Protokoll der Sitzung vom 25.10.2012

Ich beende meinen Text hier erst einmal und komme nachher noch mal darauf zurück.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat das Wort Frau Ministerin Schwesig in Vertretung von Herrn Brodkorb.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Um es vorwegzunehmen, der hier vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit der Überschrift „Dialog über Theater- und Orchesterfinanzierung offen und fair gestalten“ ist schlicht entbehrlich. Es ist nicht

zutreffend, dass die Landesregierung den Punkt 232 der Koalitionsvereinbarung und das Thema „Zukünftige Theater- und Orchesterstrukturen in Mecklenburg-Vorpom- mern“ nicht fachgerecht, nicht transparent und nicht im Rahmen eines realistischen Zeitplanes bearbeiten würde. Das Gegenteil ist der Fall.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da haben wir eine unterschiedliche Einschätzung, Frau Ministerin.)

Das liegt in der Natur der Sache, deswegen würde ich gerne meine Einschätzung weiter vortragen dürfen. Dieser Frage werde ich an dieser Stelle nämlich gerne nachgehen.

Ich darf noch einmal an die ausführlichen Darlegungen des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur zum aktuellen Stand und zur Einhaltung des Zeitplanes in Umsetzung des Punktes 232 der Koalitionsvereinbarung im Rahmen der Aktuellen Stunde am 26. September 2012 hier in diesem Hohen Hause erinnern.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Minister selbst befinden sich bekanntlich bereits seit November 2011 in einem intensiven Dialog mit den Trägern der Theater und Orchester, mit Intendanten, kaufmännischen Geschäftsführern, mit künstlerischen Vorständen, einzelnen Künstlerinnen und Künstlern, mit Personalvertretungen und Fördervereinen, Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften und dem Deutschen Bühnenverein sowie mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Es hat seit November 2011 in einer ersten Runde eine Vielzahl von Gesprächen stattgefunden, die unter anderem auch dazu dienten, die Problemlage differenziert zu erfassen und darzustellen. Und ich darf ergänzen: Auch schon davor, in den letzten Legislaturen, ist mehrfach über dieses Thema vor Ort gesprochen worden. Wer heute so tut, als hörte er das alles zum ersten Mal, hat sich offensichtlich in der Vergangenheit diesem Thema nicht seriös gewidmet.

Mit Vorlage der von der METRUM Managementberatung GmbH erarbeiteten neun Modelle zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterstrukturen sind wir in eine neue Etappe im Theater- und Orchesterdialog in Mecklenburg-Vorpommern eingetreten. Erstmals liegen Vorschläge auf dem Tisch, die auf aktuellen und vor allem vergleichbaren Daten basieren, die nicht nur den strukturellen und finanziellen Rahmen der Theater- und Orchesterlandschaft abbilden, sondern auch die künstlerischen Möglichkeiten beschreiben. Auch kann von einem Abbau an künstlerischen und kulturellen Leistungen für die Zuschauerinnen und Zuschauer als Folge der Umsetzung der von METRUM vorgeschlagenen Modelle nicht die Rede sein. Insbesondere bei den Kooperationsmodellen wird deutlich, dass es bei einer entsprechenden Ausgestaltung der Strukturen auch zu einem Mehr an künstlerischer Leistung kommen kann.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur befindet sich gerade mitten in den Gesprächen mit dem Ziel, gemeinsam mit allen an Theater Beteiligten herauszuarbeiten, welches oder welche der beschriebenen Modelle am ehesten die Voraussetzungen für langfristig planbare Perspektiven und die Sicherheit einer hohen künstlerischen Qualität erfüllen und umsetzbar sind. Es ist, wie bereits ausgeführt wurde, vorgesehen, eine

Vorzugsvariante näher zu untersuchen und eine Entscheidung über die Umsetzung dieses Modells im Frühjahr 2013 herbeizuführen.

Es zeugt im Übrigen von keinem guten Stil, wenn ohne detaillierte Prüfung von vornherein Positionen und Modelle des METRUM-Gutachtens infrage gestellt und abgelehnt werden, wie im vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geschehen.

Dem entgegen ist den meisten Reaktionen zu entnehmen, die bisher im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingegangen sind, dass die große Mehrheit der Kommunen das Datenmaterial durchaus für diskussionswürdig ansieht. Das ist auch das Fazit der Gespräche mit den Trägern in den vergangenen Wochen. Auch bei den Workshops mit den Theatervertretern haben sich interessante und zielführende inhaltliche Diskussionen zu einzelnen Modellen und deren Weiterentwicklung ergeben. Es werden kurzfristig weitere Gespräche geführt und die Träger und Theater werden gebeten, dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur zumindest einmal mitzuteilen, welche Modelle sie für ihren Bereich absolut ausschließen können, sodass sich die Zahl der möglicherweise näher zu untersuchenden Modelle eingrenzt. Einzelne Vorschläge, beispielsweise das Matching-Fund-Prinzip für die Region Neubrandenburg/Neustrelitz, wurden kontrovers erörtert.

Bei den Workshops wurden in einem Fall auch Zah- len kritisch hinterfragt. Die Nachfragen werden von METRUM zeitnah überprüft und soweit notwendig präzisiert. Es ist jedoch in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass die von METRUM verwerteten Zahlen zum größten Teil von den Theatern und Trägern selbst geliefert wurden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Theater und Orchester stehen unter einem erheblichen Handlungsdruck. Die derzeitigen Strukturen sind differenziert nach den einzelnen Standorten bereits jetzt nicht mehr finanzierbar. Um die Theater- und Orchesterlandschaft nicht einem ungeordneten Abbau auszusetzen, müssen zügig, so schnell wie möglich, landesweit koordinierte Entscheidungen getroffen werden. Und genau das ist das Ziel des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur und genau das ist der Hintergrund für die von der Landesregierung vorgenommene Terminsetzung, bei allem Verständnis für zeitintensive kommunale Entscheidungsprozesse.

Und wir können uns nur wiederholen an dieser Stelle, wenn wir zum wiederholten Male über eine Erhöhung der Landesmittel für Theater und Orchester diskutieren. So wünschenswert dieses wäre, aber hier ist der Rahmen mit der Koalitionsvereinbarung von 35,8 Millionen Euro pro Jahr abgesteckt, einem Betrag, der bereits jetzt weit über der Größenordnung der Theaterfinanzierung vergleichbarer Bundesländer liegt.

Und da kann man natürlich in der Opposition sagen, das reicht uns nicht aus, und mehr fordern, ohne zu sagen, wo das Geld herkommt. Aber zu sagen, O-Ton Frau Berger, „das Land gibt nichts“ – Frau Berger, das ist unseriös

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist die Wahrheit.)

und respektlos vor den finanziellen Herausforderun- gen des Landes. Es gehen 35,8 Millionen in die Theaterfinanzierung und das kann man auch mal respektieren.

(Zuruf von Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur wiederholt seine Bereitschaft,

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sich für eine Dynamisierung der Landesmittel für Theater und Orchester nach 2020 einzusetzen, sofern es bis dahin gelungen ist, eine tragfähige Theater- und Orchesterstruktur für das ganze Land zu schaffen. Eine Erhöhung der Mittel wäre aber auch nur sinnvoll, um die neuen Strukturen nicht von vornherein aufs Neue infrage zu stellen.

Die Landesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ist sich sicher, dass es gemeinsam mit allen Beteiligten gelingen wird, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes das Ziel zu erreichen, nämlich die Vielfalt und die Qualität der künstlerischen Angebote der kommunalen Theater mit ihren Orchestern im ganzen Land zu erhalten, und dies auch ganz ohne den vorliegenden Antrag. – Ich darf mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Renz von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich so, wenn die Koalitionspartner sich im Kern einig sind und die Rednerliste dann auch noch vorsieht, dass wir uns hier unmittelbar nacheinander darbieten dürfen, wird es Sie nicht verwundern, dass ich nicht so viel Neues vom Inhalt her beitragen kann.

Fakt ist für mich, und das will ich deutlich an dieser Stelle noch mal sagen, es stellt sich schon die Frage, warum die GRÜNEN überhaupt mit diesem Antrag hier den Landtag behelligen. Es stellt sich nämlich die Frage nach dem Sinn und nach dem Ziel des Antrages,

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das steht da drin, Herr Renz.)

wenn Sie wissen, dass der Dialog längst läuft – die Ministerin hat darauf hingewiesen, eben seit Herbst 2011 unter diesem Minister.

Wenn wir das noch mal etwas anders betrachten, dann ist es so, dass der Prozess, der Dialog mit der kommunalen Ebene eigentlich schon viel, viel länger läuft, auch in der letzten Legislaturperiode schon lief. Und wir müssen konstatieren, dass, was eine Lösung betrifft, wo wir jetzt sagen, das ist die Handlungsoption dann auch über 2020 hinaus, die in diesem Land noch nicht gefunden wurde.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weil der Dialog in eine Sackgasse führt, Herr Renz.)

Der Dialog läuft, er wurde ausgelöst vor genau einem Monat, nämlich am 25.09., durch Vorlage des Gutachtens. Wir sind heute sozusagen einen Monat weiter. In der Zwischenzeit hat der Kultur- und Bildungsausschuss des Landtages eine Anhörung beschlossen. Das heißt, auch hier muss ich sagen, das ist eine Form des Dialogs, die GRÜNEN waren dabei. Insofern ist es eigentlich völlig unverständlich und bestätigt mich in meiner Auffassung, dass Sie nichts anderes tun wollen mit diesem Antrag, heute und hier zu sagen: Ja, wir sind auch noch da.

Wenn Sie das aber schon tun, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, dann sagen Sie auch bitte, was Sie konkret machen wollen.

(Ulrike Berger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Können Sie nicht lesen, Herr Renz?)

Und sprechen Sie bitte da nicht einfach nur über die Rolle der Bedeutung. Die Frau Ministerin hat es Ihnen auch schon mal kurz angedeutet. Ich will es unterlassen, weil ich glaube, es macht wenig Sinn, Ihnen noch mal die finanzielle Situation von Mecklenburg-Vorpommern zu erklären, alles, was da dranhängt, weil nämlich genau unter diesem Gesichtspunkt müssen wir diese Debatte hier führen. Also kommen Sie in Ihrem nächsten Redebeitrag dann bitte dazu und werden Sie hier konkret.

Die Arbeitsgrundlage ist der Koalitionsvertrag Ziffer 232, da hat der Minister unsere Unterstützung. Und ich kann auch nichts Negatives darin erkennen, dass der Minister, wie gesagt, am 25.09. gesagt hat, jetzt geht es richtig los, und er sich selbst einen engen Zeitplan steckt und sagt, ich will auch Ergebnisse präsentieren.

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht sich selbst.)

Und wer den Minister kennt – ich kenne ihn schon seit einigen Jahren –, da können Sie davon ausgehen, dass der keine unüberlegten Entscheidungen treffen wird. Da wir immer noch von der Theaterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern sprechen, in kommunaler Trägerschaft, ist es doch eigentlich auch ganz logisch, dass das Land hier nicht machen kann, was es will, und das auch nicht tun wird, sondern verantwortungsvoll diesen Prozess logischerweise nicht nur begleitet, sondern federführend hier auf den Weg gebracht hat. Wir brauchen die Kommunen mit im Boot bei diesen Entscheidungen. Und sollte sich herausstellen, dass zum Beispiel die Zeitschiene vielleicht etwas zu ambitioniert war, dann können wir schon mal davon ausgehen, dass man dann gegebenenfalls aus der Logik heraus nachsteuern wird. Davon bin ich fest überzeugt.

Im Übrigen gehe ich auch davon aus, dass diese Zeitschiene, die wir diskutieren, vielleicht noch eine etwas andere Zeitschiene beinhaltet, die der eine oder andere hier immer thematisiert, nämlich die eigentliche Umsetzung nachher. Vielleicht muss man darüber nachdenken, dass das auch noch zwei verschiedene Dinge sind.

Insofern, der Minister, der Staatssekretär sind unterwegs, sprechen mit den entsprechenden Betroffenen. Wenn natürlich Situationen entstehen, dass meinetwegen Oberbürgermeister sich solchen Diskussionen verweigern, dann kann der Appell von dieser Stelle, wir sollen mal so lange warten, bis die dort vor Ort fertig sind im kommunalen Bereich, auch nicht der richtige Weg sein.

Die Unterstützung durch die CDU-Fraktion liegt vor und wir gehen fest davon aus, so, wie es jetzt auch angekündigt wurde – das ist ja heute in der Presse nachzulesen – vom Staatssekretär, dass im Dezember ein Vorschlag präsentiert wird. Insofern, denke ich, sind wir auf einem guten Weg. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE unterstützt den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit Nachdruck

(Torsten Renz, CDU: Das überrascht jetzt.)

und wir halten die Forderungen, die darin enthalten sind, für dringend geboten. Ich möchte der Ministerin, die ja damit einleitete, dass dieser Antrag entbehrlich sei, entschieden widersprechen,

(Burkhard Lenz, CDU: Nein! Nein!)

und zwar aus folgendem Grunde: Offensichtlich – Herr Renz hat ja sekundiert –, offensichtlich haben Sie die Überschrift des Antrages nicht richtig gelesen.