Protokoll der Sitzung vom 16.12.2011

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, die Namen aufzurufen.

(Die namentliche Abstimmung wird durchgeführt.)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat?

(Die Abgeordneten Rainer Albrecht, Rudolf Borchert und Detlef Müller werden nachträglich zur Stimmabgabe aufgerufen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat?

(Udo Pastörs, NPD: Warten Sie noch ein bisschen, es kommt vielleicht noch der eine oder andere.)

Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Abstimmung.

Ich bitte die Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen, und unterbreche für zwei Minuten.

Unterbrechung: 12.10 Uhr

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Wiederbeginn: 12.13 Uhr

Sehr geehrte Damen und Herren, an der Abstimmung haben insgesamt 53 Abge

ordnete teilgenommen. Mit Ja stimmten 5 Abgeordnete, mit Nein 48 Abgeordnete. Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 6/168 zur Abstimmung gekommen und mit den Stimmen der CDU, der SPD, der LINKEN und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden bei Jastimmen der Fraktion der NPD.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 26: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Keine Zusammenlegung der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit, Drucksache 6/164.

Antrag der Fraktion DIE LINKE Keine Zusammenlegung der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit – Drucksache 6/164 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Alle Jahre wieder“, so könnte man den Vorstoß der Justizministerkonferenz vom 09.11.2011 auch nennen. Was ist geschehen?

Die Justizministerkonferenz hat am 09.11.2011 nun zum wiederholten Mal beschlossen, die öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten zusammenzulegen. Bereits im Jah- re 2004 wurde dieses Vorhaben mit der angekündigten großen Justizreform ins Visier genommen. Und wie 2004 wurde mit der angekündigten Reform versucht, den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, damit könnte die richterliche Selbstverwaltung gestärkt werden und diese Reform könnte gleichzeitig dazu beitragen, das Personal und die Sachmittel effektiver einzusetzen und damit auch für die Zukunft einen schnellen und effektiven Rechtsschutz sicherzustellen.

Erinnern wir uns: Mit der Verabschiedung der Reform zur Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe wurde der Sozialgerichtsbarkeit die Zuständigkeit für gerichtliche Verfahren zugewiesen. Die Zuständigkeit für ein Gesetz, das in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit heißer Nadel zwischen SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gestrickt wurde, mit der Folge, dass es viele Rechtsstreitigkeiten gab, die, auch das sei gesagt, in über 40 Prozent im Interesse der Betroffenen entschieden worden sind.

Das führte zu einer überdurchschnittlichen Belastung der Sozialgerichte, die trotz großer Bemühungen des Justizministeriums bis heute anhält. Dadurch kam es, wen wundert es, zu erheblichen Belastungsunterschieden zwischen den Sozial- und Verwaltungsgerichten in unserem Land und deutschlandweit. Dieses Problem wollte und will man nun lösen. Da nach wie vor keine Rechtsgrundlage für eine Zusammenlegung nach der geltenden Verfassung vorliegt – das Grundgesetz schreibt die Sozialgerichtsbarkeit fest –, sie zumindest nicht eindeutig ist, soll nun nach dem Willen der Justizministerkonferenz die Bundesjustizministerin einen Gesetzentwurf mit einer Länderöffnungsklausel vorbereiten. Damit soll den Ländern die Möglichkeit eröffnet werden, die öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten zusammenzulegen. Wenn von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden würde, das muss man so deutlich sagen, wird nicht nur eine bundeseinheitliche Regelung der Organisation der Fachgerichtsbarkeiten aufgegeben, sondern auch eine Rechtszersplitterung hingenommen.

Für uns war es damals und ist es heute der falsche Weg. Diese Auffassung vertreten nicht nur wir. Wie wir fordert der Deutsche Richterbund, dass die Sozialgerichtsbarkeit nicht zum Experimentierfeld der Rechtspolitik zum Nachteil der sozial Schwachen werden darf. Die Neue Richtervereinigung macht deutlich, dass mit dieser Zusammenlegungsdebatte endlich Schluss sein muss.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich haben wir zur Kenntnis genommen, dass sich die Justizministerin des Landes in einer Presserklärung deutlich gegen eine Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten ausgesprochen hat. Nun werden Sie vielleicht sagen, na dann ist doch alles in Ordnung und Ihr Antrag ist überflüssig. Nein, aus unserer Sicht eben nicht! Das möchte ich kurz begründen.

Mit unserem Antrag verfolgen wir nachfolgende Ziele:

1. Die Justizministerin sollte durch eine klare Position

des Landtages gestärkt werden.

2. Sollte es, in welcher Art auch immer, zu Gesetzesän

derungen kommen, ist die Position der Landesregierung gefragt, denn eine Gesetzesänderung wird im Bundesrat zustimmungspflichtig sein. Auch hier wollen wir eine deutliche Positionierung.

3. Wir wollen, dass der Landtag den Richterinnen und

Richtern und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Fachgerichtsbarkeiten ein deutliches Signal gibt, dass dieser Landtag sich gegen eine solche Reform ausspricht. Wir meinen, das sind wir ihnen schuldig.

Meine Damen und Herren, ich habe bewusst auf tief greifende inhaltliche Argumente, die gegen eine Zusammenlegung sprechen, verzichtet – nicht nur, weil es kurz vor Weihnachten ist, sondern weil ich davon ausgehe, dass alle demokratischen Fraktionen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern der Position der Ministerin und damit auch unserem Antrag zustimmen werden. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Justizministerin Frau Kuder.

(Ministerin Uta-Maria Kuder spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)

Werte Frau Borchardt! Sehr geehrte Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE! Klar, ich meine, der Antrag läuft ins Leere. Ich finde das sehr nett, dass Sie sagen, Sie möchten mich unterstützen durch ein Votum des Landtages, aber seien Sie sicher, ich bin in dieser Position sehr gefestigt

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wurden aber dazu aufgefordert, zusammenzuarbeiten und zu unterstützen.)

und stehe auch weiter zu dem, was ich bisher immer gesagt habe: Inhaltlich liegen wir beieinander. Auch ich vertrete die Auffassung wie der Richterbund und die Neue Richtervereinigung, nämlich keine Zusammenlegung von

Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeiten. Mir ist auch die Argumentation zu dünn, die da heißt, wir müssen diese Zusammenlegung machen, um im Personaleinsatz flexibler zu werden. Ich glaube, das ist nur allein mit dem extremen Anstieg der Arbeitsbelastung der Sozialgerichte nicht richtig begründbar. Wir müssen uns einfach nur überlegen, wie sähe es denn aus, wenn ein neues Gesetz käme – von wem auch immer gemacht –, das eine extreme Belastung eines anderen Gerichtszweiges hervorrufen würde. Wollen wir dann wieder irgendetwas zusammenlegen?

Wirklich konsequent wäre man nur dann, wenn man sagen würde, wir legen alle Gerichtsbarkeiten zusammen. Das halte ich aber für Blödsinn.

(Udo Pastörs, NPD: Blödsinn?)

Ich halte die Spezialisierung in den Fachgerichtsbarkeiten, die jahrzehntelang Bestand hat und womit wir immer gut gefahren sind, für richtig. Insofern kann ich nur sagen, herzlichen Dank für Ihre gewollte oder angebotene Unterstützung. Ich glaube, ich komme damit auch allein zurecht. Ich kann nur sagen, wir lehnen die Zusammenlegung weiterhin ab. Ich bin sicher, auch wenn wir eine Mehrheit in der Justizministerkonferenz zwar für die Zusammenlegung haben, wird sie aber nicht ausreichend sein, zumindest für eine Zweidrittelmehrheit, die aus unserer Sicht notwendig wäre für eine entsprechende Änderung dann auch des Grundgesetzes. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Drese.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen, auch wir sprechen uns gegen eine Zusammenlegung von öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten aus.

Justizministerin Kuder hat sich ebenfalls bereits anlässlich der Herbstkonferenz am 9. November in Berlin öffentlich gegen eine solche Zusammenlegung von öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten ausgesprochen. Das Grundgesetz fordert eine solche Trennung zwischen Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeiten. Eine Änderung des Grundgesetzes hin zu einer Zusammenlegung von öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten auf Länderebene damit zu rechtfertigen, dass auf unterschiedliche Belastungswirkungen in den getrennten Gerichtsbarkeiten flexibler reagiert werden soll, ist auch für mich nicht nachvollziehbar.

Ich kann es daher heute ganz kurz machen: Anstatt einer Zusammenlegung von Sozial- und Verwaltungsgerichten das Wort zu reden und damit eine Änderung des Grundgesetzes anzustreben, wäre es einfacher und sicherlich auch sinnvoller, Änderungen im Sozialleistungsrecht vorzunehmen, um die Belastung der Sozialgerichte an sich zu verringern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch aus unserer Sicht bedarf es schlichtweg dieses Antrags nicht. Er ist überflüssig, wir lehnen ihn ab. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Saalfeld von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Die hier geführte Debatte um den Beschluss der Justizministerinnen und Justizminister vom 9. November 2011 ist strikt von der Debatte um die Zusammenlegung oder Standortreduzierung der Amtsgerichte hier im Land zu trennen.