Protokoll der Sitzung vom 11.07.2006

Da ist es schon erstaunlich, wenn das Thema „Abwesenheit des Ministerpräsidenten“ angesprochen wird, von Ihnen beiden aber keine Kritik kommt, sondern Sie entsprechend zustimmen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt nicht! Ich habe mich geäußert!)

- Sie haben keinen Antrag gestellt, den Ministerpräsidenten zu bitten, hier zu bleiben. Das Angebot ist vom Ministerpräsidenten gemacht worden.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist nicht im Interesse des Landes, habe ich gesagt! Das Plenum geht vor!)

Von daher sollten wir, meine ich, einmal ernsthaft überlegen, ob es im Landesinteresse ist. Da ist es doch schon erstaunlich, wenn Sie von der SPD und auch von den Grünen der Meinung sind, dass eine derartig herausragende Veranstaltung des Mittelstandes - nämlich der Handwerker - nicht im Landesinteresse liegt, zumal sich der Ministerpräsident dort mit den Sorgen und Nöten der Bevölkerung auseinander setzt. Wir meinen: Dies ist elementares Landesinteresse.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Helmhold, natürlich kann man überlegen, ob die Abwesenheit ab Mittag, ab 13 Uhr, ab 14 Uhr oder ab 15 Uhr notwendig ist. Aber auch dabei sollten Sie bedenken, wie die Gepflogenheiten und die Akte der Höflichkeit aussehen - neben der Tat

sache, dass man natürlich auch die Fahrtstrecke bis nach Osnabrück zurücklegen muss. Für die Bundeskanzlerin gibt es vorher einen Empfang im Rathaus mit dem Eintrag ins Goldene Buch. Von daher finden wir die Anwesenheit des Ministerpräsidenten absolut erforderlich.

(Bernd Althusmann [CDU]: Auf Antrag des SPD-Bürgermeisters!)

- Übrigens auf Antrag des SPD-Bürgermeisters. Sie sollten sich in Ihren eigenen Reihen ein wenig abstimmen und den Landtag nicht von der Lösung von echten Problemen abhalten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nach § 75 unserer Geschäftsordnung hat jede Kollegin und jeder Kollege das Recht, zur Geschäftsordnung zu reden. Der Ministerpräsident hat sich ins Plenum gesetzt. Ich erteile also dem Abgeordneten Wulff das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zur Sachaufklärung beitragen. Ich finde es wichtig, dass die Regierung hier im Plenum präsent ist. Das habe ich immer vertreten, das vertrete ich auch weiterhin. Das hat Vorrang vor nahezu allen anderen Dingen. Man muss sehr strenge Maßstäbe anlegen, ob das Landesinteresse etwas anderes gebietet.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sehr gut!)

Dementsprechend habe ich den Ältestenrat um Beratung gebeten; das ist dort erfolgt. Ich bitte auch das Plenum, darüber zu beraten; das ist jetzt auch erfolgt. Ich freue mich darüber, dass die Fraktionen der CDU und der FDP zu dem Ergebnis gekommen sind, dass ich heute Nachmittag bei dem offiziellen Antrittsbesuch der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland in Niedersachsen dabei sein soll.

Der Bundespräsident, Professor Horst Köhler, hatte bei seinem Antrittsbesuch Hannover und Braunschweig besucht. Frau Merkel hat sich für die Region Osnabrück-Emsland entschieden. Sie wird dort um 15 Uhr die Beschützenden Werkstätten der Heilpädagogischen Hilfe besuchen, also eine Behinderteneinrichtung. Sie wird dann das

Nussbaum-Museum besuchen. Sie wird das Rathaus besuchen und anschließend vor dem Handwerk ihre zentrale Rede zur Mittelstandspolitik für das Handwerk halten.

Man kann darüber diskutieren, ob man dort als Gastgeber dabei sein soll, ob man als Ministerpräsident dort oder hier sein soll. Das finde ich völlig zulässig. Aber ich halte die Entscheidung auch vor dem Hintergrund des Verhaltens meiner Vorgänger für nachvollziehbar. Wenn Herr Gabriel während des Plenums die Königin der Niederlande in der Grafschaft Bentheim empfangen hat und wir das nicht kritisiert haben, dann kann ich nur sagen: Was der Königin billig ist, muss der Kanzlerin recht sein. Insofern finde ich es schon angemessen, dass auch die Bundeskanzlerin betreut wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte eine weitere Bemerkung machen, Frau Helmhold, die Ihnen zugewandt ist. Ich habe es als nachteilig empfunden, wie Sie sich zur Präsenz der niedersächsischen Bevölkerung in der Öffentlichkeit eingelassen haben, wenn es um die Handlungen von Gästen unseres Landes geht. Sie haben mit dazu beigetragen, dass der Niedersächsische Landtag auf jegliche Karte für jegliches Spiel in Hannover verzichtet hat. Ich habe es als misslich empfunden, dass der Landtag darauf verzichtet hat, die ausländischen und inländischen Gäste zu begrüßen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn bei dem ersten Spiel mit Ghana der ghanaische Präsident hier ist, wenn der deutsche Bundespräsident hier ist, wenn viele Gäste aus dem In- und Ausland hier, in Hannover, in unserer Landeshauptstadt, sind, dann muss meiner Meinung nach auch das Parlament - die Volksvertretung des Landes Niedersachsen dort vor Ort sein und die ausländischen Gäste begrüßen. Wir als Regierung haben das gerne gemacht. Wir haben auch die Fraktionsvorsitzenden dazugeladen. Sie haben sich teilweise daran beteiligt. Aber die Frage ist, wie wir dieses Parlament als Volksvertretung des Landes Niedersachsen, ansehen. Ich bin der Meinung, Sie sollten die Art und Weise, wie Sie das Thema der Karten für die Fußball-Weltmeisterschaft gespielt haben, überdenken, weil sich das Parlament dabei unter Wert verkauft hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN)

Herr Kollege Möhrmann hat noch einmal das Wort zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, wir sind doch sehr erstaunt, dass dieser Besuch nun plötzlich ein Antrittsbesuch der Bundeskanzlerin in Niedersachsen ist. Davon war weder im Ältestenrat noch bei den Vorgesprächen bisher die Rede. Von daher wären wir dankbar, wenn das aufgeklärt werden könnte.

Meine Damen und Herren! Worum geht es, Herr Wulff? - Ich habe Ihnen am Donnerstag der letzten Woche einen Brief geschrieben. Wenn Sie darauf geantwortet hätten: „Es geht um den Antrittsbesuch der Bundeskanzlerin in Niedersachsen“, dann hätten wir darüber nachdenken können, ob wir diesen Antrag heute Morgen stellen sollen.

Meine Damen und Herren, der Kollege Althusmann hat das auch so gesagt: Ich gelte eigentlich als eher konziliant. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen noch ein Zitat vorlesen - auch aus der Debatte von 2002 -: Meine Damen und Herren, es kann doch nicht angehen, dass ein Ministerpräsident oder ein Minister seine Teilnahme an einer möglicherweise auch wichtigen Veranstaltung hier im Lande zusagt, obwohl eine Plenarsitzung stattfindet, ohne dass er im Vorfeld die Parlamentarischen Geschäftsführer einbezieht. Man könnte doch durchaus schon, bevor man zusagt, Kontakt mit dem Parlament aufnehmen unter Hinweis darauf, dass es sich um eine wichtige Veranstaltung handelt, und anfragen, ob in diesem Fall nicht eine Ausnahme zugelassen werden könnte.

Das hat der Kollege Schünemann seinerzeit gesagt. Meine Damen und Herren, das kann ich hier nur wiederholen. Wenn das der Stil des Umgangs mit der Opposition ist, Herr Wulff, den Sie jetzt neuerdings pflegen, dann muss ich Ihnen sagen: Sie werden Ihren eigenen Ansprüchen bei weitem nicht gerecht.

Wir halten Ihre Zusatzinformation für deplatziert, solange Sie uns nicht erklären, dass es sich tatsächlich um den Antrittsbesuch der Bundeskanzlerin in Niedersachsen handelt.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Helmhold!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Herr Präsi- dent, sind Sie zu dem offiziellen An- trittsbesuch eingeladen worden? - Schöne Geschichte!)

Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe den Kollegen Abgeordneten Wulff im Moment nicht im Raum.

(Zurufe)

- Ah, da ist er. - Ich hätte nicht gedacht, dass Sie zu solch billigen rhetorischen Mitteln greifen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Oh! bei der CDU - Norbert Böhlke [CDU]: Das unterscheidet Sie! Der Mann hat Weitblick!)

Deswegen nutze ich gerne die Gelegenheit, hier eines noch einmal klar zu stellen. Ich habe im Ältestenrat, als wir über das Thema „Karten für die WM“ diskutiert haben, geäußert und zu Protokoll gegeben, dass meine Fraktion einen Beschluss gefasst hat, weder Sponsorenkarten noch die offiziell von der FIFA bereitgestellten Karten anzunehmen. Die anderen Fraktionen haben jeweils für sich alleine entschieden. Wenn ich mich recht entsinne, hat sich der Landtagspräsident dazu in der Landespressekonferenz eingelassen und gesagt, dass hier keine Karten angenommen werden. Ich habe sogar gesagt, dass ich es richtig fände, wenn die offiziell zur Verfügung gestellten Karten vom Präsidium als Vertretung der Abgeordneten in ihrer Gesamtheit in Anspruch genommen würden, um den Landtag angemessen zu vertreten. Das ist im Protokoll der Ältestenratssitzung nachzulesen.

Keinesfalls haben wir uns in irgendeiner Weise dazu öffentlich geäußert. Das ist alles im Ältestenrat abgelaufen. Sie haben für sich selbst entschieden. Wenn Sie so entschieden haben, dann haben Sie das aus meiner Sicht richtig gemacht. Sie können jetzt aber nicht so tun, als ob die Grünen hier etwas in irgendeiner Weise für die anderen Parteien präjudiziert hätten. Das würden wir nie tun. Wir freuen uns aber natürlich immer, wenn Sie sich unserer Meinung anschließen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung. Es kann sein, dass ich mir damit Ärger einhandele. Aber wir haben jetzt fünf Wortmeldungen hinter uns und noch mindestens drei vor uns. Ich kenne wie Sie die Tagesordnung. Wir haben wirklich außergewöhnlich wichtige Tagesordnungspunkte zu beraten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich könnte mir vorstellen, dass die Öffentlichkeit von uns etwas anderes verlangt als die Kenntnisnahme von langatmigen Geschäftsordnungsdebatten. - Aber sei’s drum. Ich respektiere natürlich die Wortmeldungen, die hier vorliegen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Ich ziehe zurück!)

- Herr Althusmann hat verzichtet. - Herr Kollege Aller, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorgeschichte dieser Diskussion ist bekannt. Neu ist, dass die deutsche Bundeskanzlerin heute zu einem offiziellen Antrittsbesuch nach Niedersachsen kommt. Darüber freuen wir uns. Diese Nachricht hat uns alle überrascht.

Wenn sie aus politischen Gründen in ihrer Position als Bundeskanzlerin in unser schönes Bundesland kommt, dann hätte ich erwartet, dass sie weiß, dass die Politik durch das Parlament und die Regierung repräsentiert wird. Die Staatskanzlei ist sicherlich eine wichtige Adresse in diesem Land. Die zweite ist der Präsident dieses Landtags. Ich hielte es für angemessen, dass sowohl der Landtag in Person des Präsidenten und auch der Fraktionsvorsitzenden als auch die Regierung sich angemessen an dem ersten offiziellen Besuch der Bundeskanzlerin in Niedersachsen beteiligten. Wenn alles als erster offizieller Besuch unserer - wie gesagt worden ist - geliebten Bundeskanzlerin in unserem lieben Bundesland vorbereitet worden ist, dann hätte ich es für angemessen gehalten, wenn der Landtag sich wie die Landesregierung an diesem Besuch hätte beteiligen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Frage ist, ob es nicht tatsächlich eher so gewesen ist, wie Herr Möhrmann und Frau Helmhold gesagt haben: Es ist ein gezielter Besuch in der Region Osnabrück, um Herrn Wulff einen Auftritt und der CDU für die Kommunalwahl einen Vorteil zu verschaffen. Wenn das so wäre, dann müsste sich Frau Merkel fragen lassen, ob sie sich nicht für eine Sache hat instrumentalisieren lassen, die nicht unter der Überschrift „erster offizieller Besuch der Bundeskanzlerin in Niedersachsen“ laufen kann. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU] meldet sich zu Wort)

Der Kollege Jüttner hat verzichtet. Dann hat der Kollege Althusmann noch einmal das Wort.