestaltung des Konsolidierungsfonds für die Kommunen … wie auch ein Kofinanzierungsfonds …“ Und genau daran halten wir uns, meine Damen und Herren.

Die Voraussetzungen für den Konsolidierungsfonds sind durch das Haushaltsbegleitgesetz geschaffen

worden, welches zusammen mit dem Haushaltsplan am 22. Juni 2012 vom Landtag beschlossen worden ist. Im Einzelplan 11 ist für das Jahr 2012 ein Ansatz von 100 Millionen Euro als Zuweisung an das Sondervermögen Kommunaler Haushaltskonsolidierungsfonds Mecklenburg-Vorpommern eingestellt.

Die Verordnung, mit welcher Einzelfragen ausgestaltet werden sollen, wird jetzt erlassen. Die Ressortanhörung und die Verbandsanhörung sind bereits erfolgt. Unabhängig davon hat sich bereits seit einiger Zeit eine Arbeitsgruppe zum FAG-Beirat konstituiert, die durch Vertreter von Kommunen, von Verbandsvertretern sowie Vertretern der zuständigen Ressorts und dem Landesrechnungshofpräsidenten besetzt ist. Diese führt eine grundlegende Evaluierung des FAG durch.

Über Zusammensetzung und Aufgaben der Arbeitsgruppe sind insbesondere die zuständigen Landtagsausschüsse und damit auch die Fraktion DIE LINKE bereits vor geraumer Zeit informiert worden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer hätte das gedacht?!)

Sobald Ergebnisse vorliegen, werden diese selbstverständlich auch in den Zukunftsvertrag einbezogen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wie üblich.)

Auch wurde der Kofinanzierungsfonds einmalig zur anteiligen Förderung von Eigenanteilen zur Kofinanzierung von kommunalen Finanzen und Investitionen mit 50 Millionen Euro durch das Parlament ausgestattet. Nach dem Koalitionsauftrag wurde die nähere Ausgestaltung dieses

Fonds in einem engen Dialog mit den kommunalen Landesverbänden erarbeitet.

Die rechtlichen Voraussetzungen wurden zwischenzeitlich komplett geschaffen. Die Richtlinie für die Gewährung von Finanzhilfen aus dem Kofinanzierungsfonds ist im Juli rückwirkend zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Das Entscheidungsgremium hat sich am 30. August 2012 konstituiert, der Fonds wird sehr gut angenommen. Mittlerweile liegen mehr als 150 Anträge auf Kofinanzierung vor, die ersten Förderentscheidungen wurden beziehungsweise werden bereits in dieser Woche getroffen. Sie sehen also, im Hinblick auf die Kommunalfinanzen werden die Zusagen zuverlässig abgearbeitet.

Zu den weiteren im Zukunftsvertrag vorgesehenen Themen und dem weiteren Verfahren ist zu sagen, dass wir im engen Kontakt mit den Partnern der kommunalen Ebene stehen. Das Eröffnungsgespräch zu den Verhandlungen über den Zukunftsvertrag fand am 8. August 2012 statt. Das Gespräch diente der Bestimmung der Rahmenbedingungen zur Gestaltung des Zukunftsvertrags, der Vereinbarung des Verfahrens und der Erörterung differenzierter Aussagen und verlief ausgesprochen konstruktiv.

Unter anderem wurde vereinbart, dass die kommunalen Landesverbände ein abgestimmtes Papier vorlegen, in dem die aus ihrer Sicht vorrangigen Themen benannt sind. Auf dessen Grundlage soll der weitere Zeit- und Terminplan erarbeitet werden. Die Abstimmung dieses Papieres dauert derzeit zwischen den kommunalen Landesverbänden noch an. Es muss auch deutlich gesagt werden, dass dieses Papier zumindest auf der Ebene der Anliegen der kommunalen Verbände Voraussetzung für unseren Zeitplan und unsere Arbeit ist. Dazu muss zunächst dieses kommunale Papier geliefert werden. Die Zeitverzögerung ist dann auch Aufgabe der kommunalen Verbände, aber hier sind wir im Gespräch und es ist ja sicherlich auch bekannt, dass wir mit dem Landesverband, Städte- und Gemeindetag, Landkreistag in Kürze auch eine Reise nach Sachsen machen, um dort mit den kommunalen Landesverbänden uns auszutauschen über bestimmte Instrumentarien, die dort geschaffen worden sind.

Es ist vorgesehen, dass im nächsten Monat mit den Verhandlungen auf Arbeitsebene zu den finanz- und innenpolitischen Themen begonnen wird. Dann wird die Lenkungsgruppe Ende 2012 erste Zwischenergebnisse vorlegen. Im Anschluss daran wird im Koalitionsausschuss über den Sachstand der Verhandlungen berichtet. Ihrer Forderung, Beratungsschwerpunkte und konzeptionelle Grundzüge vorzulegen, bedarf es also nicht, meine Damen und Herren von der Fraktion, all dies geschieht auch ohne Ihr Zutun bereits.

Auch die Bereisung der Ämter – und nicht nur zwei im Jahr, ich weiß nicht, wer Ihnen das gesagt hat, ich habe bisher zwei bereist, das ist korrekt, aber die bereise nicht nur ich, sondern die bereist auch der Staatssekretär. Im Übrigen können wir sie nur bereisen, wenn der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag mit dabei sind, weil das auch die Vereinbarung ist. Insofern lässt sich auch nur monatlich eine bestimmte Anzahl von Ämtern bereisen. Wenn Sie das nicht wissen konnten, dann können Sie mich gerne dazu fragen, dann hätte ich Ihnen das erklären können. Es gibt dafür einen genauen Fahrplan, dass wir die 78 Ämter in den nächsten Monaten alle bereisen, um daraus auch Aufgaben mit aufzunehmen, die vor Ort sich in der Situation zeigen.

Über die erreichten Ergebnisse im Zusammenhang der Gespräche mit dem Städte- und Gemeindetag, mit dem Landkreistag, mit den weiteren Fortschritten im Zusammenhang der Erarbeitung des Zukunftsvertrages werden selbstverständlich auch der Landtag beziehungsweise seine zuständigen Fachausschüsse informiert werden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Heinz Müller von der SPD-Fraktion.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Jetzt wirds spannend.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was wir in der Einbringungsrede durch die Kollegin Rösler gehört haben, war ja so ein Kaleidoskop der Gesamtunzufriedenheit damit, nicht selbst zu regieren. Die einzelnen Punkte, liebe Kollegin, die Sie angesprochen haben, die könnten wir gerne alle im Innenausschuss diskutieren, da gehört so was eigentlich hin. Ich glaube aber, dass dann der Eindruck, den Sie versucht haben, hier rüberzubringen, der Eindruck, dass hier nichts läuft und dass alles ganz furchtbar erfolglos ist, sehr schnell sich in Luft auflösen würde, aber das sollte man dann wirklich mal fachlich diskutieren.

Hier sollten wir uns auf den Antrag kaprizieren, den Sie uns hier vorgelegt haben. Und wenn wir diesen Antrag jetzt mal so ein bisschen auf den sachlichen Gehalt reduzieren und alle verbalen Spitzen ein wenig herausnehmen, die er ja auch enthält,

(Marc Reinhardt, CDU: Dann bleibt nicht mehr viel übrig.)

dann gibt es in diesem Antrag im Grunde genommen genau zwei Inhalte. Das eine ist die Äußerung des Innenministers zu der Situation in den Kreisen. Ich denke, dazu hat der Innenminister alles Notwendige gesagt, sodass ich mir weitere Ausführungen hier sparen kann, sondern mich dem Innenminister anschließe. Zum Zweiten sind es Äußerungen zum Zukunftsvertrag. Und auch, wenn hierzu der Innenminister bereits einiges ausgeführt hat, möchte ich doch aus meiner Sicht und aus Sicht meiner Fraktion das eine oder andere ergänzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir in Mecklenburg-Vorpommern zwischen Land und kommunaler Ebene einen Zukunftsvertrag schließen, dann werden wir nicht das erste Bundesland in Deutschland sein, das einen solchen Vertrag hat. Nein, der Begriff „Zukunftsvertrag“ wird bereits verwendet in einem Vertrag, der im Lande Niedersachsen, dort ebenfalls zwischen dem Land und der kommunalen Ebene, geschlossen worden ist. Dieser Vertrag ist auch gar nicht mehr so ganz taufrisch, sondern er liegt bereits geraume Zeit vor und deswegen gibt es die Möglichkeit, ein wenig Erfahrung aus Niedersachsen abzuschöpfen, wie ist das denn bei denen mit dem Zukunftsvertrag gelaufen.

Wenn wir dies tun, meine Damen und Herren, dann müssen wir zunächst einmal feststellen, dass der Zukunftsvertrag, den man in Niedersachsen geschlossen hat – ich will denen keine Vorwürfe machen, aber wir müssen

dies einfach mal so konstatieren –, sich sehr in allgemeinen Formulierungen aufhält, Ziele beschreibt, ohne konkrete Maßnahmen zu benennen, und Ähnliches. Und inzwischen – wie gesagt, der Vertrag ist nicht mehr ganz neu –, inzwischen gibt es in Niedersachsen bei beiden beteiligten Seiten, beim Land wie bei den kommunalen Verbänden, eine erhebliche Ernüchterung, dass ein solcher Vertrag, der, polemisch gesprochen, lediglich wolkige Formulierungen enthält, dass ein solcher Vertrag eigentlich wenig bringt.

Für uns heißt dies aber nicht, dass wir uns von dem Instrument Zukunftsvertrag verabschieden sollten, sondern für uns kann das doch nur heißen, dass wir aus diesem, was in Niedersachsen passiert ist, unsere Schlussfolgerungen ziehen und dass wir unseren Zukunftsvertrag so gestalten, dass er tatsächlich für beide Seiten etwas bringt, dass wir abrechenbare Ergebnisse haben, dass wir möglichst versuchen sollten, konkrete Inhalte in einem solchen Zukunftsvertrag festzulegen und dass diese dann bitte aber auch in den Gedanken eines Vertrages fließen. Vertrag heißt ja im Allgemeinen, dass zwei oder mehr Partner etwas miteinander vereinbaren, und jeder gibt etwas und jeder nimmt etwas. Und genau dies sollte unser Zukunftsvertrag enthalten, aber bislang habe ich die Diskussion auch so verstanden, dass beide Seiten genau dies wollen.

Aber, und damit bin ich dann beim Antrag der LINKEN, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir einen solchen Zukunftsvertrag erarbeiten wollen, einen Zukunftsvertrag, der diesen Namen auch verdient, indem er nämlich konkrete Inhalte enthält, und wenn wir sagen, wir haben eine Fülle von politischen Feldern, in denen es sich lohnt, dass sich Land und kommunale Ebene mit- einander vertraglich verständigen, dann müssen wir auch in Kauf nehmen, dass ein solcher Vertrag nicht innerhalb von vier Wochen verhandelt, ausformuliert und unterschrieben ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ein Jahr.)

Dann brauchen wir für einen...