Protokoll der Sitzung vom 01.02.2012

(Jürgen Suhr, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht ja um eine Enquete.)

Ja, es ist schon klar.

Wir wollen keine Enquetekommission zum demografischen Wandel, sondern wir wollen eine Enquetekommission zum Älterwerden. Und bei der Aufgabe, die wir uns gestellt haben, ist es schon schwierig genug, die Sache zu handeln. Machen Sie mal Folgendes, Herr Suhr, schauen Sie mal in Richtung Nordrhein-Westfalen! Die haben vor mehreren Jahren eine Enquetekommission gemacht zum Thema „Zukunft der Pflege“. Die ist publiziert worden. Das ist so ein Schinken. Damit haben die sich mehrere Jahre beschäftigt, nur mit dem Thema Pflege.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Den Anspruch haben wir nicht. Wir wollen das nicht auf Pflege reduzieren. Aber das so auszudehnen, wie Sie das vorschlagen, das wäre quasi eine Kommission, die sich mit allen Lebenslagen beschäftigen muss. Und das ist nicht der Ansatz.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Frau Gajek hat ja hier argumentiert, man müsste das weiter ausweiten. Ich will das mal an einem Beispiel verdeutlichen: Frau Gajek kommt aus Schwerin. In Schwerin sind ungefähr 34 Prozent der Leute heute 60 Jahre alt und älter. Vor einigen Jahren hat es eine Untersuchung gegeben zum Thema „Altersgerechter Wohnraum“, mit dem Ergebnis, dass uns in der Bundesrepublik Deutschland mehrere 100.000 Wohnungen fehlen, die altersgerecht zugänglich sind.

Jetzt hat diese Landeshauptstadt Schwerin auch ein Wohnungsunternehmen und eine Wohnungsgenossenschaft und mehrere andere Anbieter. Und die Frage ist ja: Was passiert an der Stelle? Also hier fehlen in Größenordnungen altersgerechte Wohnungen. Wenn man sich hier mal so umtut, werden Sie feststellen, das Thema Fahrstühle und dergleichen, das finden Sie nur in

einigen Wohnungen sehr, sehr gering durchsetzt. Und die Frage ist: Wie kommen wir zu Verbesserungen? Jetzt kann man sagen, okay, reguliert der Markt. Wenn es eine hohe Nachfrage gibt, dann werden die Wohnungsunternehmen das irgendwann machen, und die, die nachfragen, müssen bezahlen. Da ist die Frage: Haben die Leute letztendlich die Mittel, um das finanzieren zu können?

(Torsten Renz, CDU: Nein.)

Es gibt die Möglichkeit der öffentlichen Förderung. Herr Holter sprach an die Verantwortung durch das Land. Dann ist die Frage: Wird das Land das finanzieren können? Wo ist der kommunale Beitrag an der Stelle? Das heißt also, wenn Sie sich nur dieses Thema Wohnen unter dem Gesichtspunkt älter werdende Bevölkerung ansehen, haben Sie eine Vielzahl von Fragen zu beantworten.

Das Gleiche gilt für alle anderen Bereiche. Es gilt für den Bereich Verkehr, es gilt für den Bereich Gesundheit, es gilt für den Bereich der Pflege und so weiter und so fort. Und wenn man sich die Aufgabe stellt, hier etwas erreichen zu wollen und zu Ergebnissen zu kommen, kann man das nicht unendlich ausdehnen. Deswegen ist unser Ziel, unter dem Gesichtspunkt der älter werdenden Bevölkerung das zu betrachten und auch zu untersuchen.

Und dann noch mal so ein bisschen zum Arbeitsansatz dieser Kommission. Meines Erachtens geht es nur konsensorientiert. Also man muss die Frage beantworten: Wer macht was wie in welchen Zeiträumen und wie wird die Sache letztendlich finanziert? Und da ist es nicht hilfreich, wenn einer auf den anderen guckt und sagt, das ist ja eigentlich deine Aufgabe oder du musst es machen und du musst es bezahlen. Das wird uns nicht weiterhelfen. Und man muss sich auch lösen von parteipolitischen Gesichtspunkten an der Stelle. Also wenn man sich über Zeiträume unterhält und letztendlich langfristig bestimmte Dinge festlegt, dann muss das durchgetragen werden, egal wer letztendlich gerade die Regierung stellt. Ansonsten macht das keinen Sinn.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Meine Rede.)

Aber dieses Thema hat für uns eine derartig große Bedeutung, dass wir, glaube ich, uns auf diesen Weg machen sollten und versuchen sollten, im Rahmen dieser Enquetekommission nicht nur zwischen den Parteien des Landtags, sondern auch zwischen den Akteuren auf den anderen Ebenen, die involviert sind – ob das die Kommunen sind, die Wohnungsunternehmen, die Pflegeverbände und dergleichen mehr –, Konsens zu erzielen und zu sagen, so, darauf können wir uns verständigen und das wollen wir empfehlen, innerhalb bestimmter Zeiträume letztendlich zur Umsetzung zu bringen. Das ist von unserer Vorstellung her das, was diese Enquetekommission leisten sollte. Und deswegen haben wir auch den Wunsch, dass es dabei bleibt, und werden dem Antrag nicht zustimmen.

Herr Heydorn, ich sehe, Herr Suhr möchte eine Frage stellen. Kann er dies tun? interjection: (Zustimmung)

Vielen Dank, Herr Kollege Heydorn.

Ich habe eine Frage. Meine Frage orientiert darauf: Teilen Sie die Auffassung, dass es sich bei der demografi

schen Entwicklung in Mecklenburg-Vorpommern um eine ganze Reihe von Problemen handelt, die generationsübergreifenden Charakter haben, und wie wollen Sie dem möglichen Eindruck begegnen, dass sich andere Generationen, also nicht die älteren, sondern die jüngeren Generationen, ungleich behandelt fühlen, wenn der Landtag diese Schwerpunktsetzung vornimmt?

Also der demografische Wandel betrifft nicht nur die Älteren. Aber unserem Erachten nach sollte die älter werdende Gesellschaft die besondere Herausforderung im demografischen Wandel sein. Wenn Sie sich gerade in der Fläche die Entwicklung ansehen, tauchen schon sehr die Fragen auf: Wie will ich ärztliche Versorgung sicherstellen für Menschen, die in der Fläche immer älter werden? Wie will ich das Thema „Pflegerische Versorgung“ sicherstellen? Wo sollen letztendlich die Leute wohnen? Welche Verkehrsanbindungen sind zu realisieren? Also ich will diese Wertigkeit gar nicht herstellen. Meines Erachtens ist das Thema „Älter werdende Gesellschaft“ eine herausragende Aufgabe in diesem Land.

Ich möchte damit die Jüngeren nicht abkoppeln und ich bin auch nicht der Meinung, dass das Thema „Jüngere Menschen in Mecklenburg-Vorpommern“ politisch kein Thema ist. Ich finde nur, das kann letztendlich in dieser Enquetekommission nicht bearbeitet werden, weil der Arbeitsauftrag dieser Enquetekommission dann nicht mehr zu leisten ist. Man muss ja auch immer die Frage stellen: Wie lassen sich solche Dinge operationalisieren?

Um das mal zu versuchen zu verdeutlichen: Stellen Sie sich mal vor, es werden jetzt bestimmte Experten in die Enquetekommission berufen. Da sitzen dann Leute, die kommen gegebenenfalls aus dem Wohnbereich. Die hören sich dann das Thema Pflege an und so weiter und so fort. Das sind ja alles Dinge, die muss man unter einen Hut bringen, und das kann man beliebig ausweiten. Deswegen sagen wir: Älter werdende Gesellschaft ist eine wirklich herausragende Situation in MecklenburgVorpommern, die es verdient, dass man sich ihr gesondert und mit hoher Aufmerksamkeit zuwendet. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Torsten Renz, CDU: Sehr richtig, Herr Heydorn.)

Danke.

Das Wort hat jetzt Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich noch mal zu Wort gemeldet, weil Herr Köster hier das Mitglied der Linkspartei Christin Löchner zitiert hat, Mitglied der Linksjugend Sachsen. Und anhand des Umgangs mit diesem Zitat wurde ganz deutlich, wie selektiv die NPD versuchte, Stimmung zu machen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich will Ihnen mal vorlesen, was Frau Löchner im Zusammenhang mit diesem von Herrn Köster gebrachten Zitat geäußert hat. Da heißt es: „Ich tanze am 8. Mai mit

Konfetti durch die Straßen der Städte und danke den Alliierten dafür, dass sie mir den Hintern vor den Nazis gerettet haben.“

(Stefan Köster, NPD: Das ist ja ekelhaft.)

„Mit Gleichgesinnten, der USA und Juden treffe ich mich darüber hinaus regelmäßig, um mich mit ihnen über Leute wie sie zu amüsieren – für jeden guten Witz gelangen sogar 50 Dollar in eine Spendenbox für den Neubau/Renovierungen von Synagogen und jüdische Zentren in der Republik. Nein, ich bin wahrlich nicht hilfreich für den Ausbau ihres Wohnzimmerreiches – und ich habe noch nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei.“ Zitatende. Sie sind einfach hilflos und falsch am Platz hier. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Danke.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/286 abstimmen. Hierzu ist beantragt worden, die Ziffern 1 bis 4 insgesamt sowie über die Ziffer 5 einzeln abzustimmen.

Wer den Ziffern 1 bis 4 des Änderungsantrages zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind die Ziffern 1 bis 4 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/286 abgelehnt mit den Stimmen der Fraktion DIE LINKE, Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und mit den Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und der Fraktion der NPD.

Wer der Ziffer 5 des Änderungsantrages zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 5 des Änderungsantrages der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/286 abgelehnt mit Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, einigen Stimmen der Fraktion DIE LINKE, mit den Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU und der Fraktion der NPD und einer Mehrzahl der Fraktion DIE LINKE. Genau.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/251 zuzustimmen wünscht, den oder die bitte ich um ein Handzeichen. – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 6/251 angenommen mit den Stimmen der Fraktion der SPD, mit den Stimmen der Fraktion der CDU, der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Enthaltung der Fraktion der NPD.

Der Abgeordnete Udo Pastörs, Fraktion der NPD, hat an der Abstimmung nicht teilgenommen. Ich erteile daher dem Abgeordneten Udo Pastörs das Wort zur Abgabe einer Erklärung gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Heydorn, dass Sie es mit der Wahrheit nicht immer so genau nehmen

(Helmut Holter, DIE LINKE: Abstimmungsverhalten!)

und jetzt auch die Flucht nach hinten antreten, Gott sei Dank. Hier noch mal ganz kurz das Originalzitat, was ich gesagt habe.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das wird auch nicht besser dadurch.)

Es ging damals um Hilfe für Kranke und Schwache und ich persönlich habe dann in meiner Rede Folgendes vertreten, …

Herr Pastörs, Sie sollen zum Abstimmungsverhalten sprechen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

Ja, dazu komme ich

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nein, da kommen Sie nicht dazu.)