dieser Beträge an, die in dem Bereich investiert werden, sondern auf die Qualität in den Kindertageseinrichtungen und das, was notwendig wäre. Es gäbe also schon heute, trotz der vielen Millionen Euro, die bereits investiert werden, zahlreichen Nachbesserungsbedarf.
Überhaupt keine Beachtung findet beispielsweise in der vorliegenden KiföG-Novelle das Thema Inklusion. Dabei gilt die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen für Deutschland und damit auch für Mecklenburg-Vorpommern seit dem 26.03.2009. Wenn wir von Chancengleichheit reden, dann muss diese auch für jedes Kind gelten, egal ob es gesund ist oder körperlich oder geistig beeinträchtigt. Alle Kinder haben das Recht auf Teilhabe und auf den Besuch einer Regeleinrichtung.
Schauen Sie beispielsweise mal in das KiföG des Bundeslandes Thüringen. Dort ist man in diesem Punkt wesentlich weiter. Aus diesem Grund liegt Ihnen eine Entschließung meiner Fraktion vor, die die Empfehlung der Expertengruppe „Inklusive Bildung in Mecklenburg-Vor- pommern bis zum Jahr 2020“ aufnimmt und eine solche Arbeitsgruppe auf Regierungsebene für den Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung fordert.
Meine Damen und Herren, und wenn wir bei Chancengleichheit sind, dann führen Sie immer wieder auf, dass das DESK-Verfahren ein Schritt zu Chancengleichheit wäre. Das sehen wir nicht so, ich hatte das bereits in meiner Einbringungsrede dargestellt. In dem Bereich der 3- bis 6-Jährigen haben wir 39.300 Kinder in der Kinderbetreuung. Auf circa 6.200 Kinder wird dieses DESKVerfahren angewandt. Das heißt, 33.100 Kinder, auf die das Verfahren in diesem Altersbereich nicht angewandt wird, erhalten keine besondere individuelle Förderung, selbst wenn sie den gleichen Förderbedarf haben wie die 6.200 Kinder. Das widerspricht dem KiföG, wonach jedes Kind ein Recht auf individuelle Förderung hat, egal welches Einkommen seine Eltern haben.
Und auch das Argument, dass durch DESK besonders Kinder gefördert werden sollen, die aus finanzarmen Familien kommen, ist nicht stichhaltig. Mecklenburg-Vor- pommern hat mit den höchsten Anteil von Kindern, die in Kinderarmut leben. Im Bereich der 3- bis 6-Jährigen sind das circa 15.000 Kinder. 6.200 Kinder werden durch DESK erfasst, davon sind mindestens 40 Prozent der Kinder aus von Armut betroffenen Familien. Das heißt, circa 3.000 von Armut betroffene Kinder von DESK werden erfasst. Das ist gerade mal ein Fünftel der von Armut betroffenen Kinder. Ob sie bei Förderbedarf besonders individuell gefördert werden, hängt allein vom Wohnort ab. Das ist keine Chancengerechtigkeit, Frau Schwesig und meine Damen und Herren von den Koalitionsfrak- tionen.
Besondere Bedarfslagen sollten erst gar nicht entstehen. Kindertagesstätten sollten Stätte der Prävention und Inklusion sein. Natürlich bedürfen Kinder mit Defiziten sonderpädagogischer Maßnahmen der Frühförderung, aber dies kann nicht Zielstellung der allgemeinen Kindertagesförderung sein. Aus diesen Gründen lehnen wir das DESK-Verfahren ab. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Erzieherinnen und Erzieher genügend Zeit für die Kinder haben. Deshalb sagen wir, die 5 Millionen Euro sind besser bei der Verbesserung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit für die Kinder angelegt.
Entsprechend haben wir Ihnen heute einen Änderungsantrag vorgelegt, der die Abschaffung des DESK-Verfahrens vorsieht. Das Geld ist besser für die Erhöhung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit angelegt.
Ich sagte es bereits, hier sind wir weit entfernt von den wissenschaftlichen Empfehlungen. Hier liegt Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Ländern an hinterster Stelle. Deshalb war und ist es überfällig, dass im Bereich der Fachkraft-KindRelation weitere Verbesserungen vorgenommen wurden und auch weiter werden. Nur wenn die Erzieherinnen und Erzieher tatsächlich weniger Kinder zu betreuen haben und somit ausreichend Zeit für jedes einzelne Kind haben, kann dem Anspruch des KiföG Genüge getan werden und wirklich jedes Kind individuell gefördert werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Zur Qualität der Kinderbetreuung gehört aber auch die Qualität in der Ausbildung derer, die die Kinder betreuen sollen. Kindertageseinrichtungen sind Bildungsstätten und nicht nur Aufbewahrungsstätten für Kinder. Erzieherinnen und Erzieher müssen entsprechend diesem Anspruch fachlich ausgebildet werden. In Mecklenburg-Vor- pommern wird seit Jahren die Ausbildungszeit der Erzieherinnen und Erzieher immer weiter abgesenkt, ohne dass es dafür ein entsprechendes Konzept gibt. Die Linksfraktion hat bereits bei der KiföG-Novelle 2010 kritisiert, dass die Ausbildungsdauer von damals fünf auf vier Jahre gekürzt wurde, ohne dass in diesem Zusammenhang auch eine inhaltliche Neuausrichtung der Ausbildung an den staatlichen Schulen vorgenommen wurde. Schon damals haben wir die Ausbildung zum Sozialassistenten kritisch gesehen, weil wir davon überzeugt sind, dass Absolventen nicht ausreichend befähigt sind, als pädagogische Fachkräfte, also auch allein, im Prozess der frühkindlichen Bildung tätig zu sein.
Erneut soll mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf die Ausbildungszeit schrittweise auf 36 Monate gesenkt werden.
Auch hier erkenne ich nicht, dass diese Änderung aufgrund von neuen inhaltlichen Ausrichtungen der Erzieher/-innenausbildung stattfindet. Vielmehr geschieht dies, wie in der Anhörung im Sozialausschuss am 14. Mai 2013 deutlich wurde, um dem drohenden Fachkräftebedarf
entgegenzuwirken, der neben der demografischen Entwicklung und der Absenkung des Betreuungsschlüssels bei der letzten Novelle nunmehr durch die Einführung des Rechtsanspruches ab dem 1. August 2013 entsteht und der durch die Absenkung der Fachkraft-KindRelation verstärkt wird. Und diesen Umstand mache ich Ihnen politisch zum Vorwurf.
Seit 2008 fordert die Linksfraktion eine an dem Bedarf ausgerichtete Ausbildungsplatzplanung. 2011 wurde diese intern dem Landtag vorgelegt, ohne dass sie jemals an die Öffentlichkeit gelangte. Diese Ausbildungsplatzplanung berücksichtigte jedoch nicht die aktuellen Entwicklungen zum Beispiel bei der Fachkraft-Kind-Senkung. Im letzten Jahr haben Sie mich gefragt, ob ich von jetzt an jedes Jahr eine Ausbildungsplatzplanung fordern würde. Ich möchte an dieser Stelle gerne eine Frage an Sie zurückgeben: Wollen Sie jetzt und zukünftig bei jeder Senkung der Fachkraft-Kind-Relation, die im Krippen- und Hortbereich dringend notwendig ist, die Ausbildungsdauer der Erzieherinnen und Erzieher noch weiter senken? Dieses Vorgehen ist plan- und konzeptlos. Erledigen Sie Ihre Hausaufgaben und legen Sie dem Landtag eine aktualisierte Ausbildungsplatzplanung vor. Auf meine Nachfrage hin wurde dies schließlich für dieses Jahr noch angekündigt.
Laut Bildungsmonitor 2012 steht Mecklenburg-Vorpom- mern, gerade was die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und der Akademisierung betrifft, bundesweit an vorletzter Stelle. Mit dem Erreichen des Rentenalters vieler qualifizierter Erzieherinnen und Erzieher und mit dem Absenken der Ausbildungsdauer in M-V wird Mecklenburg-Vorpommern in naher Zukunft nicht mehr an vorletzter, sondern an letzter Stelle stehen.
Meine Fraktion möchte eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung in den Kindertagesstätten. Dafür brauchen wir ausreichend und qualitativ hochwertig ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Doch an den Voraussetzungen dafür mangelt es. Sie haben viele Jahre Ihres Regierens mit Nichtstun verstreichen lassen.
Zusammenfassend möchte ich betonen, dass die vorliegende Novelle gute Ansätze enthält, aber leider auch viele Absichtserklärungen, Unwägbarkeiten und Holpersteine. Die drängendsten Probleme, die uns aus der Praxis geschildert wurden und die ich bereits im Rahmen der Ersten Lesung benannt hatte, bleiben weiterhin bestehen. Neben den bereits genannten sind das weiterhin die Unterfinanzierung der festgeschriebenen Standards und die überbordende Bürokratie.
Ein Ziel der KiföG-Novelle bestand unter anderem in der Entbürokratisierung. Auch der Landesrechnungshof schrieb in seinem Bericht im Dezember 2012: „Die Finanzierungsstruktur des KiföG M-V sollte deutlich vereinfacht werden.“
Wie die Stellungnahmen und die Anhörung im Sozialausschuss eindeutig belegt haben, wird die Entbürokratisierung nach Meinung der Beteiligten nicht erreicht. So
heißt es beispielsweise in der Stellungnahme des Landkreises Ludwigslust-Parchim: „Durch die Aufrechterhaltung der verschiedenen Zuwendungstöpfe ist ein Bürokratieabbau nicht zu erwarten.“ Weiter heißt es, ich zitiere: „Ein Abbau der Bürokratie könnte erst dann greifen, wenn es ein umfassendes Finanzierungsinstrument mit einem Zahlungsstrom geben würde.“ Und in der Stellungnahme der Liga der Spitzenverbände liest man, ich zitiere: „Das Finanzierungssystem bleibt weiterhin zu kompliziert und verursacht viele unnötige Verwaltungsverfahren.“ Ziel verfehlt, würde ich sagen. Deshalb haben wir die Anregungen der öffentlichen Anhörung aufgenommen und Ihnen in unserer Entschließung auch dazu entsprechende Anregungen vorgelegt.
Auch auf die Unterfinanzierung des bereits bestehenden KiföG wiesen die meisten Anzuhörenden hin. Ich zitiere: „Die grundsätzliche Kritik der zu geringen Grundförderung des Landes in der Kindertagesbetreuung bleibt weiterhin bestehen. Es ist davon auszugehen, dass die eingeplanten Finanzmittel nicht ausreichen, um den neuen Personalschlüssel bei den Trägern der Kindertageseinrichtungen durchzufinanzieren.“ Die Landesregierung verneinte auf Frage die Unterfinanzierung. Aber pauschale Ablehnungen nützen niemandem. Denn auch der Landesrechnungshof schrieb in seinem Bericht 2012: „Eine Kontrolle, ob die … im KiföG … geregelten Standards erfüllt werden, erfolgt sowohl durch das Land als auch durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe allenfalls unzureichend.“
Wir meinen, diesem Widerspruch in der Finanzierung muss nachgegangen werden. Denn was nützen die besten Standards im Gesetz, wenn diese nicht ausfinanziert sind? Deshalb fordere ich Sie auf, nehmen Sie das Kontrollrecht, das im KiföG niedergeschrieben ist, wahr und gehen diesem Widerspruch nach! In unserem Entschließungsantrag finden Sie dazu den Verweis auf das Urteil des Landes Brandenburg. Dies muss in die Betrachtung mit einbezogen werden.
Frau Ministerin, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, und hier insbesondere die Vertreterinnen und Vertreter im Sozialausschuss, zum Schluss fordere ich Sie hier und heute auf, Ihre unwürdigen und einer sachlichen Diskussion nicht besonders zuträglichen Unterstellungen und Vorwürfe, ob im Ausschuss oder hier in der Öffentlichkeit, zu unterlassen. Die Linksfraktion ist mindestens ebenso daran interessiert, die frühkindliche Bildung und Erziehung zu stärken, weil wir für uns verinnerlicht haben, dass nur auf diesem Weg die Grundlagen für eine gute, chancenreiche Zukunft für alle Kinder gelegt werden können. Wir fordern in Bezug auf die parlamentarische Behandlung von Gesetzentwürfen die Einhaltung eines ordentlichen parlamentarischen Verfahrens und die Gewährung der Rechte der Opposition.
Wenn Sie tatsächlich an einer Beteiligung der Opposition interessiert wären, dann würden Sie anders mit ihr umgehen, als Sie es in diesem Fall und auch in der Vergangenheit schon getan haben. Ich fordere Sie auf, die nächste Novelle und damit umfangreiche Änderungsanträge so rechtzeitig in den Landtag einzubringen, dass
genügend Zeit für Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Anhörung bleibt und sich auch alle mitberatenden Ausschüsse mit den Änderungsanträgen befassen können.
Zum Schluss möchte ich getrennte Abstimmung zu der Beschlussempfehlung beantragen, insbesondere von Punkt 2. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Kollegin Bernhardt, Sie haben mehr positive als negative Aspekte zur Gesetzesnovellierung ausgeführt. Deswegen würde mich interessieren Ihr Abstimmungsverhalten und ob Sie das dann entsprechend begründen könnten.
Natürlich, das werden Sie nachher sehen. Ich kann es Ihnen auch gerne sagen: Insgesamt werden wir uns bei dem KiföG enthalten. Gute Ansätze sind drin, denen man durchaus zustimmen könnte. Aber wie gesagt, die Probleme der Praxis bleiben unbeantwortet: Unterfinanzierung, Bürokratie. Ich habe es auch in meiner Rede ausgeführt. Was nützen uns die besten Standards im KiföG, wenn sie hier nicht ausfinanziert sind. Und deshalb sagen wir Enthaltung.