Aber wenn man das jetzt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen – lassen Sie mich das bitte noch gerade, den einen Satz zu Ende führen, dann bin ich auch fertig –, wenn man sich das überlegt, dann ist die Diskussion, die von dort, vonseiten des Bundesverkehrsministeriums, geführt wird, mehr als nur fragwürdig. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir als Landtag, dass diese Landesregierung darauf insistiert, dass nur dann Gleiches gleich behandelt wird, wenn es wirklich gleich ist, und nicht auf der einen Seite Maßstäbe, die hier nie erfüllt werden können, nämlich Verkehrsaufkommen, wie sie zum Beispiel auf der Bahnverbindung zwischen Nürnberg und München erreicht werden können, oder zwischen Hannover und Berlin, hier als Maßstab angelegt werden für ein Vorhaben, das für die gesamte Region weit über den östlichen Landesteil hinaus – es ist kein Vorhaben, das sich nur auf die Region Vorpommern nachher beschränkt –, dass dieser Maßstab dann so nicht angelegt werden kann und dass das entsprechend dann auch deutlich gemacht wird und verfolgt wird.
Deswegen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie um Ihre Unterstützung, damit ein klares Signal dann noch mal aus diesem Landtag in diese Richtung an die Bundesregierung, an den Bundesverkehrsminister kommt. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit!
(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE: Du hast heute eine schicke Brille auf. – Heiterkeit und Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)
Ja, also wir haben wieder mal einen Rückenwindantrag auf dem Tisch liegen, aber das ist schon wirklich gut. Einen Bahnantrag, den die Koalition einbringt, den beraten wir ja nicht allzu oft hier im Plenum. Aber nicht nur das, sondern auch solche Sätze, wie „die Bahn muss das Rückgrat der Mobilität werden“, „die regionalen Bedingungen müssen beachtet werden“, „gleiche Bewertungskriterien für unterschiedliche Situationen dürfen so nicht
weitergehen“, also das sind schon bemerkenswerte Sätze, die man nicht allzu oft aus Ihren Reihen hört, und ich würde mir wünschen,
ich würde mir wünschen, dass Sie diesen Blick auch beibehalten, wenn es also sozusagen um die Organisation des Regionalverkehrs geht,
Aber okay, also mit diesem, mit diesem positiven Beginn will ich dann auch sagen, dass ich mich in Vorbereitung auf diese Debatte gefragt habe, was denn der aktuelle Auslöser für diesen Antrag gewesen sein möge. Und Sie haben es ja selber schon gesagt, Herr Kollege Eifler, sicherlich hat eine Rolle gespielt dieser Sachstandsbericht „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“, in dem eingeschätzt wird, und das zitiere ich jetzt: „Aufgrund des Ergebnisses der Bedarfsplanüberprüfung kann für die Maßnahmen ,Zweigleisiger Ausbau Rostock (Abzweig Riekdahl)–Ribnitz-Damgarten West und Velgast–Stralsundʻ dieses Projektes ein volkswirtschaftlich positives Ergebnis nicht erzielt werden; sie werden derzeit nicht weiter verfolgt.“ Zitatende. Die bisherigen Investitionskosten für das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 1 bis Ende 2019 werden in dem Bericht mit 583 Millionen Euro angegeben, weitere Mittel sollen nicht investiert werden.
Ein weiterer wichtiger Grund für diesen Antrag – und das haben Sie beide auch gesagt, sowohl Herr Schulte als auch Sie, Herr Eifler – ist sicher, dass 30 Jahre nach der Deutschen Einheit ein Verkehrsprojekt, was die Ziffer Nummer 1 trägt, das darüber hinaus dem schnellen Zusammenwachsen von Ost und West dienen sollte, nicht umgesetzt ist und auch nicht weiterverfolgt werden soll. Vor zehn Jahren haben SPD und CDU den Antrag „Am Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 festhalten“ im Landtag eingebracht und alle demokratischen Fraktionen haben sich für die vollständige Umsetzung dieses Projekts ausgesprochen. Eine durchgehende Zweigleisigkeit der gesamten Strecke von Hagenow-Land über Rostock bis nach Stralsund und der Ausbau auf 160 Kilometer pro Stunde muss auch weiterhin Ziel bleiben.
Im Bundesverkehrswegeplan 2003 war das gesamte Projekt mit einem Investitionsvolumen von rund 400 Millionen Euro eingeplant. Doch mit der Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege wurde Ende 2010 bereits der östliche Teil des Verkehrsprojekts von Rostock nach Stralsund beerdigt. Die Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan 2003 wurden auf ihr Kosten-NutzenVerhältnis hin überprüft, es sollte ein Zielnetz entwickelt werden, welches durch Fern- und Güterverkehr Gewinne garantiert.
Ganz eindeutig lag also der Fokus ausschließlich auf der Wirtschaftlichkeit, nicht auf der Sicherung von Daseinsvorsorge oder gar auf dem Ziel zum Erreichen gleichwertiger Lebensverhältnisse in Ost und West. Das Ver
kehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 1 stand ganz oben auf der Untersuchungsliste. 211 Millionen Euro sollte der zweigleisige Ausbau zwischen Rostock und Stralsund kosten. Die Bewertung ergab jedoch ein negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Optimierungsmöglichkeiten wurden nicht gesehen. Damit kam der Abschnitt Rostock–Stralsund nicht in das Zielnetz. Das war das Aus für das Verkehrsprojekt Deutschland Nummer 1.
Allein die Tatsache, dass 2010 rein wirtschaftliche Erwägungen zugrunde gelegt wurden und sich dieses mit dem neuerlichen Sachstandsbericht wiederholt, zeigt deutlich, dass der Osten die CSU-Bundesverkehrsminister Ramsauer, Dobrindt und Scheuer überhaupt nicht interessiert hat und auch heute nicht interessiert.
Die Motivation Anfang der 90er-Jahre für die Verkehrsprojektliste Deutsche Einheit ist jedoch – den Eindruck haben wir zumindest – auch bei CDU und SPD im Bund aus dem Blick geraten. Schließlich haben sie den Bundesverkehrswegeplan 2030 beschlossen. Mit der Stellungnahme des Landesfachministeriums, also unseres Energieministeriums zum Bundesverkehrswegeplan wurde zumindest beantragt zu untersuchen, inwieweit mit einem punktuellen Ausbau wenigstens eine Engpassbeseitigung erfolgen könnte. Vorgeschlagen wurde ein zweigleisiger Ausbau mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde östlich des Bahnhofs Ribnitz-Damgarten West.
Inwieweit das untersucht wurde und mit welchem Ergebnis, ist mir nicht bekannt. Fakt ist jedoch, die Verabschiedung des Bundes vom Verkehrsprojekt Nummer 1 wird für die künftige Bahnanbindung Vorpommerns erhebliche Auswirkungen haben. Mit viel Tamtam feierten sich Ende Juni Verkehrsminister Andreas Scheuer und seine Partner im „Zukunftsbündnis Schiene“ für den Schienenpakt. Zentraler Inhalt des Masterplans ist der DeutschlandTakt. Er soll der Zielfahrplan sein, an dem sich Investitionen orientieren.
Ein Blick auf den Arbeitsstand des Zielfahrplans Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern, fußend auf dem Bundesverkehrswegeplan 2030, macht deutlich, im Nordosten sind mit Abstand weniger Strecken ausgewiesen als in allen anderen Bundesländern. Die Linien sind gestrichelt und nicht durchgehend. Durchgängig steht für Stundentakt, gestrichelt steht für Zweistundentakt. Wird der Deutschland-Takt so kommen, wie bisher zu beobachten ist, wird über weitere Jahrzehnte die Teilung Deutschlands auf diesem Gebiet zementiert und der Nordosten weiter abgehängt.
Und außerdem sind mit einer solchen Bahnpolitik, die – aus unserer Sicht zumindest – leider auch in MecklenburgVorpommerns Landesregierung keinen energischen Gegenpart findet, die Ziele der Bundesregierung bis 2030 nicht zu erreichen. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sollten wir zum Ziel setzen, die Fahrgastzahlen zu verdoppeln und den Güterverkehr auf der Schiene um 40 Prozent zu steigern. Aber dafür brauchen wir attraktive Angebote für die Nutzer und mehr Mut, auch in die Bahn in der Fläche zu investieren.
Das habe ich schon mit dem Antrag „Aufbau Ost – mehr Bahn braucht das Land“ Anfang 2019 deutlich gemacht.
Abschließend möchte ich, wie bereits Anfang 2019, erneut anmerken, dass mit den Verhandlungen zum Deutschland-Takt das Oberzentrum Neubrandenburg als Regelhalt in den Zielfahrplan dringend mit aufgenommen werden muss. Neubrandenburg ist aktuell nicht für den Fernverkehr vorgesehen. Dieser Logik folgend wurde auch die Strecke Berlin über Neubrandenburg nach Stralsund bisher nicht in den vordringlichen Bedarf aufgenommen. Damit sind ein wieder wachsendes Oberzentrum im Süden Mecklenburg-Vorpommerns und eine ganze Region weiter benachteiligt. Halte in Neustrelitz können kein Ersatz für Halte direkt in Neubrandenburg sein.
Bevor ich den letzten Redner aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler der Conventer Schule Rethwisch. Herzlich willkommen hier bei uns im Landtag!
Und gestatten Sie mir die Gelegenheit, mich auch noch einmal ganz herzlich – ich hoffe, auch in Ihrem Namen – bei unserem Besucherdienst zu bedanken, der diese Gruppen jetzt wieder ermöglicht hat hier auf der Besuchertribüne.
Damit rufe ich auf den letzten Redner zunächst auf der Liste, und zwar für die Fraktion der CDU Herrn Eifler.