Protokoll der Sitzung vom 11.03.2004

- Wir haben eine Fragestunde und keine Zwischenrufstunde. Sie können ja nachher noch fragen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu der von Ihnen angesprochenen Kostenübernahme für die Beseitigung der SRM-Tiere jeweils zu 50 % durch das Land und die Niedersächsische Tierseuchenkasse möchte ich daran erinnern, dass im Jahr 2001 ca. 3,2 Millionen Euro, im Jahr 2002 4,6 Millionen Euro und im Jahr 2003 4,25 Millionen Euro an freiwilligen Leistungen des Landes geflossen sind. Durch diese freiwilligen Leistungen wird aber auch deutlich, dass die Landesregierung zu SPD-Zeiten, als man noch Geld hatte und noch großzügiger damit umging als heute, nichts unternommen hat, um eine gesetzliche Kostentragungspflicht zu etablieren. Das haben Sie nicht gemacht - das stellen wir einmal ganz klar fest -, obwohl Sie es hätten machen können.

Bedingt durch dieses Gesetzgebungsverfahren und das Erfordernis, die niedersächsischen Anschlussvorschriften an das Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz vom 25. Januar 2004 anzupassen, ist davon auszugehen, dass die vorgesehenen Änderungen - das haben Sie richtig gesagt - nicht am 1.Mai 2004 in Kraft treten können und dass bis dahin die Vorschriften des bestehenden Ausführungsgesetzes zum Tierkörperbeseitigungsgesetz Rechtskraft entfalten. Das sind all die Dinge, die Sie auf den Weg gebracht und auch nicht geändert haben.

Das vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu 1: Wie einleitend bereits dargestellt, ist das bewährte Tierkörperbeseitigungssystem so weit wie möglich aufrechterhalten worden. Dabei können sich die Beseitigungspflichtigen - das sind die Landkreise und kreisfreien Städte - der Verfahren nach der Verordnung 1774/2002 bedienen und die Beseitigungspflicht neben Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorien 1 und 2 auf Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen übertragen.

Im Rahmen des Tierseuchenrisikomanagements sind in das EDV-gestützte niedersächsische Tierseuchenbekämpfungshandbuch bereits Verbrennungsanlagen aufgenommen worden, die Tierkörper bis zu einem Gewicht von 4 kg - das ist insbesondere Geflügel - beseitigen können. Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe für Tierseuchenbekämpfung der Länderarbeitsgemeinschaft für gesundheitlichen Verbraucherschutz eine Unterarbeitsgruppe unter Leitung von Niedersachsen eingerichtet, die bundesweit die Tierkörperbeseiti

gungsanlagen sowie Verbrennungskapazitäten abfragt, um diese Informationen im Seuchenfall für die Organisation der Beseitigung zur Verfügung zu haben.

Ferner hat sich mein Haus bezüglich des Vergrabens von Tierkörpern an das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft gewandt. Nach Artikel 24 Abs. 1 Buchstabe c der Verordnung 1774/2002 in Verbindung mit Artikel 6 der Verordnung EG 811/2003 ist das Vergraben von tierischen Nebenprodukten im Falle des Ausbruchs einer in Liste A des Internationalen Tierseuchenamtes aufgeführten Seuche - z. B. sind das Geflügelpest, Maul- und Klauenseuche möglich. Einer gerade eingegangenen Mitteilung des BMVEL zufolge beabsichtigt die Europäische Kommission, Leitlinien für das Vergraben und Verbrennen herauszugeben, mit denen EUeinheitliche Standards festgelegt werden sollen.

Zu 2: Bei bestimmungsgemäßem Betrieb von Biogasund Kompostierungsanlagen dürfen nach einschlägigen nationalen und unmittelbar geltenden europarechtlichen Bestimmungen nur bestimmte tierische Nebenprodukte eingesetzt werden. Der Einsatz von Risikomaterial, wie eingangs bereits dargestellt, ist in diesen Anlagen verboten. In Abhängigkeit von der Klassifizierung werden bestimmte Behandlungsverfahren vorgeschrieben, die nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens bei der sachgerechten Verwendung des bearbeiteten Materials als Düngemittel auf Äckern die Fruchtbarkeit des Bodens, die Gesundheit von Menschen und Haustieren und Pflanzen nicht schädigen und den Naturhaushalt nicht gefährden.

Zu 3: Für die Abschätzung einer solchen Gefahr sind der Standort der Biogasanlage in Bezug auf Viehhaltung und das eingesetzte Rohmaterial, insbesondere die so genannten Kofermente tierischer Herkunft, maßgeblich. § 24 a Abs. 2 der Viehverkehrsordnung verbietet die Verwendung von Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen in einer Biogasanlage auf Betrieben mit Klauentierhaltung. Die zuständige Behörde kann Ausnahmen genehmigen, sofern vor der Verbringung in die Biogasanlage ein Erhitzungsverfahren angewendet worden ist, durch das Tierseuchenerreger abgetötet werden können, z. B. Erhitzung über 90 ° mindestens 60 Minuten.

Niedersachsen wird sich beim BMVEL bei der Erstellung der Durchführungsverordnung zum Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz dafür

einsetzen, dass entsprechende Bestimmungen neben Biogasanlagen auch für Kompostierungsanlagen, die sich in Betrieben mit Viehhaltung befinden, aufgenommen werden. Ziel ist es zu verhindern, dass nicht erhitzte tierische Nebenprodukte in Bereiche mit Nutztierhaltung gelangen, von denen eine Gefahr, z. B. für Schweine, durch eventuell vorhandene Tierseuchenerreger - AKKrankheit, Schweinepest, Maul- und Klauenseuche - ausgeht. Gleiches gilt für Fettabscheiderinhalte und Flotate aus der Abwasserbehandlung bei der Verarbeitung und sonstigen Behandlung von Material aller drei genannten Kategorien, die nicht auf den Geltungsbereich der Verordnung 1774/2002 entfallen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Ehlen. - Herr Meyer, Sie können eine Zusatzfrage stellen.

Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung, und ich werde - mit Ihrer Genehmigung - einen Satz zitieren, weil ich die Frage sonst nicht rüberbringen kann: Stimmt die Landesregierung mit der Aussage von Frau Gerdes vom LAVES überein, dass wegen des Ansteckungsrisikos grundsätzlich keine Schlachtabfälle in Biogasanlagen auf Höfen mit Tierhaltung verwertet werden sollten? „Grundsätzlich keine“ würde etwas anderes bedeuten als das, was Sie eben gesagt haben.

Herr Minister Ehlen!

Das ist übergeordnet von der EU so, wie ich es eben vorgetragen habe, geregelt. Da können wir keine eigene Regelung einbringen, weil wir uns dann entgegen dieser EU-Regelung verhalten würden.

(Rolf Meyer [SPD]: Aber stimmen Sie damit überein? Da muss doch Frau Gerdes etwas Falsches gesagt ha- ben.)

- Ich stimme mit dieser Aussage, die Sie zitiert haben - mir ist diese Aussage so nicht bekannt -, nicht überein.

Die nächste Zusatzfrage von Herrn Fleer, bitte!

Geht die Landesregierung Hinweisen nach, wonach ganze Tierkörper in Biogasanlagen entsorgt werden, und - wenn ja - mit welchem Ergebnis?

Herr Minister Ehlen, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Fleer, wenn das, was Sie sicherlich Zeitungen entnommen haben, vorgekommen sein sollte, ist es illegal. Ich finde es nicht gut - das werfe ich Ihnen nicht vor -, wenn in der Presse solche Dinge veröffentlicht werden. Man soll Ross und Reiter nennen, und dann werden wir diejenigen zur Verantwortung ziehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Stief-Kreihe, bitte!

Herr Minister, die Tierkörperbeseitigungsanstalten stellen fest, dass die Mengen von Schlachtabfällen stark rückläufig sind, und befürchten, dass ein Großteil dieser Schlachtabfälle, auch Risikomaterial, in Biogasanlagen geht. Prüft man vonseiten des Ministeriums diesen Rückgang, und versucht man herauszubekommen, wo und wie auch immer diese Schlachtabfälle anderweitig verwertet werden?

Herr Minister Ehlen hat das Wort.

Frau Kollegin Stief-Kreihe, die Überwachung der Schlachthöfe ist in den Händen der Landkreise oder der kreisfreien Städte. Wie das nun einmal in Deutschland ordentlich geregelt ist, müssen die Schlachthöfe Verwendungsnachweise für die von ihnen abgegebenen Schlachtabfälle beibringen. Es obliegt letztendlich nicht unserem Hause, dies zu kontrollieren, sondern den verantwortlichen Veterinärbehörden vor Ort. Es müsste dann da nachgefragt werden, ob dort etwas falsch läuft. Uns liegen jedenfalls keine Fehlermeldungen oder so etwas vor. Wenn ein Schlachthof belegen kann, dass die in der richtigen Kategorie erzeugten Schlachtabfälle über diesen Weg verwertet wurden und dass sie vielleicht sogar noch Geld dafür bekommen haben - das war in der Vergangenheit anders; denn es musste letztendlich alles als Sondermüll entsorgt werden -, dann können wir es eigentlich nur gutheißen, wenn sich eine Rentabilität daraus ergibt, dass Stoffe wieder in den Stoffkreislauf zurückkommen und nicht irgendwo für viel Geld als Sondermüll entsorgt werden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Klein, bitte!

Herr Minister, auf welcher wissenschaftlichen Basis bzw. aufgrund welcher Untersuchungen hat die EU die Verwendung bestimmter Materialien in Biogasanlagen zugelassen? Hält es die Landesregierung für erforderlich, darüber hinaus eigene Erhebungen anzustellen, also etwa Erfahrungen mit Biogasanlagen zu sammeln, die diese Materialien einsetzen?

Herr Minister Ehlen, bitte!

Herr Kollege Klein, die Entscheidung der Europäischen Union ist auf Empfehlung des wissenschaftlichen Veterinärausschusses der EU zustande

gekommen. Das ist neu. Die Ergebnisse werden jetzt auf Bundesebene ausgewertet. Das ist ja erst seit knapp zwei Monaten in Kraft. Wenn sich daraus Erkenntnisse ergeben oder wenn die EU Erkenntnisse darüber bekommt, dass irgendwo noch nachgesteuert werden muss, dann wird darauf, wie wir die EU kennen, sicherlich auch reagiert werden. Ansonsten sollten wir erst einmal dem vertrauen, was hier auf den Weg gebracht worden ist.

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Kontrolle ist besser!)

Ich glaube, dass wir nach einer gewissen Zeit einmal prüfen sollten, was sich an Stoffströmen verändert hat.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Meyer stellt seine zweite Zusatzfrage.

Herr Minister, der Artikel, auf den ich mich - wie vorhin auch - beziehe, ist die Grundlage für die Dringliche Anfrage gewesen. Insofern werden Sie diesen Artikel kennen. Darin verweist Frau Gerdes vom LAVES darauf, dass das LAVES mit den Bezirksregierungen und den Landkreisen in Verbindung stehe und dass man ein Konzept erarbeite, um eine landeseinheitliche Zulassung und Kontrolle der Biogasanlagen hinzubekommen. Können Sie uns sagen, wann dieses Konzept fertig sein wird?

Herr Minister Ehlen, bitte!

Herr Kollege Meyer, ich nehme das als eine Begründung für Ihre Anfrage hin. Ihrer Anfrage liegen ja die Bedenken einiger Betreiber von Tierkörperbeseitigungsanlagen zugrunde, dass durch Wegbrechen dieser Mengen die Rentabilität in Frage gestellt ist oder schlechter wird. Vor diesem Hintergrund sind insofern die Anfragen, die gestellt worden sind, vielleicht auch ein bisschen emotional zu sehen.

Die Bewertung, was letztendlich dabei herauskommt, wird auf Bundesebene durchgeführt. Das habe ich eben schon gesagt. Dazu haben wir bislang noch nichts. Vielleicht können Sie sich noch ein bisschen gedulden und in einem halben Jahr noch einmal die gleiche oder eine ähnliche Anfrage stellen.

(Rolf Meyer [SPD]: Ich hatte nach dem Konzept von Frau Gerdes vom LAVES gefragt!)

- Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass wir, bevor wir seitens des Landes eine Aussage treffen können, erst einmal fundierte Ergebnisse haben müssen. Ich empfinde es so, dass das aus dem Moment heraus gesagt wurde. Vielleicht ist es von den Zeitungsleuten nicht richtig wiedergegeben worden. Ich kann es nicht beurteilen und weiß auch nicht, ob es gut ist, dass wir uns auf einen Zeitungsartikel berufen.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Bartels. Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Minister, ich stelle die nachfolgende Frage an die Landesregierung. Die Landkreise beklagen nicht nur in Niedersachsen ganz eindrucksvoll, dass sie nicht in der Lage sind, zwischen dem zugelassenen und dem nicht zugelassenen Material für die Biogasanlagen zu unterscheiden. Damit erklären sie auch, dass sie nicht in der Lage sind sicherzustellen, dass nur das zugelassene Material zu den Biogasanlagen kommt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was Sie konkret unternommen haben, damit die - wie Sie eben ausgeführt haben - zuständigen Landkreise ihrer Verantwortung nachkommen und sicherstellen - und zwar nicht erst in einem halben Jahr, sondern aktuell -, dass nur zugelassenes Material die Biogasanlagen in Niedersachsen erreicht.

Die zweite Frage: Können Sie sich nicht doch dem vorsorgenden Gedanken, den Frau Gerdes vom LAVES geäußert hat, anschließen, im Hinblick auf die gewaltige Seuchengefahr, der wir gerade als tierreichstes Land immer ausgesetzt sind, dafür zu sorgen, dass hier eine neue Regelung geschaffen wird?

(Hartmut Möllring [CDU]: Das war die Stellungnahme eines zukünftigen Bürgermeister-Verlierers!)

Herr Minister Ehlen hat das Wort. Bitte!

Herr Kollege Bartels, ich weiß nicht, ob Sie da nicht vielleicht auch ein bisschen den Bedenken seitens der Betreiber der Tierkörperbeseitigungsanlagen aufgesessen sind, die dies wegen der fehlenden Menge befürchten. Das muss man sicherlich im Hinterkopf haben.