Protokoll der Sitzung vom 28.05.2004

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mir liegen noch mehrere Wortmeldungen vor. Zwei Wortmeldungen jedoch kann ich nicht identifizieren, weil nicht vermerkt ist, wozu gesprochen werden soll. Zunächst

darf ich Frau Siebert fragen, ob sie zu dieser oder zur nächsten Eingabe sprechen möchte.

(Britta Siebert [CDU]: Ich habe „zu TOP 30“ daraufgeschrieben!)

- Als nächstes frage ich den Kollegen Krumfuß. Zu welcher Eingabe möchten Sie sprechen? Zu dieser oder zur nächsten?

(Klaus Krumfuß [CDU]: Zu dieser!)

- Zu dieser. Bitte schön, dann haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Harms, Sie haben mich persönlich angesprochen, und Sie haben den Ausschuss angesprochen. Deshalb habe ich mich jetzt hier zu Wort gemeldet. Die Mitglieder des Petitionsausschusses - dies können Sie feststellen, wenn Sie die Sitzungen einmal miterleben - beschäftigen sich mit den Eingaben sehr intensiv. Dass dabei manchmal auch sehr viel Herzblut mit dabei ist und dass so manches Mal auch sehr viel Gefühl mitschwingt, können Sie, glaube ich, jedem Ausschussmitglied abnehmen. Wir werten die Dinge mit Herz und Verstand, haben aber auch Recht und Gesetz zu berücksichtigen. Jeder Einzelfall ist uns besonders wichtig. Wer mich kennt - fragen Sie andere Ausschussmitglieder -, der weiß, dass ich mich mit jeder Eingabe - auch wenn ich nicht Berichterstatter bin - sehr eingehend beschäftige.

Gerade die vorliegende Eingabe hat mich über Wochen hinweg beschäftigt. Der hier zugrunde liegende Fall - Herr Gabriel, Sie haben es gesagt kann an einem gar nicht einfach so vorbeirutschen, sondern man muss sich damit beschäftigen. Ich habe auch mit Kollegen aus meiner Fraktion und mit Kollegen aus anderen Fraktionen über die Frage gesprochen, welche Chancen wir hier haben. Letzten Endes sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass wir auch in diesem Fall - so schlimm es für die betreffende Familie ist - nach Recht und Gesetz entscheiden müssen. Auch das Zuwanderungsgesetz - ich habe die letzten beiden Tage genutzt, noch das eine oder andere zu eruieren lässt uns leider keine Möglichkeit, auch jetzt noch einmal einen Aufschub zu gestatten und weiter abzuwarten. Es wird auch nach dem neuen Zuwanderungsgesetz keine Möglichkeit geben, im vorliegenden Fall zu einer anderen Entscheidung zu kommen. Wenn wir hier und heute wieder Hoffnungen wecken, obwohl wir eigentlich wissen,

dass diese Hoffnung trügerisch ist, dann ist das meiner Meinung nach nicht der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Harms, Sie haben von „Barmherzigkeit“ gesprochen. Ich sage noch einmal - ich tue das auch für alle anderen Mitglieder des Petitionsausschusses -: Sie können sicher sein, dass wir auch das nicht vergessen, wenn wir Eingaben lesen und beurteilen und versuchen, zum Wohle des Petenten, aber auch nach Recht und Gesetz zu entscheiden. Da können Sie ganz sicher sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu dieser Eingabe liegen mir weitere Wortmeldungen nicht vor. - Ich rufe deshalb die nächste Eingabe auf. Sie bezieht sich auf eine unterhälftige Teilzeitbeschäftigung.

(Sigmar Gabriel [SPD] meldet sich zur Geschäftsordnung)

- Bitte schön, zur Geschäftsordnung!

(Sigmar Gabriel [SPD]: Ich möchte noch eine Klarstellung vornehmen! Das dauert nur eine Minute!)

- Wenn Sie sich zur Geschäftsordnung melden, dann bekommen Sie das Wort. So sieht es die Geschäftsordnung vor.

Ich möchte Sie bitten, noch einmal für zwei Minuten zu der ersten Eingabe zurückzukommen; denn ich glaube, dass hier ein Missverständnis besteht, das ich gerne klären möchte. - Herr Kollege Krumfuß, Sie haben gesagt, dass auch eine Härtefallregelung möglicherweise keine Chancen biete, weshalb wir keine Hoffnungen wecken sollten, die wir nicht erfüllen können. Ich bitte Sie, nicht außer Acht zu lassen, dass ich auch über eine Altfallregelung geredet habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Landtag irgendwann nicht zu der Entscheidung kommt, dass Kinder, die hier aufgewachsen sind, die hier zur Schule gegangen sind und die hier eine Ausbildung machen, nicht hier bleiben sollen. Ich bitte Sie deshalb um Zurückstellung der Entscheidung, bis wir über die Bedingungen einer solchen Altfallregelung gesprochen haben. Darauf wollte ich hingewiesen haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Wort hat der Herr Innenminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unüblich, dass die Landesregierung zu Petitionen spricht. Ich möchte zu diesem einen Punkt aber kurz Stellung nehmen, weil ich an den Gesprächen der Arbeitsgruppe „Zuwanderung“ teilgenommen habe. Eigentlich besteht zwischen den SPD- und CDU-geführten Landesregierungen Einigkeit darüber, eine Altfallregelung möglichst nicht zuzulassen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber darauf hinweisen, dass seit 1993 eine Voraussetzung für die Schaffung einer Altfallregelung die Tatsache war, dass keine Sozialleistungen fließen. Davon werden wir - wenn es überhaupt zu einer Altfallregelung kommen sollte - nicht abgehen können. Das wird in allen Bundesländern einheitlich so gesehen.

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hinweisen, dass die betreffende Familie die zeitlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Altfallregelung bereits seit 1999 erfüllt. Weil sie aber auf Sozialleistungen angewiesen war, ist sie aber nicht unter die Altfallregelung gefallen. Auch wenn es jetzt theoretisch - was aber sehr unwahrscheinlich ist - zu einer Altfallregelung kommt, wird die betreffende Familie nicht darunter fallen. Das wollte ich Ihnen noch einmal als Sachinformation geben.

Vielen Dank, Herr Minister. - Frau Kollegin Harms noch einmal. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine der für mich in der letzten Zeit wichtigsten Begegnungen war die Begegnung mit Barbara John. Ich habe diese sehr beeindruckende Frau gefragt, wie sie es eigentlich gemacht hat; so viele Jahre Ausländerpolitik, so viele Abwägungen, so viele Niederlagen und trotzdem immer wieder kämpfend. Frau John hat mir gesagt: Das Wesen von Ausländerpolitik ist, dass man all das, was man mitbringt,

hinter sich lassen muss. Man muss sich auf jeden einzelnen Fall einlassen. Man macht dabei sehr reiche Erfahrungen, auch wenn man immer wieder verliert. Das ist das, Herr Kollege Krumfuß, was ich eigentlich auch für das Wesen des Petitionsausschusses halten würde. So müsste dort gearbeitet werden.

(Zurufe von der CDU: Das machen wir doch auch!)

- Ja, ich weiß. Regen Sie sich doch nicht so auf. Ich will Sie doch gar nicht angreifen.

(Anneliese Zachow [CDU]: Das tun Sie aber! Sie merken es gar nicht!)

Ich will Sie einfach nur ein Stückweit mitnehmen. Lassen Sie sich auf diesen Fall doch ein. Im Kern geht es - darüber habe ich mich auch mit Herrn Gansäuer und mit Herrn Wulff unterhalten - um die Kinder dieser Familie. Sie sind hier integriert. Sie sind Deutsche. Die Tochter Sugarna ist politisch interessiert. Sie wollte hierher kommen, weil sie sich schon seit längerer Zeit für solche Debatten unglaublich interessiert. Eine solche Situation politisiert. Meine Damen und Herren, sich im Sinne von Frau John einzulassen, bedeutet auch, sich letztendlich auch auf solche Vorschläge, wie sie Sigmar Gabriel hier unterbreitet hat, und auf die Perspektiven einzulassen, die Sie demnächst für genau solche Familien und für solche Kinder schaffen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Jüttner, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Äußerungen des Innenministers veranlassen mich noch zu einer Bemerkung. Herr Schünemann, Sie haben ausgeführt, dass eine Altfallregelung denkbar sei. Auf keinen Fall soll es im Rahmen einer Altfallregelung aber möglich sein, hier zu bleiben, wenn in irgendeiner Art und Weise öffentliche Gelder fließen. Diese Regelung mag rechtlich ja korrekt sein. Sie ist finanzpolitisch vielleicht nachvollziehbar. Vor dem Hintergrund unserer Diskussionen über Kinder- und Familienpolitik, die wir in den letzten Monaten alle miteinander geführt haben, stehen wir jetzt vor dem Problem - Herr Gabriel hat darauf hingewiesen -, dass im Endeffekt solche

Leute begünstigt werden, die ohne Kinder hier leben, und andere mit mehreren Kindern selbst dann, wenn sie normal verdienen, nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt in dieser Gesellschaft selbstständig zu fristen. Ich glaube, dass dieses Kriterium auf Dauer keinen Bestand haben kann und genauso in die Prüfung gehört wie die Altfallregelung an sich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass die Aussprache über diese Eingabe abgeschlossen ist, und rufe jetzt die Eingabe 1040 auf, die ich vorhin schon erwähnt habe. Sie trägt den Titel „Unterhälftige Teilzeitbeschäftigung“. Zu dieser Eingabe liegt eine Wortmeldung der Kollegin RossLuttmann vor. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Berichterstatterin hat im Innenausschuss den Sachverhalt umfassend dargestellt. Wir haben ausführlich darüber gesprochen, und die Berichterstatterin hat „Sach- und Rechtslage“ vorgeschlagen. Diesem Vorschlag ist der Ausschuss mit großer Mehrheit gefolgt.

Die Petentin bittet um Änderung des § 87 a NBG und damit um die Einführung der unterhälftigen Teilzeitbeschäftigung. Sie möchte aufgrund ihrer familiären Situation - zwei Kinder im Alter von drei und neun Jahren - ihre Arbeitszeit - zurzeit die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit - weiter reduzieren.

Meine Damen und Herren, wir haben sehr lange darüber gesprochen. Ich möchte nicht verkennen, dass gerade für Frauen, die berufstätig sind und Kinder haben, häufig große Schwierigkeiten bestehen, beides miteinander zu vereinbaren und dass sie auch über ein großes Organisationstalent verfügen müssen. Deshalb verkennen wir auch nicht, dass die Möglichkeit unterhälftiger Teilzeitbeschäftigung große familienpolitische Auswirkungen hätte und auch der Förderung von Teilzeitbeschäftigung in allen Bereichen der Landesverwaltung dienen würde. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass gerade unterhälftige Teilzeitbeschäftigung erhebliche Mehrausgaben zur Folge hat.

Wir haben im Landtag das Für und Wider schon häufig erörtert, und ich muss ehrlich zugeben: Wir als CDU haben auch immer für die Änderung des § 87 a NBG votiert, weil wir damit familienpolitische Dinge unterstützen. Weil die derzeitige Haushaltssituation aber so schwierig ist und wir vor großen Problemen stehen, den Haushalt zu konsolidieren, ist zurzeit eine Gesetzesänderung, wie von der Petentin gewünscht, zwar sehr wünschenswert, aber leider nicht machbar. Aus diesem Grund hat auch der Innenausschuss mit großer Mehrheit für „Sach- und Rechtslage“ votiert. Ich freue mich darüber, dass die Berichterstatterin der SPD und auch die übrigen Kolleginnen und Kollegen von der SPD mit uns so gestimmt haben. Wir möchten weiterhin für „Sach- und Rechtslage“ votieren und dem Vorschlag des Innenausschusses folgen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Weitere Wortmeldungen zu dieser Eingabe liegen mir nicht vor. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über beide Eingaben.

Meine Damen und Herren, ich rufe die beiden Eingaben einzeln auf und lasse zunächst über den Änderungsantrag und, falls er abgelehnt wird, danach über die Ausschussempfehlung abstimmen.

Für die Eingabe 5989 betr. Aufenthaltsgenehmigung für eine Familie aus Sri Lanka, die ich zuerst aufrufe, liegen gleichlautende Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD vor, nämlich „zur Berücksichtigung“ zu entscheiden. Ich lasse über die Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD abstimmen. Wer diesen Änderungsanträgen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Sach- und Rechtslage“ zu entscheiden. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit; der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist gefolgt.

Ich rufe jetzt die Eingabe 1040 betr. Unterhälftige Teilzeitbeschäftigung auf. Zu dieser Eingabe liegt ein Änderungsantrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen vor, nämlich „zur Berücksichti

gung“ zu entscheiden. Wer diesem Änderungsantrag folgen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Der Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Sach- und Rechtslage“ zu entscheiden. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Stimmenthaltungen? - Der Ausschussempfehlung ist mit großer Mehrheit gefolgt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende dieses Tagesordnungspunktes und ich rufe jetzt auf

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Lehramtsausbildung in Niedersachsen zügig reformieren! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1036

Zu diesem Antrag hat sich Frau Siebert gemeldet. Sie erhält auch gleich das Wort.