Protokoll der Sitzung vom 03.07.2014

Ich gehe davon aus, dass die bei den Verbraucherzentralen der Länder angesiedelten Marktwächter ganz genau auf die Dispokredite und -zinsen schauen werden. Eines ist aber auch allen hoffentlich klar: Die Zinsbegrenzung bekämpft nur das Symptom beziehungsweise die Folgen, nicht die Hauptursache, nämlich allzu oft leicht und schnell in die Verschuldungsfalle zu geraten. Hier mehr präventiv weiterzuarbeiten, lohnt sich auf jeden Fall, denn dies ist im Interesse Einzelner und im Übrigen auch im Interesse der allgemeinen Gesellschaft. Es ist eben tatsächlich ein dickes Brett, das hier zu bohren ist, bevor die Kunden problematische Verträge eingehen oder natürlich auch in schwierige Lebenslagen geraten. Denn für mich ist auch klar, dass dann Dispo- und Überziehungskredite in Anspruch genommen werden müssen, das ist leicht erkennbar.

Die Schuldnerberater und die Verbraucherzentralen berichten immer wieder, dass es offensichtlich viele Mit

bürgerinnen und Mitbürger gibt, die sich in diese Verschuldungsfalle hineinbegeben, und zum Teil scheint es heute ja auch schick zu sein, Kredite zu haben. Ich warne ausdrücklich noch mal davor: Die allgegenwärtige Schnäppchenjagd verführt natürlich auch viele Verbraucherinnen und Verbraucher zu leichtfertigem Erwerb vermeintlich günstiger Waren oder Dienstleistungen. Das dicke Ende kommt dann irgendwann. Deswegen glaube ich, dass wir gut beraten sind, uns gemeinsam auf den Weg zu begeben, zwischen dem Bund und den Ländern nach Lösungen zu suchen. Diese sehen für mich folgendermaßen aus, um die noch mal kurz zu umreißen:

Erstens. Eine gesetzliche Verpflichtung einzuführen, nach der die Kreditinstitute den Verbraucherinnen und Verbrauchern bei beträchtlicher Dauer einer geduldeten Kontoüberziehung Alternativangebote zu unterbreiten haben, die kostengünstiger sind und nach Bonitätsprüfung in Betracht kämen, das ist der erste Punkt.

Zweitens. Die Kreditinstitute sollen dazu verpflichtet werden, betroffene Verbraucherinnen und Verbraucher auf bestehende Möglichkeiten einer anbieterunabhängigen Schuldnerberatung hinzuweisen.

Drittens. Es ist zu prüfen, ob und wie eine stärkere Einbeziehung der Kreditwirtschaft in die Finanzierung einer anbieterunabhängigen Schuldnerberatung zu realisieren ist.

Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesem so zustimmen können, dann bitte ich auch, dass wir uns mit dem Thema weiter befassen. Ich bin gerne bereit, Sie in den nächsten Wochen und Monaten in den entsprechenden Ausschüssen, wenn es gewünscht ist, darüber zu informieren. Ich danke für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass diejenigen, die in dieser Falle sitzen, möglichst schnell aus diesem Dilemma herauskommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Backhaus.

Das Wort hat jetzt Herr Eifler von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Herr Brie, Sie haben im Zusammenhang mit Ihrem Antrag das eine oder andere Zitat gebraucht. Ich möchte beginnen und auch nur ganz kurz auf das Thema eingehen, aber mit einem Rat, den ich von meinen Eltern auf den Weg bekommen habe, und der gilt heute noch. Die haben mir also gesagt: Denk dran, du kannst immer nur das ausgeben, was du gerade in der Tasche hast!

Nun wissen wir natürlich, wie die Lebensumstände und die Lebensläufe spielen und dass das nicht immer realistisch und möglich ist, dass man also auch finanzielle Hilfe und Unterstützung braucht, zum Beispiel derjenige, der ein Haus baut. Das ist also so aus der Tasche eben nicht zu finanzieren.

Aber gerade zu dem Thema „Dispo- und Überziehungskredite“, denke ich, hat Minister Backhaus ausführlich berichtet, wie der Stand in der Verbraucherschutzministerkonferenz ist. Und von daher, nach diesem umfängli

chen Vortrag von Minister Backhaus, sehen wir, unsere Fraktion, nicht die Notwendigkeit dieses Antrages. Ich will ihn nicht als Schaufensterantrag bezeichnen, weil das Thema viel zu ernsthaft ist. Die Menschen, die in der Situation sind, haben sich aber freiwillig da hineinbegeben, haben einen Vertrag unterzeichnet und sind da reingegangen. Und wenn Banken es zu ihrem Geschäftsmodell machen und so ein Geschäftssystem haben, durch das Verleihen von Geld Geld zu verdienen, ist das die Geschäftsgrundlage der Banken. Aber dass es einer Regulierung bedarf, macht ja deutlich, dass sich die Verbraucherschutzministerkonferenz damit auseinandergesetzt hat, und es sind genau diese Kriterien aufgefasst worden.

Auch in Bezug auf die Information, die Sie für den Landtag wünschen, hat der Minister hier gerade ein Angebot gemacht: Er kommt in die Ausschüsse. Also von daher sehen wir die Notwendigkeit dieses Antrages nicht und werden dem auch nicht zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke.

Das Wort jetzt hat jetzt die Abgeordnete Frau Gerkan von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema heute, wie Sie wissen, ist kein neues. Bereits 2010 hat die Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag „Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Überziehungszinsen schützen“ eingebracht. Ähnliche Anträge sind dann durch verschiedene Landtage und unterschiedliche Fraktionen bearbeitet worden. Auch hier im Landtag hat DIE LINKE vor einem Jahr bereits einen vergleichbaren Antrag gestellt, doch mit dem entscheidenden Unterschied, dass Sie 2013 bei der Begrenzung der Dispositions- und Überschreitungskredite auf die Angabe von entsprechenden Prozentpunkten verzichtet haben.

Die Abzocke könnte aus unserer Sicht einmal durch eine Präzisierung der sogenannten Wuchergrenze nach Paragraf 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches beendet werden oder es ist auf der Basis eines marktabhängigen schwankenden Referenzzinssatzes eine flexible Deckelung für Dispositions- und Überziehungszinsen zu ermitteln.

Bei der Begrenzung würden wir Bündnisgrüne eine EUweite Regelung begrüßen. Allerdings muss man darauf achten, dass die Obergrenze nicht so niedrig liegt, dass die Banken dann überhaupt keinen kurzfristigen Dispo mehr für Unternehmen, aber auch für Privatpersonen, die sie benötigen, einräumen. Die Benennung unter dem Punkt I.4 von maximal fünf beziehungsweise acht Prozentpunkten halten wir für problematisch, denn die Regelung muss sowohl für die Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für den Bankensektor eine tragfähige Lösung mit sich bringen. Ansonsten würden wir doch den Verbraucherinnen und Verbrauchern einen Bärendienst erweisen. Von daher beantragt unsere Fraktion eine punktweise Abstimmung.

Der vorliegende Antrag hat in letzter Zeit dadurch an Aktualität gewonnen – Herr Backhaus hat das erwähnt –,

dass die Verbraucherschutzministerkonferenz Mitte Mai dieses Jahres in Rostock-Warnemünde tagte. Die Ministerinnen und Minister beschlossen hier, die Zinssätze für Dispositionsüberschreitungskredite gesetzlich zu deckeln, falls die Banken nicht innerhalb der nächsten sechs Monate flächendeckend die Zinssätze korrigieren.

Zudem – auch bereits erwähnt, das freut uns sehr – war man sich darin einig, dass die Kreditwirtschaft zur Finanzierung unabhängiger Schuldnerberater herangezogen werden müsse. Das sollte unserer Auffassung nach in diesem vorliegenden Antrag noch mal bekräftigt werden. Hier bitte ich Sie um Unterstützung unseres Änderungsantrages, denn wer mit überzogenen Dispozinsen Geschäfte macht, sollte auch an den Beiträgen zur Schuldnerberatung beteiligt werden. Diese Schuldnerberatung sollte natürlich unabhängig von der Kreditwirtschaft im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher durchgeführt werden. Das ist mehr als gerecht.

An dieser Stelle freut mich insbesondere, dass der Herr Minister Backhaus sich bereits in seiner Rede unterstützend zu unserem Änderungsantrag geäußert hat.

(Stefanie Drese, SPD: Das haben Sie irgendwie falsch verstanden, glaube ich.)

Es ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher im ländlichen Raum schwer, sich angesichts des schwachen Filialnetzes für ein neues Geldinstitut zu entscheiden. Das müssen wir hier an dieser Stelle noch mal festhalten. Auch wenn uns der Antrag aus besagten Gründen bekannt vorkommt, er einen gewissen Wiedererkennungswert hat, ist er zu diesem jetzigen Zeitpunkt durchaus richtig und wichtig.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag und ich beantrage punktweise Abstimmung, da wir dem Punkt I.4 aus den dargelegten Gründen nicht zustimmen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke.

Das Wort hat jetzt Frau Drese von der SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Anliegen des zu beratenden Antrags, den Verbraucherschutz beim Dispositions- und Überziehungskredit zu verbessern, können wir uneingeschränkt bejahen. Auch die Forderung nach einer gesetzlichen Deckelung der Zinsen von Dispositions- und Überziehungskrediten haben wir als Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpom- mern schon lange auf der Agenda. Allerdings bestimmen wir nicht allein, welche Position des Landes dazu eingenommen wird. So erklärt sich auch die bisherige Präferenz der Landesregierung für eine Selbstbeschränkung der Kreditinstitute beim Dispositions- und Überziehungskredit.

Für uns stellt sich allerdings die Frage, warum ausgerechnet jetzt dieser Antrag gestellt wird, wo die Politik doch endlich reagiert hat. DIE LINKE stellt das selbst fest und begrüßt den Beschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz für einen verbesserten Verbraucherschutz

bei Dispositions- und Überziehungskrediten aus dem Mai 2014 in Rostock-Warnemünde – ein Beschluss, der mit großer Mehrheit zustande gekommen ist, ein Beschluss, der natürlich entsprechend der politischen Farbenlehre des Gremiums einen Kompromiss darstellt, einen Kompromiss allerdings, den wir als großen Erfolg ansehen. Kritik daran, dass den Banken noch sechs Monate Bedenkzeit eingeräumt werden, ist daher nicht angebracht.

In ihrem Antrag geht die Fraktion DIE LINKE bewusst oder unbewusst nur auf die Beschlusslage zur gesetzlichen Deckelung von Zinsen für Dispositions- und Überziehungskredite ein. In den Punkten zwei und drei des Beschlusses geht die Verbraucherschutzministerkonferenz aber viel weiter. Darin wird gefordert, dass die Banken hinsichtlich des Angebots kostengünstiger Alternativen für Betroffene verbindlich in die Verantwortung genommen werden sollen. Zudem sollen sie verpflichtet werden, auf bestehende Möglichkeiten einer anbieterunabhängigen Schuldnerberatung hinzuweisen. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, ob und wie eine stärkere Einbeziehung der Kreditwirtschaft in die Finanzierung einer anbieterunabhängigen Schuldnerberatung zu realisieren ist.

Das sind Ansätze von Prävention und Beratung, die bei dem Thema unbedingt dazugehören und von der Verbraucherschutzministerkonferenz schon aufgenommen wurden, denn eines dürfen wir dabei nicht vergessen: Dispositions- und Überziehungskredite sind Schulden, die gemacht werden, Schulden, für die es eine ganze Reihe guter Gründe geben kann, aber – und das gehört zur Wahrheit dazu – die auch oftmals auf Konsumverhalten und Lebensweise zurückzuführen sind. Hier ist die gesamte Gesellschaft gefordert, sich einem Klima entgegenzustellen, in dem Schuldenmachen als schick gilt. Leider wird es den Verbraucherinnen und Verbrauchern oft auch zu leicht gemacht, sich zu verschulden. Die Verführungskünste der Werbung sind groß. Ein namhaftes Kommunikationsunternehmen wirbt derzeit mit dem Slogan „Handyvertrag trotz Schufa“. Hier hört für mich seriöse Werbung auf.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich habe dieses Beispiel aufgeführt, um noch einmal deutlich zu machen, dass das Problem „Überschuldung“ nicht allein mit einer gesetzlichen Deckelung der Zinsen von Dispositions- und Überziehungskrediten zu lösen ist, auch nicht mit einer Verteuerung von Konsumentenkrediten, Herr Dr. Brie.

Zurück zu dem Antrag: Der Landtag soll feststellen, was bekannt ist, und er soll Kritik an den Beschlüssen der Verbraucherministerkonferenz üben. Mit uns nicht, sehr geehrter Herr Dr. Brie, und das ist kein Verstecken hinter der Regierung. Der Antrag ist zum jetzigen Zeitpunkt eben nicht notwendig. Wir lehnen ihn ab, ebenso wie den Änderungsantrag. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt noch Frau Rösler von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Minister Backhaus, Ihr heutiger Beitrag hat mir sehr gefallen.

(Beifall Manfred Dachner, SPD – Zurufe vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE: Oh!)

Sie haben heute deutliche Worte gefunden, und ich meine mich erinnern zu können, in der letzten Debatte gab es die so noch nicht. Insofern danke schön.

Dispo- und Überziehungskredite mit Zinssätzen von zum Teil weit über zehn Prozent sind durchaus ein lohnendes und sicheres Geschäft für die Banken, jedoch, und das ist nicht zu leugnen, zulasten gerade derjenigen Bankkunden mit schmalem Budget. Herr Minister Backhaus, Sie haben das ja schon ausgeführt. Ich hätte mir das auch von Frau Drese gewünscht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir wollen es ja nicht gleich übertreiben.)

Das sind Bankkunden, die gerade so über die Runden kommen,

(Andreas Butzki, SPD: Wir müssen ja nicht alles wiederholen.)