Protokoll der Sitzung vom 27.06.2003

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jüttner, das scheint der Tag der Steilvorlagen zu werden. Initiativen zur Errichtung von Gesamtschulen, insbesondere im ländlichen Raum: Ganze drei, Herr Kollege. Ich will Ihnen, weil die Fragestellerin auf Christian Wulff eingestiegen war, noch etwas sagen. Wir haben das hier schon einmal abgehandelt. Das war der Standort Ottersberg. Mittlerweile hat sich die Planungsgruppe zur Einrichtung einer KGS dort aufgelöst.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Hört, hört! - Zurufe von der SPD)

Ich muss korrigieren: Sie ist dabei, sich aufzulösen. Ich frage ja nicht jeden Tag nach dem Stand der Dinge.

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Modder.

Herr Minister, Sie kennen sicherlich die Problematik der Inselgemeinden. Sie haben ja dazu eine Inselkonferenz einberufen. Wie stellt sich zum Beispiel die Situation der wunderschönen Insel Borkum dar? Wäre da nicht die Einrichtung einer Gesamtschule erforderlich?

Herr Minister Busemann!

Verehrte Kollegin, wenn Sie sich die Frage 6 bzw. die schriftliche Antwort darauf - die ja bereit liegt, wenn diese Frage nicht mehr aufgerufen werden sollte - genauer durchlesen würden, dann würden Sie erkennen, dass es darin um die Frage geht, wie sich das neue Schulgesetz auf die Inselgemeinden - die zugegebenermaßen seit eh und je problematische Standorte sind - auswirken wird. Man hat vorgestern auch mit Verwaltungsleuten - die Bezirksregierung hat das Gespräch geführt - und mit

den jeweiligen Inselvertretern zusammengesessen. Dabei haben die Inselvertreter deutlich gemacht, wie sie sich es vorstellen.

Wenn ich es richtig in Erinnerung habe - aber lesen Sie es gleich noch einmal genau nach -, dann ist von den Inselvertretern ausdrücklich klar gemacht worden, dass sie für ihre Schulangebote im gegliederten Schulwesen sorgen. Ich glaube, das gilt speziell auch für Borkum. Es ist bei dieser Zusammenkunft nicht deutlich gemacht worden, dass man dort Gesamtschulen haben möchte. Aber das neue Schulgesetz liefert gerade für die Inseln bei Kreativität von Schulträgern super Angebote.

(Beifall bei der CDU)

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Korter.

Herr Minister, Sie haben eben deutlich gemacht, dass Ihnen nur drei Initiativen zur Einrichtung neuer Gesamtschulen bekannt sind. Können wir davon ausgehen, dass in Zukunft auch Veranstaltungen von Eltern nicht mehr erlaubt sein werden, in denen über die Einrichtung neuer Gesamtschulen diskutiert werden darf,

(Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

wie es Presseberichten zufolge an der Orientierungsstufe Steinhude geschehen ist? Dort hat - wenn ich der Presse glauben darf - die Bezirksregierung eine Veranstaltung mit dieser Thematik untersagt, weil die Landesregierung keine neuen Gesamtschulen mehr möchte.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört! - David McAllister [CDU]: Es gibt kei- ne weiteren Gesamtschulen!)

Herr Minister Busemann!

Verehrte Frau Kollegin, in Deutschland und auch in Niedersachsen herrscht doch Versammlungsfreiheit. Eltern können sich immer und überall versammeln und Schulangelegenheiten miteinander besprechen. Es ist aber eher eine müßige Angelegenheit, ob man etwas zum Gegenstand sol

cher Besprechungen machen soll, was gesetzlich gar nicht möglich ist.

Eine zweite Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Jüttner.

Herr Busemann, vor dem Hintergrund, dass Herr Dr. Rösler nach meiner Erinnerung den Koalitionsvertrag unterschrieben hat in dem Wissen darum, dass in diesem Koalitionsvertrag ein Errichtungsverbot für Gesamtschulen schriftlich festgehalten ist, frage ich Sie: Wie beurteilen Sie eigentlich das politische Gebaren unseres Kollegen im Landtag, dass er nach diesem Termin mindestens einer Initiative in Niedersachsen, die eine Gesamtschule errichten möchte, eine positive Unterstützung schriftlich zugesagt hat?

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

Herr Ministerpräsident!

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie fair wir mit allen Schulen, vor allem mit elterlichem Engagement umgehen, möge man daran sehen, dass ich heute um 17 Uhr an der Gesamtschule, an der Ihre verehrte Frau Gattin Schulleiterin ist, die Abiturzeugnisse übergeben werde.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Insofern möge das symbolhaft verstanden werden, dass auch die Gesamtschülerinnen und -schüler bei uns in guten Händen sind. Sollte Ihre Gattin Ihnen das noch nicht gebeichtet haben, dann bitte ich um Vergebung, das hier „geoutet“ zu haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ich möchte zu der anderen Frage, zu der wichtigen und von mir begrüßten Arbeit der Elterninitiative in Ottersberg sagen, dass es dort das nachvollziehbare Anliegen der Eltern war, ein gymnasiales Angebot an diesen Standort zu bringen, damit die Kinder nicht nach Achim oder Verden fahren müssen. Es hat sich dann eine Perspektive aufgezeigt, dieses gymnasiale Angebot dort zu schaffen. Das

setzt aber die Bereitschaft des Schulträgers, des Landkreises, voraus. Nach meinem jetzigen Kenntnisstand ist der Schulträger dort im Moment nicht zur Schaffung des gymnasialen Angebots bereit. Das heißt aber nicht für alle Tage, dass wir das nicht doch noch hinbekommen können. Das war aber der Hintergrund dieser Elterninitiative.

(Beifall bei der CDU)

Eine Zusatzfrage stellt jetzt die Abgeordnete Bührmann.

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, dass sich die Initiative in Ottersberg deswegen auflösen möchte, weil sie darauf vertraut hat, dass die Zusage des Ministerpräsidenten, in Ottersberg eine Gesamtschule einrichten zu können, eingehalten wird, und jetzt völlig frustriert ist und nicht weiß, wie es eigentlich weitergehen soll?

Herr Präsident, wenn ich gleich einen Satz anschließen darf: Herr Ministerpräsident, die Aussage, die Sie eben gemacht haben, ist nicht richtig. Ich möchte gerne mit Ihnen nachher darüber reden. Das, was Sie zum Schulträger gesagt haben, ist falsch.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört! - Karl-Heinz Klare [CDU]: „Meines Wissens“ hat er gesagt!)

Herr Minister Busemann!

Ich kann hier nur sagen, dass das, was der Ministerpräsident generell bzw. zum Fall Ottersberg gesagt hat, absolut zutreffend ist. An keiner Stelle hat Christian Wulff oder hat die Landesregierung - auch angesichts des neuen Gesetzes - für den Standort Ottersberg eine Gesamtschule in Aussicht gestellt. Das können wir ja auch gar nicht, weil es das Gesetz gar nicht hergibt. Dieser Standort hat gewisse, durch die ländliche Struktur bedingte Probleme, zum Beispiel gymnasiale Angebote zu machen. Da spielen die Fahrwege, die Entfernungen eine Rolle. Wir haben auf der Basis des vorgestern beschlossenen Gesetzes - Beamte des Ministeriums waren auch vor Ort - Vorschläge unter

breitet, wie man dem Standort helfen kann. Genau das weiß auch der Schulträger. Jetzt ist dort der Schulträger am Zuge.

Im Übrigen: Wer dort aus welchen Gründen Frustrationsgefühle hat, kann ich nun nicht beurteilen.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Voigtländer.

Herr Minister, im Landkreis Uelzen wollen sich in der Samtgemeinde Ebstorf 80 % der betroffenen Eltern und - wie mir bekannt ist - auch die örtliche CDU stärker mit der Einrichtung einer Außenstelle einer KGS beschäftigen und diese vermutlich einführen. Werden Sie dem zustimmen?

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Hoffent- lich! - David McAllister [CDU]: Sind Landratswahlen in Uelzen? - Zuruf von der CDU: Wer will da Landrat werden?)

Herr Minister Busemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Voigtländer, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie - auch wenn dort Landratswahlkämpfe stattfinden - die vor Ort Tätigen darüber aufklären würden, dass vorgestern ein neues Schulgesetz beschlossen worden ist, dass auch Verordnungen das Ganze begleiten und dass danach Außenstellen für Gymnasien im gegliederten Schulwesen unter bestimmten Voraussetzungen möglich, aber Außenstellen für Gesamtschulen nicht vorgesehen sind.

Eine Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Harms.

Herr Minister, apropos Versammlungsrecht: Ist es richtig, dass Ihr Ministerium bzw. die Schulbehör

den anlässlich der Schülerdemo am letzten Mittwoch hier in Hannover allen Schulen, allen Schülerinnen und Schülern mitgeteilt haben, dass das Demonstrieren während der Unterrichtszeit verboten ist,

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

dass aber zeitgleich am letzten Mittwoch auf Ihre Einladung hin Mitglieder der Schülerunion in Hannover waren, um auf dieser Demo, falls sie doch stattfindet, falls die Schüler sich das trauen, ordentlich Gegenstimmung machen zu können?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Minister Busemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unbeschadet der Frage, ob die Geschäftsordnung die Ausdehnung des Fragenkomplexes überhaupt hergibt, sage ich: