Ich erlaube mir an dieser Stelle, noch mal an die beiden Fälle zu erinnern, die uns diesen Handlungsbedarf deutlich aufgezeigt haben. Das war im Januar dieses Jahres, der Chef der Staatskanzlei Dr. Christian Frenzel, angeblich auf eigenen Wunsch wurde er zurück in die Justiz versetzt.
Es hieß, er würde den Posten eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht übernehmen. Dieser Wechsel geschah auf Betreiben der Ministerpräsidentin, und zwar ohne vorherige Ausschreibung oder einem Auswahlverfahren.
Nach der Laufbahnverordnung war das so in Ordnung, wir sehen aber da einen deutlichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz.
Dann sollte die Stelle des Leitenden Oberstaatsanwaltes beim Generalstaatsanwalt neu besetzt werden. Das Justizministerium wählte einen geeigneten Kandidaten aus und teilte ihm das auch mit. Die Ministerpräsidentin verschleppte ihre Zustimmung fast ein halbes Jahr, weil angeblich zu wenige Frauen in Führungspositionen der Justiz wären. Inoffiziell munkelte man, dass der Grund für die Verweigerung der Zustimmung ein Strafverfahren war, das der ausgewählte Kandidat einst gegen den Staatssekretär eines SPD-geführten Ministeriums führte.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht weiter auf beide Fälle eingehen, die haben wir hier im Landtag ausführlich behandelt.
In jedem Fall warf das Agieren der Ministerpräsidentin hier ein schlechtes Licht auf die Personalpolitik in der Justiz und – was noch schlimmer ist – es zeigte Möglichkeiten auf, wie die Regierung in der Lage ist, in die Unabhängigkeit der Justiz einzugreifen, denn entgegen allem, was die Regierung hier im Landtag behauptet, gehört eben auch zur Unabhängigkeit der Justiz nach ganz herrschender Auffassung nicht nur die sachliche Unabhängigkeit der Richter, sondern ebenso die persönliche. So steht es auch in den Kommentierungen zu unserer Landesverfassung. Man muss kein Verfassungsrechtler sein, um zu begreifen, dass es die Unabhängigkeit der Justiz stärken würde, wenn ein Richter nicht mehr von der Regierung, sondern von einem Gremium berufen würde, dem halt auch Richter angehören.
Insofern würde die Einführung eines Richterwahlausschusses die Unabhängigkeit der Justiz aus unserer Sicht durchaus stärken. Trotzdem können wir dem hier vorliegenden Gesetzentwurf nicht unsere Zustimmung geben. Das hatte ich bereits in der Ersten Lesung angekündigt.
Wichtig ist jedoch, dass die Kräfteverhältnisse und die Entscheidungsprozesse in diesem Gremium absolut ausgewogen sein müssen, im Richterwahlausschuss. Es muss alles so ausgestaltet sein, dass bestehende Interessen hier nicht einseitig durchgesetzt werden können. Der vorliegende Gesetzentwurf der AfD greift die Regelungen aus Brandenburg und Berlin auf, die aus unserer Sicht eben nicht eins zu eins auf MecklenburgVorpommern übertragen werden können, zumal man gerade auch in Brandenburg dabei ist, bestimmte Regelungen zu überarbeiten, da man dort Nachbesserungsbedarf gesehen hat. Deshalb hätte ich derartige Probleme auch noch mal im Ausschuss gerne beraten und dazu Anhörungen mit Fachleuten durchgeführt.
Zweitens. Wenn wir auf die eingangs erwähnten Problemfälle schauen, stellen wir fest, dass es im zweiten Fall um die Ernennung zum Leitenden Oberstaatsanwalt beim Generalstaatsanwalt ging. Diesen Problemfall bekäme man auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht gelöst, da er sich nur mit den Richtern befasst. Uns geht es aber gerade darum, auch solche Fälle zu lösen. Was den ersten Fall angeht, den der Besetzung eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht, würden wir den mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sicherlich verhindern können. Schaut man aber genauer hin, dann stellt man fest, dass auch hier das eigentliche Problem, die willkürliche Stellenbesetzung politischer Beamter, nicht verhindert werden kann.
Zudem hatte Herr Dr. Manthei – nicht ganz unberechtigt – darauf hingewiesen, dass auch ein Richterwahlausschuss nicht die vollständige Unabhängigkeit der Justiz bringen würde, da ihm auch Landtagsabgeordnete, also Teile der Legislative, angehören würden. Das ist zwar richtig, aber gegenüber der Regierung leiten diese ihre Legitimation direkt vom Volk ab, insofern halte ich diese Kontrolle auch für legitim.
Meine Damen und Herren, ein Richterwahlausschuss ist eine gute und notwendige Sache aus unserer Sicht. Er muss aber mit sehr viel Fingerspitzengefühl eingerichtet werden und es bedarf eines umfangreichen parlamentarischen Verfahrens, damit das wirklich passt. Außerdem löst er nicht alle Probleme, die wir hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz haben, denn um die geht es letztendlich. Insofern werden wir uns bei dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten. – Ich bedanke mich.
Erstens, finde ich, ist die Verfassung ein so hohes Gut, dass man sie nicht im Monatsrhythmus anfassen sollte. Wir haben ja gerade eine Beratung zur Änderung der Verfassung in den Ausschüssen, vielleicht hätte man das da mit andocken sollen.
Der zweite Punkt: Wir haben gerade von Einzelbeispielen aus dem Sommer gehört, die auch hier diskutiert wurden. Auch das ist aus unserer Sicht nicht unbedingt der Grund, mal in zwei Einzelbeispielen, wo es Diskussionen auch öffentlich gibt, hier ein Gesamtsystem infrage zu stellen. Denn das, was die AfD hier vorgelegt hat, geht deutlich über das hinaus, was andere Bundesländer, in denen es Richterwahlausschüsse gibt, dort vorhalten. Meine Vorrednerin ist darauf eingegangen. In Bayern beispielsweise werden nur die Mitglieder des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes durch eine Richterwahlkommission gewählt und in Baden-Württemberg beispielsweise wird der Richterwahlausschuss nur im Konfliktfall tätig. Es gibt in den neuen Bundesländern, wo es so was gibt, keine einheitlichen Regelungen und es gibt aus unserer Sicht auch gute Gründe, in Mecklenburg-Vorpommern künftig darauf zu verzichten, denn das Thema Unabhängigkeit/Abhängigkeit ist schon diskutiert worden.
Wenn nur zwei Drittel Landtagsabgeordnete drin sind, die von einer Zweidrittelmehrheit im Plenum gewählt werden
müssten, stelle ich mir schon die Frage, wo da das Mehr an Unabhängigkeit ist, weil natürlich diese Abgeordneten auch einen gewissen Background haben. Und selbst wenn es eine Zweidrittelmehrheit ist, kann es sein, dass dann zumindest eine Seite des Parlamentes von solchen Entscheidungen ausgeschlossen ist. Wo hier das Mehr an Legitimation und das Mehr an Unabhängigkeit ist, das müssten Sie vielleicht noch mal erörtern.
Ich finde auch, der Gesetzentwurf ist sehr, sehr weitgehend, und wenn man sich mal die Beispiele in anderen Bundesländern anschaut, dann sehen Sie, dass, glaube ich, kaum einer so weit geht wie Sie hier. Nicht nur die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit, sondern auch bei der Einstellung, der erstmaligen Berufung in ein Richterverhältnis auf Lebenszeit, bei der Ernennung in ein Richteramt mit höherem Endgrundgehalt und sogar bei der Versetzung eines Richters darf die Justizministerin nur noch gemeinsam entscheiden mit dem Richterwahlausschuss nach Ihren Vorstellungen. Ich glaube, das geht deutlich über das hinaus, was in anderen Bundesländern der Weg ist. Ich glaube, wenn das dann künftig, so, wie Sie es vorschlagen, in geheimer Abstimmung hinter verschlossenen Türen stattfindet, ist das auch nicht gerade ein Mehr an Transparenz und an Demokratie.
Aus meiner Sicht gibt es hier auch keinen Anlass, an der fachlichen Kompetenz unserer Justizministerin zu zweifeln, dass sie dort gute und vernünftige Entscheidungen trifft. Deswegen, glaube ich, birgt diese Einrichtung eines Richterwahlausschusses mit zwei Dritteln Abgeordneten eher die Gefahr, dass die politische Einflussnahme weiter zunimmt. Von daher werden wir auch in Zweiter Lesung Ihren Gesetzentwurf hier an der Stelle ablehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Bürger! Das Vertrauen von immer mehr Bürgern in den Rechtsstaat ist ramponiert und hat Schaden genommen. Das liegt unter anderem auch daran, dass sich für immer mehr Bürger doch Anlässe häufen zu glauben, dass die Justiz nicht mehr so gänzlich unabhängig ist. Da tut Abhilfe not. Der AfDAntrag ist ein guter Weg, um das zu ändern, würde er denn umgesetzt werden.
Ich möchte anhand eines persönlichen Erlebnisses die Notwendigkeit dieser Umsetzung des Antrages noch einmal illustrieren. Seinerzeit – im Zusammenhang mit diesem absurden Volksverhetzungsverfahren gegen meine Person –
hat die Rostocker Staatsanwaltschaft über den zuständigen Richter am Rostocker Amtsgericht meinem Anwalt und damit auch mir ein Angebot unterbreitet. Das bestand darin, dass die Staatsanwaltschaft Rostock zu weitestgehenden Zugeständnissen mir gegenüber bereit wäre, wenn ich im Gegenzug mein politisches Engagement komplett einstellen würde.
Spätestens von diesem Moment an war mir und anderen klar, dass dieses ganze Volksverhetzungsverfahren nichts anderes war und ist als eine Farce, die inszeniert wurde, um einen unliebsamen Politiker der AfD, der ich damals noch war, aus dem Verkehr zu ziehen.
Zu diesem Zwecke wurde die Justiz missbraucht und hat sich selbst zum Handlanger der Regierung, der Politik degradieren lassen.
Das muss und sollte ein Ende haben! Das muss ein Ende haben, die Justiz muss wieder unabhängiger werden, um das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat wiederherzustellen. In diesem Sinne ist dieser Antrag sehr wohl geeignet, hier Abhilfe zu schaffen, dass die Justiz wieder unabhängiger wird und nicht ein Werkzeug, kein Handlanger der Politik und schon gar nicht der Landesregierung ist. – Vielen Dank.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Eigentlich müsste die AfD-Fraktion den Gesetzentwurf jetzt zurückziehen, bei der Unterstützung.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich dachte, Herr Gundlack geht gerade raus, aber nun ist er doch noch da. Ich hoffe, ich darf trotzdem noch reden zu Richterangelegenheiten bei diesem TOP.
Aber ich glaube, ich bin ja hier sogar einer Meinung mit Ihrer Fraktion, sodass Sie mir das nachsehen werden. Wir werden nämlich den Gesetzentwurf auch in der Zweiten Lesung ablehnen.
Die Antragsteller wollen, dass Richter künftig aufgrund einer Entscheidung eines Richterwahlausschusses ernannt beziehungsweise befördert werden, und dieser Ausschuss soll im Wesentlichen aus Politikern des Land
tages bestehen. Diese sollen in einer nicht öffentlichen Sitzung in geheimer Abstimmung entscheiden. Ziel der Antragsteller ist eine demokratische Legitimation, Transparenz und das Verhindern von persönlichen Motiven. Diese Anträge werden verfehlt.