Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

sondern wir müssen sagen, dass wir darüber offen diskutieren wollen. Das ist keine Diffamierung von Privatfernsehen. Wir wollen privates Fernsehen in Deutschland! Aber wir wollen über Inhalte, die unsere Gesellschaft prägen, offen in einer freien Gesellschaft diskutieren, ohne ausschließlich ökonomische Interessen in den Vordergrund zu stellen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb mein Dank an die Fraktionen, aber auch die Bitte um etwas mehr Nachdenklichkeit bei der Frage, was sich den Eltern vermittelt. Eines stimmt nämlich auch - insofern möchte ich die Medien vor allzu viel Schuldzuweisung in Schutz nehmen: In Deutschland gab es eine Zeit, in der es nur ganz wenig Rundfunk, noch kein Fernsehen und schon gar kein Privatfernsehen gab. Die Bereitschaft, Gewalt gegen andere auszuüben, war weiter verbreitet als in unserer Gesellschaft.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Kain und Abel!)

Der Nationalsozialismus war ein Ergebnis, bei dem man sich fragen muss, warum trotz Erziehung, trotz konservativerer Gesellschaftsstrukturen solche Gewaltstrukturen möglich gewesen sind. Das hat etwas mit dem gesellschaftlichen Klima zu tun. Das wissen wir seit der Autoritarismusforschung der 40er- und 50er-Jahre. Deshalb bin ich immer skeptisch, wenn allzu schnell gesagt wird, die Eltern sollten das richten. Die Eltern finden ein Beispiel in uns in der Alltagswelt. Wie wir diese organisieren, vermitteln sie die Werte in ihren Familien. Dabei geht es um wesentlich mehr als den Umgang mit Parteispenden. Dabei geht es sicherlich um politische Kultur, es geht aber auch um die Leitprinzipien unserer Gesellschaft und der Ökonomie, ob die Grundwerte unserer Verfassung von uns auf Dauer öffentlich so dokumentiert und repräsentiert werden, dass die Eltern den Eindruck haben, es lohne sich, diese an ihre Kinder zu vermitteln.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesen beiden Tagesordnungspunkten vor. Ich schließe deshalb die Beratung. Wir kommen zur Ausschussüberweisung der beiden Anträge.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, den Ausschuss für Jugend und Sport mit der federführenden Beratung zu beauftragen und den Kultusausschuss sowie den Ausschuss für Medienfragen mitberaten zu lassen. Außerdem hat die SPD-Fraktion beantragt, auch den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen sowie den Ausschuss für innere Verwaltung mitberaten zu lassen. Wenn Sie dem Ihre Zustimmung geben wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Möchte sich jemand der Stimme enthalten. - Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, ich rufe damit auf

Tagesordnungspunkt 3: 43. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben Drs. 14/3365 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/3388 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/3389

Die Fraktionen haben im Ältestenrat vereinbart, dass die Eingaben, zu denen Änderungsanträge vorliegen, erst am Freitag, dem 17. Mai, beraten werden. Ich halte das Haus damit für einverstanden, dass wir heute nur die Eingaben beraten, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.

Ich rufe daher die Eingaben aus der 43. Eingabenübersicht in der Drucksache 3365 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Ich eröffne die Beratung. - Wortmeldungen sehe ich nicht.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 3365 abstimmen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wenn Sie den Ausschussempfehlungen so zustimmen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Stimmt jemand dagegen? - Eine Gegenstimme. Wer möchte sich der Stimme enthalten? - Niemand. Bei einer Gegenstimme haben Sie so beschlossen, meine Damen und Herren.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und sehen uns um 14 Uhr wieder.

Unterbrechung: 12.07 Uhr.

Wiederbeginn: 14.02 Uhr.

Meine Damen und Herren! Wir nehmen unsere Beratungen wieder auf, und zwar mit

Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen (NVermG) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 14/3350

Der Gesetzentwurf wird vom Herrn Innenminister eingebracht, dem ich das Wort erteile.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf zur Neufassung des Vermessungs- und Katastergesetzes vor. Es regelt das amtliche Vermessungswesen, das traditionell der Sicherung des Eigentums an Grund und Boden dient und heute vor allem durch die flächendeckende Bereitstellung von Geobasisinformationen eine wesentliche Infrastrukturmaßnahme des Landes darstellt.

Mit der Neufassung soll das Fachrecht aus dem Jahr 1985 an die sich seitdem wesentlich veränderten informations- und kommunikationstechnologischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Ich nenne als ein Beispiel die digitalen Geobasisdaten des amtlichen Vermessungswesens und das Ziel, diese über das Internet auch für jedermann verfügbar zu machen. Des Weiteren soll die noch immer ausstehende Harmonisierung mit dem Datenschutzrecht erreicht werden.

Nicht zuletzt werden mit diesem Gesetz aber auch Ergebnisse der Verwaltungsmodernisierung in die Praxis übertragen. Das inzwischen technisch Mögliche soll auch rechtlich zugelassen werden. Betroffen sind alle Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft, vor allem auch die Energieversorgung, alle Beteiligten in grundstücksbezogenen Rechtsangelegenheiten und schließlich die Landes- sowie die Kommunalverwaltungen. Denn Geobasisdaten sind

Grundlage der Grundbuch- und Steuerverwaltung sowie Basis vieler Informationssysteme, z. B. im Bereich der Einsatzplanung der Polizei und Feuerwehr, des Umweltschutzes und der Bauleitplanung. Ebenso haben sie eine große Bedeutung für Bürgerinformationssysteme unserer Kommunen.

Der Entwurf schafft damit insbesondere mehr Öffentlichkeit für die amtlichen Nachweise bei gleichzeitigem besonderen Schutz der Eigentumsangaben, mehr Transparenz für den Rechtsgeschäftsverkehr durch einen vereinheitlichten Kernbestand notwendiger Angaben zu Grund und Boden einschließlich Hinweisen auf öffentlichrechtliche Festlegungen wie beispielsweise Naturoder Wasserschutzgebiete, mehr bürgerorientiertes Verwaltungshandeln durch fachliche Deregulierungen, beispielsweise durch den Verzicht auf den staatlichen Anspruch auf Kennzeichnung von Grenzen, und schließlich mehr Bürgernähe durch den Abbau des staatlichen Monopols bei der Bereitstellung von Auszügen aus dem Liegenschaftskataster; so sollen künftig auch Kommunen und öffentlich bestellte Vermessungsingenieure diese Auszüge abgeben können.

Mit der Neufassung wird insoweit ein weiterer Verwaltungsbereich dereguliert und werden traditionelle Aufgaben des Landes auf andere Aufgabenträger verlagert. Darüber hinaus ist die Neufassung der rechtliche Baustein zu den aktuellen Bestrebungen des Bundes, des Landes, der Kommunen und der Wirtschaft, die Gewinnung, Verarbeitung, Verbreitung und Nutzung von Geoinformationen als zentrales Element einer modernen Informationsgesellschaft zu fördern.

Auf einen Aspekt erlauben Sie mir bitte noch hinzuweisen. In dem vorgelegten Entwurf sind die betriebswirtschaftlichen Ansätze der neuen Steuerungsinstrumente zur Modernisierung der Verwaltung konsequent umgesetzt worden. Dies gilt besonders hinsichtlich der in der Vermessungs- und Katasterverwaltung seit 1999 eingeführten Vollbudgetierung des Haushalts. Aus diesem Grunde sieht der Entwurf vor, auch Behörden der Landesund Kommunalverwaltung grundsätzlich nicht von der Kostenpflicht für Leistungen der Vermessungsund Katasterverwaltung auszunehmen. Allerdings sollen diesen Stellen im Gegensatz zu Drittnutzern, also insbesondere Privaten, nur die wesentlich reduzierten Kosten der Auslagen des Bereitstellungsaufwands auferlegt werden.

Sofern gewünscht, bin ich gern bereit, die Frage der Kostenpflicht der Kommunen im zuständigen Ausschuss näher zu erläutern. Entsprechendes gilt für die kommunalen Spitzenverbände. Ein erstes Gespräch hat darüber stattgefunden, meine Damen und Herren. Es gibt zwar noch einige Differenzen zwischen den Kommunen, den kommunalen Spitzenverbänden und uns, aber ich hoffe und glaube, dass wir das im Gesetzgebungsverfahren gemeinsam lösen können. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

In der Aussprache hat der Kollege Lanclée das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie wir gerade von Herrn Minister Bartling gehört haben, soll der heute zur ersten Beratung vorliegende Gesetzentwurf das seit 1985 gültige Niedersächsische Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster ablösen. Eine Neuerfassung des gesamten Sachverhalts - auch das ist deutlich geworden - und eine Neufassung der Rechtsgrundlagen sind erforderlich geworden, weil sich sowohl im gesellschaftlichen Bereich als auch in kommunikationstechnologischen Umfeld erhebliche Veränderungen ergeben haben, die mit einer Novellierung nicht zu bewältigen gewesen wären.

Verbunden mit der vorgelegten Neufassung ist auch ein neuer Name, liebe Kolleginnen und Kollegen. Nach dem Entwurf soll das neue Gesetz jetzt den Namen „Niedersächsisches Gesetz über das amtliche Vermessungswesen“ tragen. Auch die Paragrafen - das wird in dem Entwurf deutlich werden in einer neuen Systematik erfasst und von jetzt 21 auf in Zukunft 13 reduziert werden. Das dient unserer Auffassung nach der Übersichtlichkeit und damit auch der Nachvollziehbarkeit sowie der Eindeutigkeit und Handhabung.

Kernstück des Gesetzes ist die angestrebte landesweit einheitliche Bereitstellung von Geobasisdaten - das ist hier auch schon deutlich geworden -, die heute für eine geordnete Daseinsvorsorge, für Recht und Verwaltung sowie für die Wirtschaft eine große Bedeutung erlangt haben.

Ziel des Gesetzes ist es auch, für jedermann den Zugriff auf all die Angaben des amtlichen Vermessungswesens zu ermöglichen, die nicht unmittelbar einen Personenbezug, d. h. Eigentumsangaben, zulassen. Für die Datensätze mit Personenbezug, also Eigentumsangaben, hat der Datenschutz selbstverständlich Priorität.

Der zu beratende Gesetzentwurf schafft darüber hinaus die rechtlichen Grundlagen zu den aktuellen Bestrebungen in Bund und Land - auch das hat der Herr Minister hier schon deutlich gemacht -, die Gewinnung, Verarbeitung, Verbreitung und Nutzung von Geoinformationen als zentrales Element einer modernen Informationsgesellschaft zu fördern.

Wir als SPD-Landtagsfraktion begrüßen es auch, dass die Neufassung des Gesetzes für das Land mittelfristig zu einer Minderung des personellen Verwaltungsaufwands führt und sich durch die Verbesserung des Dienstleistungsangebots voraussichtlich Mehreinnahmen für das Land ergeben. Wir erwarten weiter, dass sich durch die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, Angaben zum Grund und Boden durch das amtliche Vermessungswesen vollständig, zuverlässig und aktuell bereitzustellen, auch Maßnahmen zum Schutz unserer Umwelt effizient koordinieren lassen.

Zur Kostenregelung in § 6 Abs. 4 haben die kommunalen Spitzenverbände Bedenken vorgebracht. Dort ist vorgesehen:

„Für eigene nichtwirtschaftliche Zwecke erhalten das Land und kommunale Körperschaften Angaben des amtlichen Vermessungswesens und Standardpräsentationen gegen Erstattung des Aufwandes für die Bereitstellung;“

Wir werden die hierzu vorgebrachten Bedenken, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr ernst nehmen und im jetzt beginnenden parlamentarischen Verfahren die voraussichtlichen Mehrausgaben für die kommunalen Körperschaften überprüfen.

Zusammenfassend möchte ich für die SPDLandtagsfraktion feststellen:

Erstens. Die vorliegende Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes über das amtliche Vermessungswesen folgt unstrittig den Zeichen der Zeit und der Technik.

Zweitens. Das Gesetz schafft Freiräume für Entwicklungen in unserer schnelllebigen Zeit und wird den Nutzern vor Ort so manche Arbeit erleichtern.

Drittens. Das Gesetz bietet den Anwendern vielfältigere und auch preiswertere Nutzungsmöglichkeiten.

Meine Damen und Herren, unter diesen Gesichtspunkten freuen wir uns auf die nun anstehenden Beratungen im Fachausschuss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Coenen hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf strebt die Landesregierung an, dem Zeittrend folgend, Daten und Informationen über das amtliche Vermessungswesen schneller auf den Markt zu bringen.

Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen betreffen in nicht unerheblichem Umfang den kommunalen Bereich und wurden deshalb von den kommunalen Spitzenverbänden, wie hier schon erwähnt, genau unter die Lupe genommen und in einigen Punkten stark kritisiert. Meine Fraktion schließt sich den Kritikpunkten an.

Der Gesetzentwurf ist darauf gerichtet, ein raumbezogenes Landesinformationssystem einzuführen und der staatlichen Vermessungs- und Katasterverwaltung eine Monopolstellung mit Exklusivrechten einzuräumen. So soll das Land bezüglich der Geobasisdaten das Recht der Bereitstellung sowie der wirtschaftlichen Verwertung und öffentlichen Wiedergabe erhalten. Problematisch ist dabei insbesondere die Regelung, dass von den Kommunen verlangt wird, bei Einholung von Informationen des amtlichen Vermessungswesens für eigene nichtwirtschaftliche Zwecke Gebühren an das Land zu zahlen. Hierzu verweise ich auf § 6 Abs. 3 und 4 des Gesetzentwurfes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Kommunen auch im eigenen Wirkungskreis Aufgaben im öffentlichen Interesse wahrnehmen, z. B. die Bauleitplanung und die Regionalplanung. Aus diesem Grunde ist es unangemessen, dass die Kommunen die hierfür erforderlichen Materialien beim Land einkaufen müssen. Die damit begründeten staatlichen Monopole

und Exklusivrechte des Landes sind unangemessen.

Es ist zu befürchten, dass eine Wiederverwertung kommunaler Daten und deren öffentliche Wiedergabe, z. B. im Internet, durch die abgebende Kommune zu verfahrenstechnischen und finanziellen Belastungen führen wird. Zudem ist zu befürchten, dass die Kommunen darin behindert werden, eigene, kommunale Bürgerinformationssysteme zu entwickeln. Die Kommunen haben ein Interesse daran, unter Ausschöpfung der neuen informationstechnischen Möglichkeiten grundbezogene Daten der Bürger so umfassend wie möglich zugänglich zu machen. Unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltung ist es daher notwendig, den Gestaltungsspielraum der Kommunen zum Aufbau eigener Geoinformationssysteme unter Einbeziehung grundstücksbezogener Daten zu erweitern. Die originäre Zuständigkeit der Kommune als Anlaufstelle des Bürgers darf nicht durch Exklusivrechte des Landes, Erlaubnisvorbehalte oder Gebührenbelastungen erschwert und behindert werden.

Darüber hinaus müssen die Interessen der Kommunen im Zusammenhang mit der Verbreitung aus dem kommunalen Bereich stammender Informationen durch das Land gewahrt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das von der Landesregierung geplante Landesinformationssystem im Wesentlichen auf Daten zurückgreifen soll, an denen ein Urheberrecht der Kommunen besteht. Aus diesem Grund ist eine Verbreitung dieser Daten grundsätzlich nur mit Zustimmung der Kommunen zulässig. Es wäre daher nach meiner Meinung sachgerecht, den Kommunen für die Erteilung der Zustimmung die Zahlung angemessener Entgelte bzw. eine Beteiligung an den aus dem System fließenden Erlösen zu gewähren.