Ich will an dieser Stelle noch mal eins sagen, und das ist mir wichtig, weil hier immer der Eindruck erweckt wird, na ja, da sind diejenigen, die das Volksbegehren angestoßen haben oder die Volksinitiative seinerzeit angestoßen haben – auch das, Frau Kuder, gehört in die Zeitschiene, dass es da unterschiedliche Stufen gab –, die sind ja kompromisslos nur gegen die Reform. Sowohl die Opposition, sowohl die GRÜNEN, sowohl die LINKEN wie auch die Initiatoren des Volksbegehrens haben Ihnen mehrfach, haben Ihnen immer wieder angeboten, lassen Sie uns ins Gespräch gehen, lassen Sie uns gemeinsam über sinnvolle Reformschritte reden, aber wir beziehen uns nicht auf irgendetwas, was sich auf alte Gutachten bezieht, was unausgegoren ermittelt worden ist, ausermittelt worden ist, sondern wir wollen gemeinsam konstruktiv darüber beraten.
Ich kann nur appellieren: Nehmen Sie das Verfahren ernst! Hören Sie auf die Initiatoren des Volksbegehrens und hören Sie auf fast 150.000 Menschen, die das unterstützt haben! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wurde schon sehr viel gesagt zur Gerichtsstrukturreform und deren Auswirkungen. Es wurden erneut die Argumente dafür und dagegen genannt und auch die erhobenen Vorwürfe der Opposition haben wir gehört. Deshalb werde ich das jetzt nicht alles noch mal wiederholen. Darauf werde ich verzichten.
Eins ist mir aber wichtig und darauf ist Frau Ministerin Kuder bereits eingegangen, trotzdem möchte ich das auch noch mal betonen an dieser Stelle. Beim Lesen des Gesetzentwurfes und der Begründung hat mich eins gewundert: Trotz der Forderung nach vollständiger Rückabwicklung der Gerichtsstrukturreform wird von den Antragstellern des Volksbegehrens ein Reformbedarf zur Ausgestaltung zukunftsfähiger Gerichtsstrukturen anerkannt. Sie fordern in der Begründung die Einsetzung einer Expertenkommission, die alternative Vorschläge zur Auflösung von Gerichten und zur Zentralisierung der Justiz erarbeiten soll.
Das, meine Damen und Herren, passt meines Erachtens mit dem Ziel des Volksbegehrens zum Erhalt des Status quo vor der Gerichtsstrukturreform nicht zusammen. Es kann doch nicht auf der einen Seite die vollständige Rückabwicklung gefordert werden, in dem Wissen, dass dort auch erhebliche Kosten verursacht werden, um auf der anderen Seite selbst eine Veränderung der bestehenden Strukturen zu fordern. Das ist für mich widersprüchlich und auch ein Stück weit inkonsequent.
Unabhängig von der inhaltlichen Diskussion, meine Damen und Herren, zur Gerichtsstrukturreform möchte ich aber nicht vergessen, den historischen Moment zu betonen, der durch die heutige Lesung dieses Gesetzentwurfes bei uns im Landtag erreicht wird.
aber Sie können sicher sein, das können Sie anhand meines Redemanuskriptes sehr gut nachverfolgen, das stand schon vorher drin,
(allgemeine Unruhe – Peter Ritter, DIE LINKE: Da sind Sie besser als Ihr Koalitionspartner an der Stelle, muss man mal sagen.)
Aber dennoch war mir klar, dass das von Ihnen kommt. Seien Sie sicher, das stand hier schon vorher drin, und deswegen brauchte ich das nicht umzuschreiben.
Ja, es ist so, heute ist es in der 20-jährigen Geschichte der Verfassung unseres Bundeslandes zum ersten Mal der Fall, dass sich der Landtag mit einem Gesetzentwurf befasst, der weder von der Landesregierung noch von den regierungstragenden Fraktionen und auch nicht von der Opposition vorgelegt wurde. Heute befasst sich der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern zum ersten Mal mit einem Gesetzentwurf, der von den Vertretern eines Volksbegehrens stammt. Dies ist ein Novum und findet auch aus diesem Grund unsere Anerkennung.
Möglich wurde dies, weil es dem Richterbund und dem Verein „Pro Justiz“ gelungen ist, für das Volksbegehren gegen die Gerichtsstrukturreform die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen, also die notwendige Anzahl von über 120.000 Unterschriften von Wahlberechtigten zu sammeln, und das entgegen aller in ständiger Regelmäßigkeit vorgetragenen Behauptungen, eine
ausreichende Bürgerbeteiligung sei in unserem Bundesland mit den geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen nicht möglich.
Die Antragsteller des Volksbegehrens haben gezeigt, dass es eben doch möglich ist. Das ist ein deutliches Zeichen, meiner Ansicht nach, für die in unserem Land funktionierende direkte Demokratie. Aber auch von Herrn Suhr ist das ja schon mal angesprochen worden, das ist eine andere Baustelle. Wir haben im Zusammenhang mit der Gerichtsstrukturreform über Quoren und derlei Dinge schon öfter diskutiert. Ich hoffe, die Diskussion wird dann auch irgendwann mal zum Ende geführt, da gebe ich Ihnen sogar recht.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion nimmt das erstmalige Erreichen des Quorums für ein Volksbegehren sehr ernst. Wir nehmen dieses Signal aus der Bevölkerung auf und werden uns für eine zügige Bearbeitung im parlamentarischen Verfahren auch starkmachen. Das ist
hier bereits angesprochen worden, auch das trifft für meine Fraktion zu, dass wir für dieses zügige Verfahren eintreten.
Ausdrücklich will ich hier aber dem erhobenen Vorwurf entgegentreten, dass die Koalition durch Zeitablauf vollendete Tatsachen schaffen will. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir die Beratungen in den Ausschüssen nicht verzögern werden. Mein Eindruck ist allerdings, dass die zügige Beratung eben das Ziel aller demokratischen Fraktionen im Landtag ist. Weil wir das Signal aus der Bevölkerung ernst nehmen, wird die CDU-Fraktion für eine Überweisung in den Europa- und Rechtsausschuss sowie Finanzausschuss des Landtages stimmen, denn nur dort ist es dem Richterbund und dem Verein „Pro Justiz“ als Antragstellern des Volksbegehrens möglich, ihr Anliegen vor den Abgeordneten zu erläutern und auch die bei der Sammlung der Unterschriften von der Bevölkerung gewonnenen Erkenntnisse darzustellen. Diese Möglichkeit wollen wir den Antragstellern auf gar keinen Fall nehmen.
Ich freue mich auf die Beratungen in den Ausschüssen und insbesondere auf die Ausführungen der Antragsteller. Gleichzeitig bin ich gespannt, und das meine ich ehrlich, ob sich tatsächlich neue Argumente ergeben werden.
Ich habe schon zum Ausdruck gebracht, dass ich die Ausführungen im Gesetzentwurf des Volksbegehrens für teilweise inkonsequent halte, wenn einerseits die vollständige Rückabwicklung und bei der Übergabe der Unterschriften an die Landtagspräsidentin eine bessere Reform gefor- dert wird. Die Antragsteller geben in ihren ergänzenden Erläuterungen zum Gesetzentwurf an, dass sie Änderungen im Gesetzentwurf für denkbar und für möglich halten. Ich bin neugierig, welche Änderungen für die Antragsteller vorstellbar sind. Meine Fraktion wird deshalb für die Überweisung in die Ausschüsse stimmen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf ist so kurz, knapp und eindeutig gehalten, dass irgendwelche Änderungen sinnlos und überflüssig wären. Ich glaube auch nicht, dass von den Initiatoren der Volksinitiative so etwas kommen wird. Die übliche Weisheit, wonach ein Gesetzentwurf nie so bliebe, wie er in den Ausschuss hineingegangen sei, passt hier nicht. Man kann ihn nur annehmen oder ablehnen.
Natürlich könnte theoretisch jemand auf den Gedanken kommen, eine Mehrheit in dem Ausschuss, zu sagen, wir nehmen diesen Gesetzentwurf jetzt, verändern ihn bis zur Unkenntlichkeit, dann bringen wir ihn wieder in den Landtag rein, präsentieren die Beschlussfassung des Ausschusses und verändern den so, dass in Artikel 1 steht, das Verwaltungsgericht Greifswald kriegt einen neuen Anstrich, Artikel 2, das Oberlandesgericht Rostock kriegt einen neuen Kaffeeautomaten, da der Kaffee ein bisschen dünn ist, wie ich feststellen musste, und Artikel 3, alles bleibt beim Alten. Aber das geht nicht. Das wäre unzulässig nach dem Volksabstimmungsgesetz des
Landes und ich würde so was auch nicht probieren, auf der Gegenseite sind lauter Richter. Das würde wahrscheinlich nicht gutgehen.
Man könnte sich sogar eine Verweisung in die Ausschüsse schenken, denn in der Tat sind alle Argumente ausgetauscht. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass irgend- wer mit etwas völlig Neuem kommen wird. Doch es ist davon auszugehen, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens von ihrem Recht Gebrauch machen wollen, im federführenden Ausschuss und auch in einer Anhörung noch mal ihre Standpunkte darzulegen. Das ist zumindest ihr Recht. Das ist festgelegt im Volksabstimmungsgesetz des Landes und dieses Recht kann man ihnen schlecht abschneiden. Danach aber gibt es keinen Grund, die anstehende Volksabstimmung noch länger hinauszuzögern, und es scheint ja wohl auch nicht geplant zu sein. Das soll September, Oktober, November starten. Besser wäre vielleicht Oktober, da ist die Urlaubszeit so ein bisschen vorbei und die Leute können sich darauf voll konzentrieren.
Ob es so klug ist, bis dahin stur mit der Schließung von Amtsgerichten – als nächstes ist ja wohl Hagenow dran – weiterzumachen, darf bezweifelt werden. Wie der erste Durchgang bei der Oberbürgermeisterwahl in Neubrandenburg gezeigt hat, ist die politische Landschaft in Mecklenburg-Vorpommern recht unberechenbar geworden, der reinste Treibsand. Da ist alles möglich. Vier Prozent für die SPD sind möglich und es ist auch durchaus drin, dass ein solches Volksbegehren und ein solcher Volksentscheid erfolgreich sein könnten, dass auch das entsprechende Quorum zusammenkommt, denn es ist da kein Bundes- oder Landestrend zu sehen, der verbunden mit einer Bundestags- oder Landtagswahl irgendwelchen Einfluss darauf ausüben würde. Der Bürger ist glücklicherweise unausrechenbar geworden.
Die Landesregierung mag auf eine niedrigere Beteiligung hoffen, obwohl sie ja sonst immer viel von Demokratie erzählt. Sie mag auf den Egoismus derer setzen, die in ihrer Stadt nicht betroffen sind. Sie übersieht aber, dass im gesamten ländlichen Raum das Gefühl, dass nach und nach alles verschwindet, was die Infrastruktur ausmacht, weit verbreitet ist. Es sind ja nicht nur die Gerichte, sondern auch Schulen, Arztpraxen und womöglich auch Krankenhäuser. Viele Straßen sehen auch nicht gerade gut aus. Die Polizeipräsenz wird zwar nicht in der offiziellen Statistik, aber in der Wahrnehmung der Bürger immer weniger.
Das Einzige, was mehr wird, sind Asylbewerberheime. Gestatten Sie, dass ich es mal kurz erwähne. Das wird auch der Beitrag der NPD zur Mobilisierung der Mecklenburger und Vorpommern für den Volksentscheid sein, indem wir sagen, immer mehr Asylbewerberheime, dafür aber weniger Gerichte und überhaupt Einrichtungen der Infrastruktur, das kann nicht sein. In Wolgast kein Amtsgericht mehr, dafür demnächst zwei Asylbewerberheime möglicherweise, absolut inakzeptabel.
Der Volksentscheid ist eine Gelegenheit, sich gegen diese bürgerfeindliche Politik zu wehren. Man kann nicht für die eigenen Leute alles dichtmachen und gleichzeitig von Willkommenskultur schwafeln. Letztere muss man sich leisten können, sie ist ein Luxus. Wer es aber nötig
hat, die Rechtspflege abzubauen, ein Kernelement der Staatlichkeit, und damit aus dem letzten Loch pfeift faktisch, sollte davon Abstand nehmen, den großen Max mit den Spendierhosen spielen zu wollen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin fest davon überzeugt, dass auf die Argumentation der NPD die Initiatoren des Volksbegehrens und dann auch diejenigen, die nachher für den Volksentscheid streiten werden, gut verzichten können. Ich denke, dass die demokratischen Fraktionen sich diesbezüglich einig sind, dass man diese beiden Veränderungen oder die Entwicklungen nicht miteinander vermengen darf.
(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von Stefan Köster, NPD)
Ich möchte in diesem Zusammenhang ganz kurz auf einige Argumente der Koalitionsfraktionen eingehen, die hier noch mal zum Ausdruck gebracht worden sind.
Zunächst, Herr Texter, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie den Gesetzentwurf und die Begründung des Volksbegehrens richtig gelesen haben. Herr Müller hat es scheinbar nicht getan. Sie sind darauf eingegangen, dass es sozusagen auch vonseiten der Initiatoren des Volksbegehrens einen Reformbedarf gibt. Das haben wir hier immer wieder zum Ausdruck gebracht. Ich denke, das haben auch die Initiatoren des Volksbegehrens während der Anhörung im Landtag zum Ausdruck gebracht, nur haben Sie als Koalitionsfraktionen es leider nie zur Kenntnis nehmen wollen. Und dass dann, Frau Kuder, das Volksbegehren sich darauf bezieht, den Gesetzentwurf nimmt und einen Status quo haben will, ist, glaube ich, ganz normal und im Grunde genommen der richtige Weg.
Ich will Sie daran erinnern – und Frau Kuder hat sich ja vorhin darauf bezogen, dass es keine Alternativvorschläge gab –, ich will Sie daran erinnern, dass meine Fraktion bereits im Mai 2012, nachdem der erste Reformentwurf das Licht der Welt erblickt hat, hier in diesem Landtag beantragt hat, eine Expertenkommission zu bilden, die den Reformbedarf herausarbeitet, und wir gemeinsam gucken, wo besteht der Reformbedarf, wie können die Strukturen für eine bürgernahe Justiz in Mecklenburg-Vorpommern sein. Aber alles das haben Sie vom Tisch gewischt. Sie wollten es nicht zur Kenntnis nehmen und – auch wenn ich mich wiederhole – Sie konnten es nicht zur Kenntnis nehmen, weil der Koalitionsvertrag festgeschrieben war. Das war von Beginn an das Dilemma und daran kommen Sie auch nicht vorbei. Dass auch Sie in Ihren einzelnen Strukturen ernsthaft darüber nachgedacht haben, ob diese Reform aufgrund der vorliegenden Zahlen wirklich notwendig ist, das haben Sie in Ihren Zeitungsartikeln, in Ihren Statements, in Ihren Wahlkreisen zum Ausdruck gebracht.
Ich will hier noch mal sagen: Leider liegen mir die Zahlen für 2014 noch nicht vor – Frau Kuder hat sich ja noch mal darauf berufen, dass die Eingänge bei den Amtsgerichten
zurückgegangen sind –, für das Jahr 2013 liegen sie vor, ganz signifikante Rückgänge. Dazu kommt, dass aber die Richterinnen und Richter für die notwendige Arbeit immer noch im Bereich liegen. Wir haben fast überall zu wenig Richterinnen und Richter trotz der Eingänge.
Und dass meine Kleine Anfrage bis zum heutigen Tag nicht beantwortet werden konnte, dazu kann ich mir meinen Teil denken. Aber wir werden die Antwort bekommen und auch im Rahmen des Volksbegehrens oder der Entscheidung beziehungsweise Befassung im Ausschuss noch mal darüber reden, das heißt über Ihre Argumente zu dieser Reform, genau zu dieser, die Sie jetzt durchziehen mit aller Macht. Wir haben immer gefordert, lassen Sie uns gemeinsam die Zahlen angucken, lassen Sie uns gemeinsam gucken, wo kann man Einsparungen vornehmen, wo können wir Strukturveränderungen vornehmen, aber nicht in der Radikalität.