Protokoll der Sitzung vom 19.09.2014

Den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen wir. Die Schwierigkeiten sehen wir sehr wohl, Frau Finanzministerin. Aber wo Schwierigkeiten sind, finden sich meist auch Wege, diese zu überwinden.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wer nicht kämpft, hat schon verloren, nicht wahr, Frau Schwenke?)

Wir verstehen den Antrag als Votum des Parlaments zur Unterstützung des Regierungshandelns. Ich hoffe, dass es dieses Mal eine Mehrheit im Bundesrat dafür gibt und die dann schnell zu Gesetzesänderungen führt.

Wenn das der Fall sein sollte, dann gilt es aber, weitere Hausaufgaben auch hier im Lande zu erledigen, denn um zu sichern, dass die Gewerbesteuern tatsächlich in den Standortgemeinden zumindest zum größten Teil verbleiben, brauchen wir auch Regeln, damit solche Erträge nicht sofort von den Amts- und Kreisumlagen aufgefressen werden.

(Heinz Müller, SPD: Ja, aber!)

Zum Schluss sei noch einmal betont: Eine Änderung des Gewerbesteuerrechts für Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien nach der installierten Leistung wird nicht ausreichen, um die Akzeptanz der Bürgerinnen

und Bürger und der Kommunen zu steigern. Weitere Schritte sind nötig, wie es uns die laufenden Diskussionen um die regionalen Raumentwicklungsprogramme und das Landesraumentwicklungsprogramm deutlich vor Augen führen. Wenn wir richtig verstehen, was uns sowohl Kommunalvertreter als auch Bürgerinnen und Bürger sagen, dann sind die Zeiten, in denen man sich die Zustimmung zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien einfach erkaufen konnte, vorbei. Es ist auch viel politisches Fingerspitzengefühl nötig und Überzeugungsarbeit zu leisten. Und dazu gehört aus unserer Sicht auch wesentlich, dass der Wärmesektor in den Fokus zu nehmen ist, denn sowohl die Wärmeversorgung als auch die Kraftstoffe, das sind die Kosten, die die Bürgerinnen und Bürger am meisten drücken.

Trotzdem, ich wiederhole es noch einmal: Wer die Belastungen durch den dringend notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien ertragen muss, der soll auch den daraus entstehenden Ertrag haben.

Das versprochene Beteiligungsgesetz muss endlich schnell auf den Tisch. Je länger es dauert, umso schwieriger wird es, die Bürgerinnen und Bürger von seinem Nutzen zu überzeugen. Ich bitte Sie, warten Sie nicht so lange, bis die nächste EEG-Novelle den Ertrag noch weiter schmälert, der überhaupt zu verteilen ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das freut mich, Frau Schwenke, selber keine Ideen und andere für sich arbeiten lassen.)

Ums Wort gebeten hat noch einmal die Finanzministerin des Landes Frau Polzin.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur gerne klarstellen, warum hier „Nutzung“ steht und nicht „Erzeugung“.

Die erneuerbare Energie ist die Sonne oder der Wind. Die erzeugen wir nicht, wir nutzen sie. Und darum steht da „Nutzung“. Und ich bitte, dass das bleibt, sowohl in der Überschrift als auch im Text.

Danke, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Liskow.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Sonne und Wind müssen in Energie umgewandelt werden. – Ministerin Heike Polzin: Die werden in eine andere umgewandelt.)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gundlack und Frau Ministerin Polzin haben ja schon ganz eindeutig dargelegt, worum es in diesem Antrag geht, dass eigentlich die Kommunen viel besser an den Gewerbesteuereinnahmen der erneuerbaren Energien im Land profitieren. Wir haben das Problem, dass die Akzeptanz vor Ort doch immer geringer wird und dass wir uns überlegen müssen, wie können wir diese vor Ort erhöhen, aber nicht nur

deswegen, sondern auch dass wir die Finanzkraft der Kommunen vor Ort stärken.

Die Zerlegung der Gewerbesteuer ist eine Möglichkeit. Wir haben auch schon gehört, dass die Landesregierung da verhältnismäßig aktiv dran arbeitet, dass wir die Möglichkeiten der Zerlegung ändern. Ich glaube, es ist auch richtig und notwendig, dass die Landesregierung in diesem wichtigen Punkt, der uns hier wirklich alle betrifft, noch mal die Unterstützung des Parlamentes bekommt.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Keine Widersprüche.)

Frau Dr. Schwenke, Sie sagen zwar, hätte die Opposition das gemacht, dann wäre da anders argumentiert worden, aber ich glaube, das ist wirklich ein Thema, wo wir als Parlament ganz eindeutig sagen müssen, hier müssen wir unterstützend wirken. Und ich glaube auch, dass es an der Stelle notwendig ist.

Wir wissen aber auch, dass die Gewerbesteuer eine reine Gewinnsteuer ist,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Eine Gewerbesteuer ist keine reine Gewinnsteuer.)

und wir wissen auch, auf den Gewinn wird die Gewerbesteuer zum Großteil erhoben,

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Nicht Gewinn!)

aber auch auf die Sachanlage in diesem Fall beim EEG …

(Johann-Georg Jaeger, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Für das Leistungsvermögen ist das.)

Ja, ja, genau. Dann war es ein bisschen unglücklich ausgedrückt.

Auf jeden Fall ist es so, dass die Gewerbesteuer nicht ausreicht, um die Akzeptanz zu erhöhen bei den Kommunen oder bei den Sitzgemeinden. Deswegen sollte man auch noch mal überlegen, ob es andere Möglichkeiten gibt, Erträge für die Kommunen vor Ort zu erzeugen. Und da gibt es die unterschiedlichen Möglichkeiten, die man hier ja auch nicht in der Debatte sozusagen schon im Vorfeld herausgreifen soll. Aber ich könnte mir vorstellen, dass man zum Beispiel eine Abgabe macht auf die installierte Leistung oder auch auf die produzierte Leistung. Aber da muss man natürlich auch darüber nachdenken, ob das durch die anderen Länder mitgetragen wird. Auf jeden Fall ist es eine Überlegung wert. Und die Arbeiten, die derzeit der Energieminister unternimmt, um die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen, die sollten auch nachher einfließen.

Jetzt geht es aber ganz speziell darum, die Bundesratsinitiative zu unterstützen, um die Zerlegung zu ändern und damit den ersten Schritt zur Verbesserung der Finanzeinnahmen der Kommunen vor Ort zu erreichen. Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag selbstverständlich als Einbringer auch zustimmen.

Zu dem Änderungsantrag der GRÜNEN haben wir ja auch schon gehört, dass es gut gemeint ist, aber tech

nisch derzeit nicht möglich ist, es aber auch mit unserem Antrag an sich nicht so viel zu tun hat, und deswegen lehnen wir diesen ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abgeordnete Herr Jaeger.

(Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Abgeordnete! – Heiterkeit vonseiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das Mitglied des Landtages. – Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gleich vorweg: Wir können einigen Verbesserungen an diesem Antrag zustimmen, aber wir stimmen der grundsätzlichen Aussage dieses Antrages selbstverständlich zu, und das ist: Das Land wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die Kommunen stärker zu beteiligen. Das findet unsere Zustimmung. Deswegen werden wir diesem Antrag am Ende auch zustimmen.

Wir schlagen allerdings vor, und das beantrage ich hiermit auch, die Überweisung in den Energie-, Wirtschafts- und Finanzausschuss, um dort noch mal darüber zu reden. Ich werde jetzt auch kurz erläutern, welchen Redebedarf wir da haben.

Die Unterscheidung, das will ich gleich am Anfang sagen, zwischen Nutzung und Erzeugung ist eher eine philosophische Frage. Was keine philosophische Frage ist, Herr Liskow, ist der Punkt, direkt von der produzierten Leistung. Das funktioniert nicht. Alle anderen Redner haben das hier richtig vorgetragen. Es geht um die installierte Leistung, produziert wird die Arbeit. Das ist – das hören wir uns jedes Mal von Professor Weber von der Universität Rostock an – ganz zentral, das kann man nur richtig oder falsch sagen. Es heißt „installierte Leistung“. Das sollte man vielleicht auch redaktionell ändern, damit das so nicht stehen bleibt.

Jetzt aber zum Thema: Die Gewerbesteuer dient dazu, das ist der Grundansatz der Gewerbesteuer, dass die Gemeinden, die von einem Gewerbebetrieb betroffen sind, von den negativen Auswirkungen, auch etwas von diesem Gewerbebetrieb haben. Das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass man einfach gesagt hat: Das ist der Betrieb und wo der Betrieb sitzt, da wird die Gewerbesteuer gezahlt.

(Heinz Müller, SPD: Jo.)

Nun gab es aber intelligente Leute, die gesagt haben: Ich habe hier eine kleine Gemeinde, wir haben hier kein Gewerbe, wir machen jetzt mal hier die Gewerbesteuer auf null. Wir können große Mieteinnahmen erzielen, indem die Leute hier den Sitz des Unternehmens anmelden, aber wo ganz anders produzieren. Das Ergebnis war, die hatten dann Wahnsinns-Briefkastenfirmen. Irgendwann ist das dann auch der Bundesregierung aufge

fallen. Sie hat gesagt, das geht so gar nicht, das muss zerlegt werden nach den Arbeitslöhnen. Also war man wieder einen Schritt weiter.

Dann kamen aber jetzt die regenerativen Energien dazu. Natürlich ist die Auswirkung nicht der Betriebsführer, der den Hörer in die Hand nimmt irgendwo in Bremen, Rostock, München, sondern die Anlagen, die sich drehen, die großen Fahrzeuge, die die Anlagen anliefern müssen, die die Wege zerfahren. Und genau deswegen müssen diese Gemeinden die Gewerbesteuer bekommen.

Nun ist es also so, dass die Bundesregierung sich entschlossen hat, diesen 70:30-Maßstab zu finden. Und – das ist wichtig – es gibt die Möglichkeit, im Einvernehmen zwischen den Gemeinden eine andere Regelung zu finden. Das läuft dankenswerterweise bei uns im Land eigentlich relativ gut. In Rostock ist im Moment – ich weiß von mindestens zwei großen Windkraftfirmen –, Rostock ist zunehmend Sitz der Windkraftfirmen, also von Windparks. Rostock bekommt 10 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen und die Windparks, die in MecklenburgVorpommern liegen, bekommen 90 Prozent.

Immer noch bleibt das Problem mit Sachvermögen, was ja hier auch mit abgearbeitet werden soll. Aber das ist eine Regelung, von der ich mir wünsche, dass sie vom Finanzministerium noch mal ausdrücklich gewünscht und unterstützt wird. Das wäre ein wichtiges Signal in die Finanzämter unseres Landes hinein, dass die da nicht lange hin und her überlegen und dann Gesetze wälzen, sondern dass sie sagen: Das ist die Zielrichtung des Landes und wir prüfen da positiv in diese Richtung.

In der Vergangenheit – eine kleine Kritik, und deswegen freut mich auch die Aussage der Finanzministerin –, in der Vergangenheit ist es tatsächlich vorgekommen, dass die Finanzämter unseres Landes ausgeschwärmt sind, um Betriebsstätten zu kontrollieren, ob denn wirklich der Windpark, der hier in der Gemeinde, Standortgemeinde, anwesend ist, auch hier seine Verwaltung sitzen hat. Und dann wurde mit viel Mühe, mit Vor-Ort-Kontrollen, Briefkastenkontrollen und so weiter nachgewiesen, dass das nicht der Fall ist, dass ganz offensichtlich die Betriebsführung von Bremen aus läuft und deswegen folgerichtig der Windpark auch in Zukunft in Bremen ordentlich zu versteuern ist. Das ist eigentlich ein unfassbarer Vorgang, aber ich glaube, das gehört jetzt der Vergangenheit an. Deswegen ist es wichtig, das Signal der Finanzministerin zu haben: Wir wollen da anders rangehen in der Prüfung. Niemand wird eine Firma vor Ort prüfen, wenn an der Standortgemeinde der Windpark angemeldet wird. Das ist der Wunsch, damit die Standortgemeinde genau das Geld bekommt.

Ich bin deswegen der Meinung, dass wir den Antrag vielleicht noch mal überweisen sollten in die zuständigen Ausschüsse, weil ich gerade den Punkt 2 für relativ missverständlich halte.

Frau Finanzministerin, Sie haben es vorgetragen, Sie haben gesagt: Je größer die Leistung wird, umso mehr müsse die Gemeinde bekommen. Das ist aber eigentlich gar nicht das, was da gemeint ist. Gemeint ist, dieser 70Prozent-Anteil, der bisher über Sachvermögen läuft – und das Sachvermögen ist maßgeblich die Windkraftanlage und nicht die Telefon- und Computeranlage im Büro –, dass dieses Sachvermögen in Zukunft gleichgesetzt werden soll mit der installierten Leistung und damit durch die

Abschreibung das nicht mehr vermindert wird, sondern klar ist, die installierte Leistung bleibt bestehen. Das ist die Grundidee.