Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation erlaubt durchaus landesspezifische Anpassungen. Für unser Land sollte Bildungsurlaub der Förderung beruflicher Weiterbildung dienen, und das gerade vor den Herausforderungen der ganzen Sachen, die Sie verord
net haben im Rahmen der Corona-Pandemie. Da werden unsere Arbeitnehmer reichlich Bildungsurlaub brauchen, um sich entsprechend anpassen zu können nach dem Schaden, den Sie hier angerichtet haben.
Der Gesetzentwurf flexibilisiert die Inanspruchnahme der Weiterbildung, indem zehn Tage Bildungsurlaubsanspruch auf zwei Jahre verteilt werden können. Das mag manchmal sinnvoll sein, sollte aber immer an die Zustimmung des Arbeitgebers oder Dienstherrn gebunden werden.
Eine zu starke Häufung von Weiterbildungstagen in kürzeren Zeiträumen könnte gerade kleineren Unternehmen Schwierigkeiten bei der Einsatzplanung bereiten und Umsatzausfälle bedeuten, die sich nun jeder, also überhaupt kein Unternehmer mehr leisten kann in dieser Zeit.
Der pauschalierte Erstattungsbetrag von 55 Euro, den der Arbeitgeber pro Tag der Bildungsfreistellung erhält, entspricht ohnehin schon lange nicht mehr dem aktuellen Lohngefüge, deshalb nehmen wir im Änderungsantrag eine Anpassung auf 75 Euro vor. Ansonsten beziehen sich unsere Änderungen auf die angeblich gendergerechte Sprache, indem wir die Ersetzung der Begriffe „Arbeitgeber“ und „Dienstherr“ durch das Wort „Beschäftigungsstelle“ rückgängig machen. Hier werden nicht mehr nur Personen, sondern Rechtsbegriffe gegendert und das macht nun wirklich aus der politischen Korrektheit eine absurde Hyperkorrektheit.
Dabei können wir uns sogar auf die Begründung des Gesetzentwurfes berufen. Dort finden wir nämlich die Angabe, dass mit der Beschäftigungsstelle jeweils der Arbeitgeber oder Dienstherr gemeint ist. Dann könne man diese korrekten Begriffe doch gleich stehen lassen, zumal „Beschäftigungsstelle“, auch das habe ich schon erklärt, nicht eindeutig ist und auch den Einsatzort innerhalb einer Firma oder einer Institution bedeuten kann.
Übrigens verwendet der bereits in Erster Lesung behandelte und umfangreiche Gesetzentwurf der Landesregierung zur Neuregelung des Besoldungsrechts wieder ausschließlich, man höre, die Bezeichnungen „Dienstherr“ und „Arbeitgeber“, aber nicht das Wort „Beschäftigungsstelle“. Hat die Landesregierung also hier zu terminologischer Klarheit zurückgefunden, so sollte sie dies auch im Bildungsfreistellungsgesetz tun.
Angesichts all dieser Probleme halten wir Ihren Gesetzentwurf ohne unseren Änderungsantrag für nicht zustimmungsfähig. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Kramer ist schon in Vorweihnachtsstimmung! – Andreas Butzki, SPD: Glühweinparty, Obstlerparty, oder was?! – Nikolaus Kramer, AfD: Bitte?)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grunde haben wir in der Ersten Lesung bereits die zentralen Punkte des Gesetzentwurfes herausgestellt. An der Intention, den Zugang zur beruflichen und politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern, hat sich auch heute mit Blick auf die Zweite Lesung nichts geändert. Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung des Bildungsfreistellungsgesetzes setzen wir die Koalitionsvereinbarung für die Legislaturperiode in einem weiteren Punkt um,
Nicht erst seit dem Corona-Lockdown, den viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Erwerb von Weiter- und Zusatzqualifizierungen genutzt haben, spielt das Thema Weiterbildung eine zunehmend wichtige Rolle für die Beschäftigten. Für einen zielgerichteten Umgang mit dem Zukunftsthema unseres Bundeslandes „Digitalisierung, Gestaltung des ländlichen Raumes, demografischer Wandel, Qualifizierung und Gewinnung von Fachkräften“ nimmt Weiterbildung eine tragende Rolle ein. Wir haben das heute schon mehrfach gehört. Es sollte aus diesem Grund unser gemeinsames Ziel sein, die vorhandenen Haushaltsmittel zukünftig möglichst vollständig durch das zuständige LAGuS auszureichen. Mit dem Gesetzentwurf möchten wir die Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme der Mittel verbessern.
Da ich das in der Ersten Lesung schon alles auch im Detail ausgeführt habe, glaube ich, dass wir hier mit diesem Gesetzentwurf auf einem guten Weg sind, die berufliche Weiterbildung deutlich zu stärken. Und damit wir das können und auch die Finanzmittel tatsächlich so abfließen, wie sie durch uns in den Haushalt eingestellt sind, möchte ich Sie um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf bitten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Gebetsmühlenartig wird zuweilen betont, wie wichtig lebenslanges Lernen ist, und auch die Bildungsministerin hatte bei der Einbringung des Gesetzentwurfes darauf abgestellt. Ganz allgemein lässt sich feststellen, dass aktuellen Umfragen folgend zwar 77 Prozent der Beschäftigten an Fortbildungen interessiert sind, nur 1 bis 2 Prozent jedoch Bildungsurlaub nehmen, obwohl sie in 14 von 16 Bundesländern einen gesetzlichen Anspruch darauf haben. Die einen kennen ihre Freistellungsansprüche nicht, die anderen wissen nicht, wie sie Bildungsurlaub beantragen sollen, oder fürchten Nachteile im Betrieb.
Anträge, die darauf abzielen, die Flexibilität der Beschäftigten zugunsten des Arbeitgebers oder Dienstherren
Das gilt gleichermaßen für das Ansinnen, alle Mittel ausschließlich der beruflichen Bildung zuzuführen. Wer das fordert, wie es die AfD in ihren Änderungsanträgen tut, Herr Schneider, hat den Sinn eines Bildungsfreistellungsgesetzes nicht verstanden.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Meine Fraktion hat die Deckelung der Förderung im Bereich „Berufliche Weiterbildung“ bei der letzten Novelle 2013 im Landtag abgelehnt, insofern begrüßen wir die Möglichkeit, künftig wieder bis zu 50 Prozent des Gesamtbudgets in Sachen Bildungsfreistellung für diesen Zweck einsetzen zu können.
Der Mittelabfluss in den letzten Jahren war unbefriedigend. Während die Mittel für die berufliche Bildung zeitnah ausgeschöpft waren, blieb ein Großteil der Mittel für die Ehrenamtsqualifizierung oder die politische Bildung ungenutzt. Das belegen auch die Zahlen. Von den 188.400 Euro im entsprechenden Haushaltstitel flossen 2016 ganze 81.390 Euro ab. 2017 waren es 78.970 Euro und 2018 schließlich 79.410 Euro. Insofern müsste man sich doch fragen, wie man zu einer besseren Inanspruchnahme des Geldes kommt und wo die Hemmnisse liegen. Einen Punkt hat die Landesregierung mit der Verkürzung der Mindestdauer von Veranstaltungen ja im Gesetzentwurf auch aufgegriffen.
Ich möchte an der Stelle nur darauf hinweisen, dass Arbeitgeber über die Arbeitsmarktförderung von Bund und Land diverse Möglichkeiten haben, Unterstützung bei der Qualifizierung ihrer Beschäftigten zu erhalten. Hier im Land gibt es das Instrument der Bildungsschecks, und die Bildungsagentur für Arbeit bietet im Rahmen des Qualifizierungschancengesetzes diverse Möglichkeiten. Kleinere Unternehmen erhalten dort übrigens größere finanzielle Unterstützung als mittlere oder große Unternehmen.
Wenn ich mir jetzt die Novelle anschaue, dann finde ich also durchaus Dinge, die gut gelungen sind. Ein Blick in die Unterlagen aus der Verbandsanhörung zeigt jedoch, dass es aus den Reihen der Expertinnen und Experten diverse Vorschläge gab, die leider nicht aufgegriffen wurden. Meine Fraktion hat im Wirtschafts- und im Bildungsausschuss darauf fußende Änderungsanträge gestellt, die wir hier heute noch einmal einbringen. Worum geht es dabei?
Wir haben erstens den Vorschlag der Gewerkschaft ver.di aufgegriffen, der darauf abzielt, eine Freistellung von maximal zwölf statt zehn Tagen immer dann zu ermöglichen, wenn im Betrieb des Beschäftigten regelmäßig mehr als fünf Arbeitstage gearbeitet wird. Das ist nur konsequent, denn der umgekehrte Fall ist bereits geregelt: Wenn im Betrieb des Beschäftigten regelmäßig an weniger als fünf Tagen gearbeitet wird, verringert sich der Anspruch entsprechend.
Ebenfalls aufgegriffen haben wir zweitens die Intention von DGB, LAG Arbeit und Leben sowie Erzbistum Hamburg, die Novelle des Bildungsfreistellungsgesetzes dahin gehend zu nutzen, den Bereich der kulturellen Wei
terbildung als gleichrangig in das Gesetz aufzunehmen. Alle drei Institutionen verweisen darauf, dass sich die verschiedenen Bereiche der Weiterbildung ergänzen und dazu beitragen, sich konstruktiv und kritisch mit der Lebens- und Arbeitswelt in all ihren Facetten auseinanderzusetzen.
Sinnvoll erschien es uns drittens auch, die Antragsfrist auf sechs Wochen zu verkürzen, vorausgesetzt, ein aktueller Anlass oder ein aktuelles Ereignis sorgen dafür, dass Themen kurzfristig in einem Seminar behandelt werden müssen.
Ein wichtiger Impuls kam von der IHK zu Neubrandenburg. Für eine wirksame Förderung der Fachkräftesicherung müssen nicht nur mehr Haushaltsmittel für die berufliche Weiterbildung zur Verfügung gestellt werden. Dies geschieht ja, wie schon erwähnt, durch die Aufhebung der Deckelung und die Möglichkeit, künftig wieder 50 Prozent des Gesamtbudgets für diesen Bereich nutzen zu dürfen. Darüber hinaus müssen aber die pauschal gewährten Erstattungsbeiträge dringend angehoben werden, denn die jetzigen Sätze sind zu niedrig und liegen knapp über Mindestlohnniveau, was gerade Arbeitgeber, die tariflich oder übertariflich zahlen, benachteiligt. Daher haben wir viertens die vorgeschlagenen Erstattungssätze, nämlich 75 statt 55 Euro bei beruflicher Weiterbildung und 150 statt 110 Euro bei politischer und ehrenamtlicher Weiterbildung, in unseren Änderungsantrag übernommen.
Zu guter Letzt sei fünftens noch erwähnt, dass ich bereits bei Einbringung des Antrages die Notwendigkeit erläutert habe, das Bildungsfreistellungsgesetz einer Evaluation zu unterziehen. Wir halten dies erstmals nach zwei Jahren und danach alle vier Jahre für notwendig.
Da all diese Änderungen in den Ausschussberatungen leider keine Berücksichtigung gefunden haben und ich nicht davon ausgehen kann, dass sich das Stimmverhalten heute ändert, werden wir uns zum vorliegenden Gesetzentwurf enthalten. Wir sind ganz klar für ein modernes Bildungsfreistellungsgesetz, und ich möchte mit Blick auf die eingangs erwähnte Diskrepanz zwischen dem grundsätzlichen Interesse an Weiterbildung und der Inanspruchnahme von Bildungsurlaub auch dafür werben, die Möglichkeiten besser zu nutzen. Mit der Ablehnung der vorgeschlagenen Änderungen von Gewerkschaften, Kammern und Kirchen ist aus unserer Sicht aber leider eine gute Chance vertan worden, für mehr Akzeptanz bei Arbeitgebern und vor allem auch mehr Interesse bei den Beschäftigten unseres Landes zu sorgen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Bildungsfreistellungsgesetz unterstützen wir das lebenslange Lernen, wir haben es jetzt mehrfach gehört, sowohl im Bereich der politischen und ehrenamtsbezogenen Weiterbildung als auch im Bereich der beruflichen Weiterbildung. Das heißt, wir verfolgen damit
einen ganzheitlichen Bildungsbegriff. Es geht uns darum, dass es noch nie reichte, aber schon gar nicht heute reicht, dass man zur Schule geht, eine Ausbildung macht und dann meint, jetzt hat es sich getan für mich mit dem Lernen, sondern gerade heute – und das wird in Zukunft noch mehr werden – lernen wir nie aus. Lebenslanges Lernen ist dabei essenziell für das Weiterkommen jedes Einzelnen im beruflichen Bereich, aber eben auch, und das ist wichtig, für das Weiterkommen innerhalb unserer Gesellschaft, für die Teilhabe in unserer Gesellschaft, für das demokratische Miteinander.
Und deswegen ist dieses Gesetz, was Ihnen heute zur Entscheidung vorliegt, auch so ein wichtiges Gesetz, weil wir ermöglichen mit diesen Änderungen im Gesetz den Menschen, sich weiterzubilden, und mit den neuen Regelungen, mit den flexibleren Regelungen ermuntern wir die Menschen im Land, noch stärker sich weiterzubilden, und deswegen ist das ein gutes Gesetz.
Ich möchte dann auch noch betonen, wir haben als Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, wir sind eins von drei Bundesländern, die überhaupt auch Erstattungspauschalen geben bei Weiterbildungen, Erstattungspauschalen, auch das Arbeitsentgelt für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Ich verstehe, es kann immer mehr sein, ich nehme das zur Kenntnis, aber dass wir das tun, ist ein ganz klares Bekenntnis für die Weiterbildung, ein ganz wichtiges Signal. Wie gesagt, außer uns tun das nur noch Hessen und Rheinland-Pfalz. Insofern: Weiterbildung, lebenslanges Lernen ist für die Landesregierung ein ganz wichtiger Punkt.
Wir unterstützen das lebenslange Lernen, denn es ist von zentraler Bedeutung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Arbeitgeber und für unser demokratisches Miteinander im Land. Und deswegen möchte ich mich herzlich bedanken für den intensiven fachlichen Austausch in den mehrfachen Ausschüssen, auch in mehrfachen Ausschusssitzungen auch hier im Haus. Ich denke, es liegt ein gutes, wir haben aus einem guten ein noch besseres Gesetz gemacht, und ich bitte um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!