Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeord- nete! Die Fraktion DIE LINKE zielt mit ihrem Antrag auf die Neufassung von Paragraf 4 Nummer 21 des Um- satzsteuergesetzes im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 ab. Nach Lesart der Antragstellerin sollen zukünftig private Musik-, Ballett- und Tanzschulen mit 19 Prozent Umsatzsteuer belegt werden. Dem ist aber grundsätzlich nicht so. In den Neuregelungen des Paragrafen 4 Nummer 21 Umsatzsteuergesetz sind drei Bereiche zu unterscheiden:
Erstens. Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung sind nach der Neuregelung – wie bisher auch – von der Umsatzsteuer befreit.
ich wiederhole noch mal, der Freizeitgestaltung dienen, nicht von der Umsatzsteuer befreit. Dies gilt für privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Anbieter gleicher- maßen.
Drittens. Die Leistungen, die sowohl Bildungszwecken als auch der Freizeitgestaltung dienen – sogenannte Mischleistungen – sollen für öffentlich-rechtliche Anbieter, Privatlehrer und Ersatzschulen steuerfrei bleiben. Privatrechtliche Unternehmen sind nur für solche Leistungen umsatzsteuerbefreit, bei denen keine systematische Gewinnerzielung vorliegt. Es handelt sich also nicht um eine Sonderregelung für private Musik-, Ballett- und Tanzschulen, sondern betrifft allein privatrechtliche Unternehmungen.
Nach der bisherigen Rechtslage mussten sich private Musik-, Ballett- und Tanzschulen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde geben lassen, dass ihre Leistungen auf einen Beruf oder eine Prüfung vorbereiten. Dies galt für jeden einzelnen Kurs, der von der Umsatzsteuer befreit werden sollte. Neben dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand kam es dabei auch zu unterschiedlicher Rechtsanweisung oder Rechtsanwendung in den Bundesländern.
Jetzt wollte die Bundesregierung das durch ihren Änderungsentwurf verändern und hat deshalb den Passus „Leistungen, die auf einen Beruf oder eine Prüfung vorbereiten“ herausgestrichen. Durch eine missverständliche Formulierung im Begründungstext zum Gesetzentwurf wurde der Eindruck erweckt, dass private Musik- und Ballettschulen grundsätzlich Mischleistungen erbringen würden, die, sofern eine systematische Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, umsatzsteuerpflichtig sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesregierung und der SPD-Bundestagsfraktion ist bekannt, dass es zu Fehlinterpretationen und heftigen Ängsten bei den privaten Musik- und Ballettschulen kam. Das Bundesfinanzministerium und die SPD-Bundestagsfraktion haben bereits öffentlich klargestellt, dass private Musik- und Ballettschulen auch weiterhin Bildungsangebote unterbreiten, die von der Umsatzsteuer befreit bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Regelungen im Gesetz der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2013 in Bezug auf die Neufassung des Paragrafen 4 Nummer 21 Umsatzsteuergesetz noch einmal an Beispielen erklären.
Angebote, die der reinen Freizeitgestaltung dienen, sind immer umsatzsteuerpflichtig, unabhängig davon, in welcher Rechtsform sie angeboten werden. Also der Tangokurs für Erwachsene ist in der Volkshochschule
beim Privatlehrer und in der privaten Tanzschule umsatzsteuerpflichtig. Schul-, Hochschulunterricht sowie berufliche Aus- und Fortbildung – die sogenannten Bildungsleistungen und damit eng verbundene Lieferungen und Leistungen – sind immer umsatzsteuerbefreit, egal von welcher Rechtsform sie angeboten werden. Also die Ballettkurse für Kinder, Kindermusikschulunterricht und Kindertanzkurse sind immer umsatzsteuerfrei, egal ob der Anbieter privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist.
Dann gibt es noch die Kategorie der sogenannten Mischfälle. Das sind Leistungen, die einerseits Bildungsleistungen sind, aber gewöhnlich auch der Freizeitgestaltung dienen. Hier wird nach der Rechtsform des Anbieters unterschieden. Öffentlich-rechtliche Anbieter, Ersatzschulen und Privatlehrer sind immer umsatzsteuerbefreit. Privatrechtliche Unternehmen zahlen nur dann Umsatzsteuer, wenn eine systematische Gewinnerzielungsabsicht dahintersteckt. Beispiele für solche Angebote sind Gesellschaftstanzkurse, Kurse und Vorträge im kulturellen und kreativen Bereich wie Schauspiel oder Fotografie.
Im Kern geht es darum, dass Gewinne aus Leistungen im Freizeitbereich und bei privaten Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht mit Umsatzsteuer belegt werden, so, wie es auch die EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie fordert. Die SPD-Bundestagsfraktion hat uns gegenüber zugesichert, dass im Bericht des Finanzausschusses klargestellt wird, dass private Musik-, Ballett- und Tanzschulen eben nicht grundsätzlich Umsatzsteuer abzuführen haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Warum der Antrag abzulehnen ist, wurde hier jetzt zur Genüge ausgeführt. Eigentlich hätte ich den Redebedarf abmelden können, aber ich war jetzt eben nicht schnell genug.
Wir werden nämlich auch Ihrem ersten Punkt nicht zustimmen, wo lediglich eine Feststellung zu treffen ist. Das ist natürlich schon eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet eine Partei Ihres Hintergrundes sich hier für private Unternehmen starkmacht.
Wir jedoch möchten nicht ausschließen, dass es wieder Zeiten geben wird, in denen ein deutscher Staat in der Lage sein wird, das kulturelle Bildungsangebot abzusichern und für alle gleichermaßen bereitzustellen. Dem staatlichen und kommunalen Kulturbetrieb ist von der Politik aus nach unserem Verständnis grundsätzlich Vorrang zu gewähren. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich namens der Linksfraktion für die Diskussionsbeiträge von Frau Ministerin und den Vertretern der demokratischen Parteien bedanken, insbesondere für die Unterstützung seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Und im Vorfeld haben wir natürlich überlegt: Wo sind die Gegenargumente? Was spricht eigentlich gegen unseren Antrag und was könnte dem entgegengehalten werden?
Und vermutet hatte ich schon, Herr Gundlack, dass Sie darauf verweisen, dass seitens der Bundestagsfraktion der SPD signalisiert wird, dass man sich einsetzen wird und dass es Ihnen an der Stelle schon ausreicht, all diese Zusicherungen zu haben aus einer Opposition des Bundestages heraus,
dass es dann eine Veränderung geben wird. Denn es hat ja eine Pressemitteilung des Bundestagsabgeordneten Herrn Hacker gegeben im August, die also sehr bemerkenswert ist, die in einem ersten Teil begrüßt, dass es eine Verlautbarung des Bundesfinanzministeriums gibt, dass man wohl noch was ändern müsste, dann erklärt, dass es aber ganz wichtig ist, dass der Finanzausschuss klare Positionierung auf Bundesebene vornimmt, weil es ja so nicht bleiben könne, um im letzten Abschnitt der Presseerklärung mitzuteilen, dass Herr Hacker sich freue, dass nunmehr der Protest erfolgreich gewesen wäre.
Insofern bin ich der Frau Finanzministerin dankbar, dass sie sehr differenziert beleuchtet hat, wo es Klärungsbedarf gibt und dass es notwendig ist, eine Klarstellung herbeizuführen. Und gleichzeitig haben Sie relativiert auch ein paar Intentionen unserer Argumentation.
Gleichwohl – ich habe fleißig mitgeschrieben, als Sie gesprochen haben – haben wir eben noch mal die Mischformen, die wir ja auch problematisieren, also gerade die, wo Bildungsleistungen und Freizeitangebote ineinanderfließend sind, dass das hochproblematisch ist, dass es notwendig ist, da etwas zu verändern. Und Sie sagten, wir sind uns einig, es ist ein kleines Problem im großen Jahressteuergesetz 2013, aber ein großes Problem für die Betroffenen. Sie haben gesagt, es soll eine Veränderung geben für die Gesetzesbegründung.
Und jetzt spanne ich mal den Bogen zu einem Antrag, den Sie gestern hier vorgestellt haben, und zwar „Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand bedroht die interkommunale Zusammenarbeit“.
Sie haben dann gesagt, dass es notwendig ist, eine moralische Unterstützung zu bekommen, um hier auch auf Bundesebene vorstellig zu werden.
Herr Eifler sagt, das ist entbehrlich, das kann man zurückziehen – eben nicht, weil es ein großes Problem für die Menschen ist.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Helmut Holter, DIE LINKE: Jawohl, sehr richtig.)