Protokoll der Sitzung vom 31.10.2003

Wir haben gestern im rundblick gelesen - Sie haben darauf hingewiesen -, dass die Nordkooperation enger wird. Dort ist sehr gründlich aufgelistet worden, was unter weitgehender Führung Niedersachsens mit Hamburg, Bremen und SchleswigHolstein insgesamt besprochen wird. Ganz so

schnell, wie Sie hier über den Nordstaat sprechen, geht es nun aber nicht. Ein Nordländerverbund setzt ja immer voraus, dass in Einzelpunkten konkrete und solide Arbeit geleistet wird und dass Zusammenlegungen dort vorgenommen werden, wo dies, wie im Fall der Zusammenlegung der Grundbucharchive in Stade, möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, geplant war aber auch - ich muss in diesem Zusammenhang auch einmal ein negatives Beispiel nennen - eine gemeinsame Beschaffung von Ausrüstung. Konkret wollte man länderübergreifend die neuen blauen Polizeiuniformen, die Hamburg als Vorreiter einführen will, einkaufen. Diesem Vorhaben macht bislang aber noch das Kartellamt einen Strich durch die Rechnung. Man stelle sich das einmal vor: Wir haben mehrere Bundesländer. Das Kartellamt sagt Nein zu einem wirtschaftlich eindeutig besseren Ergebnis. Wenn wir uns vorstellen, dass wir das Gleiche möglicherweise auch noch bei anderen Punkten erleben, dann werden wir noch sehr viel konkrete Arbeit leisten müssen.

Wir leisten sie aber auch. Es gibt gemeinsame Kabinettssitzungen. Es gibt auch gemeinsame Gespräche der Fraktionsführungen. Wir haben mit Mecklenburg-Vorpommern, mit Bremen und mit Hamburg sehr konkret über die Umsetzung gesprochen.

Mit Blick auf den Verbund der Nordländer muss aber auch die Föderalismusdiskussion insgesamt verfolgt werden. Wir haben erst unlängst die Föderalismuskommission eingerichtet. In dieser Kommission wird es darum gehen, die Bundesländer ingesamt auf den Prüfstand zu stellen. Hierbei muss man aber auch vor vorschnellen Lösungen warnen. Man wird sehr genau feststellen müssen, wo Synergieeffekte liegen und wo man gemeinsam stärker ist. Das ist im Wirtschaftsbereich sicherlich sehr wichtig. Durch einen gemeinsamen Wirtschaftsraum - die wirtschaftlich Handelnden lassen sich nicht von Landesgrenzen beeindrucken muss man letztendlich auch zu entsprechenden Vereinbarungen und auch zu einer entsprechenden Außendarstellung kommen. Beispielhaft erwähnen möchte ich das IZN.

Es gibt aber auch Beispiele, die über die alleinige Kompetenz der Landesregierung weit hinaus gehen. Eine Frage ist z. B. die, wohin sich die NORD/LB ausrichten wird. Eine weitere Frage be

trifft die Überlegungen zur Fusion des Sparkassenund Giroverbandes. Das sind ganz entscheidende Bereiche, die im Falle der richtigen Umsetzung zu einer Stärkung führen. Ich bin der Landesregierung sehr dankbar dafür, dass sie dieses Politikfeld besetzt hat. Dafür war der Antrag nicht erforderlich. Er ist aber ganz nützlich, weil sich verschiedene Ausschüsse sehr konkret mit dieser Frage beschäftigen können.

Das Landesamt für Statistik ist einige Male gelobt worden. Ich meine, wenn man ein Landesamt für den gesamten norddeutschen Raum hat und dann im Übrigen noch prüft, wie viel Statistik wirklich erforderlich ist, ob man Wirtschaft von Statistik entlasten kann,

(Zustimmung bei der CDU)

dann kommen wir in diesem Bereich ein ganzes Stück weiter. Ich bin der Meinung, dass man in jedem Einzelfall sehr sorgfältig prüfen muss, dass dies konkret gemacht und umgesetzt wird.

Für die Beratung in den Ausschüssen wünsche ich den Parlamentariern sehr viele kreative Ideen. Nun will ich die Redezeit nicht weiter dazu nutzen, den Feierabend an diesem Plenartag weiter hinauszuschieben. - Herzlichen Dank für‘s Zuhören.

Danke, Herr Rolfes. - Herr Wenzel, bitte!

Frau Präsidentin! Herr Hirche, Sie sagen, Sie seien längst auf dem Weg. Ich hoffe, dass es so ist, und ich hoffe, dass es ab heute noch viel schneller geht. Wir hatten vorab schon versucht, uns zu diesem Thema schlau zu machen, um zu erfahren, wie denn der Stand ist. Das Echo in der Presse war bis zu dem gestrigen rundblick-Artikel sehr dünn. Das konnte man in den letzten Wochen sehr genau verfolgen. Deswegen haben wir im Haushaltsausschuss nochmals nachgefragt. Vor zwei Wochen waren die Erkenntnisse der Landesregierung zu diesem Projekt jedenfalls kaum sichtbar und kaum der Erwähnung wert. Wenn sich das in diesen zwei Wochen entscheidend verändert hat, sind wir sehr glücklich darüber. Wir sprechen jedenfalls über eine neue Dimension der Kooperation.

Herr Hirche, Sie diskutieren dort im Norden mit Hamburg über die A 20. Das haben Ihre Vorgän

ger auch schon getan; der Streit ist ja schon etwas älter. Wenn in dieser Richtung weiter gekungelt und dies als neue Dimension der Kooperation verkauft wird, dann ist das nicht das, was wir damit gemeint haben.

Die Grundbucharchive hatte ich von mir aus nicht angesprochen. Wir wollen nicht in Abrede stellen, dass dabei schon etwas passiert sei. Aber das ist beileibe nicht das Mega-Projekt, das hier als Leuchtturm in der Landschaft steht. Wir haben bereits einige Beispiele. Wir haben wohl schon seit Jahrzehnten die Giftzentrale, bei der die norddeutschen Länder zusammenarbeiten, und auch das Bergamt. Es gibt also einige Beispiele, aber ich wünsche mir, dass das Ganze mit neuem Schwung vorangeht, und dass es nicht so ist, wie Sie das eben gebracht haben: Sie haben wohl zehnmal den Begriff „angedacht“ erwähnt und dann noch fünfmal den Begriff „geprüft“. Das ist natürlich zu wenig. Ich hoffe, dass es schneller geht. - Vielen Dank für‘s Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Federführend soll sich mit dem Antrag der Ausschuss für Inneres und Sport beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen, der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, der Ausschuss für den ländlichen Raum, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Stimmenthaltungen? - Damit ist es so beschlossen.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 41: Erste Beratung: Europäische Kommission will Finanzmittel für Europaaktivitäten in den Regionen für 2004 streichen - Fortbestand von EuroInfo-Points und Carrefours sichern - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/485 – Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Drs. 15/485 – Drs. 15/513

Zur Einbringung des Antrages hat sich Frau Tinius gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, feststellen zu können, dass zwischen allen im Landtag vertretenen Parteien politischer Konsens besteht, dass das Europabewusstsein in der Bevölkerung gestärkt werden muss. Europa kann nur funktionieren, wenn die damit verbundenen beruflichen, politischen und wirtschaftlichen Chancen für jeden Einzelnen, für jede Bürgerin, für jeden Bürger transparent werden, wenn wir alle Menschen in unserem Land in den europäischen Entwicklungsprozess einbinden können. Deshalb müssen wir sie für und über Europa informieren.

Wie notwendig das ist, zeigt das Ergebnis einer Umfrage des Seminars für das Handwerkswesen aus dem Jahr 2000. Nur 3 % der Handwerksbetriebe fühlen sich über die EU-Erweiterung und die damit verbundenen Perspektiven für ihre Betriebe informiert. Es dürfte also unstrittig sein, dass wir alles daran setzen müssen, um den Informationsstand in der Bevölkerung über die europäische Erweiterung zu verbessern.

Darum ist es auch völlig unverständlich, dass die Europäische Kommission kurzfristig die Förderung der Info-Points zum Jahr 2004 gekündigt hat. Dies ist nicht im Interesse Europas. Dies ist umso unverständlicher, weil im Jahr 2004 mit dem Vollzug der Erweiterung der Europäischen Union, der Ratifizierung einer Verfassung für die Gemeinschaft und der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2004 entscheidende Weichenstellungen für die Europäische Union und ihre Mitgliedsländer anstehen.

In Niedersachsen erfüllt das EIZ seine Aufgaben vorbildlich. Hier werden viele Aktivitäten zur Infor

mation und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Sinne des europäischen Gedankens organisiert und koordiniert. Durch die jetzt bekannt gewordenen Pläne der Kommission wird diese wichtige Arbeit gefährdet. Die hervorragende Arbeit des EIZ Niedersachsen und des Carrefours-Büros Lüneburg muss deshalb im Interesse der Bürgerinnen und Bürger im Lande Niedersachsen, aber auch im Interesse Europas und des europäischen Prozesses über 2003 hinaus personell und finanziell gesichert, wenn nicht sogar ausgebaut werden. Eine Reduzierung des Betriebs des EIZ durch Personalabbau oder finanzielle Kürzung - oder gar eine Einstellung des Betriebes - kann nicht hingenommen werden. Dies hätte zur Folge, dass der unzureichende Informationsstand in der Bevölkerung über Europathemen nicht verändert werden könnte und als Folge die immer noch festzustellende Entfernung zu Europa weiter zunähme.

Insbesondere die Jugend und der Mittelstand müssen im ausreichenden Umfang Informationen über europäische Entwicklungen erhalten, damit sie die damit verbundenen wirtschaftlichen und beruflichen Perspektiven wahrnehmen können. Die im Haushaltsplan ausgewiesenen 65 000 Euro in der Titelgruppe 70 für Informationsmaßnahmen des EIZ dürfen nicht noch weiter reduziert werden.

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, dies - da sind wir uns einig - wäre eigentlich eine Aufgabe, die die Europäische Kommission unterstützen müsste. Unverständlicherweise gibt es jetzt an dieser Stelle Probleme. Wir sollten unseren Protest dagegen unmissverständlich ausdrücken, und ich freue mich, dass wir dies heute auch gemeinsam tun werden. Ich bin darüber hinaus der Ansicht, dass uns Europa angesichts der Massierung der zentralen Herausforderungen, vor denen es im Jahre 2004 steht, so wichtig sein sollte, dass wir prüfen sollten, ob nicht aus dem Etat der Öffentlichkeitsarbeit der Staatskanzlei zusätzlich Mittel in Höhe von 50 000 Euro zugunsten der europapolitischen Informationsarbeit des EIZ kurzfristig umgeschichtet werden können. Selbst wenn die EU-Kommission die bisher gezahlten 40 000 Euro für die Info-Arbeit des EIZ bereitstellen sollte, ist der vorgesehene Betrag von 65 000 Euro für eine flächendeckende Info-Arbeit zu Europafragen im Land Niedersachsen sowie für die Sensibilisierung der Jugend und des kleinen Mittelstandes meiner Meinung nach nicht ausreichend.

Meine Damen und Herren, unabhängig davon, ob dieser finanzielle Kraftakt gelingt, freue ich mich, dass wir in der Bewertung der dringend notwendigen Informationsarbeit in Sachen Europa und in unserem Appell an die Europäische Union einig sind, und stelle deshalb den Antrag, sofort abzustimmen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Tinius. - Jetzt hat Frau Langhans das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass dies ein gemeinsamer Antrag des gesamten Hauses ist. Das macht noch einmal deutlich, wie wichtig es uns allen ist, dass die Informationen über Europa an die Bürger weitergetragen werden.

Meine Damen und Herren, der Konvent hatte u. a. den Auftrag, die EU über eine Verfassung unter den neuen Bedingungen, nämlich der EUErweiterung, transparenter und bürgernäher zu gestalten. Dieser Auftrag ist mit Sicherheit auch der Erkenntnis geschuldet, dass der europäische Gedanke noch viel zu wenig in die Bevölkerung Eingang gefunden hat.

Die Kündigung der Verträge von Einrichtungen wie Carrefours und Euro-Info-Points, die sich zur Aufgabe gesetzt haben, genau diese Bürgernähe zu Europa herzustellen und Europa den Bürgern transparenter zu machen, ist nicht hinzunehmen. Darüber sind wir uns in diesem Hause einig.

Die Streichung der gesamten finanziellen Mittel von - soweit ich weiß - 20 000 Euro betrifft ja nicht nur die Carrefours-Stelle in Lüneburg, sondern auch die Carrefours-Stelle in Oldenburg. Die Carrefours-Stelle in Oldenburg wird von einem freien Träger bewirtschaftet. Dies würde bedeuten, dass quasi diese Carrefours-Stellen wegfallen müssten; denn der freie Träger könnte das in der Tat nicht mehr leisten. Das geht nicht.

Wenn wir wollen, dass der europäische Einigungsprozess ein Erfolg wird, muss man in der Tat die Menschen mitnehmen. Wir werden das in die Bevölkerung hineintragen müssen. Bürgerinnen und

Bürger müssen auf diesen Weg mitgenommen werden.

Die veränderte Rechtslage des Haushaltes entlässt die Kommission - ehrlich gesagt - nicht aus ihrer Verantwortung, eine Übergangsregelung und eine neue Regelung zu schaffen, die die Arbeit dieser Einrichtungen auch weiterhin ermöglichen und gewährleisten können.

Zumindest nach meiner Kenntnis ist das Europäische Parlament zu einer Unterstützung unseres Antrages bereit. Das Europäische Parlament droht, den Haushalt der Generaldirektion für Presse und Kommunikation zu stoppen, wenn nicht jetzt ganz schnell Übergangsregelungen im Hinblick auf die Streichung der Mittel geschaffen werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen anderen Aspekt hinweisen. Angesichts der Europawahlen 2004 wäre die Schließung von Carrefours-Stellen und Euro-Info-Points wirklich das verkehrte Signal. Es ist notwendig - auch dazu ist wieder die Verantwortung der Kommission nachzufragen und mit in Betracht zu ziehen -, dass wir die Bürger informieren müssen. Sie müssen mitgenommen werden. Wir müssen Ängste und Vorbehalte, die in der Bevölkerung zweifellos herrschen, abbauen. Das geht nur über Informationen. Diese Informationen müssen zugänglich und leicht verständlich sein. Diese Arbeit leisten die Carrefours-Stellen und Euro-Info-Points.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Schobert von der CDU-Fraktion, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Tinius! Verehrte Frau Langhans! Es herrscht Einigkeit in diesem Hause darüber, dass das Vorgehen der Europäischen Kommission in höchstem Maße die Arbeit der europäischen Informationszentren gefährdet. Es ist leider nicht das erste Mal, dass durch schlecht durchdachte Vorgänge innerhalb der EU der Bestand von Einrichtungen gefährdet wird.

Besondere Brisanz erhält dieses skandalöse Vorgehen dadurch, dass gerade hier Betriebsmittelzuschüsse bei Einrichtungen gestrichen werden sollen, die durch ihre hervorragende Arbeit dazu bei

tragen, den europäischen Gedanken positiv im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern.

Die Arbeit dieser Informationszentren, z. B. des EIZ Hannover, die viele der hier Anwesenden kennen und schätzen, ist insbesondere mit Blick auf die Europawahl 2004 besonders wichtig;

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

denn - auch darüber herrscht in diesem Haus Einigkeit - wir alle wünschen uns eine höhere Wahlbeteiligung und eine breitere Zustimmung in der Bevölkerung für den europäischen Gedanken.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Sehr richtig!)

Gerade dieses Vorgehen der Europäischen Kommission, die zeitlichen Abläufe und die dahinter steckenden Absichten tragen dazu bei, die Zweifel an den bürokratischen und politischen Abläufen in Brüssel zu verstärken und nicht abzuschwächen. Dies zeigen der vorliegende Antrag der SPDFraktion und der jetzt modifiziert vorliegende Antrag aller im Landtag vertretenen Fraktionen.