Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Sehr geehrte Damen und Herren, die beitragsfreie Kita ist die größte Lohnerhöhung, die die Politik den jungen Familien ermöglichen kann. Darauf können und sollten wir uns gemeinsam freuen. Ich jedenfalls und natürlich auch meine Fraktion freuen uns für die vielen Familien und Kinder, die ab dem 01.01.2020 in diesem Land davon profitieren werden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Selbstverständlich stimmen wir der Überweisung zu. Ich freue mich auf den weiteren Austausch im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Für die Fraktion Freie Wähler/BMV hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben über das Thema KiföG ja schon mehrfach gesprochen, auch hier im Plenarsaal. Deswegen muss ich doch noch mal oder musste ich mir auch selber noch mal in Erinnerung rufen, dass es ja heute um die Erste Lesung eines neuen Gesetzes geht. Von daher finde ich es ja trotzdem nicht schlecht, dass jetzt hier schon sehr ausgiebig über dieses Gesetz oder diesen Gesetzentwurf gesprochen wird. Aber unsere Fraktion hat sich entschieden, doch erst mal die Anhörung abzuwarten sowie die Gespräche in den Ausschüssen und dann noch mal in die Details zu gehen. Deswegen möchte ich heute nur mal auf drei Punkte eingehen.

Vorweg noch mal: Frau Ministerpräsidentin, ich glaube, Sie haben sehr glaubhaft – nicht nur heute, sondern schon seit geraumer Zeit – rübergebracht, dass das nicht nur eine Chefsache ist, sondern sogar ein ausdrückliches Herzensanliegen von Ihnen. Schon seit 15 Jahren arbeiten Sie daran, haben Sie heute noch mal gesagt. Also das ist sicherlich sehr löblich, darüber freuen wir uns. Dass es viele gute Elemente enthält, das ist auch unstrittig. Aber wie gesagt, man kann über einige Punkte noch mal diskutieren.

Der erste Punkt ist tatsächlich das Thema Elternbeiträge. Wenn man Elternbeiträge auf Dauer und für alle auf null setzt, dann versiegt damit natürlich auch auf Dauer und für immer eine Geldquelle.

(Martina Tegtmeier, SPD: Kostenfreie Bildung von Anfang an!)

Und da gibt es eben durchaus unterschiedliche Ansichten, ob das so richtig ist oder eben auch nicht. Sie haben die Beispiele so gewählt oder auch natürlich bekommen, Frau Schwesig, dass es sich eben um Menschen handelt, die wenig oder ein mittleres Einkommen haben. Da ist es natürlich richtigerweise eine große Lohnerhöhung, wenn die Elternbeiträge wegfallen.

Es gibt aber auch andere Eltern im Land, es gibt auch welche mit einem guten und hohen Einkommen. Frau Julitz hat gerade ihr eigenes Kind erwähnt, Herr Kolbe wurde heute Morgen erwähnt, Frau Schwesig bringt ihr Kind zur Kita, ich selber habe auch meine fünf Kinder zur Kita und zum Kindergarten gebracht und natürlich war es für uns möglich, diese Beiträge zu bezahlen. Und das

würde dann halt auch bedeuten, dass eben noch mehr Geld im System ist. Das bedeutet ja nicht, dass das Land daran gehindert wird, zusätzliches Geld ins System zu geben, sondern diese Beiträge sind eben einfach noch zusätzliches Geld.

Es ist durchaus der Diskussion wert, darüber zu sprechen, ob dieses Geld nicht benötigt wird. Wir wissen, viele Studien, zum Beispiel auch die Bertelsmann-Studie, gehen ja genau in diese Richtung. Wir können noch mehr Geld in diesem KiföG, in diesem Kindertagesstättensystem, gebrauchen. Da sollte sich jeder noch mal fragen, ob die gut verdienenden Menschen da nicht dann als Trittbrettfahrer mitfahren und keinen Beitrag zahlen, obwohl sie einen zahlen könnten.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Am Ende geht es doch um die Kinder.)

Für die Kinder spielt das erst mal keine Rolle, Herr Ritter,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch!)

ob die Eltern jetzt viel oder wenig verdienen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Doch, doch!)

Es geht jetzt darum, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip eigentlich in Deutschland noch gilt, ja oder nein.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das diskutieren wir schon seit 20 Jahren in diesem Hohen Haus.)

Ich habe das schon mal in einer anderen Debatte gesagt. Im Steuerrecht ist es das eherne Prinzip unserer Republik:

(Thomas Schwarz, SPD: Gleichbehandlung.)

Starke Schultern tragen mehr als schwache Schultern. Warum gilt das jetzt in diesem Politikfeld nicht mehr? Das hat mir noch keiner sinnvollerweise erklären können.

(Torsten Renz, CDU: Dann müssten Sie als Landtagsabgeordneter zahlen.)

Brauchen wir denn tatsächlich noch dieses zusätzliche Geld im KiföG-System oder ist es jetzt einfach so viel, dass man ohnehin nicht mehr braucht. Da habe ich berechtigte Zweifel. Die Betreuungsschlüssel sind eben tatsächlich immer noch die schlechtesten oder gehören mit zu den schlechtesten in Deutschland. 1 : 6 in der Krippenbetreuung, 1 : 15 bei der Kita, 1 : 22 beim Hort – meines Wissens bundesweit die schlechtesten. Also da wäre auf jeden Fall noch Luft nach oben. Das ist ja so auch durchgeklungen, dass das angestrebt wird, aber dafür braucht man eben auch zusätzliches Geld. Meine Kinder sind aus dem Kitaalter heraus, sonst wäre ich ganz klar dafür, weiter einen Beitrag zu zahlen.

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Ja, und dann noch einen dritten Punkt, den ich andiskutieren möchte oder bei dem ich noch mal zum Nachdenken anregen möchte. Das ist tatsächlich die finanzielle Struktur, so, wie sie jetzt festgelegt wurde. Die 54,5 Prozent wurden mehrfach genannt, die ab dem 01.01. festgeschrieben werden auf Basis der Zahlen von 2018. Ich gebe zu bedenken, dass schon in wenigen Jahren dieser

Prozentsatz von 54,5 Prozent ja völlig willkürlich erscheint. Die sind aus dem Nichts gegriffen, eben einfach basierend auf den Zahlen eines Jahres. Mir würde es deutlich besser gefallen, wenn man ganz klar bestimmte Aufgaben mit einer bestimmten Finanzquelle verbinden würde, so, wie das im Schulsystem auch ist. Das Land ist dafür zuständig, die Lehrer zu bezahlen. Warum ist das Land nicht dafür zuständig, die Erzieher zu bezahlen? Dann hätte man das Ziel auch erreicht, was Sie eben ansprachen, dass die Gehaltserhöhungen nicht an den Elternbeiträgen scheitern dürfen. Man kann ja ganz klar die verschiedenen Finanzquellen auch verschiedenen Aufgaben zuführen. Wie gesagt, das machen wir im Schulsystem von jeher, und das würde auch im Kitasystem funktionieren.

Ja, ansonsten muss ich auch noch sagen, sich so sehr stark auf die Brust zu klopfen und zu sagen, Mecklenburg-Vorpommern ist jetzt viel weiter als andere Bundesländer, finde ich, ehrlich gesagt, auch nicht so ganz richtig.

(Torsten Renz, CDU: Bei der Beitragsfreiheit ist das so.)

Wir wissen, dass viele andere Bundesländer das auch gerne machen würden, zum Beispiel Bayern,

(Torsten Renz, CDU: Bei der Beitragsfreiheit ist das so.)

wenn sie die finanziellen Möglichkeiten hätten. Woran das liegt, wissen wir alle,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bayern hat die Möglichkeiten nicht? Dann muss das an den Freien Wählern liegen in Bayern.)

dass das eben so in der Form nicht möglich ist. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion Freie Wähler/BMV – Peter Ritter, DIE LINKE: Das verhindern dann die Freien Wähler in Bayern. Andere Ursachen kann es nicht geben. – Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Heydorn.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Wildt, dann habe ich ja die Gelegenheit, gleich auf Sie eingehen zu können, was das Thema Kostenfreiheit angeht. Nach unserem Dafürhalten ist es so, dass wir bildungspolitisch die Dinge jetzt vom Kopf auf die Füße stellen. Also wir bieten Schulen kostenfrei an und wir bieten Hochschulen kostenfrei an, und wir haben über Jahre und Jahrzehnte da, wo Bildungsgrundlagen gelegt werden, Gelder von Eltern genommen. Das finde ich bildungspolitisch nicht in Ordnung, und das korrigieren wir.

Das heißt, wir sind der Meinung, dass Bildung durchgängig kostenfrei allen zur Verfügung stehen muss. Wenn

Sie sich zum Beispiel mal in den skandinavischen Ländern umgucken, werden Sie feststellen, dass es da an vielen Stellen auch so praktiziert wird, und das hat einfach auch mit einer Akzeptanzförderung des Systems zu tun. Also derjenige, der von einem System etwas hat, der ist auch eher bereit, das zu unterstützen und zu vertreten, als derjenige, der immer quasi gefordert wird, auch noch was einzuzahlen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Fraktionsvorsitzenden Frau Oldenburg?

Vielen Dank.

Sie haben gesagt, Bildung ist kostenfrei. Wie beurteilen Sie denn, oder ist es kostenfrei, wenn die Eltern im Jahr 30,68 Euro Schulkostenbeiträge zahlen müssen, wie es in Mecklenburg-Vorpommern gang und gäbe ist?

Schulkostenbeiträge muss jedes …, also an staatlichen Schulen …

… ist meines Erachtens ein Schulkostenbeitrag nicht erforderlich.

(Torsten Renz, CDU: Doch!)