Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Ronald Schminke [SPD]: Das war in der Zeitung!)

- Ach so, das war ein Zitat. Dann kann ich nichts machen. Dann dürfen Sie das natürlich sagen. - Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Schminke, ich weiß sehr wohl auch aus unseren persönlichen Gesprächen, dass Wirtschaftsförderung für Sie und übrigens auch für die SPD-Fraktion kein Teufelswerk ist. Deshalb habe ich das auch nicht zu Ihnen gesagt. Sie haben diese Dringliche Anfrage ja auch nicht gestellt.

Wir hatten und haben immer noch ein starkes Fördergefälle zwischen den neuen Bundesländern und Niedersachsen. Es hat sich allerdings durch das Abschmelzen der Investitionszulage Ost reduziert. Aus meiner Sicht hat das zu lange gedauert. Die Förderung mit GRW und EFRE war quasi eine Notmaßnahme, ein Instrument, das wir entgegensetzen konnten, um das Gefälle da abzumildern, wo es geht, und strukturpolitische Ansätze für die stark gebeutelten Regionen im Grenzbereich zu setzen. Das ist in den Jahren seit 1990 immer wieder erfolgt. Die Landesregierungen hatten immer einen Fokus darauf, damit es nicht zu einem Tourismus der Unternehmen kam, bei dem sie aus Niedersachsen ausgezogen und in SachsenAnhalt 10 m hinter der Grenze wieder eingezogen sind, um Steuergelder für die gleichen Arbeitsplätze und das gleiche Beschäftigungsfeld zu kassieren.

In meinen Eingangsbemerkungen habe ich gesagt, dass all das, was in den Zeitungen zu lesen war, schlicht und ergreifend nicht so im Bericht des Landesrechnungshofs steht. Ich werde die Begriffe jetzt nicht wiederholen. Der Landesrechnungshof hat nicht den Vorwurf erhoben, dass wir gegen GRW-Recht und die Bedingungen des GRW-Koordinierungsrahmens verstoßen haben. Das kann man nur immer wieder sagen.

Ja, es hat immer Ablehnungen gegeben, weil Unternehmen Förderkriterien manchmal schlicht und ergreifend nicht erfüllt haben, manchmal auch nicht im Fördergebiet lagen und man nichts machen

konnte. Man kann schlicht und ergreifend nur Aufklärung darüber betreiben, dass das, was in den Raum gestellt worden ist, nicht stimmt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Frage wird von Frau Kollegin Tippelt von der SPD-Fraktion gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: In welchen Zuständigkeitszeitraum welcher der drei Wirtschaftsminister, die Niedersachsen in den Jahren seit 2005 hatte, fallen die vom Rechnungshof kritisierten Förderungen jeweils?

Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Tippelt, ich verstehe es so, dass Sie von mir wissen wollen, wer in den uns vom Rechnungshof übersandten Fragestellungen zu einzelnen Förderfällen zum Zeitpunkt der Bewilligung jeweils gerade amtierender Wirtschaftsminister war.

Die Fälle begannen ja nicht 2005. Es fing in der Prüfphase des Landesrechnungshofs schon vorher an. Es handelt sich um Fälle, in denen sowohl ich Minister war als auch mein Vorgänger Dr. Philipp Rösler und mein Vorvorgänger Walter Hirche Minister waren. Wir haben einen Fall aus der Amtszeit von Frau Knorre. Es gab auch Gespräche und mündliche Erstzusagen aus der Amtszeit von Minister a. D. Fischer.

Vielen Dank. - Die nächste Frage wird von Herrn Kollegen Will von der SPD-Fraktion gestellt. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass sie zukünftig weiterhin Großunternehmen in Einzelfällen fördern will, wie sie gestern noch erklärt hat: Wie schließt die Landesregierung zukünftig Mitnahmeeffekte von Konzernen und Großunternehmen in Niedersachsen aus, wie es z. B. im Fall des französischen Konzerns Faurecia gesche

hen ist? Das Land hat dem Unternehmen 1,2 Millionen für ein neues Kompetenzzentrum in Stadthagen zugesprochen. Das Geld ist aber tatsächlich bei gleichzeitiger Verkündung, 300 Arbeitsplätze abbauen zu wollen, in das Kerngeschäft geflossen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Will, ich möchte zunächst eines klarstellen: Genau wie der Landesrechnungshof bin ich nach wie vor der festen Überzeugung, dass man Großunternehmen, konzerngebundene Unternehmen bzw. Tochterfirmen von Konzernen im Grundsatz nicht fördern sollte. Ich strebe auch keine Förderung von großen Unternehmen an, die die Investitionen selbst tragen könnten.

Ich habe aber gestern und heute gesagt, dass es aufgrund der besonderen strukturpolitischen Bedeutung im Land Niedersachsen Fälle geben kann, durch die es einen Mehrwert für das Land gibt, wenn man die Möglichkeit hat. Ich könnte mir vorstellen, dass solche Fälle irgendwann in der Zukunft eintreten, bzw. es hat sie in der Vergangenheit immer einmal gegeben. Ich skizziere ein fiktives und nicht zur Diskussion stehendes Beispiel: Alstom. - Dann muss man eine derartige Abwägungsentscheidung treffen.

Deshalb haben wir mit dem Landesrechnungshof eine Formulierung gefunden und gesagt, in begründeten Einzelfällen muss es die Möglichkeit geben, das tun zu können, auch wenn wir es im Grundsatz nicht wollen und deshalb im normalen Verfahren nicht sehen.

Der zweite Teil Ihrer Frage ist schon etwas schwieriger, wie ich sagen muss. Es ist die Frage, wie man Mitnahmeeffekte tatsächlich ausschließen kann.

Wir haben unterschiedliche Ansätze. Der Bericht des Landesrechnungshofs, der jetzt an uns gegeben worden ist, geht ebenso wie der Bericht des Landesrechnungshofs aus dem Jahr 2000, der an das damalige Wirtschaftsministerium gegeben wurde, von dem Ansatz aus, dass ein Unternehmen, das so finanzstark ist, dass es das Vorhaben selbst machen könnte, dies im Grundsatz selbst

tun wird. Finanzstarke Unternehmen werden bei dem Ansatz also besonders kritisch gesehen.

Ich halte das für eine falsche Einschätzung. Ich glaube nicht, dass das ein Kriterium ist, um Mitnahmeeffekte wirklich auszuschließen, sondern ich glaube, dass es in dem Bereich durchaus Unternehmen gibt, die niemals in einen für das Land strukturpolitisch besonders wichtigen Bereich gegangen wären und dort Arbeitsplätze geschaffen hätten, wenn das nicht durch Anreize vom Land begleitet worden wäre. Sie wären sonst tatsächlich in Sachsen-Anhalt gelandet.

Die nächste Frage, die der Landesrechnungshof aufwirft, ist die Frage des vorgezogenen Maßnahmenbeginns. Das heißt: Wann bekommt man den Bescheid, und wann fängt man mit seiner Maßnahme an? - Der Landesrechnungshof kommt beispielsweise in seiner Denkschrift aus dem Jahre 2002, die Sie alle gelesen haben, zu dem Ergebnis, dass - so war es damals wohl auch - Unternehmen tatsächlich mit der Maßnahme begonnen und erst dann den Antrag gestellt und die Bewilligung erhalten haben und dass das ein eindeutiges Indiz dafür wäre, dass die Maßnahme auch ohne den Zuschuss durchgeführt worden wäre.

Es spricht viel dafür, wenn man anfängt und erst danach den Antrag stellt. Das kann man heutzutage tatsächlich ausschließen. Denn zunächst findet eine Förderfähigkeitsprüfung statt, und dann kann der Beginn der Maßnahme vorgezogen werden.

Jetzt stellt sich die Frage, ob auch das ein Kriterium ist, um Mitnahmeeffekte auszuschließen. Ich glaube das nicht, weil wir aktuell ein derartig transparentes Kriteriensystem für den Regelfall aufgestellt haben, sodass sich ein Unternehmen, das in eine strukturschwache Region geht, selbst ausrechnen kann, wie wahrscheinlich es ist, ob es eine Förderung erhält oder nicht. Das wiederum bedeutet, dass das Unternehmen dann auf eigenes Risiko durchaus mit der Maßnahme anfangen kann - es ist ja finanzstark; das haben wir zu Beginn unterstellt - und nicht auf die Einplanungsrunden, die - es gibt zurzeit zwei Einplanungsrunden im Jahr -, weil alle Unterlagen geprüft werden müssen, bis maximal ein Jahr dauern können, wartet, um keinen Zeitverzug zu haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sowohl die NBank als auch das die Fachaufsicht ausübende Ministerium müssen sich natürlich den Einzelfall immer genau anschauen und ihn prüfen. Ich kann Ihnen keinen Königsweg nennen. Wenn Sie oder der Landesrechnungshof einen kennen,

dann wäre ich gerne bereit, ihn umzusetzen. Aber solche Fälle hat es gegeben, und ich befürchte, es wird sie auch in der Zukunft geben. Das ist systembedingt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Frage wird vom Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass sich Minister Bode in seiner Antwort dazu hat hinreißen lassen, mir und meiner Fraktion vorzuwerfen, wir würden mit unserer Anfrage Dreck auf das Ministerium und auf ihn schmeißen,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Unerhört!)

und diesen Vorwurf begründet hat, indem er den Inhalt des Berichts des Landesrechnungshofes völlig anders dargestellt hat, als es bisher in den Medien in Niedersachsen zu lesen war -

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das war eine Prüfmitteilung! Das muss man mal verstehen!)

diese völlig andere Darstellung des Rechnungshofberichts straft ja alle diese Artikel, wie „Staatsgeld trotz Millionenüberschüssen“ oder „Niedersachsen gab Millionen für dubiose Projekte aus“, die in den letzten Tagen unsere Zeitungen gefüllt haben, Lügen -, ob sich Minister Bode an den Kodex hält, der hier im Hause bisher gang und gäbe war und von allen Fraktionen getragen wird, nämlich ein Papier, das nur eine Seite in der Hand hat, zu dem hier vorne dann Behauptungen aufgestellt werden - es werden ja nicht nur unsere Fragen beantwortet; das ist ja ein Unterschied -, sofort allen Fraktionen zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, damit man auf der gleichen Grundlage miteinander über die Inhalte diskutieren kann.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Unverschämt- heit!)

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Hagenah, ich finde Fairness gut, sie muss aber von allen Seiten eingehalten werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe heute und auch gestern wiederholt dargestellt - wahrscheinlich haben Sie es auch nicht anders erwartet -, dass die Artikel, die in den Medien zu lesen waren, nicht von mir geschrieben worden sind, dass darin keine Informationen dargestellt wurden, die ich an die Medien gegeben habe. Es wäre ja auch überraschend gewesen, wenn ich darum gebeten hätte, dass sie so etwas über mich schreiben. Das muss also von anderer Stelle gekommen sein.

Jeder, der öffentlich etwas sagt und einen Beleg dafür hat, muss zunächst einmal den Beleg für sich selbst geprüft und für richtig befunden haben. Das habe ich zu Beginn meiner Einleitung gesagt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deshalb möge sich jeder, der etwas dazu gesagt hat, zunächst einmal selbst prüfen, ob er ein Dokument in den Händen hat, das belegt, dass der Landesrechnungshof uns Verstöße gegen das GRW-Recht und den GRW-Koordinierungsrahmen vorwirft. Das würde ich gerne haben, dann könnte ich auch darauf reagieren. Bisher kenne ich ein solches Dokument nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auf dieser Grundlage muss die Berichterstattung von jedem Einzelnen gewertet werden.

Ich will Ihnen einmal kurz sagen, wie bisher das übliche Verfahren im Umgang mit dem Landesrechnungshof und seinen Berichten war. Der Landesrechnungshof ist ein Instrument des Parlamentes und ein Hilfsmittel für das Parlament, um die Regierung zu kontrollieren. Ich bin ja auch Mitglied des Parlaments, und ich begrüße, dass es den Landesrechnungshof gibt und dass er diese Kontroll- und auch Beratungsfunktion so ausführt, wie er sie seit Jahren in Niedersachsen ausführt. Das nutzt dem Land insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn sich bei den Prüfungen des Landesrechnungshofs unterschiedliche Meinungen zwischen dem Rechnungshof und dem jeweils geprüften Ministerium - das ist ja nicht nur das Wirtschaftsministerium - ergeben bzw. wenn der Rechnungshof eine Besonderheit findet, der er nachgehen will, dann findet ein gemeinsames Gespräch statt - das ist ein Frage-Antwort-System -, und der Rechnungshof prüft dann, ob das, was er angenommen hat, stimmt oder nicht. Bei Prüfmitteilungen gibt es durchaus manchmal Fälle, in denen sich der Rechnungshof verrechnet hat und in denen er nach der Antwort froh ist, dass man ihn darauf hingewiesen hat. Dann kommt tatsächlich auch kein entsprechender Hinweis in die Denkschrift.

Am Ende dieses Diskussionsprozesses, wenn der Landesrechnungshof Fälle gefunden hat, die er moniert, gibt er dann eine sogenannte Denkschrift heraus. Sie wird entweder in den Jahresbericht aufgenommen,