Protokoll der Sitzung vom 16.09.2005

„Nach wie vor gab es in den Reihen bewaffneter Gruppen und Milizen mehrere zehntausend Kinder. Außerdem fanden erneut Rekrutierungen von Kindersoldaten statt. In einigen Fällen wurden ehemalige Kindersoldaten, die von örtlichen regierungsunabhängigen Organisationen in Ostkongo betreut wurden, mit Gewalt neu rekrutiert.“

Ein anderes Thema ist die Gewalt gegen Frauen. Ich zitiere wiederum:

„Seit Beginn des Krieges in der Demokratischen Republik Kongo haben Soldaten und Milizen zehntausende Frauen und Mädchen systematisch vergewaltigt. Auch im Berichtsjahr wurden Frauen und Mädchen in ihren Wohnungen, bei der Feldarbeit oder anderen alltäglichen Verrichtungen sexuell missbraucht.“

Ich führe das vor dem Hintergrund aus, dass wir in Bezug auf verschiedene Länder unterschiedliche Regelungen haben, wie wir mit den bei uns langjährig Geduldeten umgehen. Wir haben seitens unserer Fraktion gefordert, langjährig Geduldeten, insbesondere Familien mit minderjährigen Kindern, ein Bleiberecht zu geben. Die Kinder sind hier aufgewachsen; sie sind Deutsche. In dem Fall, der hier zur Debatte steht, kommt die Familie aus Hildesheim. Ich glaube, die Kinder sehen sich als Hildesheimer und nicht als Angehörige der Demokratischen Republik Kongo. Das Rheinland-Pfälzische Innenministerium sagt meines Erachtens in vorbildlicher Weise, dass man gerade bei solchen Familien den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Unsere Fraktion und, wie ich denke, auch die Fraktion der SPD vertreten ebenfalls diese Meinung. Ich appelliere auch an einige Abgeordnete der CDU, es genauso zu sehen wie wir, nämlich dass diese Kinder, die hier aufgewachsen sind, angesichts der dort herrschenden Verhältnisse nicht in den Kongo abgeschoben werden dürfen.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Professor Zielke, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Redebeitrag von Frau Weddige-Degenhard hat mich dann doch dazu gebracht, noch einmal das Wort zu diesem Fall zu ergreifen, zu dem eigentlich schon alles gesagt ist. Ich finde es schon etwas eigenartig, dass Sie es als positiv hervorheben, dass das Familienoberhaupt seit seiner Verurteilung vor zehn Jahren straffrei lebt.

(Zuruf von der SPD: Ist das negativ?)

Sicher, es könnte noch schlimmer sein, aber wir sollten uns doch am Normalfall orientieren. Der Normalfall ist doch wohl, dass jemand überhaupt nicht straffällig wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der SPD: Haben Sie schon einmal etwas von Resozialisierung gehört?)

Es handelt sich in diesem Fall ja auch nicht um ein Bagatelldelikt, sondern immerhin um gemeinschaftlichen Diebstahl. Es wäre gegenüber den Asylbewerbern, die nach erfolglosen Asylverfahren ordnungsgemäß das Land verlassen haben, absolut ungerecht, wenn wir die Cleveren und die Hartnäckigen in der Weise, wie Sie es fordern, belohnen würden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Zu dieser Eingabe hat noch einmal Herr Kollege Böhlke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch auf zwei Dinge hinweisen. Zum einen ist hier deutlich vorgetragen worden, wie sich die Situation vor Ort aus der Sicht von Frau Polat darstellt. Es gibt aber auch einen Lagebericht aus dem Bundesaußenministerium unter Führung von Joschka Fischer, der die Situa

tion weitaus entspannter darstellt, als sie Frau Polat hier im Parlament dargestellt hat.

Zum anderen ist im Rahmen der Bescheidung der Asylanträge die Situation vor Ort selbstverständlich sehr genau geprüft worden. Es ist letztinstanzlich festgestellt worden, dass die vorgetragenen Argumente nicht überzeugen, sondern dass dieser Familie zuzumuten ist, in den Kongo zurückzukehren. Vor diesem Hintergrund muss man, denke ich, das Ganze auch ein bisschen relativieren.

Ich will das, was Herr Professor Zielke gesagt hat, noch einmal unterstreichen. Wir haben bei unseren Entscheidungen auch darauf zu achten, dass wir nichts präjudizieren. Denken wir einmal an diejenigen, die das letztinstanzliche Urteil eines deutschen Gerichts oder die Entscheidung der Behörden akzeptieren und in ihre Heimat zurückkehren. Es gibt viele, die nicht nur nach Schwarzafrika, sondern beispielsweise auch in Krisengebiete in Europa und in anderen Bereichen zurückkehren. Diesen Menschen wird wirklich ein schlechtes Beispiel gegeben, wenn wir im Falle hartnäckig agierender Familien, die auf der Grundlage aller möglichen legalen Angebote, die es in einem Rechtsstaat gibt, über zehn Jahre hinweg oder länger die Rückkehr in ihre Heimat hinausschieben, klein beigeben.

Ich scheue mich auch nicht, an dieser Stelle zu sagen: Auch Eltern haben Verantwortung für ihre Kinder.

(Zustimmung bei der CDU)

Wer seit 1995 weiß, dass er keinen Rechtsanspruch auf einen Aufenthalt in Deutschland hat, der muss, wenn es um die Kinder geht, auch dafür Sorge tragen, dass die Kinder, wenn sie in ihre Heimat zurückkehren, sich entsprechend integrieren können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was ist denn die Heimat?)

Frau Merk, bitte schön!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zutiefst betroffen über zwei Beiträge. Zunächst spreche ich Sie, Herr Professor Zielke, an. Sie sprachen hier

von hartnäckig agierenden Eltern und kreideten diesen dieses Verhalten an. Dazu will ich Ihnen sagen, dass angesichts eines Krieges, wie ihn die Demokratische Republik Kongo erlebt hat, Hartnäckigkeit eine elterliche Pflicht ist. Die Eltern sollten alles tun, um zu erreichen, dass ihre Kinder nicht als Kindersoldaten eingesetzt werden können. Haben Sie je Kindersoldaten erlebt? - Ich habe es getan. Ich weiß also, wovon ich spreche. Es ist die Pflicht der Eltern, hartnäckig darauf hinzuwirken, dass sie hier bleiben können. Das ist ihre Aufgabe.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Alle, die Krieg erlebt haben, wissen, was es heißt, wenn Kinder in eine solche Situation kommen. Ich bin deshalb der Meinung, dass Sie die Eltern schon gar nicht angreifen dürfen.

Zweitens will ich auf die Tatsache eingehen, dass Sie von Heimat sprechen. Wenn zwei Kinder dieser Familie hier geboren sind und 14 Jahre hier leben, dann ist Deutschland ihre Heimat und kein anderes Land.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ein zweijähriges Kind kennt auch keine andere Heimat, wenn es nur mit der deutschen Sprache groß geworden ist und sich hier integriert hat.

Vor dem Hintergrund, dass sich eine Familie in der geschilderten Weise integriert hat, will ich auch noch etwas zum Thema Straffälligkeit sagen. Der Vater ist vor zehn Jahren zu zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden und seit zehn Jahren nicht straffällig. Lieber Herr Kollege Böhlke, das Ziel - das wird die Justizministerin bestätigen und das wird die ganze Gesellschaft bestätigen - war immer, nicht wieder straffällig zu werden. Sich dann, wenn jemand die Bewährung zehn Jahre lang nicht widerrufen bekommt, vollständig integriert ist und Arbeit leistet, hinzustellen und zu sagen, es sei die Pflicht dieser Familie zurückzukehren, dann lässt sich das in der Gesellschaft nicht mehr rechtfertigen.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Meißner, Sie sprechen zur Eingabe betreffend Steinkimmen. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zur Eingabe 2048 von Herrn Karl-Heinz Meyer. Es geht dabei um die überverbandliche Jugendbildungsstätte Steinkimmen. Bis Ende 2004 waren Steinkimmen und Juist zwei überverbandliche Jugendbildungsstätten in Niedersachsen, die beide per Projektförderung vom Land unterstützt wurden.

Steinkimmen hat beantragt, auch in diesem Jahr weiter gefördert zu werden. Die jugendpolitischen Sprecher aller Fraktionen waren dort und haben sich ein Bild vor Ort gemacht. Sie haben sich auch dafür eingesetzt, eine Fortsetzung in Erwägung zu ziehen. Im Rahmen der Haushaltsberatungen ist jedoch die weitere Förderung für beide Häuser auf Null gesetzt worden.

Jetzt hat Juist für 2005 ein neues Projekt beantragt und auch bewilligt bekommen, das aber einen anderen Schwerpunkt hat. Dabei geht es um eine überverbandliche Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Jugendlichen. Dabei handelt es sich um ein neues Projekt, das auf dieses Jahr befristet worden ist. Dafür hat es jetzt Mittel gegeben.

Steinkimmen hat wegen Ungleichbehandlung sowohl eine Petition eingereicht als auch vor Gericht geklagt. Das Oberverwaltungsgericht Oldenburg hat abschlägig entschieden, weil kein Rechtsanspruch bestehe. Das ist in diesem Fall völlig richtig; denn es handelt sich um ein neues Projekt, das 2005 bezuschusst worden ist. Beide früheren Projekte sind auf Null gesetzt worden. Daher ist auch im Sozialausschuss - übrigens einstimmig von allen Fraktionen - eine Unterrichtung über die Sachund Rechtslage für richtig befunden worden. Ich war selbst Berichterstatterin und habe die Sache dargelegt. Ich habe mich mehrfach mit Steinkimmen in Verbindung gesetzt. Zwar haben die Grünen die Eingabe noch einmal strittig gestellt, aber ich bitte Sie, die Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage zu beschließen, weil das in diesem Fall richtig ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Kollege Möhrmann, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beantragen für die Eingabe 4205/14, bei der es um die Aufenthaltsgenehmigung für eine kongolesische Familie geht, namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung zu den vier streitig gestellten Eingaben.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich schlage vor, dass wir zunächst über die drei Eingaben abstimmen, zu denen keine namentliche Abstimmung gefordert ist. Dann kann die Verwaltung die notwendigen Vorbereitungen für die namentliche Abstimmung treffen.

Ich rufe die Eingabe 2288 betr. Aufenthaltsrecht auf. Zu dieser Eingabe liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Ausschussempfehlung gefolgt.

Dann kommen wir zur Eingabe 2048 betr. Jugendhof Steinkimmen. Dazu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Eingabe der Landesregierung als Material zu überweisen. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, über die Sach- und Rechtslage zu unterrichten. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Ausschussempfehlung ist mit Mehrheit gefolgt.

Jetzt kommen wir zur Eingabe 1832 (01 bis 04) betr. Befahren von Waldwegen mit Pferdegespannen. Darüber haben wir gar nicht gesprochen. Dazu liegt jedoch ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Eingabe der Lan

desregierung als Material zu überweisen. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung des Ausschusses, diese Eingabe für erledigt zu erklären. Wer dies möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dieser Ausschussempfehlung ist mit Mehrheit gefolgt worden.