Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Briese!

Herr Minister, wer soll denn zukünftig an Grundschulen z. B. die Mathematikbücher bezahlen, in die die Schülerinnen und Schüler grundsätzlich hineinmalen? Sind diese Bücher dann zukünftig von der Miete ausgenommen?

Herr Minister, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, Sie kennen sich wohl nicht so gut an den Grundschulen aus. Das Hineinmalen ist bereits untersagt. Im Übrigen wird mit Arbeitsheften gearbeitet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Horn, bitte!

Herr Minister, wie sollen die Schulen im konkreten Fall die Neuanschaffung, den Verwaltungsaufwand für das Leihsystem und gegebenenfalls die Aktualisierung über die einzutreibenden Gebühren abdecken? Sollte das möglicherweise so laufen, dass, wie Sie auf die vorherige Frage schon geantwortet haben, ein Buch ungeachtet seines Zustandes und seines Alters möglicherweise mehrfach verliehen wird und dadurch auch ein Vielfaches seines Anschaffungswertes an Leihgebühren entrichtet werden muss?

Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege, das meiste habe ich schon im Laufe der letzten Dreiviertelstunde beantwortet. Wenn ein Buch vom Zustand her nicht mehr brauchbar ist, dann wird es aus dem Verkehr gezogen. Dann werden neue Bücher beschafft. Wir haben ja eine Grundfinanzausstattung von knapp 6 Millionen Euro aus Restbeständen, sodass wir auch jetzt schon in der Lage sind, Bücher zu beschaffen. Aus den einkommenden Leihgebühren entsteht Kapital, woraus generell die Beschaffung von Büchern möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Poppe, Sie haben das Wort zu Ihrer zweiten Zusatzfrage.

Herr Minister, stimmen Sie mir, wenn ich daran erinnere, dass Sie gesagt haben, in Bücher dürfe nicht hineingeschrieben werden, darin zu, dass das Argument, das Kritiker immer gegen die Lernmittelfreiheit vorgetragen haben und das auch von der Seite des Hauses, der Sie angehören, immer wieder gegen die Lernmittelfreiheit vorgebracht worden ist, dass Kinder in die Bücher nicht hineinschreiben dürften und darum die Lernmittelfreiheit unsinnig sei, für dieses Leihsystem in genau gleicher Weise gilt?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Busemann, Sie haben das Wort.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Herr Poppe, was wollen wir uns damit sagen? Die Frage würde ich an Sie richten!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die etwas komplizierte Frage begann meines Wissens damit, ob ich Ihnen zustimme oder nicht. Ich stimme Ihnen so nicht zu.

Weitere Wortmeldungen für Fragen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.

Wir kommen damit zu

b) Steigt die Tierseuchengefahr in Niedersachsen durch ungelöste Probleme bei der Tierkörperbeseitigung - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/865

Wer von der SPD-Fraktion möchte die Frage vortragen? - Frau Stief-Kreihe, bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit Datum vom 3. Oktober 2002 hat die EU eine Verordnung - EG 1174/2002 - mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte erlassen. Für Niedersachsen sind erhebliche Auswirkungen durch die Umsetzung der Verordnung abzusehen.

Nach dieser Verordnung können für bestimmte Schlachtabfälle auch Verwertungen in Biogas- und Kompostierungsanlagen zugelassen werden. In diesen Anlagen muss das Material nur auf 70 °C erwärmt werden, und es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, geförderten Strom zu produzieren. Dagegen sind die klassischen Tierkörperbeseitigungsanlagen - TBA - mit einer sehr viel aufwändigeren Hygienisierungstechnik - Drucksterilisation 133 °C 20 Minuten - und Umwelttechnik ausgestattet. Zudem haben die TBA kaum eine Wertschöpfung und können somit schwer mit den Biogasund Kompostierungsanlagen konkurrieren.

Eine zunehmende Materialverschiebung in die Biogas- und Kompostierungsanlagen könnte die Folge sein. Die hohen Fixkosten einer TBA müssen auf die verbleibenden geringeren Beseitigungsmengen, insbesondere Tierkörper, verteilt werden. Es ist zu befürchten, dass der Kostenanstieg für diese Mengen, weil kaum finanzierbar, zu einem massiven Abbau der TBA-Kapazitäten führen wird.

In der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 8. März 2004 wird ebenfalls auf die Probleme, die mit der Entsorgung von Schlachtabfällen in Biogasanlagen entstehen, hingewiesen. Mit einer solchen Verschiebung sind vielfältige Gefahren verbunden. Zum Beispiel könnten Tierkörperteile ohne ausreichende Hygienisierung über Biogasund Kompostierungsanlagen auf Böden gelangen, die wiederum als Nahrungsgrundlage für landwirtschaftliche Nutztiere dienen.

Ein weiteres Problem kommt erschwerend hinzu und könnte dazu führen, dass noch weniger Schlachtabfälle in die Tierkörperbeseitigungsanlagen gelangen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz gilt ab 1. Januar 2004 weiterhin für SRM-Tiere - Rinder, Schafe, Ziegen - die hundertprozentige Kostentragungspflicht für die Tierhalter. Bis zum Ende des Jahres 2003 hat sich das Land mit 50 % an den Kosten beteiligt, 50 % übernahm die Tierseuchenkasse. Die CDU-FDP-Regierung hat mit der Verabschiedung des Haushalts 2004 die Kostenbeteiligung des Landes gestrichen, wohl wissend, dass damit die Tierhalter zu 100 % die Kosten übernehmen müssen. Zurzeit herrscht dadurch eine große Unsicherheit bei den Unternehmern, Tierhaltern und der Tierseuchenkasse, denn die Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz kann frühestens am 1. Mai 2004 in Kraft treten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass ausreichend Beseitigungskapazitäten - Tierkörperbeseitigungsanlagen - für mögliche Seuchenfälle erhalten bleiben, wenn diese nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können?

2. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass kein belastetes Material auf die Äcker ausgebracht wird?

3. Wie schätzt die Landesregierung die von Biogasanlagen ausgehende Seuchengefahr ein?

Herr Minister Ehlen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie müssen sich wohl noch an die neue, durch EU-Recht vorgegebene Terminologie gewöhnen. Denn Ihr Antrag zielt, anders als es die Überschrift erwarten lässt, offensichtlich nicht nur auf die Beseitigung von Tierkörpern, sondern vor allem auf die von tierischen Nebenprodukten. Hierzu zählen neben Tierkörperteilen und Erzeugnissen tierischen Ursprungs auch Tierkörper allgemein.

Sie führen richtigerweise die dafür einschlägige EU-Verordnung EG 1174/2002 an. Nach dieser EU-Vorschrift werden tierische Nebenprodukte nach dem Risikopotential in drei Kategorien eingeteilt, für die sich die Regelungen im Wesentlichen wie folgt darstellen.

Bei Material der Kategorie 1 handelt es sich um tierische Nebenprodukte mit dem höchsten Risikopotenzial. Das sind insbesondere TSE-Risiken, Risiken im Hinblick auf die Anwendung von verbotenen Stoffen sowie mit nicht abschätzbaren Risiken. Das Material der Kategorie 1 ist grundsätzlich durch Verbrennen zu vernichten, wobei die Verbrennung mit oder ohne Vorbehandlung in einem entsprechenden Verarbeitungsbetrieb erfolgen kann.

Beim Material der Kategorie 2 handelt es sich vor allem um tierische Nebenprodukte, die mit Risiken im Hinblick auf andere Tierkrankheiten als TSE behaftet sind. Für die, die nicht wissen, was TSE ist: Das ist transmissible spongiforme Enzephalopathie.

(Zurufe von der SPD: Genau! - Hei- terkeit und Beifall - Zurufe: Klasse!)

- Das haben wir hier 1998 schon einmal geübt. Meine Damen und Herren, dieses Material muss

grundsätzlich in einem Verarbeitungsbetrieb hitzedrucksterilisiert werden, das geschieht bei 133 °C bei 3 Bar über eine Dauer von 20 Minuten. Für Gülle und Magen- und Darminhalt, der vom Magen- und Darmtrakt getrennt wurde, sowie für Milch und Kolostrum sind Ausnahmeregelungen enthalten. Das drucksterilisierte Material darf u. a., verbrannt, in einer Biogas- oder Kompostieranlage oder auch in der Oleochemie verwendet werden.

Material der Kategorie 3 - das sind tierische Nebenprodukte mit geringen Hygienerisiken wie z. B. Schlachtkörperteile, die aus kommerziellen Gründen nicht für den menschlichen Verzehr genutzt werden, oder ehemalige Lebensmittel tierischen Ursprungs - darf u. a. in Biogas- oder Kompostierungsanlagen verwendet werden, wobei eine Pasteurisierung bei 70 C über eine Stunde vorgeschrieben ist. Diese unmittelbar geltende EUVerordnung hat mit der Anwendungsverpflichtung ab 30. April 2003 das nationale Tierkörperbeseitigungsgesetz überlagert. So ist in etlichen Punkten ein Widerspruch zu verzeichnen. Ferner sind diese Vorgaben sehr auslegungsfähig. Das war Veranlassung seitens des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, bereits am 20. Dezember 2002 einen zusammen mit den Ländern erarbeiteten umfangreichen Fragenkatalog an die Europäische Kommission zu senden. Die Fragen sind bisher nur teilweise einer Klärung zugeführt worden. Mit Schreiben vom 7. Januar 2004 hat das BMVEL nach einer Länderumfrage nochmals auf Schwierigkeiten bei der Anwendung der genannten EU-Verordnung gegenüber der Europäischen Kommission hingewiesen.

Auf EU-Ebene sind zwischenzeitlich zahlreiche Änderungen, Ergänzungen, Übergangsund Durchführungsvorschriften wie z. B. die Verordnung EG 808/2003 vom 12. Mai 2003 zur Änderung der Verordnung EG 1774/2002, die Verordnung EG 811/2003 zur Durchführung der Verordnung EG 1774/2002 hinsichtlich des Verbrennens und Vergrabens tierischer Nebenprodukte sowie die Entscheidung der Kommission 2003/328 EG betreffend Übergangsmaßnahmen hinsichtlich der Verwertung und Verwendung von Küchen- und Speiseabfällen der Kategorie 3 in für Schweine bestimmten Futtermitteln erlassen worden.

Eine ebenso große Zahl an EU-Vorschriften befindet sich derzeit noch in der Bearbeitung. Auf nationaler Ebene wurde zwischenzeitlich das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25. Janu

ar 2004 erlassen, das am 29. Januar 2004 in Kraft getreten ist und das Tierkörperbeseitigungsgesetz außer Kraft gesetzt hat. Mit diesem Bundesgesetz ist das bestehende Tierkörperbeseitigungssystem, soweit nach EU-Recht möglich, erhalten worden. Dazu gehören insbesondere die Beseitigungspflicht durch die nach Landesrecht zuständigen Körperschaften des öffentlichen Rechts für Material der Kategorie 1 sowie der Kategorie 2 mit Ausnahme von Gülle, Magen- und Darminhalt sowie Milch und Kolostrum, die Einzugsbereichsregelung und die Abholungs- bzw. Ablieferungspflicht. Eine Durchführungsverordnung zum Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz, für die dem Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft eine Ermächtigung eingeräumt wurde, ist in Vorbereitung, aber noch nicht erlassen worden.

Neben den rechtlichen Vorgaben nach der Verordnung EG 1774/2002 sind die Auswirkungen der BSE in Form des Fütterungsverbotes für Tiermehle an Nutztiere, das national um das Verbot der Verfütterung von Tierfetten erweitert wurde, für die Umstrukturierung auf dem Gebiet der Tierkörperbeseitigung maßgeblich verantwortlich. Während bis zum Fütterungsverbot Ende 2000 ein wirtschaftlicher Betrieb der Tierkörperbeseitigungsanstalten durch den Erlös aus dem Verkauf der Futtermittel für Nutztiere möglich war, mussten nach diesem Verbot nicht nur Tierkörper, sondern auch bis dahin frei handelbare Nebenprodukte der Schlachtung in der Regel kostenintensiv in Tierkörperbeseitigungsanstalten behandelt und anschließend verbrannt werden. Mit der Anwendungsverpflichtung der Verordnung EG 1774/2002 wird den Schlachtbetrieben nun die Möglichkeit eröffnet, Nebenprodukte der Schlachtung, die als Material der Kategorie 3 eingestuft werden können, in zugelassene Biogas- und Kompostierungsanlagen zu verbringen, wo sie einer Behandlung zur Hygienisierung zu unterziehen sind.

Was Ihre Ausführungen zum Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Tierkörperbeseitigungsgesetz und speziell zur Kostentragungspflicht bei verendeten Tieren angeht, verschließt sich mir, welche Gründe es geben könnte, wodurch aufgrund dieses Gesetzes weniger Schlachtabfälle in Tierkörperbeseitigungsanlagen gelangen sollten. Ihrer Anfrage entnehme ich jedoch, dass Sie den in die Anhörung gegebenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz und des Ausführungsgesetzes zum Tierseuchen

gesetz offenbar kennen. Umso mehr verwundert es mich, dass Sie der Landesregierung unterstellen, die Tierhalter mit 100 % der Kosten für die Beseitigung von SRM-Tieren - Rinder, Schafe, Ziegen – belasten zu wollen. Dies ist aber nach dem Gesetzentwurf gerade nicht der Fall.

Die SRM-Kostenregelung stammt aus der Zeit, als nur die aus dem Vereinigten Königreich importierten Rinder nicht in die Futtermittelkette gelangen durften und diese wenigen Tiere einer gesonderten, kostenintensiven Beseitigung zugeführt werden mussten. Das später - Ende 2000 - auf europäischer Ebene verhängte europaweite Verfütterungsverbot für Tiermehl an Nutztiere wurde durch das Auftreten der BSE bei Rindern ausgelöst und dient der Tierseuchenbekämpfung. Bis zu diesem Verbot war es den Tierkörperbeseitigungsanstalten möglich, Verwertungserlöse durch den Verkauf von Futtermitteln zu erzielen, die bis zur Kostendeckung reichen konnten. Die Situation bei der Beseitigung von SRM-Tieren stellt sich nach In-KraftTreten des Verfütterungsverbotsgesetzes vom 1. Dezember 2000 durch den Wegfall der Verkaufserlöse bei protein- und fetthaltigen Futtermitteln in ähnlicher Weise wie bei sonstig verendeten Tieren dar. Daher wäre es durchaus gerecht, die mit Gesetz vom 19. Februar 1998 vorgenommene Änderung des § 3 Abs. 3 Satz 6 in diesem Gesetzentwurf wieder rückgängig zu machen. Dabei ist auch der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass den Besitzern von verendeten SRM-Tieren wie denen von anderem verendeten Vieh grundsätzlich kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann und es aus diesen Gründen einer Gleichbehandlung bedarf.

Für die Zukunft sieht der Gesetzentwurf also keine unmittelbare, 100-prozentige Kostenbeteiligung der SRM-Tier-Besitzer vor, sondern belastet die Besitzer von gefallenen Tieren lediglich in dem Maße, wie es durch den EG-Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, gefallenen Tieren und Schlachtabfällen unvermeidlich ist, nämlich mit 25 % der Kosten für die Beseitigung, d. h. Lagerung, Verarbeitung und endgültige Beseitigung, wobei die Kosten des Einsammelns nicht einzurechnen sind.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Und zur- zeit?)

- Wir haben eine Fragestunde und keine Zwischenrufstunde. Sie können ja nachher noch fragen.