Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

Dieser Zug ist abgefahren. Diese Diskussion haben wir bereits geführt und im März in Berlin mit einem Kompromiss beendet.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Insofern sage ich Ihnen: Schauen Sie nach vorn! Wir haben eben gerade aufgezeigt, inwiefern die Kommunen nun einen größeren finanziellen Spielraum haben als bisher. Wenn Sie sich die Zeit nach 2014 mit der Entlastung in der Grundsicherung im Alter oder der Erwerbsminderung, die für Niedersachsen einen ziemlich hohen Betrag bedeutet, anschauen, - - -

(Anhaltende Unruhe)

Frau Ministerin, ich unterbreche jetzt. - Bitte!

- - - dann müssen Sie doch feststellen, dass den Kommunen viel mehr Spielraum eröffnet worden ist, um diese Leistungen den Kindern vor Ort zur Verfügung zu stellen.

Im Zusammenhang ist Ihre Aussage auch ein bisschen widersprüchlich. Die einen sagen, die Träger würden von der Bürokratie und der Anzahl der Anträge erschlagen, die sie gar nicht abarbeiten könnten, und Sie sagen, die Anträge kämen gar nicht herein.

Natürlich sind wir uns darüber im Klaren, dass dieses Bildungs- und Teilhabepaket nicht vom ersten Tag an bei allen bekannt ist, dass es beworben werden muss und dass kein Automatismus besteht, mit einer Gesetzesverabschiedung die Kinder wirklich zu erreichen, die vielleicht auch vorher in Vereinen und Musikschulen hätten teilhaben können. Es ist unsere Verantwortung - wir sollten das nicht kaputtreden -, die Kinder dort abzuholen, wo sie sind. Es ist eben nicht damit getan, den Eltern das Geld zu überweisen. Davon haben die Kinder zunächst einmal gar nichts. Es geht um die Mitgliedschaft in einem Verein oder in einem Musikkurs. Es geht auch um Nachhilfe und Schulförderung, die direkt beim Kind ankommen.

Deswegen geht es darum, die Leistungserbringer dazu zu bringen, sich um die Kinder zu bemühen, die in diese Kurse und Vereine kommen sollen. Es gibt keinen Automatismus, und es reicht nicht, zu sagen, die Eltern würden das schon abholen. Deswegen ist es so elementar wichtig, dass auch

Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer und alle, die mit Eltern und Kindern, die leistungsberechtigt sind, in Kontakt stehen, die Eltern aufklären.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Herr Dr. Althusmann hat eben dargestellt, dass es einen einfachen und einheitlichen Bogen gibt, der sicherstellt, dass z. B. Nachhilfe- und Förderunterricht so einfach wie möglich in Anspruch genommen werden können.

Jetzt müssen Sie aber auch einmal ein paar Monate warten, bis das tatsächlich in Anspruch genommen wird. Sie stehen der Sache schon zu Anfang des Prozesses so pessimistisch gegenüber, dass Sie sagen, es wird nicht funktionieren. Bemühen wir uns doch, das nicht schlechtzureden, sondern die Eltern dieser Kinder tatsächlich zu erreichen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Frau Ministerin. - Die nächste Frage wird von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Person von Frau Helmhold gestellt. Bitte schön! - Sie ziehen zurück. Die nächste Fragestellerin ist dann Frau Kollegin Heiligenstadt.

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass wir hier einvernehmlich feststellen können, dass die Vereinbarung auf Bundesebene war, dass 3 000 zusätzliche Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in der Bundesrepublik eingesetzt werden können - heruntergebrochen auf Niedersachsen bedeutet das 300 Vollzeitstellen für die niedersächsischen Schulen; umgewandelt in halbe Stellen, wie es momentan im Hauptschulprofilierungsprogramm gemacht wird,

(Norbert Böhlke [CDU]: Frage!)

sind das sogar 600 zusätzliche Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter;

(Norbert Böhlke [CDU]: Rechnen kön- nen Sie nicht! Fragen können Sie auch nicht!)

das könnte man dadurch lösen, dass sie mit diesem Betrag vom Land angestellt werden, und die Kommunen diese Aufgabe gar nicht erfüllen müssen -, frage ich die Landesregierung:

Wie stellen Sie sicher, dass, wenn Kommunen das Geld jetzt möglicherweise in Gebäude investieren, an den Schulen für die Schülerinnen und Schüler tatsächlich zusätzliche Schulsozialarbeit gewährleistet wird?

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Heiligenstadt. - Herr Minister Bode hat das Wort, bitte schön.

Frau Kollegin Heiligenstadt, ich widerspreche Ihren einleitenden Bemerkungen eindeutig. Das Ergebnis der Verhandlungen, das wir mit Handschlag besiegelt haben, war nicht, dass im Ergebnis 3 000 Schulsozialarbeiter eingestellt werden können. Bei dem Gesamtpaket der Finanzausstattung waren auch andere Aufgaben dabei, für die die Kommunen entschädigt werden sollten.

Die Vereinbarung war: Wenn man alles andere nicht macht und streicht - wir wollen das nicht, und das kann eigentlich niemand wollen -, könnte man mathematisch auf 3 000 Stellen kommen. Wir hatten vereinbart, dass der eine, der hinausging, sagen darf, dass es 3 000 Stellen sind, und wir nicht kritisieren, dass er falsch gerechnet hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister Bode. Ich widerspreche Ihnen ungern. Sie sprachen von einleitenden Bemerkungen. Das hätte ich korrigiert. Frau Kollegin Heiligenstadt hat ihre Frage entsprechend formuliert eingeleitet.

(Jens Nacke [CDU]: Diese Einleitun- gen arten in Reden aus!)

Jetzt antwortet für die Landesregierung Herr Minister Althusmann.

Frau Heiligenstadt, ich habe hier Ihren Antrag vom 8. März. Da steht unter Nr. 1 - - -

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Schulso- zialarbeit! Da steht Schulsozialarbeit!)

- Darf ich weiterreden, bevor Sie sich weiter aufregen? - Hier steht:

„Der Niedersächsische Landtag fordert die Landesregierung auf, die Mit

tel des Bundes aus dem sogenannten Bildungspaket für den umfassenden Ausbau der Schulsozialarbeit einzusetzen und zusätzlich ein nachhaltiges Konzept zur Kooperation und gleichberechtigten Arbeit von Schulpsychologie und Beratungslehrkräften und schulischer Sozialarbeit mit folgenden Rahmenbedingungen vorzulegen:

1. Schulische Sozialarbeit soll zukünftig an jeder Schule unabhängig von der Schulform zur Verfügung stehen.“

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das ist korrekt: Schulsozialarbeit!)

Was heißt das? - Entweder wir sagen, das ist unser Programm - hälftige Stelle -, oder wir rechnen es in E 9 um, wie ich es vorhin dargestellt habe. Das hieße: Rund 50 000 Euro mal 3 000 Schulen, das ergibt über 150 Millionen Euro. - Das ist nicht finanzierbar.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! - Unruhe)

Frau Kollegin Heiligenstadt, der Herr Minister antwortet Ihnen. Sie können nachher eine weitere Zusatzfrage stellen.

Und wenn es nur 75 Millionen Euro sind, weil es nur die Hälfte ist, dann reicht der Betrag von 36 Millionen Euro immer noch nicht.

Das heißt, Sie bauen eine immer höhere Hürde ein, wohl wissend, dass das finanziell kurzfristig - in den nächsten beiden Jahren, jedenfalls nicht auf einen Schlag - machbar sein wird. Ich schlage wirklich vor, die Mittel, die uns der Bund im Rahmen des 400-Millionen-Euro-Pakets gegeben hat, entsprechend umzusetzen.

Ihre Frage lautet aber im Kern, ob den Kommunen eine Vorgabe gemacht wurde, diese Mittel ausschließlich für Schulsozialarbeit zur Verfügung zu stellen. Antwort: Nein. Im Vermittlungsverfahren hat man sich mit den Kommunen und zwischen den politisch verantwortlichen Vertretern ausdrücklich auf folgenden Modus geeinigt: Mit Ausnahme der Finanzierung des Mittagessens im Hort ist eine Zweckbestimmung mit dem Betrag nicht verbunden. Darin waren sich, soweit ich weiß, die SPD-

und die CDU-regierten Länder im Rahmen des Vermittlungsausschusses einig.

(Minister Jörg Bode: Die Grünen wa- ren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dabei!)

- Die Grünen waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr anwesend. - Man war sich also in dieser Frage letztlich einig.

Im Übrigen wurde im Vermittlungsausschuss mit diesen Mitteln die politische Erwartung verbunden, Kinder und Jugendliche aus bedürftigen Familien insbesondere bei dem Aspekt Teilhabe zu unterstützen. Das muss nicht - so haben sich die Partner im Vermittlungsverfahren verständigt - nur allein im Wege der Schulsozialarbeit erfolgen. Vielmehr wurde im Vermittlungsverfahren zwischen den Beteiligten, auch mit der Zustimmung der SPD, dargestellt, dass die Kommunen bei der Mittelverwendung eigene Prioritäten setzen sollen. Das werden sie auch. So, wie wir die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt haben, ist klar, dass eine gewisse Priorität bei der Schulsozialarbeit liegt. Das sehen die Kommunen genauso.

Die Maßnahmen der Schulsozialarbeit, die Maßnahmen zur Unterstützung sozial benachteiligter junger Menschen - z. B.: was tun wir im Bereich der Sprachschwierigkeiten, was tun wir bei unzureichenden schulischen Qualifikationen als gemeinsames Netzwerk Bildung vor Ort? -, die Maßnahmen zur Verbesserung der Angebotsstruktur - wie kann man den Mensenausbau vorantreiben, wie kann man sicherstellen, dass das Mittagessen letztlich auch zur Verfügung gestellt wird? - oder sonstige Maßnahmen der außerschulischen Teilhabe - alles das ist in diesem Paket, in diesen 36 Millionen Euro, die Niedersachsen bekommt, enthalten und mit den kommunalen Spitzenverbänden ausdrücklich verhandelt worden.

Die kommunalen Spitzenverbände sind froh und dankbar dafür, dass wir ihnen nicht vorschreiben, nur Schulsozialarbeit zu machen - es gibt Regionen, in denen sie mit Sicherheit notwendig ist; ich will nicht von Brennpunktschulen sprechen; aber nehmen wir einfach einmal diesen Begriff -, sondern ihnen auch die Möglichkeit geben, die Mittel im Rahmen einer Qualitätsverbesserung einzusetzen, die nicht nur mit Schulsozialarbeit zu tun hat.

Von daher haben wir ein vielfältiges, differenziertes System in diesem Bereich in Niedersachsen. Wir haben den Kommunen die größtmögliche Flexibili

tät gegeben, um wirklich Schwerpunkte zu setzen. Wir schauen uns natürlich an, wo diese Maßnahmen letztendlich zum Tragen kommen. Ich glaube, insgesamt ist das ein qualitativer Sprung nach vorn.

(Beifall bei der CDU)