Protokoll der Sitzung vom 23.01.2004

Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Hagenah, wir können das gar nicht darüber hinaus fordern,

(Rebecca Harms [GRÜNE]: Doch!)

weil wir uns mit dem, was uns das Bundesamt für Strahlenschutz mitteilt, zufrieden geben müssen.

(Heidrun Merk [SPD]: Das ist doch keine Antwort! - Rosemarie Tinius [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

Herr Kollege Haase, bitte schön!

Herr Minister, eine andere Frage: Trifft es zu, dass zur zusätzlichen Sicherung der CASTOR-Behälter in der Halle im Zwischenlager in Gorleben so genannte Stoßdämpfer eingesetzt werden, die im Falle eines herabstürzenden Behälters zum Einsatz kommen?

Herr Minister!

Herr Präsident! Herr Kollege Haase, es werden gewisse Bodenschutzdämpfer eingebaut.

(Rebecca Harms [GRÜNE]: „Gewis- se“?)

- Es werden Bodenschutzdämpfer eingebaut. Das ist ein technischer Begriff, Frau Harms. Man kann das so sagen, weil diese Stoßdämpfer eine andere Form als ein normaler Stoßdämpfer haben.

Frau Kollegin Somfleth, bitte schön!

Herr Minister, können Sie uns sagen, wie diese Stoßdämpfer aussehen und welche tatsächliche Wirkung sie haben?

(Unruhe)

Herr Minister, eine Sekunde. - Meine Damen und Herren, bei aller Freundschaft: Sie können nicht erwarten, dass der Minister alle technologischen Einzelheiten kennt.

(Zuruf von der SPD: Doch!)

- Nein, das können Sie nicht. Wenn Sie diese Informationen bekommen möchten, was Ihr gutes Recht ist, dann stellen Sie bitte eine schriftliche Anfrage. Das geht im Übrigen auch aus der Geschäftsordnung hervor; wenn Sie die nachlesen, werden Sie das dort finden. - Herr Minister, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eben schon zu Frau Harms gesagt, die das Wort „gewisse“ hinterfragt hat, dass die Stoßdämpfer nicht vergleichbar seien. Es sind Holzteile, die mit Blech ummantelt sind.

Gibt es weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen? - Das ist nicht der Fall. Die Frage ist beantwortet.

Ich rufe auf die

Frage 3: Welchen Nutzen hat die Solarenergie in Niedersachsen?

Die Frage wird von Frau Harms gestellt. Bitte schön, Frau Harms!

In der Plenardebatte über die Zukunft der erneuerbaren Energien in Niedersachsen am 27. Juni 2003 sagte der Niedersächsische Umweltminister Sander, FDP, dass in Niedersachsen die Sonne eben 14 % bis 15 % weniger scheine als in Süddeutschland und diese „Energie hier dementsprechend sehr viel unwirtschaftlicher ist“. Er fügte hinzu, die Fotovoltaik sei „unter energiepolitischen Gesichtspunkten auch deshalb sehr problematisch, weil zur Herstellung der Module mehr Energie aufgewendet werden muss, als die Module jemals wieder einfahren werden“.

In der zweiten Beratung der Anträge wiederholte der Fachpolitiker Jörg Bode, FDP, diese Aussage, wenngleich sprachlich leicht verändert. Er fügte noch hinzu: „Wie Sie von den Grünen darin“ - in der Fotovoltaik - „einen Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz sehen, müssen Sie mir noch einmal erklären.“

Wissenschaftliche Untersuchungen widersprechen den Behauptungen von Umweltminister Sander und des Abgeordneten Bode. Das Institut für Elektrische Energietechnik der TU Berlin ist den Gerüchten, dass Fotovoltaikanlagen während ihrer Lebensdauer nicht die Energie wieder einspielen, die für ihre Herstellung benötigt wird, nachgegangen und hat sie widerlegt: Je nach Art der Solarzellen beträgt die Zeitdauer, die ein System benötigt, um die Energien zu seiner Herstellung wieder einzuspielen - die so genannte energetische Amortisation -, 17 bis 75 Monate. Dünnschichtzellen schneiden am besten, kristallines Silizium schneidet am schlechtesten ab.

Am 29. September 2003 wurde gemeinsam von Umwelt- und Kultusministerium sowie B.A.U.M. - Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e. V. - ein Solarwettbewerb für niedersächsische Schulen gestartet. B.A.U.M. setzt damit „seine Bemühungen um verstärkten Klimaschutz und den Einsatz erneuerbarer Energien in Wirtschaft und Gesellschaft fort“. Bei der Auftaktpressekonferenz sagte Umweltminister Sander: „Jede Solaranlage hilft mit, das deutsche

Klimaschutzziel zu erreichen … Der Staat kann zwar gesetzliche Vorschriften erlassen, aber letztlich werden Ziele wie das Klimaschutzziel nur dann erreicht, wenn sie von allen akzeptiert werden und alle mitarbeiten.“ Das ist nachzulesen in einer gemeinsamen Presseinformation von MU, MK und B.A.U.M. Laut Internetinformation geht es bei dem Projekt sowohl um thermische als auch um Fotovoltaikanlagen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Teilt sie die von Minister Sander am 27. Juni 2003 geäußerte Ansicht, dass die Solarenergie „unter energiepolitischen Gesichtspunkten … sehr problematisch“ ist?

2. Wie bewertet sie die wissenschaftlichen Untersuchungen u. a. des Instituts für Elektrische Energietechnik der TU Berlin zur energetischen Bilanz von Fotovoltaikanlagen?

3. Welche Rolle soll die Solarenergienutzung bei der Neuausrichtung der Förderpolitik für erneuerbare Energien in Niedersachsen spielen, die die Landesregierung für die Zeit ab 2004 - haben wir jetzt - angekündigt hat, nachdem die entsprechenden Förderrichtlinien zum 31. Dezember 2003 ausgelaufen sind?

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Herr Minister Sander, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass für die Herstellung von Fotovoltaikmodulen sehr viel Energie aufgewendet werden muss. Der spezifische Energiebedarf im Einzelfall hängt von den notwendigen Schritten der sehr unterschiedlichen Produktionsprozesse ab, auf ich hier nicht eingehen kann.

Zur Herstellung von Solarzellen ist zu sagen: Bei kristallinem Silizium als Grundstoff werden in einem energieintensiven Prozess in Elektroschmelzöfen monokristalline oder polykristalline Siliziumkristalle gezogen. Sie werden anschließend in so genannte Wafer bzw. Zellen gesägt. Dabei können beträchtliche Material- und damit Energieverluste auftreten. Die Oberfläche der Zellen muss gereinigt und anschließend vergütet werden. Die Zellen werden in der Regel auf Glas laminiert, das eben

falls in einem energieintensiven Schmelzprozess gewonnen wurde.

Vor der Verarbeitung müssen die Glasflächen gereinigt und beschichtet werden. Die fertigen Glaskörper werden aus Gründen der Bruch- und Korrosionsfestigkeit in einem Rahmen aus Aluminium gefasst, das ebenfalls in einer Elektroschmelze hergestellt wurde.

Ebenso wie zu den Kosten einer mit Fotovoltaik erzeugten Kilowattstunde gibt es auch zu der so genannten energetischen Amortisation von Fotovoltaikmodulen unterschiedliche Studien. Diese unterscheiden sich durch die Methodik ihres Ansatzes und die unterstellten Annahmen und führen so zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Ergebnisse werden u. a. maßgeblich dadurch beeinflusst, ob eine Labor- oder eine Standardanlage untersucht wird, welches Material betrachtet wurde, von welcher Sonnenscheinintensität ausgegangen wurde, ob das altersbedingte Absinken des Wirkungsgrades und ob der in Abständen von rund zehn Jahren notwendige Austausch der Wechselrichter berücksichtigt werden.

Die TU Berlin geht beim Ersatz herkömmlicher Stromerzeugung durch solare Stromerzeugung bis auf die Primärenergie zurück. Je nach dem zu ersetzenden Stromerzeugungssystem fallen nach Aussage der TU Berlin die Ergebnisse unterschiedlich aus. Diese und weitere Faktoren haben unmittelbar Einfluss auf die Ergebnisse, die dadurch wiederum unterschiedlich ausfallen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Ja.

Zu 2: Siehe die einleitenden Bemerkungen.

Zu 3: Bei der Fotovoltaik handelt es sich um eine heute nicht annähernd wettbewerbsfähige Technologie, die noch erheblichen Forschungs- und Entwicklungsaufwand erfordert. Die neuen Förderrichtlinien der Niedersächsischen Landesregierung sehen daher auch die Förderung von Forschungsund Entwicklungsvorhaben kleiner und mittlerer Unternehmen im Bereich der Fotovoltaik vor.

Vielen Dank, Herr Minister. - Eine Zusatzfrage stellt jetzt der Kollege Wenzel.

Herr Minister Sander, wenn Sie sich da so im Detail informiert haben, dann wissen Sie sicherlich auch, wie groß der Zeitraum der energetischen Amortisation bei einem Atomkraftwerk, bei einem Großkraftwerk, das mit Kohle betrieben wird, bei einer Windkraftanlage und bei einem kleinen Blockheizkraftwerk ist, das Strom und Wärme vor Ort nutzt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns hier die Zahlen für diese vier Technologien nennen können - natürlich inklusive der Kosten für die Lagerung des Atommülls über tausende von Jahren, der bei einem Atomkraftwerk anfällt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, auch da gibt es sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen, insbesondere dann, wenn man Ihre Vorstellungen berücksichtigt, dass Sie auch Kraftwerke, die noch Strom erzeugen können, aus politischen Gründen abschalten, was Sie aber aus privatwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen gar nicht tun dürften.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist ja wohl feige! – Weitere Zurufe)

Herr Kollege Lennartz stellt eine weitere Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich würde gerne wissen: Angeblich wird ja bereits eine ganze Zeit lang eine neue Förderrichtlinie vorbereitet. Wie lange wird es noch dauern, bis Sie diese Richtlinie fertig haben?

Meine zweite Frage schließe ich direkt an: Wie lange wird nach Ihrer Kenntnis dann voraussichtlich die Notifizierung durch die Europäische Union dauern?