Protokoll der Sitzung vom 15.05.2003

(Bernd Althusmann [CDU]: Genauso viel haben Sie in Niedersachsen ge- kürzt!)

Seit 1998 wurde er unter Rot-Grün - das hat mein Vorredner auch schon erwähnt - um 25 % - das sind 1,5 Milliarden Euro - auf 8,8 Milliarden Euro in 2002 erhöht.

(Bernd Althusmann [CDU]: Ohne die VW-Vorab-Mittel würde Niedersach- sen daniederliegen!)

Allein die Ausgaben für Forschung und Entwicklung lagen 2002 um fast 20 % höher als zum Ende der CDU/FDP-Regierung. Insgesamt wurden noch nie so viele Gelder in Bildung und Forschung investiert.

Aufgrund dieser positiven Entwicklung in den letzten Jahren, der Zusagen für die nächsten Jahre und der schon erwähnten Ausnahme der DFG, die, wie ich meine, nicht ganz unwesentlich ist, scheint ein einjähriges Einfrieren der Aufstockung der Forschungsgelder aus unserer Sicht durchaus vertretbar.

Viel interessanter für dieses Haus finde ich aus unserer Sicht im Zusammenhang mit der Forschungsförderung die Frage, wie sich die Landesregierung ihre eigene Forschungspolitik in Zukunft vorstellt. Sie greifen die Bundesregierung an, weil sie im Rahmen globaler Einsparvorgaben eine vorgesehene Mittelaufstockung um ein Jahr ver

schiebt, während Sie selbst den Schwerpunkt Ihrer Einsparungen auf die Hochschulen legen, was schwerer wiegende Auswirkungen auf die Forschungslandschaft in Niedersachsen haben kann als die von Ihnen thematisierten Bundesmittel für Grundlagenforschung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn Forschung findet nicht nur an den Forschungsinstituten statt, sondern auch an den Hochschulen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Wissenschaftsressort zum finanziellen Steinbruch der Landesregierung werden wird. Angekündigt ist, dass allein die Hochschulen jährlich bis zu 55 Millionen Euro einsparen sollen. Die Einsparungen bei den Forschungseinrichtungen hat der SPD-Kollege schon aufgeführt. Das will ich jetzt nicht wiederholen.

Angesichts dieser Schwerpunktsetzung bei der Konsolidierung des Haushaltes bin ich schon sehr gespannt auf die Ausschussberatung zum Thema Einsparungen in der Forschung. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Kollege Professor Dr. Zielke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Plaue, Sie und Ihre Parteikollegen haben gestern Kürzungen im niedersächsischen Haushalt bei den Hochschulen angeprangert. Ja, wir haben diesen Kürzungen zugestimmt, aber bestimmt nicht aus Lust und Laune. Wir haben nur zugestimmt, weil Sie von der SPD nicht nur einen leeren Brotkorb, sondern einen Schuldenhaufen und ungedeckte Schecks hinterlassen haben, auch im Hochschulbereich. Das müssen wir bereinigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Bernd Althusmann [CDU]: Da hat er tatkräftig mitgeholfen!)

Sie sollten lieber mit gleicher Vehemenz das angreifen, was die rot-grüne Bundesregierung in Berlin macht, nämlich Streichungen in der Grundlagenforschung. Darüber reden wir jetzt. Vor der Bundestagswahl hat die Bundesregierung das ein

stimmige Votum der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung unterstützt. Nach der Wahl hat sie ihre eigenen Zusagen kassiert.

Jetzt, kurz danach, proklamiert Frau Bundesministerin Bulmahn das Jahr 2004 zum Jahr der Wissenschaft. Was soll man davon halten? Freundlicherweise will im nächsten Jahr 2004 die Bundesregierung wieder ihr Versprechen 3 % Erhöhung erfüllen. Schauen wir mal! Ich bin skeptisch. Aber was dieses Jahr schon versäumt wird, schädigt unseren Wissenschaftsstandort Niedersachsen jetzt und damit natürlich auch unsere Zukunft.

Noch eines, worauf Sie, Herr Noack, nur kurz zu sprechen gekommen sind: Mir scheint - das ist eine Tendenz, die uns alle angeht und sehr wichtig ist -, der Bund versucht neuerdings zunehmend die Kernkompetenz der Länder in Bildung, Kultur und Wissenschaft einzuschränken. Mit falschen Schlüssen aus der PISA-Studie wird ein Bundesschulgesetz diskutiert. Mit Geld für Ganztagsschulen sollen die Länder zur Abtretung von Kompetenzen verlockt werden. Mit der Fusion der Kulturstiftungen des Bundes und der Länder soll ein weiteres Einfallstor in die Kulturhoheit der Länder geschaffen werden. Dieser Tendenz sollten wir alle den entschiedensten Widerstand entgegensetzen.

(Beifall bei der FDP)

Sonst wird Föderalismus zur leeren Hülse. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Der Herr Wissenschaftsminister hat das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Plaue, die Kollegen, die in der letzten Wahlperiode schon mit dabei waren, haben Ihnen ja des Öfteren schon bei Ihren so bemerkenswerten Reden als Vorsitzender der SPDFraktion zuhören müssen, manchmal auch wollen, manchmal auch durchaus mit Freude versehen. Aber das, was Sie eben abgeliefert haben, toppt vieles, was wir in den letzten Jahren erlebt haben,

und zeigt, dass Sie sich vermutlich noch ein bisschen in die Thematik einarbeiten müssen.

Erste Bemerkung. Es ist in der Tat richtig - das nehme ich jetzt einmal vorweg -, dass wir bei der Forschungsförderung Kürzungen vorgenommen haben.

(Axel Plaue [SPD]: Aha!)

Aber - aber! - das hätten mit Sicherheit auch Sie getan,

(Axel Plaue [SPD]: Ach so!)

unterstellt, Sie gehen seriös mit Ihrem Haushalt um. Die Kürzungen, die wir vorgenommen haben, sind nämlich die Folge des Wegfalls der Bundesmittel, über die wir hier gesprochen haben. Das heißt, wenn der Bund uns die Komplementärfinanzierung wegnimmt, was er ja beschlossen und vorher angekündigt hat, muss ich als seriöser Haushälter, wie es der Finanzminister getan hat, die entsprechenden Komplementärmittel des Landes auch wegnehmen. Nichts anderes ist geschehen. Das heißt, wenn wir heute nicht über dieses Thema sprechen müssten, weil sich der Bund vertragstreu verhalten hätte, wären diese Mittel auch noch im Haushalt.

(Beifall bei der CDU)

Das gehört wohl zur Seriosität dazu.

Zweite Bemerkung. Es ist ja eines Ihrer Highlights, dass Sie immer auf die Steigerung im Forschungsund Hochschulhaushalt des Bundes hinweisen. Ich darf Sie erinnern, Herr Plaue, es hat seit 1990 - damals regierte noch die FDP gemeinsam mit der CDU unter einem Bundeskanzler Helmut Kohl in Bonn - zunächst das 5 x 5- und dann das 4 x 5-%Programm gegeben, nämlich eine verlässliche Zusicherung, den Forschungsbereich jedes Jahr um 5 % zu steigern und dann nach Ablauf der Wahlperiode weitere vier Jahre um weitere 5 %.

Die alte Bundesregierung hat diese Zusage immer eingehalten. Darauf haben sich alle verlassen, und das war auch gut so. Wenn Sie der normalen Rechnungsarten fähig sind, dann brauchen Sie bloß 9 mit 5 zu multiplizieren, und dann kommen Sie auf 45, wenn ich das richtig rechne. Das ist also ein bisschen mehr als die Zahl, die Sie für Ihre Frau Bundesbildungsministerin hier genannt haben. Auch das sei nur am Rande bemerkt.

Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen - dafür bin ich dem Kollegen Oppermann als meinem Vorgänger im Amt noch heute dankbar -, dass schriftlich bei der Frau Bundesbildungsministerin moniert worden ist, dass es ein Nord-Süd-Gefälle gibt. Ich teile übrigens diese Auffassung. Ich habe die letzten Wochen, weil ich immer wieder gefragt worden bin, wie meine Position dazu ist, ob sich die Frau Bundesbildungsministerin gerechtfertigt hat, gesagt: „Die Fairness gebietet, dass wir erst einmal die Antwort abwarten.“

Lieber Herr Kollege Oppermann, Ihr Schreiben stammt vom 31. Januar dieses Jahres. Ich habe bis heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, keine einzige Antwort von der Frau Bundesbildungsministerin bekommen, noch nicht einmal einen Zwischenbescheid. Ich finde, das drückt doch deutlich aus, welche Auffassung offensichtlich in Berlin zu diesen Fragen besteht. Ich meine, es ist ein Gebot des gegenseitigen Umgangs, dass ich zumindest bis jetzt etwas hätte hören müssen. Das ist nicht geschehen. Das möchte ich an dieser Stelle auch einmal erwähnt haben.

Dennoch will ich versöhnlich sein und sagen: Ich bin dankbar dafür, dass Sie sozusagen die Position von Thomas Oppermann insoweit hier noch einmal perpetuieren und zugestanden haben, dass Sie dem Antrag zustimmen wollen. Das, finde ich, ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.

Damit komme ich zu einem weiteren wichtigen Punkt, den ich hier erwähnen möchte. Er hat nur mittelbar etwas mit dem Thema zu tun. Aber er zeigt sehr deutlich, wohin wohl offensichtlich der Weg in Deutschland führen soll. Dagegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir uns wirklich wehren - das sage ich mit allem Nachdruck und mit allem Ernst. Das ist, wie wir wissen, keine A/B-, keine SPD-, keine CDU-Problematik, sondern das ist eher eine, wie ich öfter jetzt gesagt habe, A/R-Problematik - arm, reich.

Wir sollten wir uns wirklich dagegen wehren, dass man, wie offensichtlich beabsichtigt, an die Gemeinschaftsaufgabe gemäß Artikel 91 b - Forschungsförderung - seitens des Bundes heran will, dass man seitens des Bundes bestimmen will, wo es langgeht. Dies dürfen und können wir uns deshalb nicht gefallen lassen - da setze ich auch auf Ihre Unterstützung -, weil dies wettbewerbsschädlich wäre - das ist das eine -, weil Bürokraten - ich sage das so - und auch viele Politiker nicht beurteilen können, worauf es in der Wissenschaft

ankommt. Dort sind wir auf externe Begutachtung angewiesen.

Das ist einer der Vorteile bei der Komplementärfinanzierung, bei der Gemeinschaftsfinanzierung. Wenn wir diesen Vorteil aufgeben, wenn wir uns in dem Bereich z. B. vom Bundesgesetzgeber abhängig machen, also vom Deutschen Bundestag, dann habe ich große Sorgen um die Leistungsfähigkeit unserer Forschung, um die Wettbewerbsfähigkeit. Ich habe auch große Sorgen in Anbetracht der Haushaltssituation der armen Länder in dieser Republik. Ich glaube, dass wir die Folgen, die das hätte, nicht hinnehmen dürfen.

Ich bin deshalb dankbar dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es mittlerweile unisono auch bei den Wissenschaftsministerkollegen aus SPD-geführten Landesregierungen sozusagen eine Auffassung gibt, dass wir an einem Strang ziehen.

Deshalb meine Bitte, Herr Plaue, zum Abschluss. Wir können hier so diskutieren, wie wir es getan haben. Das ist auch gut so, das gehört zum Parlamentarismus. Wir sollten bei der Wahrheit bleiben. Ich habe versucht, meinen Teil dazu beizutragen. Aber wenn es um das Thema geht - das ist von existenzieller Bedeutung gerade in konjunkturell schwachen Zeiten -, dann sollten wir versuchen, an einem Strang zu ziehen.

Ich wäre jetzt noch geneigt, einiges zu den Vorwürfen zu sagen, wir würden den einen Bildungsbereich zulasten des anderen finanzieren. Dazu haben wir gestern diverse Ausführungen gemacht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das Thema noch sehr häufig hier haben werden. Ich kann nur sagen, die Haushaltslage ist so, wie sie ist. Wir müssen einen Beitrag dazu leisten. Ich werde in meinem Zuständigkeitsbereich dafür sorgen, dass wir strukturelle Veränderungen haben werden, die uns in die Lage versetzen, Stärken zu stärken, Forschung zu stärken.

Das bedeutet aber auch - dieses Bekenntnis gebe ich hier jetzt schon klar ab -, dass wir auch Leuten sagen müssen: Euer Tätigkeitsbereich eignet sich nicht mehr für staatliche Subventionen. - Das gehört dazu. Das ist mit Mut verbunden. Wir sind dazu bereit. Die neue Landesregierung wird dies energisch angehen. Wir haben keine Zeit, uns länger zurückzulehnen und zu hoffen, dass andere für uns die Probleme erledigen. Wir werden das selber tun. Ich hoffe dabei auf Ihre Unterstützung, weil es letztlich um unser Land, um unser Niedersachsen

geht, um die Frage, welchen Stellenwert Forschung, Wissenschaft und Hochschule in diesem Land haben. Da brauchen Sie sich bei dieser Regierungskoalition wirklich keine Sorgen zu machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Bitte schön, Herr Dr. Noack!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Plaue, da Sie mich nicht namentlich angesprochen haben, darf ich mich Ihnen auch noch einmal persönlich vorstellen. Ich bin Harald Noack. Ich bin an Stelle von Thomas Oppermann direkt gewählter Abgeordneter in Göttingen.

(Beifall bei der CDU)

Nun könnte ich ja noch sagen, Herr Plaue, Sie werden mich auch noch kennen lernen.

(Axel Plaue [SPD]: Das habe ich schon, Herr Kollege!)