Protokoll der Sitzung vom 06.12.2012

Und ich möchte zum Schluss auch darauf eingehen, wie diese Kräfte mit dem Gedenken umgehen. In Greifswald sind vor Kurzem, Sie wissen es alle, alle Stolpersteine herausgerissen worden. In Sassnitz ist dies jetzt vor Kurzem geschehen, dass fünf Stolpersteine entwendet wurden. Auf die Entwendung und die Zerstörung der Rostocker Gedenktafel haben meine Vorredner schon hingewiesen. Offensichtlich, und das zeigt auch im Übrigen die Reaktion des Herrn Pastörs, macht es den rechtsextremistischen Kräften in diesem Land erheb- lich zu schaffen, wenn wir der Opfer rechtsextremisti- scher Diktaturen und rechtsextremistischen Terrors ge- denken.

Und ich möchte an dieser Stelle damit enden, indem ich zum Ausdruck bringe, wir Demokraten werden nicht aufhören, der Opfer zu gedenken und immer wieder deutlich zu machen, wir stehen an der Seite ihrer Familien, ihrer Angehörigen und ihrer Freunde. – Herzlichen Dank.

(lang anhaltender Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1388. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1388 einstimmig angenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich danke allen Rednern für die sehr bewegenden Beiträge. Dieser Dank gilt natürlich den Rednern der demokratischen Fraktionen. Ich schlage Ihnen vor, dass wir uns jetzt zum Gedenken der Opfer kurz von den Plätzen erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Vielen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich unterbreche jetzt unsere Sitzung für zehn Minuten und berufe den Ältestenrat ein.

Unterbrechung: 10.37 Uhr

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Wiederbeginn: 10.56 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Aktive Landesbeteiligung bei der Erarbeitung der Europäischen Strategie für erneuerbare Energien, Drucksache 6/1365. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/1419 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU Aktive Landesbeteiligung bei der Erarbeitung der Europäischen Strategie für erneuerbare Energien – Drucksache 6/1365 –

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 6/1419 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete der SPDFraktion Herr Borchert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit vorliegendem Antrag fordern die Koalitionsfraktionen die Landesregierung auf, aktiv an der Entwicklung der Europäischen Strategie für

erneuerbare Energien mitzuwirken. Deutschland kann sich keine Energieautarkie leisten, wir brauchen eine stärkere Teilnahme Deutschlands am europäischen Strombinnenmarkt. Die Integration erneuerbarer Energien und die Verfügbarkeit von konventionellen Erzeugungskapazitäten werden nur im europäischen Verbund gelingen können. Der grenzüberschreitende Stromhandel ist unverzichtbar, um bei hoher Einspeisung von erneuerbaren Energien Strom zu exportieren oder umgekehrt bei geringer Einspeisung von erneuerbaren Energien konventionellen Strom zu importieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, worin beste- hen aktuell zurzeit also die strategischen Ziele und Schwerpunkte der europäischen Energiepolitik? Die Kommission hat dazu im Auftrag des Europäischen Rates am 15. Dezember 2011 den Energiefahrplan 2050 und am 6. Juni 2012 in seiner Mitteilung an das Parlament, an den Rat und an den Ausschuss der Regionen zur Strategie der Entwicklung von erneuerbaren Energien wichtige Dokumente erarbeitet und verabschiedet.

Langfristiges Ziel ist dabei bis 2050 der Umbau des jetzigen Energiesystems zu einem sicheren, wettbewerbsfähigen und dekarbonisierten Energiesystem. Der umfassende Umbau ist notwendig aus wirtschaftlichen Gründen, aus Gründen der Versorgungssicherheit, das heißt der notwendigen Unabhängigkeit von Importen fossiler Brennstoffe wie Öl, Gas und Kohle, und aus Gründen des Klimaschutzes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um diese strategischen Ziele zu erreichen, sind folgende drei Schwerpunkte von zentraler Bedeutung:

Zum einen der Schwerpunkt Dekarbonisierung, das heißt, eine deutliche Verringerung der CO2-Emissionen. Die Europäische Union hat sich 2009 verpflichtet, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent unter den Stand von 1990 zu senken. Der Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050, meine Damen und Herren, ist ein sehr ehrgeiziges Ziel. Das erste Zwischenziel 2020, 20 Prozent gegenüber 1990 einzusparen, wird allerdings deutlich übertroffen, denn bereits heute sind 17,5 Prozent erreicht. Eigentlich ist also eine Erhöhung des Zwischenziels 2020 auf 30 Prozent in der Europäischen Union realisierbar. Dies wird aber zurzeit insbesondere von Polen blockiert.

Seit dem 26. November, meine Damen und Herren, und bis morgen findet in Doha, im arabischen Staat Katar, die Weltklimakonferenz statt, also im Golfstaat Katar. Dabei soll der Fahrplan für ein neues globales Klimaprotokoll bis 2020 erarbeitet werden. Um das 2-Grad-Ziel noch zu erreichen, ist dringend eine höhere Selbstverpflichtung zur CO2-Reduzierung notwendig, notwendiger als bisher.

Dabei hat Europa, insbesondere Deutschland, eine besonders hohe Verantwortung, um in einer Allianz mit Afrika, Inselstaaten, insbesondere betroffenen Inselstaaten, und Entwicklungsländern die USA, China und Indien für einen neuen wirksamen Weltklimavertrag zu gewinnen. Wenn das nicht gelingt, meine Damen und Herren, droht eine globale Temperaturerhöhung von mindestens 3,5 Grad mit dramatischen Folgen, die Auswirkungen des Klimawandels wären dann nicht mehr zu beherrschen.

Meine Damen und Herren, ein zweiter Schwerpunkt der europäischen Strategie sind notwendige große Energieeinsparungen und eine höhere Energieeffizienz, denn der Primärenergiebedarf soll gegenüber den Höchstwerten von 2005 bis 2015 um 40 Prozent reduziert werden. Dies scheint realistisch, denn das Fraunhofer-Institut hat in dieser Woche eine Studie im Auftrag des Bun- desumweltministeriums vorgestellt, mit der ermittelt wurde, dass mit einem Bündel von Energieeffizienzmaßnahmen der Energiebedarf der EU bis zum Jahre 2050 um zwei Drittel gesenkt werden kann. Dies fordert allerdings eine stärkere Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch, das heißt Wirtschaftswachstum zukünftig bei geringerem Energieeinsatz.

Am 4. Oktober 2012 hat der Rat der Europäischen Union die neue Energieeffizienzrichtlinie angenommen, die in den Mitgliedsstaaten innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umzusetzen ist, und das gilt für Deutschland, insbesondere auch für die Bundesländer. Hauptziel bleibt dabei, in der EU bis 2020 den Primärenergieverbrauch als Zwischenziel um 20 Prozent zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, diese neue Richtlinie ist grundsätzlich zu begrüßen, weil sie für alle Mitgliedsstaaten der EU einen überarbeiteten und verbindlichen Rechtsrahmen zur Steigerung der Energieeffizienz festlegt. Die hohe Energieeffizienz würde aber nicht nur entscheidend zur CO2-Reduzierung beitragen, sondern auch erhebliche Einsparungen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro im Jahr 2050 ermöglichen. Damit ist die Energieeffizienz die wirtschaftlichste Säule der Energiewende. Sie ermöglicht den Verbrauchern, Energiepreissteigerungen zu kompensieren und damit die Kostenbelastungen zu begrenzen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum dritten Schwerpunkt der europäischen Energiestrategie und das ist der Umstieg auf erneuerbare Energien. Der Anteil der erneuerbaren Energien in der EU steigt in allen Prognosen deutlich und deckt im Jahr 2030 30 Prozent. Im Jahr 2050 werden erneuerbare Energien voraussichtlich 55 Prozent des Energieendverbrauches abdecken, was eine Zunahme von 45 Prozent gegenüber dem heutigen Anteil darstellt.

Es steht fest, meine Damen und Herren, die erneuerbaren Energien werden in Europa zukünftig das Fundament der Energieversorgung bilden, ein Fundament mit großem wirtschaftlichem Potenzial. Es wird aber auch zukünftig so sein, dass eine wichtige Schlüsselrolle beim Umbau des Energiesystems Gas übernehmen wird, und man geht auch davon aus, dass in mehreren Mitgliedsstaaten Kohle einen wichtigen Beitrag zum Energiemix leistet, vorzugsweise mit der in Deutschland sehr in Kritik stehenden CCS-Technologie.

Einige Mitgliedsstaaten halten die mit der Kernenergie verbundenen Risiken trotz des Unfalls von Fukushima leider für akzeptabel und setzen auch weiterhin auf die Kernenergie als eine aus ihrer Sicht kalkulierbare, sichere, zuverlässige und CO2-arme Energiequelle. Da die Energiepolitik in nationaler Souveränität der Mitgliedsstaaten liegt, erleben wir auch am Beispiel des Nachbarlandes Polen, wie schwer es ist, diese Länder von diesem Irrweg abzubringen.

Meine Damen und Herren, solange konventionelle Energieträger und Kernenergie einen großen Anteil an der

Energieerzeugung in der EU haben, gibt es nach meiner Überzeugung keine Energiewende in Europa, man kann auch sagen: Ohne Stromerzeugungswende keine Energiewende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit welchen Maßnahmen versucht nun die Europäische Union, die strategischen Ziele und Schwerpunkte beim Umbau des Energiesystems umzusetzen?

Da sind zum einen zu nennen die Fortsetzung der Förderung von Investitionsanreizen für erneuerbare Energien und deren Integration in den Energiebinnenmarkt, zum Zweiten das Festlegen von Grundsätzen für eine Angleichung der Förderregelungen, die Marktverzerrungen so gering wie möglich halten, um ein einheitliches Vorgehen in allen Mitgliedsstaaten sicherzustellen.

Drittens: Im neuen mehrjährigen Finanzrahmen von 2014 bis 2020 soll ein Energieinfrastrukturpaket beschlos- sen werden, das unter anderem die Marktintegration von Strom aus Wind- und Solarenergie enthält, die Modernisierung und den Neubau von Netzen. Allein für neue Stromübertragungsleitungen sind etwa 100 Milliarden Euro veranschlagt.

Viertens: Eine große finanzielle Unterstützung wird es auch zukünftig für Forschung und Entwicklung von Energietechnologien geben, insbesondere für die Entwicklung von Speichertechnologie.

Fünftens, und das betrifft uns in Mecklenburg-Vorpom- mern ganz direkt: Im Bereich der EU-Kohäsionspolitik werden von der Kommission eine erhebliche Konzentration der Anstrengungen zugunsten von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz sowie eine starke Fokussierung auf Forschung, Entwicklung und Innovation vorgeschlagen. Das bedeutet konkret für MecklenburgVorpommern, dass mindestens 20 Prozent der gesamten zukünftigen EFRE-Mittel für das Ziel Förderung der Bestrebungen zur Verringerung der CO2-Emissionen einzusetzen sind. Diese Vorgabe gilt nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, sondern für alle Mitgliedsstaaten. Und für uns ganz konkret möchte ich bemerken, dass wir beim Einsatz der zukünftigen EFRE-Mittel in unserem Land sehr darauf achten sollten, dass dieser Förderschwerpunkt der Europäischen Union nicht aufgeweicht wird.

Meine Damen und Herren, wie kann sich MecklenburgVorpommern aktiv an der Erarbeitung der zukünftigen Energiestrategie der Europäischen Union beteiligen? Zum einen natürlich indirekt über die Bundesregierung beziehungsweise den Bundesrat, aber natürlich auch direkt als Landesregierung in Brüssel, insbesondere natürlich da bei der Nutzung des Brüsseler Informationsbüros.

Ich finde es sehr gut, dass das Energieministerium für das Jahr 2013 eine neue Antragstellung für ein EUEnergieprojekt vorbereitet zum Thema „Internationale Vernetzung von (Bio)Energieregionen und (Bio)Energie- kommunen im ländlichen Raum und die Mobilisierung lokaler Akteure“. Beim Besuch des Ministerpräsidenten in unserer Partnerschaftsregion Südwestfinnland, Turku, war das unter anderem auch eine Verabredung.

Aber auch wir als Landtag können einen kleinen Beitrag leisten. Der Europa- und Rechtsausschuss war in Brüs

sel zu Gast beim Kabinettschef von Energiekommissar Oettinger, bei Professor Dr. Köhler, wir haben ihn eingeladen nach Schwerin, wir warten immer noch auf seine Zusage, eingeladen in den Energie- und Europaausschuss. Ein besonderes Interesse, meine Damen und Herren, liegt natürlich an diesen Kontakten, um in Gesprächen,

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

aber auch mit anderen Aktivitäten unseren Einfluss auf die europäische Strategie hier auch einzubringen.

Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, wir brauchen nicht nur eine Energiewende in MecklenburgVorpommern und in Deutschland, wir brauchen eine europäische Energiewende. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst der Minister für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung Herr Schlotmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vielleicht vorweg mal ein Grundsatz, den ich bei vielen Veranstaltungen immer wiederhole, und ich glaube, das ist notwendig: Die Energiewende – und ich gehe mal davon aus, dass das weitestgehend unstrittig ist – ist eigentlich die historische Chance für Mecklenburg-Vorpommern und wir dürfen diese Chance nicht verpassen. Das bedeutet letztendlich, dass wir alle Mittel und Wege nutzen, um für unsere Interessen zu werben.

An der Stelle habe ich eine freundliche Bitte: Wir sollten uns untereinander nicht immer wieder in Klein-Klein verlieren und Eitelkeiten pflegen, denn die Wirkung nach außen hin ist dann fatal. Ich weiß, wovon ich rede. Wir haben intensive Kontakte mit den Kollegen der CDU, aber auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN im Europaparlament und wir betrachten die dort vertretenen demokratischen Abgeordneten sozusagen als ein weiteres Gleis, auf dem wir unsere politischen Interessen als Mecklenburg-Vorpommern gerade bei dem Thema erneuerbare Energien und Energiewende nach vorne bringen wollen.

Wir bringen uns in allen Fragen der strategischen Ausrichtung der Europäischen Union beim Thema Energiepolitik konsequent ein, insbesondere auf der europäischen Ebene. Ich war vor 14 Tagen zum Beispiel in Brüssel bei Herrn Oettinger, dessen Meinung ich nicht in allen Dingen teile, was die Energiewende anbelangt, was die Schwerpunktsetzung insbesondere anbelangt. Wir haben uns mit der Generaldirektion Regio zum Beispiel über das, was Herr Borchert gerade angesprochen hat, Strukturfonds, Verwendung von Mitteln der Strukturfonds, intensiv ausgetauscht und Verabredungen getroffen und daneben – auch das darf man nicht unterschätzen – versuche ich, die Möglichkeiten zu nutzen, weiter für unsere Vorstellungen zu werben.

Ich war vor knapp 14 Tagen auch beim Kongress der niederländischen Windunion mit über 500 Teilnehmern, um die Position Mecklenburg-Vorpommerns dort mal zu transportieren, weil man darf nicht unterschätzen, auch die Teilnehmer dort agieren und sind aktiv in europäischen Gremien, und da ist es immer gut, wenn man weiß, dass unser Anliegen da ganz gut aufgehoben ist und auch weitertransportiert wird.