Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob eine Erweiterung des Screenings auf jüngere und ältere Frauen angebracht wäre, ist eine Frage, die der Gemeinsame Bundesausschuss in Zusammenarbeit mit der Kooperationsgemeinschaft Mammographie nach einer längeren Evaluationsphase entscheiden muss. Die bisherige Altersspanne entspricht den Empfehlungen der europäischen Leitlinien und der Praxis in vielen anderen europäischen Ländern. Bei einer solchen Entscheidung geht es um eine sehr sorgfältige Nutzen-Risiken-Abwägung, die der medizinischen Wissenschaft überlassen werden sollte.
Meine persönliche Einschätzung ist, dass in dieser Nutzen-Risiken-Abwägung der Nutzen von Früherkennung sehr hoch liegt für den Bereich, wo wir es derzeit machen und wo wir Erfahrungen sammeln. Allerdings müssen wir wirklich, so, wie es zum Beginn der Einführung des Mammographie-Programms geplant war, die zehn Jahre abwarten und dann evaluieren. Ich teile die Einschätzung von Herrn Koplin, dass wir in der politischen Pflicht stehen, die Rahmenbedingungen für Früherkennungsmethoden und später natürlich auch für medizinische Behandlungen allen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung zu stellen. Dies muss nach meiner Auffassung auch mit einer guten Aufklärung einhergehen. Aber ich glaube nicht, dass es unsere Aufgabe ist, zu entscheiden, ob schon wissenschaftliche Programme ausgeweitet werden sollen. Da möchte ich gerne die Evaluation und auch die Empfehlungen der medizinischen Wissenschaft abwarten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, ich habe Ihnen mit diesem umfangreichen Bericht die notwendigen Daten gegeben, die sich ja auch die Fraktion DIE LINKE gewünscht hat, und bin sicher, dass wir weiter im Sozialausschuss dieses Thema, wenn die Abgeordneten das wollen, auch aufrufen können. Ich empfehle sehr, erst einmal abzuwarten, dass wir die konkreten Daten aus Mecklenburg-Vorpommern bekommen. Das,
was derzeit an Daten, Erkenntnissen, Nutzen und Risiken diskutiert wird und vorhanden ist, habe ich Ihnen hier per Bericht gegeben. Ich hoffe, dass Sie damit zufrieden sind. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gleich zu Beginn: Wir, die SPD-Fraktion, unterstützen die Zielstellung des Mammographie-Screening-Programms selbstverständlich nach wie vor und im vollen Umfang. Daran hat sich seit unserem gemeinsamen Beschluss, also dem der SPDFraktion damals mit der PDS-Fraktion im Jahre 2005 und seit dem Start des Programms 2006/2007, natürlich nichts verändert und unser damaliges und heutiges Ziel ist es, in sorgfältiger Abwägung des Nutzens, aber auch der damit verbundenen Risiken durch eine effiziente Brustkrebsfrüherkennung eine rechtzeitige Behandlung sicherzustellen und die Heilungschancen für die betroffenen Frauen zu erhöhen. Das ist klar.
Ministerin Schwesig ist dankenswerterweise sehr ausführlich auf die Entwicklung und die ersten Ergebnisse des Mammographie-Screening-Programms eingegan
gen, weshalb ich ein Koreferat – das freut Sie jetzt wahrscheinlich auch mit Blick auf die Uhr – an dieser Stelle vermeiden möchte.
Nur vielleicht so viel: Die von der LINKEN geforderte Evaluation des Programms inklusive der Ableitung von Handlungsempfehlungen und der Beantwortung der entscheidenden Frage, ob eine Ausweitung des Programms sinnvoll ist, diese Evaluation kann nicht – und darauf hat Kollege Koplin ja völlig richtig hingewiesen – politisch entschieden werden, sondern die muss wissenschaftlichen Kriterien genügen. Nur wenn diese wissenschaftlich abgeleitete Nutzen-Risiko-Abwägung positiv ausfällt, ist auf Dauer eine bevölkerungsbezogene Screening-Untersuchung sinnvoll.
Und das hat Ministerin Schwesig auch ausgeführt: Die Wissenschaftler der Kooperationsgemeinschaft Mammographie schätzen ein, dass aufgrund der aktuell noch nicht in ausreichendem Maße vorliegenden oder der unvollständigen Daten zu diesem Thema erst rund zehn Jahre nach Einführung, das wäre in diesem Fall also frühestens Mitte 2016, die Wirkung des Screenings auf die Sterblichkeit seriös beurteilt werden kann.
Und daher zu den Voten, zu den vorliegenden An- trägen, also zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE und dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht vor, den zweiten Satz des Antrages der Fraktion DIE LINKE, also die Einforderung von Handlungsempfehlungen (abgeleitet aus einer wissenschaftlichen Evaluation) hinsichtlich einer Erweiterung des Screenings zunächst einmal zu streichen. Das ist aus dargelegten Gründen, weil es im Augenblick einfach noch nicht möglich ist, durchaus sinnvoll. Übrig bliebe dann allerdings nur Satz eins,
und darin die Aufforderung an die Landesregierung, an Ministerin Schwesig, eine Unterrichtung zu diesem Thema abzugeben. Diese Unterrichtung ist unseres Erachtens durch die Ausführungen abgegolten.
Wir würden in diesem Sinne vorschlagen, die Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als erledigt anzusehen. Wenn Sie sich darauf einlassen, würde uns das sehr freuen. Hilfsweise müssten wir sie dann ablehnen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Erst mal, Frau Schwesig, herzlichen Dank für die Einführung. Es hat mich letztendlich bestärkt in der Entscheidung, den zweiten Satz herauszunehmen, weil wir nicht entscheiden können, wie weit dieses Programm weitergeführt wird.
Ich möchte auf zwei Punkte hinweisen: Früherkennung ist keine Vorsorge. Es wird in der jetzigen Vorsorgepolitik, gerade zur Vermeidung von Krebs, häufig das Mamma-Screening als das sogenannte Allheilmittel benannt.
Nach wie vor stellen 80 Prozent der Frauen, die an Krebs erkranken, ihren Krebs selber fest. Das heißt, wir müssen dort in die Vorsorge mehr Kraft, Zeit und auch Geld investieren. Nach wie vor ist es so, dass die Brustuntersuchung beim Frauenarzt erst ab dem 35. Lebensjahr vonstattengeht. Das sind Dinge, die zu einem Früherkennungsprogramm gehören, und die Aufklärung letztendlich ist das, was auch die Wissenschaft gesagt hat, dass die Früherkennungsuntersuchungen vielen Frauen geholfen haben, aber viele Frauen auch durch eine Übertherapie in Elend gebracht haben. Brüste sind amputiert worden, und die Angst davor, dass so etwas bei einer Mammographie passiert, ist nach wie vor da.
Es ist sehr schön zu hören, dass mittlerweile 60 Prozent Frauen der benannten Alterskohorte diese Mammographie in Mecklenburg-Vorpommern wahrnehmen. Nichtsdestotrotz sollten wir zu gegebener Zeit im Sozialausschuss dieses Thema noch einmal aufgreifen, denn letztendlich gibt es andere Früherkennungsmethoden. Es gab auch vom Land Mecklenburg-Vorpommern 2001 mal ein Programm „Brustveränderung selbst erkennen“. Das ist damals aufgrund mangelnder Beteiligung von Frauen leider eingeschlafen. Aber es ist vielleicht auch jetzt im Jahre 2011 wichtig, mit dem Mamma-Screening, was es damals nicht gab, solche Projekte noch einmal wiederzubeleben, um gerade junge Frauen da heranzuführen, Vorsorge auch für sich und den eigenen Körper zu betreiben.
Ich kann mit dem Vorschlag leben, dass wir diesen Bericht zur Kenntnis nehmen – in schriftlicher Form wäre es auch sehr nett.
(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Torsten Renz, CDU: War das jetzt ein Antrag?)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag für erledigt erklärt, fällt es mir schwer, noch irgendetwas dagegen zu sagen. Aber ich kann vielleicht noch ein, zwei Punkte ergänzen.
Es war auch die Frage, warum man das auf andere Altersgruppen nicht so weit ausdehnen sollte. Darauf eine Antwort: Da es sich bei der Mammographie um eine Untersuchung handelt, bei der Röntgenstrahlen zur Anwendung kommen, ist die Erbringung der Mammographie zur Früherkennung von Brustkrebs bei gesunden und beschwerdefreien Frauen jüngeren Alters aus strahlenschutzrechtlichen Gründen und aufgrund des Fehlens qualitätssichernder Rahmenbedingungen nicht zulässig. Eine Mammographie zur Brustkrebsfrüherkennung darf somit ausschließlich im Rahmen des bundesweiten qualitätsgesicherten Mammographie-Screenings erbracht
werden. Bestehen hingegen konkrete Beschwerden oder Verdacht auf einen krankhaften Befund oder liegt ein hohes Risiko vor, kann eine kurative, also auf Heilung ausgerichtete Mammographie als diagnostische Untersuchung auch bei Frauen jünger als 50 und älter als 69 erbracht werden. Und das ist auch ganz wichtig: Die Krankenkasse bezahlt dann selbstverständlich ebenfalls diese Untersuchung. Also das ist heute auch schon möglich.
Insofern, denke ich mal, haben wir eigentlich das erreicht, dass die Ministerin umfassend berichtet hat, und damit sind auch der Antrag der LINKEN und der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für erledigt zu erklären. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Es geht hier nicht darum, das Mammographie-Screening in unserem Land zu bewerten. Dazu fehlen uns die Kenntnisse. Selbst Spezialisten, das wurde hier schon mehrfach gesagt, sind sich über den Nutzen des MammographieScreenings uneins.
Wir wollen, dass wir über diese Ergebnisse des Mammographie-Screenings in Mecklenburg-Vorpommern unterrichtet werden. Wir wollen, dass es Zahlen und Fakten zum Screening gibt, also beispielsweise Antworten auf Fragen, wie wird dieses Screening nachgefragt. Frau Ministerin hat dazu zwar schon einiges gesagt, aber die Frage steht weiter im Raum, ob es die berechtigten Frauen nutzen und wenn nicht, warum eigentlich nicht. Ist die Brustkrebssterblichkeit in MecklenburgVorpommern seit dem Beginn des Screenings gesunken? Bringt das Screening für die Frauen, bei denen ein Karzinom entdeckt wird, mehr Lebensjahre bei relativem Wohlbefinden, beispielsweise indem weniger invasive
Therapie notwendig ist? Aber auch, wie hoch ist der Anteil der Befunde, die nicht zutreffend sind, die also falsch negativ oder falsch positiv sind, und wie kann man diese Quoten senken?
Diese Fragen und viele andere zu den Ergebnissen des Mammographie-Screenings in unserem Land sind heute von der Frau Ministerin nicht beantwortet worden. Sie sind immer noch offen, auch wenn die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen das Thema für erledigt erklären. Wir erklären das Thema jedoch nicht für erledigt. Wir beantragen die Überweisung in den Sozialausschuss. – Danke.
in den Sozialausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisung zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag für den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/78 mit den Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD abgelehnt.
Im Rahmen der Debatte wurde der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksa- che 6/129 zurückgezogen.
Damit komme ich jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/78 in der Sache. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 6/78 mit den Stimmen der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktionen der SPD, CDU und NPD und Stimmenthaltung einiger Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages für Donnerstag, den 17. November 2011, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.