Protokoll der Sitzung vom 24.06.2005

Die Mensen kosten immer 1 Million plus X. Bei 3 500 Schulstandorten sind das 3,5 Milliarden, mal so eben aus der Hüfte. Ich bitte Sie: nur für die Mensa! Das andere wie Klassenräume, Aufenthaltsräume, Schulhöfe und alles das, was darüber hinaus dazugehört, würde das alles noch potenzieren. Vor diesem Hintergrund weiß man doch, dass diese Forderungen, die jetzt nur deshalb erhoben werden, weil man es mit den Ganztagsschulen auf einmal so gut meint, absolut fern von einer Realisierungsebene sind. Deswegen kann nur eine Politik vorgetragen werden, die diese Probleme berücksichtigt und in Schritten entsprechend begleitet. Ich kann nur dafür werben, so zu verfahren.

Es ist in Ordnung, dass an einem Standort, der die Ganztagsschule will, die Genehmigung für ein Ganztagsschulangebot hat und den Ganztagsschulbetrieb mit kooperativen Partnern entsprechend gewährleistet, eine Mensa dazugehört. Einverstanden! Wenn wir für die jeweiligen Standorte Geld haben - der Schulträger muss schließlich auch mitmachen -, gehört auch eine Mensa dazu. Eine Ganztagsschule ohne Mensa wird nicht genehmigt. Von daher liegen unsere Meinungen in diesem Punkt nicht auseinander. Wir wissen auch um die familiäre Situation. Wir wissen um die Kinder, die ohne Schulbrot in die Schule kommen, und um alle die anderen Aspekte, die damit zusammenhängen. An dieser Stelle weise ich darauf hin, dass wir beim Thema „Gesundheit an den Schulen“ eine Menge machen müssen. Wir müssen mehr als bisher ein ernährungsbewusstes Verhalten vermitteln. Das ist wunderbar, das alles können wir unterschreiben. Ich bitte aber darum, Augenmaß hinsichtlich dessen zu bewahren, was möglich ist.

Ich kann Ihnen unter dem Strich sagen - die Zahlen habe ich Ihnen genannt -: Wir arbeiten stetig daran, für Niedersachsen über die Jahre hinweg das Angebot an Ganztagsschulen mithilfe vernünftiger Angebote - keine Billigangebote, Mogelpackungen; alles das, was dazu gestreut wird, ist großer Blödsinn - zu erweitern. Sie stellen die hohen Forderungen nach Deluxe-Ausgaben, und wir arbeiten daran, das Angebot Schritt für Schritt zu erweitern. Ich bin der Ansicht, dass wir da auf einem guten Weg sind.

Frau Korter, damit Sie wissen, was eine leistungsfähige Verwaltung ist, sage ich Ihnen Folgendes: Am 30. April war Antragsschluss. Nach Lage der Dinge - nageln Sie mich nicht auf ein oder zwei Tage fest - werden wir am Ende des Monats,

nachfolgend über die Landesschulbehörde, die Richtung angeben können, was in 2005 an Bewilligungen möglich ist und wie es in 2006 und 2007 weitergeht. Acht Wochen für einen dreistelligen Millionenbetrag: Zeigen Sie mir irgendwo in der Republik eine Verwaltung, die das kann. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Fraktionen haben um zusätzliche Redezeit gebeten. Ich erteile den großen Fraktionen zwei Minuten und den kleinen eine Minute.

(Ina Korter [GRÜNE]: Eine Minute?)

Frau Korter, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klare, ich muss zunächst zurückweisen, dass wir Mitarbeiter des MK und diejenigen, die an den Ganztagsschulen Kooperationsverbünde eingehen, diffamieren würden. Das ist in keiner Weise der Fall. Der Minister ist dafür zuständig, dass die Genehmigungen von Ganztagsschulen so schnell wie möglich über die Bühne gehen. Dazu hat man bei Bedarf auch einmal mehr Personal einzusetzen. Wenn dort anderthalb Jahre lang Bau- und Konzeptanträge liegen, dann hätte man sie, sofern es um die Bewilligung der Mittel geht, in der Zeit längst prüfen können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Aber es passiert doch!)

Herr Busemann, es geht um ein Folgeprogramm. Sie wissen doch ganz genau, dass das Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung bis 2007 befristet ist. Sie sagen jetzt, dass es keine weiteren Mittel gebe und das Land überhaupt nichts Eigenes tun wolle. Warum legen Sie - wenn Sie überhaupt so lange regieren - nicht ein über zehn Jahre gestrecktes Investitionsprogramm auf, mit dem Sie alle Schulen, an denen es gewünscht wird,

(David McAllister [CDU]: Deckungs- vorschlag!)

- hören Sie doch erst einmal zu, bevor Sie schon wissen, dass es nicht geht! - -

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Lassen Sie bitte die Rednerin ausreden! Sie haben nachher auch noch genügend Redezeit.

- - - in die Lage versetzen, einen Mittagstisch anzubieten? Das heißt doch nicht, dass jede Schule eine Mensa bauen muss. Herr Busemann, Sie wissen genau, dass es nicht stimmt, dass das Milliarden kostet. Sie haben doch gerade gesagt, dass Sie mit 400 Millionen die Zahl der Ganztagsschulen in Niedersachsen verdoppelt haben.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wissen Sie, dass alle Schulen, die das jetzt ma- chen, einen Mittagstisch haben? - Zu- ruf von der SPD: Verdreifachen!)

- Sogar verdreifacht! - Angesichts dessen können Sie hier nicht mit Milliardenbeträgen rechnen. So etwas muss man seriös finanzieren und durchrechnen.

Herr Busemann, Sie schmücken sich hier mit fremden Federn. Erst erzählen Sie, Sie verdoppelten und verdreifachten sogar die Zahl der Ganztagsschulen. Aber in Wirklichkeit sind das alles nur rot-grüne Ganztagsschulen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU - Unruhe - Glocke der Präsi- dentin)

Eine schwarz-gelbe Ganztagsschule hat Herr Busemann nicht genehmigt, weil er nicht einen einzigen Cent, nicht einen Euro an Landesmitteln dazugegeben hat. Das muss einmal klargestellt werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Körtner das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Korter, Sprache ist verräterisch. Der Sprachgebrauch in Ihrem Antrag - Sie sollten ihn noch einmal nachlesen - ist vom Niveau her unterstes Ende der Fahnenstange. Das als Erstes.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben ganz vehement Fantasie und Kreativität eingefordert. Das gehört auch zu einer konstruktiven Opposition. Alles, was Sie tun, ist aber absolut destruktiv. Es heißt immer wieder: Geld hinein, Geld hinein!

Frau Korter, Sie vertreten das Modell einer Pflichtzwangsschule. Als wir in der Opposition saßen und die SPD hier die Regierung stellte, gab es die Pflichtzwangsganztagsschule.

(Zustimmung bei der CDU)

Frau Korter, Sie ärgern sich darüber, dass die Eltern in Niedersachsen diese Pflichtzwangsganztagsschule in die Tonne getreten haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben schon aus der Opposition heraus das Konzept „Lernen plus“ entwickelt. Wir haben die Eltern in Niedersachsen befragt. 86 % der Eltern in Niedersachsen wollten keine Ganztagsschule, die eine Pflichtganztagsschule ist. Meine Damen und Herren, Sie haben, weil Sie die Lebenswirklichkeit nicht mehr zur Kenntnis nehmen,

(Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

bis heute nicht begriffen, dass das Programm, das wir auf den Weg gebracht haben, ein Renner ist. Liebe Frau Kollegin Korter, Ihr Szenario ist das der vollen Köpfe und der leeren Mägen der armen Kinder. Schauen Sie sich einmal um, wie es aussieht. Meine subjektive Wahrnehmung ist, dass es bei einigen Bildungspolitikern auf dieser Seite genau umgekehrt aussieht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Bevor wir zur Abstimmung kommen, gebe ich Herrn Poppe zu einer persönlichen Erklärung nach § 76 unserer Geschäftsordnung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Herr Kultusminister hat mir und anderen Abgeordneten Verantwortungslosigkeit im Umgang mit den Listen betreffend die Ganztagsschulen vorgewor

fen. Ich weise diesen Vorwurf entschieden zurück, und zwar mit folgender Begründung. Jede dieser Pressemitteilungen enthielt den Vorbehalt, dass es sich um vorläufige Mitteilungen aus dem Bundesministerium handelte und die Bewilligung beim Land liegt. Ich habe allerdings ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass die Schulen Planungssicherheit bei der Bewilligung brauchen. Das ist ebenso wichtig. Von daher kann von Verantwortungslosigkeit in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir sind am Ende der Beratung und kommen zur Ausschussüberweisung.

Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag dem Kultusausschuss zur federführenden Beratung und dem Ausschuss für Inneres und Sport sowie dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur Mitberatung zu überweisen. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Dann wird so verfahren.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 50: Erste Beratung: Frühkindliche Förderung verstärken - Förderzentren einrichten - alle Dienste bündeln! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2003

Zur Einbringung erteile ich dem Kollegen Robbert das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Antrag in der Zeit der Folgediskussion über PISA eingebracht, denn in dieser Zeit ist der frühkindliche Bereich ein besonderer Schwerpunkt in der Diskussion auch hier im Hause geworden, was auch nicht verwunderlich ist. Sie kennen die vorhergehenden Diskussionen. Wir können gemeinsam feststellen, dass - auch durch die Ergebnisse der neueren Forschungen zum Lernverhalten von Kindern, durch die Ergebnisse der Hirnforschung - uns allen klar geworden

ist, dass in diesem Bereich etwas getan werden kann und muss. Ich glaube aber auch, dass uns allen klar ist, dass der Bereich der Kindergärten und Kindertagesstätten, der Kita-Bereich, sowohl reformfähig als auch reformfreudig ist, sodass die politischen Möglichkeiten, etwas zu verändern, in diesem Bereich stärker gegeben sind als z. B. im Bereich der Schule. Unser Antrag gründet sich in erster Linie auf diese Reformfähigkeit und Reformfreudigkeit.

Die Zeit ist für eine Reform nach unserer Auffassung auch günstig; denn nicht nur wir im Landtag diskutieren diese Thematik, sondern auch in den Veröffentlichungen des Deutschen Städtetages wird darauf hingewiesen, dass die kommunalen Partner für diese Diskussion offen sind und dass sie bereit sind, sich in diese Diskussion einzubringen. Seitens des Städtetages liegen zwei Papiere zur ganztägigen Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen vor. Der Städtetag sagt, dass „einer zeitgemäßen Bildungsinfrastruktur eine mitentscheidende Bedeutung für die individuelle Zukunftsfähigkeit sowie für die Konkurrenzfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten einer Region zukommt. Die Städte sehen sich in diesem Sinne nicht nur als Betroffene, sondern sind vielmehr daran interessiert, sich aktiv an Initiativen zur Bildungspolitik und an der Umsetzung von Reformmaßnahmen zu beteiligen.“

Im Bereich der Kindergärten und Kindertagesstätten brauchen wir natürlich unsere kommunalen Partner, um dort zu Änderungen, zu Öffnungen oder auch zur Zukunftsfähigkeit der Bildungsarbeit zu kommen.

Man kann nun nicht sagen, dass noch gar nichts passiere. Ich will hier einmal ein Bild benutzen - ich bin nicht so poetisch oder lyrisch veranlagt wie mancher Vorredner -, dessen philosophischen Hintergrund Sie kennen. Ich meine das Bild von dem Esel, der zwischen zwei Heuhaufen steht, wobei sich die Frage stellt, ob er verhungern wird, weil er sich nicht entscheiden kann, an welchem der beiden Heuhaufen er sich bedienen soll. Ich benutze dieses Bild, weil dann, wenn wir die Kindertagesstätte in den Mittelpunkt stellen, rundherum sehr viele Möglichkeiten, die auch bekannt sind, die gesehen werden, die auch wir sehen, gegeben sind, die aber offenbar im Hinblick auf die Chancen für die Kinder nicht in dem Maße genutzt werden, wie es denkbar ist. Ich will dafür einige Beispiele nennen. Vor wenigen Wochen hat Kul

tusminister Busemann den Startschuss für das Projekt „Bewegter Kindergarten“ gegeben.

(Zuruf von der CDU: Ein gutes Pro- jekt!)