Stehen wir zum Kauf von Steuerdaten oder nicht? Heute gilt es, Flagge zu zeigen. Sonntagsreden brauchen wir nicht!
Meine Damen und Herren! „In dieser Welt gibt es nichts Sichereres als den Tod und die Steuern.“ Benjamin Franklin spielt darauf an, wie unnachgiebig und konsequent der Staat beim Eintreiben der Steuern sein kann und auch sein muss – ist doch über Franklin zu lesen, wie bestrebt er zeit seines Lebens war, das Gemeinwesen zu fördern. So hat er sich nicht nur an der Ausarbeitung der amerikanischen Verfassung beteiligt, auf Frank- lin geht auch die Gründung der ersten Freiwilligen Feuerwehren in Philadelphia und der ersten Leihbibliothek Amerikas zurück. Er wollte die Lebensqualität und Bildungschancen seiner Mitmenschen verbessern.
Genau dies ist auch heute erste Aufgabe des Staates, aber dazu braucht er die erforderlichen finanziellen Mittel. Alle Menschen müssen entsprechend ihrem Einkommen, ihrer Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Und deswegen sind alle geeigneten Maßnahmen zu unterstützen, die zu mehr Steuergerechtigkeit führen, und alle Maßnahmen klar abzulehnen, die zu mehr Ungerechtigkeit führen.
Im Übrigen, die USA beweisen, dass es auch anders geht. Deren Abkommen mit der Schweiz ist unstreitig viel gerechter. Es bittet zum einen die Steuerflüchtigen mehr zur Kasse und erlaubt zum anderen eine stärkere Kontrolle durch die US-Behörden.
Meine Damen und Herren, stimmen Sie unserem Antrag und dem Änderungsantrag der Bündnisgrünen zu! Sagen wir heute klar Nein zum Steuerabkommen mit der Schweiz! Stellen wir uns hinter die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanz- und Strafverfolgungsbehörden, die im Kampf gegen Steuerbetrug manchmal auch Steuerdaten kaufen müssen! Ihre wichtige Arbeit darf nicht mit Zweifeln an der Rechtmäßigkeit behaftet sein.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es gleich voranzustellen: Steuergerechtigkeit darf niemals nur eine Frage des Preises sein. Meine Position in dieser Frage ist nicht neu und die dürfte Ihnen eigentlich auch bekannt sein. Zumindest im Finanzausschuss habe ich mich
schon mal deutlich positioniert, denn ich habe gesagt, dem Abkommen in seiner damaligen Form kann ich definitiv nicht zustimmen. Und an dem Abkommen hat sich so wenig geändert wie an meiner Haltung.
Die Bundesregierung plant weiterhin einen Ablasshandel, der eine kleine Gruppe Reicher für ihren Rechtsbruch mit Steuererlass belohnen soll. Damit werden alle Bemühungen um Steuerehrlichkeit konterkariert. Leider haben auch die Ergänzungen im Protokoll zu keinen tragfähigen Änderungen geführt. Straftäter, die sich dem deutschen Fiskus teilweise seit Jahrzehnten mit hoher krimineller Energie entzogen haben, erhalten weiterhin eine Vorzugsbehandlung. Dass diese Straftäter weiterhin den Schutz der Anonymität genießen sollen, ist für mich nicht hinnehmbar und widerspricht den allgemeingültigen Vorstellungen von Steuergerechtigkeit. Schon allein aus diesem Grund kann dem Abkommen in seiner jetzigen Form nicht zugestimmt werden. Mittlerweile habe ich allerdings die Hoffnung verloren, dass es noch zu maßgeblichen Änderungen kommen wird.
Wie Sie sicher mitbekommen haben, hat sich die Wirtschaftskommission des Schweizer Nationalrates kürzlich gegen die sogenannten rückwirkenden Gruppenanfragen ausländischer Finanzbehörden ausgesprochen. Bei diesen Gruppenanfragen handelt es sich um eine Art Rasterfahndung, bei der potenziell Verdächtige anhand bestimmter Kriterien überprüft werden können. Damit hätte die deutsche Steuerverwaltung rückwirkend auch die Namen von Steuerpflichtigen erhalten, die ihr Kapital vor Inkrafttreten des Abkommens aus der Schweiz in ein Drittland verlagert haben. Die Gefahr ist ja nicht unerheblich. Mit der Entscheidung der Wirtschaftskommission ist diese Möglichkeit nun endgültig verbaut.
Die Finanz- und auch die Strafverfolgungsbehörden sind allerdings weiter in der Pflicht, alles zu tun, um Steuerkriminalität aufzuklären. Sollten ihnen zu diesem Zweck Daten von Steuerflüchtigen angeboten werden, sind sie sogar verpflichtet, diese zu beschaffen. Der Kauf von Steuerdaten bleibt daher weiter ein geeignetes, ein legitimes und im Übrigen auch legales Mittel, wie nicht zuletzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gezeigt hat.
Nicht mehr als ein Treppenwitz ist es daher, dass Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger nun
vorschlägt, Ankauf und Auswertung der sogenannten Steuer-CDs per Gesetz unter Strafe stellen zu wollen. Statt die Steuerhinterzieher ins Visier zu nehmen, zielt die Ministerin mit ihrem Vorstoß auf die Steuerfahnder.
Das ist in der aktuellen Situation genau der falsche Weg, aber er ist natürlich auch ein bisschen typisch für diese Partei. Nicht die Steuerbetrüger verdienen rechtlichen Schutz, sondern die Steuerverwaltung muss die Möglichkeit haben, Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen. Deshalb begrüße ich auch ausdrücklich, dass sowohl Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble als auch die Kanzlerin Angela Merkel sich von dem Vorstoß der FDPMinisterin distanziert haben.
Und es ist im Übrigen auch so, dass wir beim Ankauf der Steuer-CDs, das ist Ihnen bekannt, als einzelne Länder natürlich einen Beitrag zum Ankauf leisten. Das heißt, das ist hier eine solidarische Leistung der Bundesländer, mit einer Ausnahme. Das wäre vielleicht eine Idee für DIE LINKE, mal ihrem brandenburgischen Minister doch
noch ein paar Argumente in die Hand zu geben, damit auch er seine rechtlichen Bedenken überwindet und sich weiterhin solidarisch am Finanzierungsmodell der SteuerCDs beteiligt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um nicht falsch verstanden zu werden, ich halte den Ankauf der Steuerdaten nicht für den Königsweg bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Ich habe im Antrag der LINKEN das so ein bisschen herausgelesen, aber der Beitrag von Frau Rösler hat das wieder geradegerückt.
Insofern brauchen wir natürlich für die Rechtssicherheit der Steuerbeamten ein Abkommen, das die in die Schweiz verschobenen Gelder lückenlos sicherstellt, die Gerechtigkeitslücke schließt und notorische Steuerbetrüger ihrer gerechten Strafe zuführt. Das muss weiter das Ziel der Bundesregierung bleiben und dafür wird sich die Landesregierung im Bundesrat einsetzen.
Zum Abstimmungsverhalten will ich nicht ausweichen. Sie wissen, in einer Koalition, wenn nicht beide Partner – ich kann im Moment auch nicht darüber sprechen, weil wir im Kabinett keine Verabredung getroffen haben –, aber selbst wenn wir da eine unterschiedliche Auffassung haben sollten,
wird sich Mecklenburg-Vorpommern nicht positiv für dieses Steuerabkommen aussprechen, ganz allein, weil unsere Seite dagegen ist. Und damit haben Sie ein klares Abstimmungsverhalten, keine Jastimme aus MecklenburgVorpommern für das Steuerabkommen in der jetzigen Form. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir eine besondere Ehre, nach der Finanzministerin sprechen zu dürfen.
Gut, die Fraktion DIE LINKE fordert, das Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zu ratifizieren, mit der Begründung, dass Steuersünder nach dem Abkommen zu milde behandelt werden. Zugleich fordert die Fraktion DIE LINKE, dass stattdessen künftig weiterhin CDs mit Daten von Steuerflüchtlingen gekauft werden sollen. Die Fraktion der CDU lehnt diesen Antrag ab, die Gründe dafür liegen auf der Hand.
Beginnen wir mit den sogenannten Steuer-CDs. Ja, der Staat profitiert von diesen Daten. Auch MecklenburgVorpommern hat seinen Anteil von den bislang gekauften CDs erhalten und hat seinen Anteil an den CDs bezahlt.
Über all den Nutzen darf nicht hinwegtäuschen, dass der Staat Daten ankauft, die illegal beschafft wurden und die zufällig entstehen. Ich bin sehr dafür, dass der Staat diese CDs ankauft und auswertet. Ich sage aber auch, das kann und darf kein Dauerzustand sein. Der Staat darf nicht dauerhaft das Nachfragemonopol geklauter Bankdaten sozusagen schaffen oder dafür auftreten.
Deswegen gibt es das, wie ich finde, sehr vernünftige Abkommen mit der Schweiz. Das Abkommen regelt, dass die Höhe der Besteuerung abhängig ist vom Anfangsbestand des Kapitals, dem Endbestand des Kapitals sowie der Dauer der Kundenbeziehung. Der Steuersatz liegt dabei zwischen 21 und 41 Prozent des Vermögens und wird sich nach Berechnungen der „Neuen Zürcher Zeitung“ in den meisten Praxisfällen zwischen 25 und 34 Prozent des Vermögens bewegen.
Ein Steuerabkommen, das möchte ich betonen, muss von beiden Seiten, also von Deutschland und der Schweiz gebilligt werden. Ich möchte gar nicht behaupten, dass aus deutscher Sicht nicht eine schärfere Regelung wünschenswert gewesen wäre. Einer schärferen Regelung hätte aber die Schweiz nicht zugestimmt. Das Steuerabkommen stellt einen sehr soliden Kompromiss dar.
Nach dem Inkrafttreten des Abkommens werden erstmals Kapitalanlagen deutscher Steuerflüchtiger in der Schweiz genauso besteuert wie Kapitalanlagen in Deutschland. Und es wird vermieden, dass neues Schwarzgeld in der Schweiz aufgebaut wird. Für die Vergangenheit wird es die Möglichkeit einer gerechten pauschalen Nachversteuerung auf das Kapital in der Schweiz geben oder die Betroffenen können den Weg der Selbstanzeige gehen. Ansonsten werden die Fälle weiterverfolgt. Verlagern deutsche Staatsbürger Vermögen aus der Schweiz in Drittstaaten, so erhält Deutschland ab Inkrafttreten des Abkommens von der Schweiz Hinweise zu den Geldströmen. Die geben Ansatzpunkte, wie die Betroffenen straf- und steuerrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.
Das Abkommen bringt Bund, Ländern und Kommunen spürbare Steuermehreinnahmen. Die Bundesländer – und damit auch Mecklenburg-Vorpommern – werden einen wesentlichen Anteil davon erhalten. Die erste Abschlagszahlung an den deutschen Staat in Höhe von 2 Milliarden Franken wird unmittelbar nach Inkrafttreten
des Abkommens fällig. Ganz grob dürften für Meck- lenburg-Vorpommern 14 Millionen Euro dabei herausspringen.
Abschließend möchte ich betonen, dass kein Abkom- men – so, wie die LINKEN es fordern – für alle Beteiligten die schlechteste Lösung ist, denn ohne Abkommen verjähren Jahr für Jahr, abgesehen von Zufallsfunden, unwiederbringlich Steueransprüche in Millionenhöhe und könnte weiterhin neues Schwarzgeld aufgebaut werden. Sich dem Abkommen zu verschließen, schadet somit der Allgemeinheit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst vielen Dank für die ehrlichen und interessanten Worte der Finanzministerin, denen ich mich voll und ganz anschließen kann.
Herrn Liskow hätte ich noch mal gern gefragt, warum eigentlich die Schweiz dem sehr viel stringenteren und strengeren Steuerabkommen mit den USA zugestimmt hat, aber eben nicht dem einer sozusagen …