Über die Ausschussempfehlungen zu den Eingaben in der Drucksache 2650, zu denen keine Änderungsanträge vorlagen, haben wir bereits gestern, in der 83. Sitzung, entschieden. Wir beraten jetzt nur noch über die Eingaben aus der Drucksache 2650, zu denen die genannten Änderungsanträge vorliegen. Davon ausgenommen ist die Eingabe 3645, die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen irrtümlich strittig gestellt worden war.
Zur Beratung: Die SPD hat bis zu zehn Minuten Redezeit, die CDU ebenfalls, die Grünen bis zu fünf Minuten und die Landesregierung bis zu fünf Minuten.
Es liegen Wortmeldungen vor. Zunächst hat Frau Kollegin Mundlos zur Eingabe 3877 das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Petentin hat im Februar 2001 eine erste Eingabe mit dem Anliegen „Erhalt der eigenständigen Realschule“ eingereicht. In keinem einzigen Satz hat sie Kritik an der Unterrichtsversorgung der eigenen Schule geäußert. Einen Tag später erhielt die Schule Anrufe aus dem Ministerium mit Fragen zur Organisation des bilingualen Unterrichts an dieser Schule. Dem verblüfften Schulleiter teilte das Ministerium zur Begründung mit, diese kritischen Nachfragen verdanke man der Eingabe der Petentin, der Schulelternratsvorsitzenden.
Ergebnis der Überprüfung: Obwohl das Bilingualkonzept dieser Schule seit 1995 von Bezirksregierung und Ministerium zum Teil auch in öffentlichen Veranstaltungen als leuchtendes Beispiel herausgestellt wurde, wurde zunächst nur dieser Schule, wurden mittlerweile jedoch vier weiteren niedersächsischen Realschulen vom Kultusministerium die Zusatzstunden für bilinguale Angebote radikal zusammengestrichen - und das im Europäischen Jahr der Fremdsprachen.
Dies alles geschah infolge einer Eingabe der Elternratsvorsitzenden einer Realschule. Jemand hat also gewagt, die Pläne der Landesregierung zur Sekundarschule kritisch zu hinterfragen.
Daraufhin hat die Petentin eine Eingabe eingereicht, die sich hauptsächlich mit dem Eingabenrecht befasst. Es darf nicht sein, dass Bürger, die ihre bürgerlichen Rechte wahrnehmen, mit derartigen Maßnahmen der Landesregierung, d. h. mit Strafaktionen, zu rechnen haben.
Es wurde jedoch alles darangesetzt, diese Person und die von ihr repräsentierte Schule bzw. Elternschaft in Misskredit zu bringen, einen Keil zwischen sie zu treiben, die Schule abzustrafen und weitere Schulen im Kollektiv gleich mit zu bestrafen. Die Elternvertreterin wurde demontiert, ihr Ansehen und ihr Ruf wurden geschädigt.
Deshalb plädieren wir bei dieser Eingabe für „Berücksichtigung“, um der Landesregierung Gelegenheit zu geben, ihre Vorgehensweise zu korrigieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir in Niedersachsen sind froh, dass bilingualer Unterricht erteilt wird, vor allem an Realschulen.
Ich würde aber gerne ein bisschen bei der Wahrheit bleiben und weniger bei dem, was wir gerade gehört haben.
Nach mir vorliegenden Informationen der Möser-Realschule geht es bei den betroffenen Schulen im Wesentlichen um verstärkten Englischunterricht - ich wiederhole: um verstärkten Englischunterricht -, weniger um bilingualen Unterricht.
Wer mögliche Zusatzstunden für bilingualen Unterricht nicht beantragt, darf sie nicht aus dem der Schule normal zur Verfügung stehenden Kontingent verwenden.
Wenn in Bezug auf eine Schule beklagt wird, die Unterrichtsversorgung sei nicht ausreichend, muss das Kultusministerium diese Situation überprüfen. Es wäre schlimm, wenn das nicht so wäre.
Das ist in diesen Fällen geschehen. Das heißt, über die Bezirksregierung hat das Kultusministerium überprüft, was beklagt wurde. Was wollen Sie denn? - Bedauerlich ist allerdings, dass erst durch eine Petition der Bezirksregierung klar wird, dass Schulen zu Unrecht Unterrichtsstunden in Anspruch genommen haben,
statt diese Stunden für bilingualen Unterricht zu verwenden. Die Möser-Realschule ist als Europaschule ohne Zweifel eine engagierte Schule mit dem Unterrichtsschwerpunkt Sprache. Sie war auch die erste Realschule in Niedersachsen, die einen bilingualen Unterricht angeboten hat. Allerdings muss sich auch diese Schule an die Rechtsund Verwaltungsvorschriften des Landes halten, die Sie im Übringen kontrollieren sollen.
(Beifall bei der SPD - Möllring [CDU]: Das war die schlechteste Re- de von Ihnen, die ich je gehört habe!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Voigtländer, ich kenne Sie eigentlich sachorientierter.
Die Ergebnisse der letzten Hotline, die die CDU durchgeführt und der Kollege Busemann zusammengefasst hat, sind erschreckend. Ich habe in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung mit Freude einen Artikel darüber gelesen, wie sich der Landtag gestern in besonderem Maße dargestellt hat. Ich fände es gut, wenn diese Darstellung vor dem Hintergrund der grenzenlosen Gewalt, die wir derzeit erleben und die zu einem besonderen Akzent der Nachdenklichkeit geführt hat, über den Tag hinaus getragen würde, vor allem wenn es um ein Thema geht, das wirklich unter den Nägeln brennt.
In den vergangenen Tagen war der Finanzminister des Landes Hessen bei uns zu Besuch. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass ich mich geschämt habe. Er konnte sehr genau nachweisen, dass er über den Bedarf der ausscheidenden Lehrkräfte hinaus zusätzlich 2 900 Lehrer und - sehr klug - 2 200 Referendare eingestellt hat.
Ich komme aus der Umgebung der Universitätsstadt Göttingen. Es gab dort den sehr berühmten Agrarökonomen Hanau. Dieser Mann hat anhand einer wissenschaftlichen Untersuchung am Beispiel des Schweinezyklus auf Konjunkturdaten hingewiesen. Und jetzt komme ich auf das eigentliche Thema zu sprechen.
- Nein, nein, Herr Meinhold. Es ist schon richtig. Springen Sie nicht zu kurz. Es reicht nur für den Bezirk Hannover.
Selbst wenn man jetzt endlich dazu käme, für 15 000 zusätzliche Schüler pro Jahr zusätzliche Lehrer einzustellen und nicht, Herr Meinhold, eine zusätzliche Stelle bei 2 000 zusätzlichen Berufschülern,
dann würde dies fast ins Leere laufen - dies vor dem Hintergrund, dass - dies bestätigte mir einer der leitenden Sozialdemokraten der Bundesrepublik Deutschland gestern in einem Privatgespräch schon seit Jahren eine Lehrerbedarfsprognose nicht mehr erstellt worden ist. Von daher ist meine Bitte: Fragen Sie Herrn Schanz, wann zum letztem Mal eine Lehrerbedarfsprognose erstellt worden ist und ob dies nicht notwendig wäre, damit die Kultusmi
nisterin, wenn Sie zu einer Koalition der Vernunft kommen wollte, mit Ihrer Hilfe, Herr Meinhold, den tatsächlichen Lehrerbedarf feststellen kann, um dann Lehrkräfte zu gewinnen. Die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen - Herr Meinhold, Ihnen als Pädagoge besonders an Herz gelegt - ist wirklich desaströs, sie ist wirklich miserabel. Diese Hotline, meine Damen und Herren, war doch keine Bösartigkeit, sondern eine parteiübergreifende Hilfestellung.
Herr Voigtländer und Herr Meinhold als Pädagogen, Sie reden immer von Lernzugewinn. Nun stellen Sie sich einmal darauf ein, und beweisen Sie Ihre besondere Flexibilität. Machen Sie einen Crashkurs mit Frau Jürgens-Pieper. Sie fahren dieses Land doch vor die Wand. Wenn Sie die Wahl verlieren, dann in erster Linie wegen des Versagens im pädagogischen Umfeld. - Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde zu den Petitionen, die die CDU-Fraktion strittig gestellt hat, nicht Stellung beziehen, sondern ich werde nur sagen, dass meine Fraktion mit der großen Oppositionsfraktion stimmen wird.
Ich rede jetzt über ein Stück Einigungsgerechtigkeit, die wir noch zu leisten haben. Meine Fraktion hat die Petitionen von Lehrkräften strittig gestellt, die das Land Niedersachsen vor einigen Jahren von Thüringen und Sachsen-Anhalt ausgeliehen hat. Es handelt sich um Grundschullehrer und –lehrerinnen, die an niedersächsischen Schulen die gleiche Arbeit verrichten wie in Niedersachsen oder anderen alten Bundesländern ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen und die demnächst in den niedersächsischen Schuldienst übernommen und für die gleiche Arbeit, die überall hoch anerkannt ist – insbesondere die Eltern sind mit der Arbeit dieser Lehrkräfte sehr zufrieden -, schlechter bezahlt werden sollen. Diese Lehrkräfte dürfen nur Angestellte
und nicht Beamte werden. Diese Lehrkräfte sollen nach BAT IV a bezahlt werden. Wären sie gleichgestellt, würden sie nach BAT III bezahlt werden. Außerdem steht diesen Lehrkräften jegliche Aufstiegschance nicht zur Verfügung, weil das Beamtenrecht dies verhindert. Sie können nicht Schulleiter oder Schulleiterin werden. Eigentlich dürften sie auch keine Referendare und Referendarinnen ausbilden. Das tun sie aber. Sie dürfen später auch nicht in der Bezirksregierung arbeiten. All dieses wird ihnen vorenthalten. Ich finde, wir haben - das ist bei anderen Berufsgruppen auch geschehen die Pflicht, dass Ausbildungen, die in der ehemaligen DDR absolviert worden sind, von uns anerkannt werden, insbesondere dann, wenn wir alle feststellen, wie gut die Arbeit dieser Leute an den Schulen ist.