Protokoll der Sitzung vom 31.10.2003

Zu 1: Die Landesregierung zieht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Konsequenz, darauf hinzuwirken, dass die Einrichtungen, die mit der Begründung der Verfassungswidrigkeit gegen die Festsetzungsbescheide Rechtsmittel eingelegt und die Umlage nicht bezahlt haben, die ausstehenden Beträge nunmehr umgehend zahlen. In dieser Angelegenheit wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit bereits am 9. September 2003 ein Gespräch mit den Verbänden der Einrichtungsträger und der Umlagestelle geführt. Die Umlagestelle wird die noch anhängigen Widerspruchs- und Klageverfahren umgehend zum Abschluss bringen und die noch ausstehenden Umlagebeträge - soweit wie möglich - einziehen.

Zu 2: Nach dem Stand vom 9. September 2003 bestanden gegenüber den Pflegeeinrichtungen Forderungen aus der Umlageverpflichtung in Höhe von insgesamt 27 556 084,52 Euro.

Zu 3: Hierzu verweise ich auf meine Antwort zu 1. Ergänzend merke ich an: Die Umlagestelle hat am 22. September 2003 die 1 418 Einrichtungen, die in den sieben Umlagejahren insgesamt 5 104 Widersprüche eingelegt hatten, schriftlich um Mitteilung gebeten, ob sie vor dem Hintergrund der Ent

scheidung des Bundesverfassungsgerichts ihre Widersprüche aufrecht erhalten. Davon haben sich nach einer dem Sozialministerium von der Umlagestelle vorgelegten Auswertung bislang 1 292 Einrichtungen geäußert. 1 136 Einrichtungsträger, das sind 80 % aller Widerspruchsführer, haben ihre Widersprüche zurückgenommen. 96 Einrichtungsträger haben erklärt, sich noch äußern zu wollen. 60 haben ihre Widersprüche mit einem Volumen von rund 1,6 Millionen Euro aufrecht erhalten. Das sind nur knapp 6 % der gesamten Außenstände. Bereits eingegangen sind zwischenzeitlich Zahlungen in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro.

Die Umlagestelle wird in den Fällen, in denen die Bescheide inzwischen bestandskräftig geworden sind, in denen die Zahlungen aber noch ausstehen, nunmehr eine Zahlungsfrist bis zum 1. Dezember 2003 setzen.

Aus dem Kreis der 1 136 Einrichtungsträger, die ihre Widersprüche zurückgenommen haben, haben bislang 205 Träger Ratenzahlungen beantragt. Es geht dabei um ein Volumen von rund 5,1 Millionen Euro. Über die vorliegenden bzw. noch eingehenden Anträge auf Ratenzahlung soll unter Berücksichtigung der Zahlungsfähigkeit der betroffenen Pflegeeinrichtungen so schnell wie möglich entschieden werden.

Die noch offenen Widerspruchsverfahren werden zügig zum Abschluss gebracht. Sieben Musterstreitverfahren sind noch anhängig. Es liegt an den Gerichten, diese bald abzuschließen, sofern die Klagen noch nicht zurückgenommen worden sind.

Vielen Dank, Frau Ministerin von der Leyen. - Gibt es Zusatzfragen? - Herr Meihsies, bitte schön!

Frau Ministerin, ich habe zwei Nachfragen. Es gibt ambulante und stationäre Altenpflegeeinrichtungen. Können Sie spezifizieren, welche ambulanten bzw. stationären Einrichtungen die Umlage bereits gezahlt haben? Wenn ja, welche Ausbildungsstellen wurden in welcher Höhe daraus mitfinanziert?

Frau Ministerin, bitte!

Die Zahlen liegen so spezifiziert noch nicht vor. Überwiegend haben aber ambulante Dienste Widersprüche eingelegt.

Danke, Frau Ministerin. - Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Helmhold. Sie haben das Wort.

Frau Ministerin, viele, insbesondere ambulante Pflegedienste konnten in der Vergangenheit wegen ihrer schlechten wirtschaftlichen Situation keine Rücklagen bilden. Auch stationäre Einrichtungen haben das in der Hoffnung auf ein positives Urteil in ihrem Sinne nicht getan. Wie will die Landesregierung verhindern, dass bei einer Zahlungsaufforderung bis Ende dieses Jahres Einrichtungen eventuell in die Insolvenz getrieben werden?

Frau Ministerin von der Leyen, bitte!

Zunächst einmal muss ich vorwegschicken, dass Einrichtungen wirtschaftliche Unternehmen sind und dass es in der Verantwortung der Geschäftsführung eines jeden Unternehmens liegt, Geschäftsrisiken in die Planung einzubeziehen. Diese Zahlung war ein bekanntes Risiko, das bei verantwortungsbewusster Geschäftsführung eingeplant werden musste. Mir ist klar, dass es durchaus Ausnahmen von dieser Regel geben kann. Nach § 59 der LHO gibt es gesetzliche Möglichkeiten der Ratenzahlung, der Stundung, der Niederschlagung oder des Erlasses. Wir werden im Einzelfall sehr sorgfältig prüfen, welche Möglichkeiten vorhanden sind. Bis heute liegen dem Ministerium keine Hinweise darauf vor, dass Einrichtungen Insolvenz anmelden müssten, wenn sie die ausstehenden Beträge zu zahlen hätten.

Vielen Dank. - Frau Helmhold stellt eine zweite Zusatzfrage. Bitte!

Frau Ministerin, werden bei den Einrichtungen, die in der Vergangenheit ausgebildet haben, die Aufwendungen für die Ausbildungsvergütung mit den Forderungen des Landes verrechnet?

Frau Dr. von der Leyen, bitte!

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen damit zu

Frage 2: Lohnt sich die Leistung? - Wie versteht die Landesregierung die Zeitbefristung von Leitungsstellen in der Landesverwaltung?

Frau Petra Emmerich-Kopatsch stellt diese Frage. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 2. September 2003 wurde der Staatssekretär im Umweltministerium im Zusammenhang mit dem 1995 durch das „Zweite Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ eingeführten besonderen Zeitbeamtenverhältnis für Leitungsämter mit den Worten zitiert, dass es sich bei der Nichtverlängerung einer solchen befristeten Leitungsstelle um eine „ganz normale sachliche Entscheidung“ handele. Dabei spiele Parteipolitik keine Rolle. Die Besetzung von Spitzenpositionen auf Zeit sei nach Ansicht des Staatssekretärs schon aus Schutz vor Korruption wünschenswert. Diese Aussage wirft einige Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung des Niedersächsischen Beamtengesetzes durch die Niedersächsische Landesregierung auf.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie gedenkt die Landesregierung die Entscheidungen über die Verlängerung und die dauerhafte Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion künftig zu handhaben, und kann insbesondere davon ausgegangen werden, dass zukünftig bei sämtlichen zeitbefristeten Leitungsfunktionen zum Schutz vor Korruptionsanfälligkeiten eine Zurückstufung auf das zuvor ausgeübte Amt erfolgt?

2. Wenn die Landesregierung tatsächlich der Auffassung ist, dass bei der Entscheidung über die Verlängerung der Amtszeit von so genannten „zeitbefristeten Ämtern mit leitender Funktion“ die Fähigkeiten und Kenntnisse der Amtsinhaber nicht einmal eine untergeordnete Rolle spielen, welche anderen Kriterien sind nach Ansicht der Landesregierung bei der Entscheidung über eine zweite Amtszeit bzw. über die dauerhafte Übertragung des Leitungsamtes anzuwenden und sachgerecht?

3. Kann davon ausgegangen werden, dass der Staatssekretär im Umweltministerium aus den von ihm angeführten Gründen zu seinem Selbstschutz sein eigenes Amt spätestens nach Ablauf von fünf Jahren zur Verfügung stellen wird?

Vielen Dank. - Herr Innenminister Schünemann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ämter mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit wurden mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 20. November 1995 eingeführt. Die damalige Landesregierung nannte in der Regierungsvorlage als wesentliche Gründe für die zeitlich befristete Vergabe von Führungspositionen eine Steigerung der Mobilität, der Leistungsmotivation und des Wettbewerbs bei der Besetzung der Führungspositionen, eine größere Dispositionsfreiheit der Personalführung, die Möglichkeit für jüngere Beamtinnen und Beamte, schneller in Führungspositionen zu gelangen, personalpolitische Lösungen für zeitlich befristete Aufgaben, die Korrektur von Fehlbesetzungen und bei nachlassender Leistung, eine Reaktion auf sich wandelnde Anforderungen der Dienstposten.

Konsequenz der Befristung ist es, dass nach Ablauf von fünf Jahren das Zeitbeamtenverhältnis

nicht automatisch verlängert wird, sondern eine neue Personalentscheidung zu treffen ist. Es kann daher niemanden überraschen, wenn es im Einzelfall nicht zu einer erneuten Übertragung der Führungsposition der Zeit kommt. Erst nach Ablauf der zweiten Amtszeit wird durch die Sollvorschrift des § 194 a Abs. 1 NBG eine gewisse Anwartschaft auf dauerhafte Übertragung des Amtes gegeben, die freilich auch keinen Rechtsanspruch begründet.

In den vergangenen Jahren ist keineswegs in allen Fällen eine zweite Übertragung der Führungsfunktion auf Zeit vorgenommen worden. Erfahrungen zur Verwaltungspraxis liegen allerdings im Hinblick darauf, dass das Institut erst vor acht Jahren eingerichtet wurde und lediglich die danach verliehenen Ämter für Führungsfunktionen betrifft, noch nicht in ausreichendem Maße vor.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Eine Entscheidung über die Verlängerung und die dauerhafte Übertragung von Ämtern mit leitender Funktion richtet sich danach, wie es die Verfassung für die Vergabe öffentlicher Ämter vorsieht. Es handelt sich dabei um den Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz. Falls Sie das Grundgesetz nicht zur Hand haben, will ich ihn Ihnen vorlesen:

„Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“

Ich beabsichtige auch weiterhin, entsprechend zu verfahren.

(Sigmar Gabriel [SPD]: Jetzt aber nicht grinsen! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Er hat gegrinst, nicht wahr?)

- Ich bin ein fröhlicher Mensch.

Zu Frage 2: Die Antwort ergibt sich bereits aus den Vorbemerkungen und der Antwort zu Frage 1.

Zu Frage 3: Die Frage stellt sich nicht, weil das Amt eines Staatssekretärs nicht zu den genannten Ämtern gehört, wie Sie wissen.

Eine Zusatzfrage stellt Herr Haase.

Ich frage die Landesregierung in Bezug auf das Umweltministerium erstens: Dort ist die atomrechtliche mit der energierechtlichen Abteilung zusammengelegt worden. In diesem Zusammenhang erfolgte die Ausschreibung lediglich unter energiefachlichen Gesichtspunkten. Soll es in Zukunft immer so sein, dass bei der fachlichen Ausschreibung gewisse Teilbereiche einer Abteilung ausgeblendet werden?

Zweitens. Sehen Sie einen Zusammenhang mit der FDP-Mitgliedschaft des jetzigen Abteilungsleiters?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sind Sie dafür auch zuständig?)

- Ich kann nur zum zweiten Teil etwas sagen. - Sie wissen genau, dass nach § 101 Abs. 1 NBG aus datenschutzrechtlichen Gründen konkrete Sachverhalte hier im Landtag nicht besprochen werden können. Insofern kann ich dazu nicht mehr sagen. Dafür werden Sie natürlich Verständnis haben.

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Eine Zusatzfrage stellt Frau Harms. Bitte!

(Sigmar Gabriel [SPD]: Und wie ist es mit der ersten Frage? Frau Präsiden- tin, die erste Frage ist noch gar nicht beantwortet!)

Herr Minister Schünemann - -